Autorität beschreibt das Ansehen, das eine Person oder Institution hat. Sie bewirkt, dass sich andere im Denken oder Handeln nach ihr richten. Für Unternehmer oder Verkäufer kann es von großem Vorteil sein, als Experte auf dem jeweiligen Fachgebiet wahrgenommen zu werden.
Wir sind geneigt, Autorität anzuerkennen. Vor allem dann, wenn wir in einer Angelegenheit nicht so richtig klar sehen. Wir fragen den Verkäufer am Marktstand, welchen Käse er uns empfiehlt, wenn wir uns nicht besonders gut auskennen. Das tun wir, ohne zu wissen, ob er wirklich Ahnung hat. Wir geben ihm diesen Vertrauensvorsprung. Einfach nur, weil er auf der anderen Seite der Theke steht. Wir können seine Expertise nicht prüfen und folgen seiner Autorität, weil wir die Symbole seiner Autorität anerkennen und uns unterordnen.
Fakt ist: Wir verspüren unbewusst eine gewisse Gehorsamkeit gegenüber autoritären Menschen. Dieses Phänomen wurde erstmals in mehreren Versuchsreihen durch den Psychologen Stanley Milgram in den 1960er Jahren bestätigt. Verblüffend: Namhafte Psychologen hatten im Vorfeld des Experiments völlig andere Ergebnisse vorhergesagt.
Das Milgram-Experiment
Dieses Experiment beweist, wie unglaublich wirksam Autorität ist, wenn es darum geht, Menschen zu beeinflussen. Der Effekt ist so mächtig, dass jeder Verkäufer ihn verstehen sollte. Selbst wenn Sie es ablehnen, durch Autorität zu manipulieren, sollten Sie erkennen, wenn der Effekt auf Sie angewendet wird. Doch zurück zum Experiment und was wir alle daraus lernen können:
Die Testperson wurde in einem Raum mit dem Versuchsleiter und einer anderen Testperson bekannt gemacht. Sie wurde darüber informiert, dass es sich um einen Feldversuch handelt, der den Zusammenhang zwischen Lernen und Schmerzen aufzeigen soll. Es wurde weiter erklärt, dass eine der beiden Testpersonen an einen Stuhl geschnallt und mit mehreren Elektroden verbunden werden sollte. Der Versuchsleiter, der einen weißen Kittel und ein Klemmbrett zum Zeichen seiner Autorität trug, erklärte, dass die andere Testperson die Rolle des Prüfers bekommen sollte, der Fragen verliest und bei falschen Antworten mit Stromstößen „bestrafen“ sollte. Die Stromstöße seien „äußerst schmerzhaft, jedoch ohne bleibende Schäden“.
Danach sollte gelost werden, wer welche Rolle einnimmt. Der Testperson wurde die Rolle des Prüfers zugespielt. Die andere „Testperson“ war in Wirklichkeit ein Schauspieler.
Nachdem die erste Frage falsch beantwortet wurde, löste der Prüfer weisungsgemäß einen Stromstoß mit 15 Volt aus, ohne zu wissen, dass die Schalter nur Attrappe waren. Weitere falsche Antworten wurden mit Stromstößen mit jeweils 15 Volt höheren Spannungsangaben bestraft.
Ab 120 Volt meldete die Testperson, dass die Stromstöße jetzt wirklich schmerzhaft seien. Ab 150 Volt rief die Testperson lautstark, dass sie den „Versuch“ abbrechen will. Weitere Stromstöße mit immer weiter gesteigerter Spannung folgten. Weder Wimmern, laute Schreie noch verzweifeltes Rufen nach Hilfe brachten die Testpersonen über lange Zeit davon ab, die Stromstöße weiter zu erhöhen. Die Reaktionen des Schauspielers auf die Stromstöße hätten jedem vernünftigen Menschen klarmachen müssen, dass der Proband sterben könnte. Rückfragen beim Versuchsleiter, der mit gespielter Autorität darauf drängte, den Test „ordnungsgemäß“ durchzuführen, genügten, um immerhin 2/3 der Testpersonen dazu zu bringen, bis zum Ende des Experiments zu gehen und einen Stromstoß von 450 Volt bei der Testperson auszulösen. Im Vorfeld des Versuchs hatte die Fachwelt prognostiziert, dass höchstens 1 bis 2 Promille der Testpersonen bis zum Äußersten gehen würde. Dieser Anteil entspricht dem Anteil soziopathischer Gewaltverbrecher in einer Gesellschaft.
Tatsächlich waren etwa 66% der Probanden bereit, das Risiko einzugehen, einen anderen Menschen zu töten, der ihnen nichts getan hatte. Und das, obwohl sie sich sichtlich unwohl in ihrer Haut fühlten, schwitzten und Unsicherheit zeigten. Auf Nachfragen, ob das wirklich nötig sei, wiederholte der Versuchsleiter immer wieder sinngemäß, dass man das Experiment im Sinne der Wissenschaft zu Ende führen sollte. Keine Androhung von Konsequenzen und keine Belohnung wurden in Aussicht gestellt. Lediglich ein Klemmbrett und ein weißer Kittel genügten.
Zeichen von Autorität
Nicht umsonst nutzt die Pharmaindustrie für ihr Marketing meist Ärzte und andere vermeintliche Experten als Werbegesichter. Kleidung, eine besondere Uniform, die Jobbezeichnung oder sogar das Fahrzeug einer Person können dazu führen, dass wir sie intuitiv als Autoritätsperson wahrnehmen.
Autorität kann sich auf unterschiedliche Art und Weise äußern. Im Vertrieb ist es jedoch meist eine spezielle Fähigkeit und/oder ein Wissensvorsprung gegenüber der Konkurrenz.
Dieser Punkt wird für die meisten Unternehmer der interessanteste sein: um Autorität in Ihrer Zielgruppe zu erlangen, müssen Sie von Ihrer Zielgruppe als Experte wahrgenommen werden.
Doch wie kann man es als Unternehmen schaffen, gewisse Fähigkeiten und einen Wissensvorsprung zu demonstrieren?
Titel
Titel sind Autoritätssymbole. Normalerweise bedarf es jahrelanger Leistungen, um einen Titel zu erlangen. Viele Unternehmen setzen daher in ihrem Marketing auf Pseudotitel, indem sie mit fiktiven Ärzten oder sogenannten „Meistern ihres Fachgebietes“ werben. Dies mag ein Weg sein, Autorität in der Zielgruppe zu erlangen. Nachhaltige Autorität ist Ihnen als Unternehmen jedoch nur dann vergönnt, wenn Sie auf Titel setzen, die tatsächlich existieren und in Ihrer Zielgruppe auch bekannt sind.
Präsenz
Einfache Autorität können Unternehmen meist schon dann erlangen, wenn sie in ihrer Zielgruppe Präsenz zeigen. Einem stets präsenten Unternehmen traut man intuitiv mehr zu als einem Unternehmen, von dem man noch nie etwas gehört hat. Unternehmen sollten daher darauf setzen, von ihrer Zielgruppe in den richtigen Kanälen wahrgenommen zu werden.
Erscheinungsbild
Von vielen unterschätzt: Unser Auftreten und unsere Kleidung können einen immensen Einfluss darauf haben, ob wir von unserem Gegenüber als Autoritätsperson wahrgenommen werden.
- Uniformen
Uniformen demonstrieren Macht, vor allem bei staatlichen Organisationen wie der Polizei. Aber auch andere Berufsgruppen setzen auf die Autorität der Uniform: Ärzte, Flugbegleiterinnen und medizinisches Fachpersonal. Das schafft Vertrauen und demonstriert Kompetenz. Beantworten Sie sich doch einmal spontan die Frage, wie sicher Sie sich fühlen würden, wenn Ihr nächster Flug in den Urlaub von einem Piloten in Jeans und T-Shirt durchgeführt werden würde? - Business-Kleidung
Im Business ist die Uniform der Anzug. Egal an welchem Ort – wer einen bestimmten „dress code“ erfüllt, wird entsprechend behandelt, egal wie viel Macht derjenige tatsächlich ausüben kann. Allerdings kann man auch über das Ziel hinausschießen und „overdressed“ sein. Wenn Sie in voller Montur mit dreiteiligem blauen Anzug, Krawatte und Einstecktuch zu einem jungen Unternehmer kommen, könnte es sein, dass Ihre Kleidung Sie beide eher entzweit. Es ist nicht leicht, hier eine feste Regel zu definieren. Schon deshalb, weil Sie ja nicht wissen können, wie ihr Gesprächspartner sich kleiden wird.
Autorität: Einen Tick besser
Als Faustregel kann gelten: einen Tick besser als Ihr Gesprächspartner. Wenn Sie einen Gesprächspartner im Anzug erwarten, reicht es, wenn Sie ebenfalls Anzug und zusätzlich Krawatte oder ein Einstecktuch tragen. Wenn Sie einen Gesprächspartner im Polo-Shirt erwarten, tragen Sie ebenfalls ein solches und zusätzlich ein sportliches Sakko. Eine kleine Stufe höher als der Gesprächspartner genügt völlig.
Für weibliche Berufskleidung gilt das entsprechend. In meiner Praxis der letzten Jahre habe ich festgestellt, dass Frauen für diese Feinheiten ein wesentlich besseres Gefühl haben als Männer und mit ihrer Kleidungswahl fast immer richtig liegen. Männer hingegen sollten aktiv darauf achten, weil es ihnen oft nicht bewusst wird und dennoch das Unterbewusstsein auf solche Symbole reagiert.
Außerdem: Das Auftreten
Wenn Verkäufer die ihnen vom Kunden zugestandene Autorität mit Leben füllen, dann akzeptieren Kunden die Führungsrolle. Wenn Verkäufer zaudern und unklar sind, dann zweifeln Kunden an der Autorität und stellen sie infrage. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Sie fragen dem Verkäufer auf der Sach-Ebene Löcher in den Bauch, um ihn der Inkompetenz zu überführen. Wenn Verkäufer souverän reagieren und klare Aussagen machen, um die erfragten Bedürfnisse des Kunden zu verstehen und dann zu befriedigen, dann folgen die Kunden dem Rat fast immer vorbehaltlos.
Autorität im Geschäftskundenvertrieb
Wie kann man sich selbst Autorität geben? Die einfachste Variante ist, dass man es einfach behauptet. So wie der Grundsatz der PR lautet: Tue Gutes und rede darüber. Wenn Sie seit 15 Jahren in dieser Branche tätig sind, dann sagen Sie „Mit dem Erfahrungsschatz der letzten 15 Jahre in der XY-Branche, kann ich sagen …“ Oder wenn Sie eine bestimmte Anzahl von Ergebnissen erreicht haben: „Wir betreuen xx Kunden aus der ABC Branche und daher weiß ich, dass …“
Autorität kann auch verliehen werden. Wenn Sie einen Titel innehaben, wissen Sie, wie ein Doktortitel fast automatisch Kompetenz zuspricht. Ähnliches gilt für Berufsbezeichnungen: Ein „Senior“ vor dem „Berater“ kann einiges bewirken. Ebenso wirksam ist, wenn andere Ihre Leistung beurteilt haben. Eine 5-Sterne-Wertung ist heute vielerorts üblich. Jeder Wert über 4,5 ist sicherlich ein „Beweis“ Ihrer Kompetenz. Auch Verbindungen, Mitgliedschaften und gemeinsame Abbildungen mit Prominenz wirken positiv auf Ihre Kompetenz.
Autorität und Souveränität durch Langsamkeit
Wir hatten schon einen Hinweis auf diesen Effekt in einem früheren Beitrag. Wenn Sie sich eine Stufe langsamer bewegen als Ihr Gesprächspartner, eine Idee langsamer sprechen und die Stimmlage etwas absenken, dann wirkt das souveräner. Nicht zu langsam, weil Sie dann wiederum den Kontakt verlieren, aber etwas langsamer. Stellen Sie sich vor, wie ein König den Raum betreten würde und dann zum Vergleich, wie ein Kellner das tut. Der König ist bewusst langsam und gemächlich, während der Kellner fast schon hetzt. Das können Sie sich zunutze machen, indem Sie auch bewusst langsamer werden.
Fotoquelle Titelbild: © fotolia/Syda Productions
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