Der Mensch ist ein kreatives Lebewesen und will Anerkennung dafür. Jeden Tag entwickeln wir eine nicht messbare Anzahl an Ideen, von denen ein Großteil jedoch bereits nach kürzester Zeit wieder verworfen oder nicht weiterverfolgt wird.

Für die Ideen, die wir mit der Welt teilen möchten, wünschen wir uns Aufmerksamkeit. Sie sollen den Menschen, mit denen wir sie teilen, im Kopf bleiben. Daher schadet es nicht, sich einmal mit der Frage zu befassen, welche Eigenschaften eine Idee haben muss, um im wahrsten Sinne des Wortes„merk-würdig“ zu sein?

Aufmerksamkeit gezielt erzeugen

Es war Anfang der 1990er Jahre, als Art Silverman im „Center for Science in the Public Interest“ in seinem Büro auf eine mittelgroße Tüte Popcorn starrte. Aufgrund von Untersuchungen wusste er, dass das Popcorn ungesund ist. Da die Organisation es sich auf die Fahnen geschrieben hatte, die Bevölkerung über ungesunde Inhaltsstoffe in Lebensmitteln aufzuklären, war es nun seine Aufgabe, sich zu überlegen, wie man diesen Umstand der Öffentlichkeit kommunizieren könnte.

Wie erzeugt man ausreichend Aufmerksamkeit?

Die Faktenlage war eindeutig: Die mittelgroße Tüte Popcorn enthielt 37 Gramm gesättigte Fettsäuren – das Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten empfahl zu diesem Zeitpunkt eine maximale Tagesdosis von 20 Gramm für einen durchschnittlichen Erwachsenen.

Der Übeltäter war Kokosfett, das zum Rösten des Mais genutzt wurde und dafür sorgte, dass das Popcorn eine schöne Farbe und einen angenehmen Geschmack bekam. Alternative Ölsorten konnten keine ähnlichen Ergebnisse erzielen, obwohl sie wesentlich gesünder gewesen wären.

Eine mittelgroße Tüte Popcorn enthielt also nahezu die doppelte Menge der empfohlenen Tagesdosis gesättigter Fettsäuren, eine „große“ Tüte kam gut auf die dreifache Menge.

Silverman stellte fest, dass wohl nur wenige Menschen etwas mit der Aussage „37 Gramm gesättigte Fettsäuren“ verbinden würden – und selbst wenn, dann hätte wohl kaum jemand die empfohlene Tageshöchstmenge des Landschaftsministeriums im Kopf. Er kam also zu der Aussage, dass „gesättigte Fettsäuren“ kein Interesse bei der Bevölkerung wecken könnten und musste eine andere Lösung finden, diesen Umstand zu kommunizieren.

So gewinnt man die Aufmerksamkeit der Massen

Im September 1992 lud das Center Journalisten aus dem ganzen Land zu einer Pressekonferenz ein. Die Aussage war:

Eine mittelgroße Tüte Popcorn in einem typischen Kino enthält mehr Arterien-verstopfendes Fett als ein Spiegelei mit Speck zum Frühstück, ein Big Mac mit Pommes zum Mittag und ein Steak mit Beilagen zum Abendessen – zusammen.

Die Logik hinter Entscheidungen verstehen

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Für die Fernsehkameras hielten die Mitarbeiter des Instituts ein besonderes Schmankerl parat: Eine komplette Tagesration ungesundes Essen, alles zusammengepackt in eine mittelgroße Popcorn-Tüte.

Die Story erlangte landesweite Bekanntheit. CNN, CBS, NBC, ABC – alle reichweitenstarken Fernsehsender berichteten über fettiges Popcorn in ihren Hauptsendezeiten. Die großen Printmedien der USA berichteten mit passenden Headlines auf ihren Titelseiten und selbst die Talklegenden Jay Leno und David Letterman ließen es sich nicht nehmen, Witze über fettiges Popcorn in ihren Shows zu reißen.

Die Idee des Arterien-verstopfenden Popcorn blieb dauerhaft in den Köpfen der Menschen. Kinobesucher verzichteten vorübergehend auf den fettigen Snack, was schlussendlich dazu führte, dass die Kinoketten die Verwendung von Kokosfett einstellten.

Anerkennung und Aufmerksamkeit im Vertrieb

Wir Verkäufer stehen laufend vor der Aufgabe, Menschen Ideen zu „verkaufen“. Wir wollen, dass unsere Argumente und Mitteilungen in den Köpfen der potenziellen Kunden möglichst lange erhalten bleiben. Auch dann, wenn zwischenzeitlich andere, konkurrierende Aussagen auf unsere Kunden einströmen, soll unsere Botschaft bestehen.

6 Prinzipien, die dafür sorgen, dass Ideen in den Köpfen der Empfänger bleiben

Die Brüder Chip und Dan Heath haben in jahrelanger praktischer und wissenschaftlicher Arbeit sechs Prinzipien herausarbeiten können, denen eine Idee folgen soll, um dauerhaft in den Köpfen der Empfänger zu bleiben.

1. Simplicity = Einfachheit

Arbeiten Sie die Kernaussage Ihrer Idee heraus! Ein Anwalt kann vor Gericht zehn exzellent ausgearbeitete Punkte zur Verteidigung seines Mandanten bringen – bei der Beratung über das Urteil wird sich der Richter nur an die wenigstens vollständig erinnern. Es geht also darum, einen Inhalt auf die Essenz zu reduzieren. Musterbeispiele dafür sind Redewendungen. Redewendungen sind in der Regel knapp und tiefgründig – dennoch könnte man sein ganzes Leben nach einer solchen ausrichten.

2. Unexpectedness = Überraschungseffekt

Wie schaffen wir es, Aufmerksamkeit für unsere Ideen zu bekommen und wie können wir diese Aufmerksamkeit dauerhaft aufrechterhalten?

Die Antwort: Der Überraschungseffekt – indem man dem Publikum etwas bietet, das es in diesem Moment nicht erwartet.

Eine mittlere Tüte Popcorn, die genauso ungesund ist wie eine komplette Tagesration ungesundes Essen!

Solche Überraschungen schärfen den Fokus und schüren unsere Aufmerksamkeit. Um eine Idee jedoch langfristig in den Köpfen der Adressaten verankern zu können, muss sie es schaffen, weiteres Interesse und Neugier beim Hörer zu wecken. Das kann erreicht werden, indem man dem Publikum Wissenslücken aufzeigt und diese mit den richtigen Antworten füllt.

3. Concreteness = Klarheit

Um unserem Publikum unsere Ideen so klar wie möglich  zu vermitteln, müssen wir sie so konkret wie möglich formulieren. Viele Unternehmen scheitern an dieser Stelle mit einer Kommunikation, die meist weit entfernt von klar und deutlich ist.

Ideen, die in unseren Köpfen hängen bleiben, bestehen natürlicherweise aus einer bildhaften Sprache: vor Fett triefendes Popcorn, verstopfte Arterien, eine Popcorn-Tüte voll mit fettigen Lebensmitteln.

Auch hier kann man wieder das Beispiel der Redewendung anbringen: Meist vermitteln Sie abstrakte Wahrheiten in bildhafter Sprache: Alle Trümpfe in der Hand halten, beispielsweise.

Indem man seine Idee auf eine konkrete Bildsprache herunterbricht, erreicht man, dass alle Adressaten ein ähnliches Bild der Idee im Kopf haben.

4. Credibillity = Glaubwürdigkeit

Wie schaffen wir es, dass unsere Ideen auch angenommen werden? Einem angesehenen Arzt glaubt man intuitiv, wenn er über ein landesweites Gesundheitsproblem spricht – in der Gesellschaft genießt jedoch nicht jeder mit einer guten Idee diese Art von Autorität. Viele Ideen werden deswegen von Zahlen und Fakten getragen – in vielen Fällen sinnvoll, in einigen Fällen können zu viele Daten jedoch auch kontraproduktiv wirken.

Die Heath Brüder empfehlen eine „try before you buy“ Mentalität mit der Idee zu vermitteln.

Beispiel: Anstatt mit Daten und Fakten um sich zu werfen, stellte Ronald Reagan in der Präsidentschaftsdebatte 1980 eine Frage an die Wähler: „Bevor Sie wählen, fragen Sie sich, ob es Ihnen heute besser geht als vor vier Jahren.“

5. Emotions = Emotionen

Am ehesten interessiert sich jemand für eine Idee, wenn sie Gefühle in ihm auslöst. Die Popcorngeschichte löst beispielsweise Ekel oder Angst beim Adressaten aus – die Aussage „37 Gramm ungesättigte Fettsäuren“ führt hingegen wohl kaum zu einem emotionalen Ausbruch.

Untersuchungen zeigen, dass wir eher bereit sind, einem einzelnen bedürftigen Individuum zu helfen als einer ganzen bedürftigen Region – Einzelschicksale wecken unsere Gefühle, Zahlen und Fakten in der Regel nur selten.

6. Stories = Geschichten

Gute Geschichten tragen dazu bei, dass ein Konzept oder eine Idee in unserem Gedächtnis bleibt.

Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass persönliche Erfahrungsberichte während Einsatzbesprechungen bei Rettungskräften dazu führen, dass zukünftige Situationen besser eingeschätzt werden können und somit Entscheidungen intuitiv besser getroffen werden.

Diese sechs Prinzipien sorgen dafür, dass Ihre Botschaften beim Kunden hängen bleiben. Die Autoren Dan und Chip Heath haben das in Ihrem Buch „Made to Stick“ ausführlich erläutert.