Account Management ist der moderne Begriff für die Zusammenarbeit mit Bestandskunden. Der damit betraute Account Manager ist Verkäufer und Führungskraft in einer Person. Seine Aufgabe ist es, das Geschäft mit treuen Kunden zu steuern und zu entwickeln. In diesem Beitrag betrachten wir die Aufgaben von Account Managerinnen und Managern.

Für den Job des Account Managers sind verkäuferische Fähigkeiten wichtig, weil es letztlich darum geht, die Wertschöpfung mit wichtigen Kunden zu steigern und die Kundenbeziehung langfristig zu festigen. Zusätzlich brauchen wir beim Account Manager allerdings auch Führungsqualitäten, weil er viele Ressourcen des eigenen Unternehmens und des Kunden führen und steuern soll – und das zum großen Teil ohne direkte Weisungsbefugnis.

Bestandskunden brauchen Account ManagerInnen

Wenn Unternehmen die langfristige Zusammenarbeit wichtigen Kunden aufbauen und langfristig erhalten wollen, dann gelingt das selten mit dem klassischen, regionalen Vertrieb.

Großkunden mit mehreren Niederlassungen lassen sich selten mit einer regionalen Vertriebsbrille erfolgreich bedienen. Ein überregional tätiger Kunde kann selten über den für eine Region zuständigen Verkäufer optimal betreut werden.

Das klappt besser mit einem übergreifenden Ansatz, weil bisweilen die einzelnen Niederlassungen zwar deutlich kleiner sind, als die Zentrale, jedoch selbstständig entscheiden und daher nicht zentral zu betreuen sind. Wenn also die einzelnen Niederlassungen des Kunden von den entsprechenden Niederlassungen des Anbieters betreut werden, ist ein gemeinschaftlicher Betreuungsansatz kaum möglich. Vor allem auch deshalb, weil die Niederlassungen in anderen Ländern oder Regionen ihre eigene Sichtweise auf ihren lokalen Markt haben und dabei möglicherweise die kleinere nationale Niederlassung des Großkunden wenig attraktiv erscheint.

Stellen wir uns vor, dass der eine Verkäufer, dessen Verkaufsgebiet zufällig Untertürkheim ist, nun die Verantwortung für den Umsatz mit Daimler bekommt. Weltweit. Vermutlich würde es bei dieser Struktur nicht gelingen, das komplette Potenzial des Daimler-Konzerns zu erschließen. Weder die verschiedenen Teilbereiche des Konzerns in Deutschland und noch weniger die Durchdringung des Kunden auf internationaler Ebene.

Account Manager auf dem Prüfstand

Bleiben wir bei dem Beispiel „Daimler“: Wenn also ein verantwortlicher Account Manager die Aufgabe bekommt, den Daimler-Konzern zu durchdringen, dann darf er verschiedene Verantwortungen übernehmen.

  • Das Potential erkennen und entwicklen
  • Top-Entscheider finden und binden
  • Beziehungen aufbauen und halten
  • Ressourcen steuern und einsetzen
  • Prioritäten erkennen und durchsetzen

Lassen Sie uns diese verschiedenen Aspekte etwas genauer beleuchten.

Das Potential erkennen und entwicklen

Große Kunden haben viele Facetten, die aus der Perspektive der lokalen Vertriebsorganisationen nicht unbedingt klar werden. So könnte das Potential von Daimler in Untertürkheim für einen lokalen Anbieter sehr interessant und lukrativ sein, allerdings ist es für den selben Verkäufer wohl nicht attraktiv, die Zentrale der Tochtergesellschaft von Fuso in Japan zu betreuen. Auch wird dieser Verkäufer wohl kaum die Konzernzugehörigkeit von anderen Teilbereichen des Konzerns wie AMG, Smart oder Daimler TSS bewältigen – ganz zu schweigen von den Beteiligungen wie ShareNow oder FreeNow.

Bestandskunden entwickeln sich im Laufe der Zeit weiter. Ein Account Manager der Spitzenklasse ist in der Lage, die Attraktivität der verschiedenen Teilbereiche des Kunden zu erkennen und für das eigene Unternehmen zu erschließen.

Da geht weit über das Aushandeln von Rahmenkonditionen und Mengenrabatten hinaus. Es geht darum, die Interessen des Kunden als Ganzes zu erkennen, zu bedienen und gleichzeitig die eigenen Interessen als Lieferant zu vertreten.

Account Manager finden und binden Top-Entscheider

Ola Källenius, seit 2019 CEO der Daimler AG, unterschreibt keine Bestellungen für Kopierpapier. Obwohl er der oberste Entscheidungsträger ist, kauft er so etwas nicht ein. Dennoch laufen bei Ihm alle Fäden zusammen. Er lenkt die Geschicke des Konzerns.

Ihn zu kennen ist sicher hilfreich, aber er dürfte in den wenigsten Fällen Investitions- oder Einkaufsentscheidungen treffen. Ein hervorragender Account Manager wird es schaffen, Kontakt zum obersten Entscheider zu halten. Aber er weiß auch wer welche Entscheidungen trifft und wird vor allem dort intensive Kontakte unterhalten.

Zu verstehen, wer was will und wie das komplexe politische Gefüge in einem Konzern funktioniert, ist genau das, was erfolgreiche Account Manager beherrschen. Sie kennen viele Schlüsselpersonen und verstehen Zusammenhänge.

Wem es dann noch gelingt, die politische Gletscherbewegung in einem Konzern genau erkennen und daraus abzuleiten, wer morgen die Führung in Teilbereichen übernehmen könnte, der wird langfristig gewinnen.

Beziehungen aufbauen und halten

In Konzernen ist steter Umbruch. Aufbauorganisationen, Berichtslinien und Funktionen ändern sich laufend, weil sie an die Bedürfnisse des Markets angepasst werden sollen – auch wenn das nicht immer gelingt. Diese Dynamik erfordert einiges an Übersicht und aktivem Netzwerk.

Eine exzellente Account Managerin kann diese Dynamik verfolgen und sein Unternehmen und deren wichtigste Personen mit den richtigen Entscheidern beim Kunden verbinden.

Oft wird dafür in Beziehungen investiert, lange bevor daraus eine Rückzahlung zu erwarten ist. Es gilt das Prinzip des „pay forward“ statt dem weitaus häufigeren „pay back“. Das bedeutet, dass aktiv Beziehungen zu Personen innerhalb des Bestandskunden aufgebaut werden, ohne dass sofort eine Kaufentscheidung resultiert.

Damit sind in keiner Weise Bestechung oder andere illegale Maßnahmen gemeint. Eine Beziehung kann entstehen, wenn eine Seite des anderen eine Unterstützung anbietet, die vermutlich noch nicht einmal viel Aufwand bedeutet, aber für den Empfänger einen großen Wert darstellt. Hier einige Ideen dazu:

  • Jemanden mit einem Dritten bekannt machen, um Synergie zu ermöglichen
  • Eine hilfreiche Information liefern
  • Zugang zu einem Experten des eigenen Unternehmens ermöglichen
  • Eine konkrete Empfehlung aussprechen
  • Auf eine Nachricht, einen Trend oder eine Information hinweisen

Solche „Geschenke“ zum Beziehungsaufbau sind komplett legal. Wir wissen seit den Arbeiten von Roberto Chialdini, dass durch den Effekt der Reziprozität das Geben eine wichtige Funktion bekommt: Der Beschenkte denkt darüber nach, wie er sich später revanchieren kann. Und selbst wenn er das nicht aktiv tut, wird er bei späteren Begegnungen tendenziell positiv uns gegenüber eingestellt sein – zumindest in den allermeisten Fällen.

Ressourcen steuern und einsetzen

Einen Großkunden wie Daimler kann man nicht alleine bedienen. Ein Vielzahl eigenen Ressourcen in verschiedenen Unternehmensbereichen sind dazu nötig. Der Account Manager wird es schaffen, diese Ressourcen zu koordinieren. Ähnlich wie ein Dirigent eines Orchesters muss er die einzelnen Kräfte steuern. Auch wenn er selbst nicht alle Instrumente spielen kann, ist es dennoch seine Aufgabe für das Zusammenspiel und ein gutes Endergebnis zu sorgen.

Der Account Manager in Deutschland kann seinem Kollegen in anderen Ländern in den meisten Fällen nicht befehlen, was er wann tun soll. Er kann auch nicht selbst die Daimler Niederlassung in Brasilien betreuen, weil er vermutlich nicht gut genug Portugiesisch spricht. Und dennoch muss er es schaffen, dass der Kollege in Brasilien sich ins Konzert der Aktionen eingliedert und selbst die kleine Niederlassung in Iracemápolis entsprechend der Account Strategie betreut.

Die besten Account Manager sind also auch Diplomaten und Netzwerker ebenso wie exzellente Verkäufer und Führungskräfte. In sehr großen Schlüssel-Kunden nennt man Sie häufig auch „Key Account Manager“.

Prioritäten erkennen und durchsetzen

Im Zweifel wird sich bei dieser Aufgabe eine Vielzahl von Aktivitäten anbieten, die kaum alle zu bewältigen sind. Account Manager werden also regelmäßig und mit aller gebotenen Klarheit entscheiden, welche Aktivitäten sinnvoll und welche entbehrlich sind.

Der stete Strom an Anforderungen kommt von innerhalb des eigenen Unternehmens und vom Kunden selbst. So wollen immer neue Teilbereiche und Produktverantwortliche des eigenen Unternehmens unbedingt genau ihre Produkte und Leistungen beim Großkunden verkaufen. Und auf der anderen Seite haben einzelne Abteilungen und Regionen des Großkunden immer neue Anforderungen, die an den Account Manager als Repräsentant des Lieferanten herangetragen werden.

Also muss der erfahrene Account Manager immer wieder nüchtern und überlegt die Prioritäten festlegen. Er wird dabei auch immer wieder Erwartungen von Kollegen und einzelnen Personen beim Kunden enttäuschen. Das wirkt sich nicht gerade positiv auf die Beziehungen aus, weshalb Account Manager erst Recht gute Diplomaten sein sollten.

Warmakquise statt Kaltakquise

Wenn wir auf die Arbeit eines Account Managers blicken, wird der die oder andere Verkäufer neidisch. Schließlich hier keine Kaltakquise gemacht werden. Aber das ist ein Irrtum.

Schließlich gehört es zu den Aufgaben des Account Managers, stetig neue Bereiche innerhalb des Bestandskunden zu erschließen, um die Wertschöpfung zu verbessern. Die Tatsache, dass es bereits zu anderen Unternehmensbereichen einen Kontakt gibt, ist nur Vordergründig eine Erleichterung. Der angesprochene Neukontakt ist aus seiner Perspektive ebenso ein Neukunde, wie bei jeder Kaltakquise auch.

Der Account Manager muss also Akquise beherrschen, auch wenn es auf den ersten Blick einfacher ist, innerhalb eines bestehenden Kunden zu akquirieren.

Account Manager führen den Kunden

Letztlich ist es die große Aufgabe des Account Managers, seinen Kunden zu führen. Ähnlich wie ein Reiter ein Pferd führt, obwohl das Pferd viel kräftiger ist und sich jederzeit weigern könnte.

Der Bestandskunde ist in der Regel mächtiger als der Lieferant, den der Account Manager vertritt. Die Führung kann also niemals über Druck oder die Ausnutzung von Machtverhältnissen gelingen. Vielmehr sollte die Führung des Kunden auf der Basis von Partnerschaften, gegenseitiger Wertschätzung und dem Kooperationsgedanken Funktionieren.

Als Account Manager eignen sich nur wirklich erfahrene und geschickte Führungskräfte mit verkäuferischem Verstand.

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