In meinem Berufsleben habe ich sowohl als Beteiligter, als auch als Berater und Trainer, bei einigen Vertriebsmeetings teilnehmen dürfen. Dabei ist mir aufgefallen, dass wertvolle Zeit sehr oft durch Weitergabe von Informationen verschwendet wird.
Ein 90-minütiges Meeting mit zehn Teilnehmern kostet so viel wie 2½ Arbeitstage eines Mitarbeiters. Wenn Sie so ein Meeting jeden Monat machen, investieren Sie dafür den Gegenwert von sechs (!) Wochen Arbeitszeit. Was könnte man mit 1½ Monaten purer Vertriebszeit an Umsatz und Ertrag für das Unternehmen realisieren?
Wie man ein Vertriebsmeeting besser nicht macht
Viele Verantwortliche für Vertriebsmeetings nutzen die Zeit der Anwesenden nicht respektvoll. Die wertvolle Zeit, die man gemeinsam verbringt, sollte man nicht mit der Weitergabe von Informationen verschwenden.
In Vertriebsmeetings müssen alle Anwesenden zeitgleich – also synchron – ihre Arbeitszeit zur Verfügung stellen. Dabei ist es nicht relevant, ob Besprechungen in einem Raum oder online bzw. in einer Telefonkonferenz stattfinden. Eine Besprechung hat die wesentliche Eigenschaft, dass alle Geladenen zum gleichen Zeitpunkt anwesend sein müssen. Das hat viele Vorteile, aber andererseits auch den Nachteil, dass synchrone Zeit außerordentlich teuer und dadurch sehr wertvoll ist.
Ich würde also jeder Führungskraft dringend empfehlen wertvolle, synchrone Zeit mit den Mitarbeitern auch nur für solche Aufgaben zu verwenden, bei denen auch wirklich alle gleichzeitig anwesend sein müssen.
Forecast besprechen bringt nichts
Insbesondere im Vertrieb gilt, dass der sogenannte Forecast besprochen wird. Aber ist das wirklich sinnvoll?
Alle Informationen zum Forecast sind schließlich spätestens am Vorabend des Vertriebsmeetings, hoffentlich jedoch auch schon einige Tage vorher, vollständig verfügbar. Alle Daten sind also in irgendeiner Liste oder Datenbank beziehungsweise im CRM-System verfügbar.
Im Sinne eines effektiven Meetings ist es also besser, wenn lediglich offenen Fragen zum Forecast behandelt werden. Eintrittswahrscheinlichkeit, geplanter Auftragseingang, nächste geplante Schritte mit dem Kunden und andere Informationen zu den einzelnen Fällen könnten bereits vom Vertriebsmitarbeiter vorher in die Datenbank bzw. Liste eingesetzt werden.
Dann ist es nicht mehr notwendig, die Gesamtheit der Anwesenden dadurch zu langweilen, dass einzelne Fälle besprochen werden, zu denen die Mehrzahl der Anwesenden absolut nichts beitragen kann. In so einem Vertriebsmeeting wäre es also wesentlich sinnvoller, andere Dinge zu klären.
Struktur für ein Vertriebsmeeting
Vielleicht wollen Sie Ihrem Vertriebsmeeting eine neue Struktur geben, damit die wertvolle Zeit besser genutzt wird.
Vorbereitung des Vertriebsmeetings
Sorgen Sie dafür, dass alle Teilnehmer eingeladen sind und wissen, dass Sie im Vorfeld alle Daten zum Forecast, im Idealfall bereits ein oder zwei Tage vorher, in das bestehende Berichtssystem eingegeben haben. Ideal wäre ein gemeinsames CRM-System. Ersatzweise kann man auch mit Excel arbeiten.
Der Vertriebsleiter muss vor dem Meeting Zeit einplanen und zu allen fraglichen Aussagen im Forecast bereits per E-Mail die einzelnen Sales-Mitarbeiter kontaktiert haben. Dann muss nur noch der kleine Teil an Fällen diskutiert werden, zu dem es noch keine Antworten gibt.
Auf der Agenda sollte der Forecast am Ende des Meetings liegen, damit alle Beteiligten motiviert sind, den Punkt kurz und knapp zu halten.
Durchführung des Vertriebsmeetings
Planen Sie das Meeting öfter in anderen Räumen. Wenn Sie immer im gleichen Meetingraum sitzen, werden sich vermutlich auch immer die gleichen Rituale und Abläufe eingeschlichen haben. Vor allem dann, wenn Sie Änderungen besprechen wollen, sollten Sie einen Raum buchen, der vorher noch nie genutzt wurde.
Es gibt jedoch noch weitere, wesentlich spannendere Ideen, was man mit der gemeinsamen Zeit im Vertriebsmeeting Sinnvolles anfangen kann. Die anderen Agendapunkte könnten beispielsweise sein:
- Heldentaten
- Erkenntnisgeschenke
- Vertriebssimulator
- Problemlösungssprint
Heldentaten im Vertriebsmeeting berichten
Jeder Teilnehmer bereitet sich auf ein kurzes Statement vor, in dem er in maximal 120 Sekunden die beste seiner Heldentaten schildert. Dabei ist es wichtig, dass dabei die Präsentationspraxis der Teilnehmer trainiert wird.
Jeder Teilnehmer tritt vor die Gruppe und bekommt die Aufgabe, sich so zu präsentieren, wie er es vor seinem wichtigsten Kunden auch tun würde.
Dann schildert er oder sie einen seiner größten Erfolge. Wichtig ist, dass dabei die Botschaft für die Kollegen vor allem eine Erklärung enthält, warum es so gut geklappt hat und wie man daraus lernen kann.
Erkenntnisgeschenke für die Teilnehmer des Vertriebsmeetings
Auch hier geht es um ein kurzes Statement, das nicht länger als 5 Minuten dauern sollte. Diesmal ist es jedoch gestattet, die vielleicht etwas umfangreicheren Inhalte auch mit ein oder zwei Folien zu untermauern.
Diesmal ist der Inhalt des kurzen Vortrags, was die einzelnen Teilnehmer wertvolles seit dem letzten Meeting gelernt haben. Das kann eine Erfahrung beim Kunden sein, eine Erkenntnis, wie man bestimmte Produkte oder Leistungen besser verkaufen kann, eine organisatorische Idee oder wie man clever Kosten sparen kann. Wichtig ist, dass es sich nicht um Vorschläge handelt, sondern um Erkenntnisse, die sich auf praktische Erlebnisse beziehen.
So kann im Team voneinander gelernt werden und gleichzeitig trainieren die Teilnehmer ihre Fähigkeit, Botschaften auf den Punkt zu bringen und publikumsgerecht zu erklären.
Vertriebssimulator
Wichtig ist, dass es eine feste Einrichtung wird, bei der im engeren Zeitrahmen alle Kollegen einmal drankommen, damit es nicht den Charakter des „Vorführens“ bekommt, sondern alle sich daran gewöhnen, dass regelmäßig geübt wird.
Problemlösungssprint
Der Problemlösungssprint eignet sich hervorragend, wenn es Probleme zu besprechen und zu lösen gibt, die komplex erscheinen. Damit lassen sich klare Ergebnisse in 55 Minuten pro Fragestellung oder Problem erreichen.
Als erstes wird das Problem in einer konkreten Fragestellung aufgeschrieben. Hier zwei Beispiele:
- Wie können wir die Anforderungen der Produktion erfüllen, ohne die Kunden immer wieder mit Terminverschiebungen zu konfrontieren?
- Wie können wir die Verwaltungsprozesse zur neuen Reisekostenverordnung vereinfachen und dennoch alle Anforderungen des Bereichs Finance erfüllen?
Die Zielsetzung ist es, schriftliche und umsetzbare Handlungsvorschläge zur Lösung des Problems zu erarbeiten.
Zunächst teilt man die Anwesenden in zwei Gruppen ein: Maximal 5 „Aufsichtsräte“ und bis zu 7 „Abgeordnete“.
Die Rolle der Abgeordneten
Die Aufgabe der Abgeordneten ist es, das Thema zu diskutieren, es zu erforschen und Aussagen sowie Handlungsempfehlungen dazu zu entwickeln.
Die Abgeordneten sind für das Ergebnis des Problemlösungssprint im Sinne der Zielsetzung verantwortlich.
Die Rolle der Aufsichtsräte
Die Aufsichtsräte unterstützen die Gruppe, indem sie auf Stärken und Schwachpunkte hinweisen und Verbesserungsvorschläge machen, jedoch nur während der Zeit, die ihnen dafür zur Verfügung gestellt wird.
Kritik und Verbesserungsvorschläge können zum Inhalt und zur Art des Umgangs erfolgen.
Die Aufsichtsräte sind dafür verantwortlich, dass sie ihr Wissen und ihre Gedanken in die Gruppe einbringen, unabhängig davon, ob die Gruppe die Kritik wünscht oder inhaltlich akzeptiert.
Die Rolle des Moderators
Ein Moderator wird bestimmt. Im Idealfall ist der Moderator wenig oder gar nicht vom Problem betroffen. Hierfür lohnt es sich ggf. einen Kollegen aus einer anderen Abteilung um Hilfe zu bitten. Der Moderator schreibt die relevanten Aussagen und Erkenntnisse der Abgeordneten und Aufsichtsräte für alle sichtbar in zwei verschiedenen Farben an ein Flipchart: In einer Farbe die Diskussionspunkte der Abgeordneten und in der zweiten Farbe die Anregungen und Kritikpunkte der Aufsichtsräte.
Der Moderator ist für die Einhaltung des Zeitplanes verantwortlich.
Der Moderator greift in die Diskussion nur ein, wenn die Teilnehmer (Abgeordneten oder Aufsichtsräte) gegen die Regeln verstoßen.
Ablauf eines Problemlösungssprints
Der Ablauf ist stringent strukturiert. Genau 15 Minuten Zeit zur Diskussion werden abgelöst von 5 Minuten Zeit für die Aufsichtsräte. Das wiederholt sich und am Ende haben die Abgeordneten nochmals 15 Minuten, um ein schriftliches Ergebnis zu schaffen.
In der ersten 15-minütigen Diskussion klären die Teilnehmer vor allem diese Fragen:
- „Worüber wollen wir reden und worüber nicht?“
- „Was ist der Ist-Zustand“
- „Was wünsche ich mir?“
Hier kommt es darauf an, dass am Ende der ersten Diskussion das Thema klar umrissen ist und ebenso der aktuelle Zustand beschrieben wurde. Es muss der gewünschte und realistisch erreichbare Zustand präzise beschrieben werden.
Dann haben die Aufsichtsräte das Wort. Jeder von ihnen genau eine Minute und nicht länger. Sie können jetzt einbringen, was ihnen gefällt und was sie vermisst haben.
Dann folgt die zweite Viertelstunde und die Abgeordneten können die Anmerkungen der Aufsichtsräte berücksichtigen oder sie bewusst zurückweisen.
Dann folgt erneut der Beitrag der Aufsichtsräte.
In der dritten Diskussionsrunde muss vor allem der Aktionsplan festgelegt werden: „Wer macht was bis wann?“
Der Moderator arbeitet als Schriftführer und ist verantwortlich für die Einhaltung der Regeln. Evtl. teilen Sie diese Rolle in einen Protokollanten und einen Schiedsrichter und Zeitnehmer auf.
Die Ergebnisse des Problemlösungssprints sind verblüffend
In meiner Praxis habe ich so manchen Problemlösungssprint moderiert. Das Besondere daran: Durch die fast schon albern enge Zeitstruktur sind alle Teilnehmer voll und ganz darauf fokussiert in kurzer Zeit ohne Abschweifung die wichtigsten Punkte zu finden. Ich kann davon berichten, dass auf diese Weise schon so manches „unlösbare Problem“, das in Organisationen schon Jahre schwelte in weniger als einer Stunde gelöst wurde.
Das andere Vertriebsmeeting
Die hier aufgeführten Inhaltselemente des Vertriebsmeetings sind sicherlich zum großen Teil ungewöhnlich und stehen unter dem Verdacht albern und verrückt zu sein.
Wenn Sie als Führungskraft den Mut haben, diese Ideen auszuprobieren, werden Sie mit neuen und ungewöhnlichen Ergebnissen belohnt.
Zusammenhalt und Socialising
Eine Zusammenkunft von Menschen, die normalerweise bei Kunden sind und sich als Team selten sehen, ist wichtig, um den Zusammenhalt zu fördern. Bauen Sie in den Ablauf des Vertriebsmeetings auch Elemente ein, die nicht im Meetingraum stattfinden.
Bewegung, gemeinsames Gehen, Wandern oder andere Aktivitäten an der frischen Luft sind enorm förderlich. Daniel Kahneman, ein Nobelpreisträger, hat in seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ gezeigt, dass es erwiesenermaßen eine Gehgeschwindigkeit gibt, die dem landläufigen Spazierengehen entspricht und die nachweislich dazu führt, dass wir besser Denken können und uns kreativ austauschen können. Vielleicht ist das ein Überbleibsel unsere Historie als Affenmenschen, die durch die Savanne streifen und dabei alle Sinne bestens geschärft haben – wer weiß.
Ebenso geht es in der kommenden Woche um Karriere im Verkauf und wie Sie die wichtigsten Werkzeuge der Führung dazu einsetzen können.
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Und noch unsinniger ist es bei Unternehmen mit indirekten Vertriebsstrukturen, wenn der Vertriebsmitarbeiter seinen Partner hinterher telefoniert oder Meetings macht, um zu klären wie der Stand der Dinge ist! Und das bei Anfragen die der Hersteller oft selber verteilt hat! Genau das passiert aber bei 95% aller Unternehmen die im B2B Bereich High Involvment Produkte verkaufen! Im Zeitalter der Digitalisierung werden noch eMail hin und her geschickt oder gar Faxe. Das Ziel einen Sales Forecast zu erstellen oder einen digitalen Closed Loop zu bauen! Das gibt es aber Lösungen, die diese Meetings überflüssig machen. Ein ist http://www.leadtributor.de ;-)
Das klingt interessant. Gibt es eine Schnittstelle zu Hubspot? Dann hätte ich evtl. sofort eine Idee für Sie? Wir sollten uns unterhalten.
Kollaboration wird im Vertrieb noch sträflich vernachlässigt. Und das geht in mehrere Richtungen:
1. Austausch innerhalb des Vertriebs zu konkreten Projekten, Nutzbarmachen von eigenen Erfahrungen für Kollegen
2. Austausch innerhalb von Projekten, insbesondere wenn wechselnde Ansprechpartner beiteiligt sind. E-Mail-Silos sind nicht mehr zeitgemäß.
3. Austausch mit anderen Einheiten, z.B. Innendienst, Produktentwicklung, Service. Jeder macht sein Ding.
Dabei gibt es hier bereits sehr gute Werkzeuge.
Gerade Vertriebsmeetings wären meiner Meinung nach geeignet, für Thema 1 und 3 eine gute Grundlage zu schaffen. Der Kommunikation in digitalen Räumen fehlen Elemente, die uns in der Kommunikation wichtig sind (z.B. Grounding, teilweise Feedback). Diese sind im persönlichen Kontakt zu leisten und dienen als Basis dafür, dass die Informationen aus der digitalen Kommunikation für den Einzelnen auch verwertbar sind.
So kann es gelingen, dass ein Vertriebsleiter über die für ihn wichtigen Informationen verfügt, ohne diese im Vertriebsmeeting zusammen tragen zu müssen.