Woche 24: So werden Sie der „Mentalist“ Ihrer Gesprächspartner

Wäre es nicht wunderbar, wenn Sie Ihre Gesprächspartner ganz einfach dazu bringen könnten, zu denken, was Sie wollen? Hätten Sie nicht auch Lust, alleine durch Ihre Aussagen und Fragen die Denkweise Ihrer Kunden zu bestimmen?

Viele wissen, dass das ohnehin andauernd passiert. Wenn wir etwas sagen, beeinflussen wir damit die Gedanken unserer Zuhörer. Ganz automatisch. In dieser Episode wollen wir deshalb erkunden, wie wir die Gedanken unserer Gesprächspartner bewusst steuern können. Falls Sie jetzt die Augen verdrehen und sich auf esoterischen Quatsch vorbereiten, kann ich Sie beruhigen: Hier geht es um eine wissenschaftlich erprobte Methode. Sie erwartet ein Set von Formulierungen, das Sie nach Ihren Vorlieben anpassen können. Allerdings sollten Sie dazu die Wirkungsweise verstanden haben. Also legen wir los:

Die Verwendung von hypnotischen Sprachmustern geht auf Milton Ericson zurück, der damit bestimmte Formen der Therapie erleichtert hat. Seine Ideen wurden im Laufe der Jahre weiter entwickelt und für verschiedene Zwecke nutzbar gemacht – und zwar fernab von jedem Anspruch, therapeutisch zu wirken. Die Wirkung von Sprache kann damit bewusst gesteigert werden, um bestimmte Wahrnehmungen zu begünstigen.

Es folgt eine Auflistung von Elementen der hypnotischen Gesprächsführung, deren Reihenfolge nichts über ihre Wertigkeit aussagt. Wenn Sie den größten Nutzen aus dieser Episode ziehen wollen, sollten Sie diese Auflistung öfter durcharbeiten und damit experimentieren. Sie dürfen die einzelnen Worte verändern und die Sätze oder Satzteile in Gedanken oder laut mitsprechen. Dadurch gehen die Formulierungen in Ihren Sprachschatz über und Sie werden die Wendungen künftig verwenden – vielleicht sogar ohne es zu merken.

 

Verbindungsworte

Um Zusammenhänge zu verdeutlichen, bietet sich die Benutzung von Verbindungsworten an.

Und … auch … während … vorher … sobald … bevor … nachdem … weil … seit

Ebenso ist es möglich, ganz bewusst Konflikte oder Gegensätze durch Verbindungsworte zu betonen:

Aber … dennoch … obwohl … andererseits … entgegen … eigentlich

Das beste Beispiel dafür ist die Verwendung der Worte „aber“ und „und“. Lassen Sie sich die folgenden beiden Aussagen einmal auf der Zunge zergehen:

„Sie sagten, der Kaufpreis ist hoch, aber im Vergleich zu unserer Technologie sind die Betriebskosten sehr gering“

Und die andere Aussage mit nur einem geänderten Wort:

„Sie sagten, der Kaufpreis ist hoch und im Vergleich zu unserer Technologie sind die Betriebskosten sehr gering“

Finden Sie nicht auch, dass dieses eine Wort den Kern der Aussage völlig verändert? Im Zusammenhang mit der Einwandbehandlung empfiehlt es sich, das Wort „aber“ generell durch „und“ zu ersetzen. Man könnte sogar sagen, dass es grundsätzlich besser ist, diesen Austausch vorzunehmen. Nur in wenigen Fällen ist der bewusste Gebrauch von „aber“ sinnvoll.

 

Modalworte

Sie können solche Worte als sanfte aber wirksame Verstärker einsetzen. Sie bekräftigen oder entkräften Aussagen auf eine feine aber sehr effektive Weise. Hier einige Beispiele für Formulierungen mit und ohne diese Worte:

Der 1. FC Hinterdupfing war heute überlegen – Der 1. FC Hinterdupfing war heute offensichtlich überlegen.

Wenn der Fußballclub überlegen war, dann ist das ohnehin offensichtlich. Aber wenn Sie das mit aussprechen, wird die Botschaft noch bildhafter und klarer.

Sie können sich gleich Ihre eigene Meinung bilden – Sie können sich möglicherweise gleich Ihre eigene Meinung bilden.

Es steht völlig außer Frage, dass ich die Möglichkeit habe, mir eine Meinung zu bilden. Durch diesen sanften Hinweis werde ich allerdings sanft aufgefordert, es auch zu tun.

Unser Kunde hat sich für uns entschieden – Unser Kunde hat sich eindeutig für uns entschieden.

Kann man sich uneindeutig entscheiden? Natürlich nicht! Diese kleine Ergänzung erzeugt jedoch deutlich mehr Drama und Aussagekraft.

 

Auslassungen

Aussagen und Fragen, in denen einzelne Teile fehlen. Ein Zuhörer wird diese Auslassungen mit etwas für ihn Relevantem füllen. Hier einige Beispiele mit der Erklärung, was jeweils fehlt:

Kunden, die es so machen, kommen schneller zum Ergebnis … (Schneller als was)

Mehr und mehr Kunden entscheiden sich bewusst so … (Mehr Kunden als was?)

Wie viel mehr könnten Sie leisten, wenn Sie mehr selbst entscheiden könnten? (Mehr als was leisten und mehr als was entscheiden?)

Weniger Staat – Mehr Selbstbestimmung! (Dieser typische Ausruf hat große Lücken: Mehr oder weniger von was genau?)

Wenige Menschen dürften anderer Meinung sein… oder… Die meisten Personen habe gute Erfahrungen gemacht mit … (Was bedeutet „wenige“ bzw. „die meisten“? 1% 10% 25% 100%?)

Das Prinzip ist Ihnen sicherlich schnell klar geworden: Die Auslassungen führen dazu, dass unser Hirn nebenbei die fehlenden konkreten Aussagen nach eigenem Geschmack ergänzt. Die Ergänzungen erfolgen so, dass der nun entstehende Gedanke kompatibel zum Zuhörer wird. Wenn Sie „weniger Staat“ hören, fällt Ihnen sicher sofort ein Beispiel ein, als Sie sich selbst über Regulierungswahn geärgert haben. Und schon ist diese Aussage, obwohl genaue Fakten fehlen, erstmal klar. Wir denken, dass wir sie verstehen.

 

Unklarer Einzelbezug

Darunter versteht man die Interpretation von Regeln, ohne zu klären, welche Regel oder welches Gesetz gemeint ist. Hier wieder einige Beispiele:

Es ist gut … 

Es versteht sich von selbst …

Es ist völlig normal … 

Es ist nicht notwendig … 

Sie dürfen …

Wenn Sie solche Formulierungen verwenden, beziehen Sie sich auf etwas und machen darauf basierend eine Aussage. Den Bezug lassen Sie dabei jedoch unklar. Solche Formulierungen führen dazu, dass der Zuhörer die Auslassung unbewusst für sich auffüllt. Wenn Sie beispielsweise sagen „Es ist nicht notwendig, die weiteren Schritte schon jetzt im Detail zu besprechen“, dann besteht die große Chance, dass der Zuhörer dieses Urteil für sich übernimmt. Und das, obwohl er selbst nicht geprüft hat, auf welcher Basis und für welche Anwendung Sie es gefällt haben.

 

Komplexe Äquivalenz 

Bei dieser Formulierung werden zwei Phänomene suggestiv verbunden. Dadurch wird eine kausale Abhängigkeit dezent in den Raum gestellt, die vielleicht nicht wirklich akademisch beweisbar ist. Hier einige Beispiele:

Die Erfahrung unserer Berater bringt eine höhere Projektqualität mit sich …

Weil wir bereits viele Projekte realisiert haben, sind wir schneller in der Umsetzun.g

Diese Zusammenhänge können durchaus bestehen, allerdings bleibt der Beweis offen, dass das Eine durch das Andere begründet wird. Verkäufer können sich solche Formulierungen angewöhnen, wenn Sie wirksame Vorteilsargumente nutzen wollen.

 

Nominalisierungen

Dies sind Hauptworte, die umgangssprachlich wie Gegenstände verwendet werden, aber in Wirklichkeit Abläufe oder Prozesse darstellen. Die fehlende Abfolge muss vom Zuhörer selbst in seiner Vorstellung geschaffen werden. Die meisten Nominalisierungen gehören zum Reich der Werte und sind deshalb stark emotional besetzt. Um sie zu verstehen, muss ein Hörer bei sich selbst ein passendes Erleben herstellen. So entstehen emotional stark besetzte Gedanken. Hier einige Beispiele:

Veränderung … Lernerfahrung … Fähigkeiten … Entscheidung … Lösung … Begegnung … Wahrnehmung. … Einfühlung. … Bedeutung … Interesse … Umdenken

Wir werden uns mit diesem Element erneut in Woche 33 beschäftigen. Dann untersuchen wir die Wirkungsweise von (Fach-)Begriffen in der Kommunikation. Insbesondere bei Präsentationen kann es sehr gefährlich sein, es dem Zuhörer zu überlassen, sich das passende Bild oder die passende Emotion zu einem Begriff selbst zu suchen.

 

Vorannahmen 

Bei diesem Element der hypnotischen Sprachführung werden nicht überprüfte zukünftige Entwicklungen stillschweigend für wahr oder gegeben gesetzt.

So oder so werden Sie …

Auch wenn Sie es im Moment noch nicht bemerkt haben …

Wenn Sie sich vorstellen, dass wir heute in einem Jahr auf ein erfolgreiches Projekt zurückblicken …

Wenn Sie dieses Element sparsam einsetzen, behält es seine Wirkung. Bestimmt erinnern Sie sich an Vorkommnisse, bei denen Sie diese Art von Aussagen als versuchte Manipulation empfunden haben. Es ist besser, das zu vermeiden und nur sparsam Vorannahmen einzusetzen.

 

Gedankenlesen

Wenn Sie so tun, als ob Sie über das innere Erleben ihrer Zuhörers Bescheid wissen. Sie nutzen dann allgemeine Formulierungen, die keinen Widerspruch zum Erleben erzeugen.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt auch …

Es könnte sein …

Ich bin sicher, dass Sie gleich …

Wenn Sie dieses Element nutzen, erzeugen Sie dadurch eine hohe Intimität. Es ist ratsam, dass Sie darauf achten, dass Sie auch wirklich empathisch und nah bei Ihren Gesprächspartnern sind, wenn Sie diese Form der hypnotischen Gesprächsführung einsetzen. Nur wenn Sie emotional sehr nah sind, erscheinen diese Äußerungen glaubhaft.

 

Diese Episode fällt etwas aus der Reihe. Im Gegensatz zu den anderen Ausgaben ist sie zur mehrfachen Verwendung vorbestimmt. Lesen Sie diese Formulierungen immer wieder und hören Sie sie vor Ihrem geistigen Ohr. Noch besser: Sprechen Sie die Formulierungen in Ihrem Tempo und in Ihrer Wortwahl laut nach. Und zwar solange, bis es sich für Sie authentisch anhört, sie zu verwenden. Ganz am Anfang war Radfahren für Sie sicher auch ungewohnt und bestimmt nicht authentisch. Jetzt tun Sie es ganz natürlich, ohne groß darüber nachzudenken. Wenn das mit diesen Formulierungen auch gelingen soll, dann dürfen Sie sie üben, üben und üben.

In der kommenden Woche beginnen wir ein neues Kapitel. Dann beschäftigen wir uns mir dem tieferen Verständnis für die Entscheidungstreiber des Kunden. Freuen Sie sich auf Einsichten, Kniffe und Tipps, die Ihre Abschlussquote steigern und Ihre unnötigen Blindleistungen minimieren.