Die ersten Sekunden einer Gesprächseröffnung sind oft entscheidend für den weiteren Verlauf. Das gilt für geplante Meetings mit Kunden ebenso wie für die erste Ansprache. Auch wenn beide Situationen völlig unterschiedlich sind, gelten die gleichen Regeln. In diesem Beitrag erarbeiten wir verschiedene Wege für eine gelungene Gesprächseröffnung.
Diese Kriterien machen Sie sympathisch und erleichtern die Gesprächseröffnung
Wenn wir untersuchen wollen, welche Art von Gesprächseröffnung am besten funktioniert, sollten wir nicht zu kompliziert denken. Jeder von uns hat schon spontane Begegnungen erlebt, bei denen wir sofort Interesse verspürt haben und bereit waren, noch mehr Zeit in ein Kennenlernen zu investieren. Abgesehen von äußerlicher Attraktivität, die grundsätzlich einen gewissen Sympathiefaktor unterstützt, gibt es noch weitere Kriterien, die uns sympathisch machen.
Gemeinsamkeiten sind beispielsweise ein Faktor, der Sympathie fördert. Wenn wir etwas an unserem Gesprächspartner erkennen, das wir selbst ebenfalls als Merkmal haben, können wir das ansprechen. Das kann eine Äußerlichkeit sein wie eine ähnliche Brille, Farben von Accessoires oder eine Uhrenmarke. Aber sogar eine solch einfache Frage kann Wunder wirken: „Wir waren gerade bei demselben Vortrag, oder?“ Auf den ersten Blick klingt das idiotisch, weil es ja ohnehin klar ist, wenn man im selben Vortrag war, aber es wirkt trotzdem positiv auf die Sympathie.
Und schließlich sind Komplimente ein sehr effektiver Weg, um Sympathie zu erzeugen. Grundsätzlich bin ich ein Freund von ehrlichen Komplimenten. Das heißt, ich möchte wirklich nur solche positiven Beobachtungen erwähnen, die ich tatsächlich besonders finde. Allerdings gibt es eine Studie, dass auch Komplimente funktionieren, von denen der Empfänger sofort merkt, dass sie nicht ernst gemeint sind. Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich habe schon einmal einen Kollegen erlebt, der auf eine Gruppe von Menschen traf und sagte: „Oh! Lauter schöne Menschen hier.“ Dabei begrüßte er die Runde mit einem breiten Lächeln. Ich gebe zu, dass ich geschmeichelt war, obwohl mir klar war, das es nur so dahingesagt war.
Gesprächseröffnung: Alles, außer gewöhnlich
Menschen brauchen Rituale. Wenn Sie morgens ins Büro kommen und die Kollegen begrüßen, werden Sie vermutlich nicht jedes Mal eine neue Wortfolge überlegen. Vermutlich sagen Sie immer etwas Ähnliches, d.h. Sie kommen ins Büro, sagen „Hallo“ oder „Guten Tag“ oder eben das, was sie grundsätzlich sagen, wenn Sie Ihre Kollegen begrüßen. Das ist Routine.
Die meisten Menschen versuchen sich bei Begegnungen mit bislang fremden Menschen an bestimmte Konventionen zu halten. Sie erreichen dadurch, dass der so Angesprochene genauso reagiert, wie er immer reagiert, wenn er auf diese Weise angesprochen wird.
Wird ein attraktiver Kunde beispielsweise mehrmals täglich telefonisch angesprochen, weil man ihm eine Dienstleistung anbieten oder ein Produkt verkaufen möchte, ist das durchaus vergleichbar mit einem attraktiven Menschen, der in einer Disco oder Bar immer wieder auf die gleiche Weise angesprochen wird. Im Privatleben wollen wir keine Standard-Anmachsprüche. Wir reagieren auf etwas, das wir schon zigfach gehört haben, eher ablehnend und gelangweilt. Warum sollte das im Geschäftsleben anders sein?
Dennoch beharren viele Verkäufer und Berater gerade bei der ersten Ansprache darauf, das Gespräch auf die immer gleiche und erwartete Weise zu eröffnen. Was wir jedoch brauchen, ist eine außergewöhnliche Eröffnung. Das deutsche Wort „merkwürdig“ trägt es in sich: würdig, es sich zu merken. Wir sollten somit eine Ansprache wählen, die vom Angesprochenen nicht erwartet wird. Eine Ansprache, die Gesprächsbereitschaft herstellt und gleichzeitig Aufmerksamkeit erzeugt.
Gesprächseröffnung bei einer Begegnung
Stellen wir uns vor, Sie sind auf einer Konferenz. Der Grund Ihres Besuchs ist, dass Sie dort Zugang zu wichtigen Entscheidern Ihrer Kundengruppe erwarten. In den Kaffeepausen wollen Sie daher Gespräche mit potenziellen Kunden führen. Wie könnte so eine Gesprächseröffnung mit einer Tasse Kaffee in der Hand an einem Stehtisch aussehen?
Versetzen wir uns noch einmal in die Perspektive des Kunden, der gerade angesprochen wird. Er hat einen Kaffee in der Hand und soeben einen oder mehrere Vorträge gehört, die ihn mehr oder weniger fasziniert haben. Jetzt steht er mit Ihnen am Tisch. Er will vielleicht nicht grundsätzlich seine Ruhe, aber vermutlich hat er überhaupt keine Lust „angequatscht“ zu werden. Wenn Ihnen jetzt nichts Besseres einfällt als „Hat ihnen der Vortrag gefallen?“, könnte das auch schon das Ende einer potenziellen Geschäftsbeziehung sein. Geschlossene Fragen dieser Art wirken wie ein Verhör, nämlich unangenehm. Niemand will ausgefragt werden. Deshalb sollten wir genau überlegen, wie wir die Fragen formulieren, damit sie nicht nur inhaltlich passen, sondern ohne Widerstand ihr Ziel erreichen.
Was halten Sie hingegen von dieser Eröffnung: „Ich frage mich gerade, was andere wohl von dem Vortrag halten. Wie ist denn Ihre Meinung dazu?“
Formulierungen dieser Art im ersten Satz nennt man einen inneren Dialog. Laut ausgesprochen fasst er in Worte, was Sie gerade denken. Das ist eine Technik, die Sie wunderbar als Gesprächseinstieg jeglicher Art verwenden können.
Die Wirkung von Small Talk
Auch im Geschäftsleben beginnen wir Gespräche in der Regel mit nebensächlichen Inhalten. Wir nutzen die Gesprächseröffnung und sprechen übers Wetter, den Urlaub und die Anreise. Ist das ein substanzieller Bestandteil des Gesprächs? Viele würden klar zwischen dem einleitenden Geplauder und dem eigentlichen Gespräch unterscheiden. Aber ich denke, das ist ein folgenschwerer Fehler.
Dazu eine Erklärung in Form einer kurzen Geschichte. Ich war einmal für einen Kunden im Einsatz und durfte einen Mitarbeiter im Beratungsverkauf coachen. Das Unternehmen sitzt in Würzburg und der Kunde arbeitete in Frankfurt. Diese Strecke lässt sich prima mit der Bahn bewältigen. Der Mitarbeiter mochte die Bahn jedoch nicht und wollte lieber Auto fahren. Ich kann ganz gut insistieren und habe ihn überzeugt, dass es besser wäre, mit der Bahn zu fahren. Ich hatte sogar Argumente.
Es kam jedoch, wie es kommen musste: Die Bahn hatte Verspätung. Allerdings nicht wesentlich. Wir waren ohne zu hetzen dennoch 10 Minuten vor dem Termin beim Kunden in Frankfurt am Empfang. Ich wurde als neuer Kollege vorgestellt, der erst mal nur zuhört. Und dann ging es los. Kennen Sie typische Small-Talk-Fragen? In diesem Fall lautete die Frage: „Wie war die Anreise?“
Und es brach aus ihm heraus: „Wissen Sie, ich habe mich breitschlagen lassen, mit der Bahn zu fahren. Ich fahre sonst nie mit der Bahn. Das Auto hat zwar wegen der vielen Staus auch Risiken bei der Zeitplanung, aber das kenne ich, damit kann ich umgehen und das kann ich einplanen. Jetzt habe ich einmal im Leben die Bahn ausprobiert, und prompt hatte sie Verspätung. Das mache ich nie wieder!“
Und danach begann das Verkaufsgespräch. Mein Client hatte den Plan, dem Kunden eine Innovation zu verkaufen. Allerdings hatte er ihm in der Geschichte, die er zur Begrüßung erzählte, ein Horrorszenario über Innovationen aufgezeigt. Ohne es zu merken war sein Small Talk ein Appell an konservative Verhaltensweisen gewesen – und damit das genaue Gegenteil von Innovation. Als ich ihm das auf der Rückfahrt als Feedback gab, wurde er bleich. Ihm war nicht aufgefallen, dass er versehentlich einen Widerstand gegen Innovationen und Veränderungen aufgebaut hatte.
Wie einfach wäre es doch gewesen, die Einleitung so zu gestalten: „Zum ersten Mal bin ich mit der Bahn zum Kunden gefahren, weil ich mich von meinem Kollegen überzeugen ließ. Klar, dass der Zug Verspätung hatte. Ich war daher schon kurz davor, die Entscheidung zu bereuen. Schließlich hätten wir zu spät kommen können. Aber wir haben es dennoch rechtzeitig geschafft. Und jetzt freue ich mich sogar, dass ich auf der Rückfahrt nicht am Steuer sitzen werde. Etwas Neues auszuprobieren bringt manchmal unerwartete Vorteile.“
Wenn Sie bestimmte Ziele mit einem Gespräch verfolgen, lohnt es sich immer, eine dazu passende Einleitung zu planen.
Gesprächseröffnung im Verkauf
Bei geplanten Verkaufsgesprächen kommt irgendwann der Moment, wo man vom Small Talk zum eigentlichen Gespräch überleiten will. Aber wie beginnt man das eigentliche Verkaufsgespräch?
Es gibt eine Eröffnung, die ich sehr schätze. Es ist eine offene Frage, die den Rahmen für das nun folgende Gespräch setzen soll. Die Frage lautet:
„Was kann ich heute für Sie tun?“
Vielleicht kommt Ihnen diese Frage seltsam vor. Schließlich wissen doch alle Beteiligten, worum es geht. Man hat sich ja schließlich genau deswegen verabredet. Also was soll die Frage?
Vielleicht denken Sie, dass der Kunde irritiert sein könnte. Er erwartet ja, dass Sie jetzt etwas sagen, präsentieren oder ihm vorstellen. Die Frage ist daher eher fehl am Platz. Im Hinblick auf die Erwartung des Kunden gebe ich Ihnen recht – und dennoch sollten Sie die Frage verwenden.
Stellen wir uns vor, ich habe ein Gespräch mit einem Verkaufsleiter geplant, weil dieser sein Team weiterbilden möchte. Es gab bereits telefonische Vorgespräche, und jetzt geht es um die konkrete Abstimmung und Planung einer Maßnahme. Es handelt sich letztlich um ein Verkaufsgespräch, das am Ende zu einem Auftrag führen soll.
Nach dem Small Talk stelle ich genau diese Frage: „Herr Entscheider, was kann ich heute für Sie tun?“ Ich gehe davon aus, dass er diese Frage nicht erwartet hatte. Vielleicht wird er so antworten: „Äh. Also – ja. Ich dachte, Sie wollten mir noch einmal genauer erläutern, wie Sie Ihr Training aufbauen und welche Inhalte darin vorkommen. Damit wir sehen können, ob das für uns passt.“
Obwohl – oder besser gesagt: gerade weil – ich erwarte, dass der Kunde überrascht reagiert, wähle ich diese Eröffnung. Denn dadurch schaffe ich einen Rahmen für unser Gespräch. Ich sage damit unterschwellig: „Ich bin nicht gekommen, um etwas zu verkaufen/zu präsentieren/vorzuführen. Ich bin hier, um zu verstehen, was ich für meinen Kunden tun kann.“
Auch wenn der Kunde auf meine Eröffnungsfrage erstaunt reagiert, beginne ich danach mit der Bedarfsermittlung. Das haben wir bereits in Ausgabe 208 mit der Frage „Wie kann ich den echten Bedarf herausfinden?“ ausführlich beantwortet. Vielleicht möchten Sie das noch einmal nachlesen.
Bestimmt helfen Ihnen diese Tipps, damit Sie Ihre Gespräche auf charmante Weise eröffnen können. Falls Sie selbst schon einmal gute Erfahrungen mit cleveren Gesprächseröffnungen gemacht haben, freue ich mich auf Kommentare unter diesem Beitrag.
Fotoquelle Titelbild: © shutterstock / Monkey Business Images
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