Die Qualität von Umsatz-Forecast und Pipeline ist entscheidend für die Liquiditätssicherung von Unternehmen. Vor allem wenn mehrere Mitarbeiter im professionellen Verkauf arbeiten, müssen Führungskräfte sicherstellen, dass die Vorhersagen hinsichtlich Auftragseingang und Umsatz zutreffen.
Weil Vorhersagen immer ungewiss sind, prallen hier zwei Interessen aufeinander. Das Unternehmen will Sicherheit und „mit Blut unterschriebene Vorhersagen“, und die Mitarbeiter im Vertrieb schwanken zwischen Hoffnung und vorsichtiger Zurückhaltung. Wie soll man daraus einen relevanten Umsatz-Forecast erstellen?
Vorhersagen vom Zufall befreien
In vielen Vertriebsorganisationen, die einen regelmäßigen Forecast erstellen, gibt es eine seltsame Anforderung an die Verkäufer. Sie sollen die einzelnen Fälle des Forecast mit einer individuellen Wahrscheinlichkeit belegen. Oft sind das vorgegebene Prozentzahlen wie 10%, 30%, 60% und 90%. Ich habe mich immer gefragt, wie die Verkäufer das machen. Schließen sie die Augen und legen sie die flachen Hände auf den Konferenztisch des Kunden, damit ihnen dann die Prozentzahl als Eingebung erscheint? Wohl kaum.
Wie soll das also gehen? Wie kann man eine Wahrscheinlichkeit schätzen? Die ehrliche Antwort lautet: Das geht nicht. Also das Schätzen geht schon, aber es hat keine Aussagekraft. Was wir hier brauchen, ist statistische Relevanz. Und dafür gibt es zwei Voraussetzungen:
- Ausreichende Anzahl von Fällen
- Saubere statistische Auswertung
Wenn Sie nur ein paar Verkaufschancen gleichzeitig im Unternehmen haben, ist eine sinnvolle Aussage des Forecast nicht gegeben. Wie soll man bei zehn Chancen mit unterschiedlichen Umsatzhöhen, Branchen und wenig Gemeinsamkeiten eine statistische Relevanz herstellen? Das wird vermutlich nicht gelingen.
Erst wenn Sie fünfzig oder mehr ähnliche Chancen im Unternehmen gleichzeitig betreuen, kann man damit anfangen, die Statistik als Vorhersageinstrument zu nutzen. Die statistische Auswertung braucht jedoch eine gute Vergleichbarkeit der Chancen. Das kann mit einem Meilensteinsystem gelingen.
Meilensteine als Qualitätsgarant für den Forecast
Investitionsentscheidungen entwickeln sich schrittweise. Auch wenn die Geschwindigkeit dieser Entwicklung bei ähnlichen Projekten sehr unterschiedlich laufen kann, ist die grundsätzliche Entwicklung an bestimmten Reifegraden darstellbar.
Wenn anfangs nur eine zaghafte Aufmerksamkeit besteht, kann sich daraus Schritt für Schritt tieferes Interesse und schließlich eine Investitionsentscheidung entwickeln. Im Laufe dieses Prozesses findet eine Auslese statt, weil längst nicht aus jedem Anfangskontakt ein Kunde wird. Vielmehr führt die Mehrzahl der Fälle nicht zum Erfolg. Es ist das Ziel der Meilensteine, diese Auslese zu begleiten und die Summe an Chancen realistisch zu bewerten.
Messbare Wegpunkte statt Aktionen
Wichtig ist, dass man die Meilensteine so gestaltet, dass sie keine Aktivitätsbeschreibungen, sondern unstrittig feststellbare Beobachtungen sind. Einige Unternehmen machen den Fehler, dass sie den Fortschritt in den Meilensteinen an Aktivitäten festmachen. Also würde sich in einem Fall der Meilenstein nach dem ersten Besuch ändern. Oder durch den Versand eines Angebotes der Status. Das ist jedoch methodisch falsch.
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Durch einen Besuch an sich ist ja noch keine Verbesserung hergestellt, und ein Angebot kann man auch jederzeit versenden. Entscheidend sind jedoch beobachtbare Zustände beim Kunden, die einen echten Fortschritt bedeuten.
Also würde bei korrekter Definition nicht der Versand des Angebotes eine Weiterentwicklung bedeuten, sondern erst die mündliche Zustimmung zum Angebot aus dem Mund des Entscheiders.
In diesem Beitrag bekommen Sie ein solches Modell für den Geschäftskundenvertrieb. Es ist eine Weiterentwicklung des Meilensteinmodells, das Michael Bosworth in seinem Buch „Solution Selling“ bereits 1994 vorgestellt hatte. Es kann sicherlich noch beliebig auf Ihre Bedürfnisse angepasst werden. Nur beachten Sie, dass Sie als Kriterien messbare Ergebnisse und keine Aktivitäten festlegen.
E Begründeter Verdacht
Das könnte der Einstiegspunkt für Leads sein, also für Verkaufschancen, die aus Marketingaktionen, Messen oder Anfragen entstanden sind. Es gilt nun, diese drei Ergebnisse herbeizuführen, um den Kunden weiterzuentwickeln:
- Kunde passt in unsere Zielgruppe
- Vision wurde im Gespräch vermittelt
- Erster Visionsbrief/E-Mail versendet
D Qualifizierter Kontakt
Wenn alle Punkte aus E und das erste Ergebnis aus D eintreten, dann wechselt der Kunde von E nach D. In dieser Phase geht es darum, den Kontakt zu qualifizieren und evtl. unpassende Chancen auszusortieren. Die angestrebten Teilergebnisse sind:
- Kontakt hat Schmerz dargelegt
- Kontakt hat Vision ausgebildet
- Kontakt hat sich bereiterklärt, im Beschaffungsprozess weiter mit uns zu gehen
- Zugang zum Entscheider wurde vereinbart
C Qualifizierter Zugang zum Entscheider
Wer gleich beim Entscheider einsteigt, der kann Stufe D sogar überspringen, denn C enthält ähnliche Teilergebnisse des Verkaufsprozesses – hier allerdings auf den Entscheider ausgelegt:
- Zugang zum Entscheider erreicht
- Entscheider hat Schmerz dargelegt
- Entscheider hat Vision ausgebildet
- Entscheider hat sich bereiterklärt, im Beschaffungsprozess weiter mit uns zu gehen und ist in der Lage, die Höhe der Investition zu entscheiden
- Phasenmodell vorgeschlagen
- Einverständnis zum Ablauf der Entscheidungsfindung mündlich erklärt
B Entscheidung steht aus
Diese Phase ist aus Verkäufersicht eine unangenehme Phase. Hier geht Kontrolle verloren, und viele Verkaufsprojekte scheitern an dieser Stelle kurz vor dem Auftrag. Der Grund dafür ist, dass jetzt alle Karten auf dem Tisch liegen und der Kunde entscheiden kann, aber nicht muss.
- Termine besprochen
- Vorgespräch zum Angebot abgehalten
- Investition detailliert besprochen
- Angebot erstellt und verschickt
Ein erfahrener Verkäufer wird alles daransetzen, dass die Phase B nur von kurzer Dauer ist und zügig in Phase A übergeht.
A Umsatz in Greifweite
Jetzt ist nur noch die letzte Entscheidung zu fällen. Alle Vorgespräche sind geführt, es gibt bereits eine unverbindliche Zustimmung und die Verhandlung mit dem Einkauf hat begonnen:
- Mündliche Zustimmung zum Angebot erreicht
- Detaillierte Verhandlungen mit dem Einkauf
Nach dieser Phase kann es nur die Entscheidung Ja oder Nein geben.
Gewonnen
- Schriftlichen Auftrag erhalten
Verloren
- Lost Business Report erstellen
- CRM aktualisieren
Meilensteine bringen statistische Kennzahlen
Wenn ein Unternehmen bereits eine Weile mit Meilensteinen arbeitet, kann sich daraus eine sehr genaue Vorhersage für den Auftragseingang ergeben. Das hängt damit zusammen, dass ein einzelner Vorgang aus einer Phase entweder in die nächste Phase wechselt oder als verloren gilt. Auf der Strecke von E über D bis nach A gehen also in jeder Phase einige Chancen verloren. Daraus kann man im Umkehrschluss ausrechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein beliebiger Vorgang in einer bestimmten Phase später zum Erfolg wird.
Man kann also jedem Meilenstein eine statistische Erfolgswahrscheinlichkeit zuordnen, weil die zurzeit darin befindlichen Verkaufschancen mit einer klar feststellbaren Quote zu Umsatzträgern werden.
Gewichtung des Umsatz-Forecast
Wenn man diese Quoten in Prozentzahlen ausdrückt, kann man daraus den wahrscheinlichen Auftragseingang berechnen. Wenn zu den einzelnen Verkaufschancen bereits ein wahrscheinliches Auftragsdatum ermittelt wurde, kann man sogar den Auftragseingang pro Monat oder pro Quartal errechnen.
Allerdings sollte man auch hier die Gesetze der Statistik berücksichtigen, denn je unterschiedlicher die einzelnen Verkaufschancen hinsichtlich der potenziellen Umsatzzahl sind, desto weniger aussagekräftig wird die Schätzung. Bei sehr ähnlichen Umsatzgrößen pro Auftrag werden die Schätzungen präziser. Das lässt sich auch ohne mathematische Vorkenntnisse leicht erkennen: Wenn ein sehr großer Umsatz neben mehreren mittleren und kleinen Umsätzen in der Liste der Verkaufschancen ist, dann ist der Abschluss dieser einen großen Chance ausschlaggebend für den Gesamtumsatz: Wenn dieser Umsatz realisiert wird, dann wird das Schätzergebnis weit übertroffen. Wird dieser eine Auftrag aber nicht zustande kommen, ist es fast unmöglich, mit den restlichen Aufträgen die ursprünglich ermittelte Vorhersage zu erfüllen.
Maßzahl dafür ist die sogenannte Standardabweichung. Diese statistische Größe gibt die durchschnittliche Abweichung der einzelnen Zahlen von einem Mittelwert an. Je größer diese Zahl ist, desto unsicherer ist der ermittelte gewichtete Schätzwert für den Umsatz. Je kleiner sie ist, desto verlässlicher ist der mit der Eintrittswahrscheinlichkeit gewichtete Umsatz.
Aktivitäten-Balance gibt ein Bild der Qualität der Pipeline
Als Pipeline bezeichnet man die Summe aller Verkaufschancen – so als ob die potenziellen Aufträge wie bei einer Pipeline einer Ölproduktion die kontinuierliche Versorgung der Organisation mit Umsatz sichern.
Um den steten Fluss zu erhalten, ist eine sinnvolle Verteilung der Summe aller Verkaufschancen innerhalb der Meilensteine sinnvoll. Deshalb sollte man eine optimale Verteilung festlegen und dann den Ist-Zustand mit diesem Ideal vergleichen. So bekommt man wertvolle Informationen über die Qualität der Pipeline.
In diesem Beispiel wurde festgelegt, dass ein Verkäufer im Mittel fünfzig Verkaufschancen verantworten sollte. Davon etwa die Hälfte an Leads, die den Zustrom neuer Chancen sichern. Die andere Hälfte verteilt sich hingegen über die anderen Phasen der Meilensteine: Fünfzehn Chancen sind hier in Stufe E angegeben, noch fünf in Stufe D, drei bis vier in C, keine in B und eine in A. Eine derart ideale Verteilung spiegelt eine gesunde Pipeline wider. Eine einfache Auswertung wie in der Abbildung oben lässt Rückschlüsse über die Qualität der Pipeline einzelner Verkäufer zu. Und die Summe zeigt an, wie solide die Pipeline für die gesamte Organisation ist.
Auf solch einfache Weise kann eine Führungskraft im laufenden Betrieb messen, wie solide die Qualität der Pipeline ist.
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