Anfang des Geschäftsjahres ist die Zeit der Kick-offs. Unternehmen planen Veranstaltungen, um die Mitarbeiter auf ein neues Jahr einzustimmen. Dafür investieren die Unternehmen große Beträge. Selbst für ein zweitägiges Kick-off im absoluten Sparmodus sollte man mindestens 500 Euro pro Teilnehmer (Vollkosten) rechnen und bei den meisten Unternehmen dürften inkl. Reisen und Verpflegung und Vorbereitungsarbeiten sicherlich deutlich mehr als 1.000 Euro pro Teilnehmer anfallen.

Da wird schnell klar, dass man bei solchen Beträgen auch eine vernünftige Rendite haben will. Was bringt so ein Kick-off wirklich? Wie schafft man es, die gesalbten Worte der Unternehmensführung über die Einflüsse des Buffets und der anschließenden feuchtfröhlichen Diskussion an der Hotelbar zu retten? Was bleibt wirklich am Ende übrig?

Vertriebsmeetings sind überflüssig

Kritiker dieser teuren Großveranstaltungen sind genervt. Sie kreiden an, dass die Zeitverschwendung überwiegt. „Lasst mich in Ruhe mit meinen Kunden arbeiten, statt hier weltfremde Theorien vorgebetet zu bekommen.“ Das lässt sich nicht ganz von der Hand weisen: Viele Vertriebs-Kick-offs sind überfrachtet mit schlecht vorbereiteten Präsentationen, die kaum an die Zielgruppe der Verkäufer angepasst sind.

Die Motivation des Unternehmens ist klar: Wenn man schonmal alle Verkäufer versammelt hat, will man ihnen schließlich auch alle Informationen geben, die sie draußen brauchen. Aber dieser Anspruch einer Druckbetankung klappt in der Praxis selten.

Die Gründe dafür sind:

  1. Schon in der Schule hat einmaliges Verlesen von Fakten nicht ausgereicht, um langfristig die Information zu speichern.
  2. Die Vortragenden sind selten gut ausgebildete Präsentatoren. Sie bringen die Information nicht zielgruppengerecht auf den Punkt.
  3. Die Dramaturgie des Kick-offs bekommt keine Aufmerksamkeit. Obwohl man mit wenigen Änderungen im Ablauf die Wirkung steigern könnte, unterbleibt jede sinnvolle Anpassung.

Mit wenigen, sehr wirksamen Maßnahmen kann jedes Unternehmen sein Vertriebs-Kick-off wesentlich wirksamer gestalten.

Die Dramaturgie

„Das ist ja hier keine Spaß-Veranstaltung! Schließlich sind wir im Business und nicht bei einer Selbsthilfegruppe. Da kann man doch erwarten, dass die Leute sich zusammenreißen und die Informationen aufnehmen.“ So oder so ähnlich haben wir das schon gehört, stimmt‘s? Bei allem Fokus auf Effektivität – ist dieser Gedankengang sinnvoll?

Wie wäre das, wenn ein Hollywood-Regisseur sich ähnlich äußern würde: „Die Geschichte ist wertvoll. Die muss erzählt werden! Da können wir doch nicht auch noch Zeit und Geld verschwenden, um das spannend zu machen. Schließlich ist der Inhalt so toll, dass auch so alle den Film ohne Spannung lieben werden.“ Wirklich?

Sie haben sofort erfasst, was ich sagen will: Man kann die Wirkung der Aussage wesentlich verbessern, wenn man sich Gedanken darüber macht, wie das Publikum die Geschichte am besten verstehen kann.

Schwach anfangen

Wenn etwas sehr langweilig anfängt, kann es nur mit sehr viel Mühe noch gerettet werden. Ein starker und stimmungsvoller Beginn verzeiht später so manche Länge. Wenn Sie es lieber langweilig wollen, habe ich hier diese nicht ganz ernst gemeinten Vorschläge:

  1. Verlesen Sie die Agenda Punkt für Punkt. Achten Sie darauf, dass Sie alle Minutenangaben präzise und genau aussprechen. Erklären Sie, was wann erzählt wird und lassen Sie keinen Raum für Spannung.
  2. Achten Sie darauf, dass alle Teilnehmer den Sitzplatz nie verlassen. Nach den Pausen sollten Sie kontrollieren, dass jeder wieder an seinem Platz sitzt und sich die Perspektive auch am zweiten Tag nicht durch Umsetzen verändert.
  3. Sobald eine wichtige Botschaft verkündet wurde, muss diese durch sofort anschließende Banalitäten wieder entwertet werden. Insbesondere sollte die wichtigste Schlussbotschaft am Ende der Tagung sofort entkräftet werden, indem unmittelbar „noch eine wichtige Mitteilung“ zur Abfahrt der Busse oder der Hinweis zur Bezahlung der Hotelzimmer folgt.
  4. Achten Sie darauf, dass alle gezeigten Folien gleich aussehen und keine Wechsel im Medium das Publikum unnötig erregen.
  5. Vermeiden Sie Bewegung. Am besten bleiben alle Teilnehmer zwei Tage lang auf dem gleichen Stuhl sitzen. Eventuell kann man auch am gleichen Platz schnell etwas essen. Nur wer medizinische Einschränkungen nachweisen kann, darf zum Schlafen ins Zimmer. Schließlich schlafen die Leute auch so während der Vorträge auf dem Sitzplatz.

Ich gebe zu, das waren starke Übertreibungen. Aber bestimmt haben Sie so manche Elemente von schlechten Vertriebsmeetings wiedererkannt.

Stark anfangen

Vielleicht wollen wir ja in Zukunft viele dieser Fehler nicht mehr machen. Das können wir schaffen, wenn wir einen der „sieben Wege zur Effektivität“ von Steven Covey berücksichtigen: Am Anfang das Ende im Sinn haben. Wozu machen wir diese Vertriebstagung?

  • Austausch? Ja, aber das ginge auch anders.
  • Socializing? Gut, aber dann sollten wir nur Party machen.
  • Training? Warum nutzen wir dann nicht moderne Erkenntnisse der Didaktik?
  • Zahlen besprechen? Müssen wir dazu anreisen und gleichzeitig anwesend sein?

Diese vier Gründe für ein Vertriebsmeeting sind eher langweilig. Wie wäre es mit anderen Aussagen zum „wozu“:

  • Lernen! Wir können neue oder alte Methoden verstehen und deren Anwendung erlernen. Dazu brauchen wir Platz für Erkenntnisse, Unverständnis, Ablehnung, Praxisbeispiele, Anwendungsideen, Umsetzungsvorhaben und Erfolgsgeschichten
  • Ausprobieren! Raum für Euphorische, Misstrauische, Entspannte, Überlegene, Unbeleckte, Besserwisserische, Junge Wilde, Alte Helden und Erfolgserklärer
  • Ermutigen! Es gibt nichts Gutes. Außer man tut es. Wie kommt man vom „Müsste man mal“ zum „Mache ich jetzt“?
  • Ermöglichen! Woran scheitern Ideen? Kein Geld. Keine Zeit. Kein Bedarf. Wo ist die Grenze wirklich?

Können Sie es schaffen, den Sinn eines Vertriebs-Kick-offs gleich am Anfang auf den Punkt zu bringen? Wozu sind wir hier?

Zahlen Daten Fakten

In den meisten Vertriebsmeetings kommt irgendwann der Teil, in dem Zahlen, Tabellen und Prozentzahlen vorgetragen werden. Ich halte das für falsch. Fakten sollte man am besten schriftlich mitteilen. In der Regel sind diese Fakten ja schon einige Tage vor dem Meeting bekannt. Also können Sie vorher schon schriftlich an die Teilnehmer kommuniziert werden. Dann müssen während des Meetings nur noch Fragen und Anregungen zu den bereits bekannten Zahlen mitgeteilt werden. Das ist effizient.

Niemand kann sich endlose Kolonnen von Zahlen merken. Es ist besser, wenn jeder in Ruhe und schriftlich die Zahlen lesen und sich dann eine Meinung bilden kann. Für den Fall, dass dann noch Fragen zu den Zahlen auftreten, kann das mit ein wenig Vorbereitung im Meeting viel effizienter ablaufen, als wenn jeder spontan und unüberlegt reagieren müsste.

Musik

Musik transportiert Emotion. Was sollte Sie davon abhalten, dieses Mittel zu nutzen, um Ihre wichtige Botschaft an die Teilnehmer der Tagung zu transportieren? Es ist nicht besonders teuer oder aufwendig, passende musikalische Untermalung für Ihr Vertriebs-Kick-off zu finden. Wenn Sie in einer Suchmaschine „Gema-freie Musik“ suchen, bekommen Sie viele Portale angezeigt, wo Sie die für Sie passende Musik auswählen und direkt herunterladen können.

Die Musik können Sie dann laufen lassen, wenn die Tagung beginnt, zum Ende jeder Pause, um die Teilnehmer zurückzurufen und für die Untermalung von Videomaterial zum Kick-off.

Wenn Sie schon einmal auf unserer Sales-up-Conference waren, dann wissen Sie, dass wir nach jedem Beitrag eine Live-Band und eine Kabarett-Nummer einflechten. Dadurch wird die Wirkung des Beitrags verstärkt, weil die Kernelemente erneut auf eine künstlerisch-musikalische Weise wiederholt werden.

Wechsel

Wenn Sie einen hervorragenden Film aus den Siebzigerjahren mit einem heutigen Spielfilm vergleichen, werden Sie feststellen, dass heute die Wechsel der Szenen und Schnitte wesentlich häufiger sind. Wir haben uns an Wechsel gewöhnt und finden Gleichförmigkeit langweilig. Unsere Aufmerksamkeit sinkt.

Deshalb sollten Sie verschiedene Wechsel in Ihr Kick-off einplanen. Hier einige Ideen:

  • Fordern Sie die Teilnehmer auf, nach jeder Pause einen ganz anderen Sitzplatz einzunehmen.
  • Geben Sie den Teilnehmern zufällige Farbcodes auf die Namensschilder und lassen Sie die zufällig zusammengestellten Gruppen in den Pausen kleine Aufgaben lösen.
  • Wechseln Sie die Formate: Vortrag, Quiz, Interview, Online-Abstimmung

Bewegung

Ein wichtiges Element der Abwechslung kann auch Bewegung sein. Wir wissen, dass unser Gehirn besser arbeitet, wenn wir mit einer dezenten Geschwindigkeit gehen. Das ist wohl unserer Vorfahren zu verdanken, die besonders wachsam und aufmerksam sein mussten, wenn sie durch die Savanne wanderten. Das sollten wir für unser Kick-off ausnutzen.

Planen Sie bewusst Zeitblöcke von mindestens 30 Minuten ein, in denen die Teilnehmer zu Fuß einiges an Strecke zurücklegen und dabei in kleinen Gruppen diskutieren und Aufgaben lösen müssen.

Botschaft

Die wichtigste Botschaft kann man gar nicht oft genug wiederholen. Finden Sie einen knackigen Slogan oder Titel, der während des Kick-offs präsent ist. Jeder Vortrag und jede Anmoderation sollte sich auf diese Kernbotschaft beziehen und sie wiederholen.

Diese Botschaft kann auch in einem Symbol oder einem Logo verkörpert sein. Hier sollten Sie nicht unnötig sparen. Schließlich machen Sie das Kick-off vor allem wegen der wichtigen Kernbotschaft. Alles vor, während und nach dem Kick-off sollte die wichtige Botschaft immer wieder transportieren.

Dauerfristverlängerung

Wir wissen heute aus der Erwachsenenbildung, dass wir alles, was wir uns vornehmen, binnen 72 Stunden auch wirklich beginnen müssen. Verstreicht mehr Zeit, werden wir es vermutlich vergessen oder verdrängen und nichts umsetzen.

Es ist daher sinnvoll, ein Element zu nutzen, um diese Frist immer wieder neu beginnen zu lassen. In meinen Seminaren bekommen die Teilnehmer am Ende einen massiven Holzwürfel mit 5 cm Kantenlänge. Auf die Felder des Würfels schreiben oder zeichnen sich die Teilnehmer am Ende des Seminars ihre wichtigsten Erkenntnisse. Dieser Würfel landet dann auf dem Schreibtisch und wirkt als „mentaler Stolperstein“. Jedes Mal, wenn wir ihn sehen, jedes Mal, wenn wir ihn gedankenverloren in die Hand nehmen und jedes Mal, wenn ein Kollege in sieht und fragt was das ist – immer wieder machen wir uns klar, was unsere wichtigsten Erkenntnisse sind und was davon bereits in die Tat umgesetzt ist.

Das nächste Vertriebs-Kick-off kommt bestimmt

Die meisten Unternehmen legen die großen Meetings mit dem Vertrieb entweder an den Jahresanfang, um die Mannschaft auf die neuen Jahresziele einzuschwören. Oder sie finden in der saisonal ruhigen Zeit statt, wann auch immer das bei den einzelnen Unternehmen sein mag.

Es lohnt sich, das nächste Kick-off mit den Anregungen dieses Beitrags aufzuwerten. Sie müssen ja nicht gleich alle Tipps auf einmal umsetzen. Vielleicht wollen Sie auch professionelle Hilfe hinzuziehen? Schreiben Sie uns eine Nachricht und ich empfehle Ihnen einen geeigneten Organisator oder Planer.

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