Video ist die beherrschende Kommunikationsform unserer Zeit. Gilt das auch für den Vertrieb? Wird die Kommunikation per Video das Telefon ablösen?
Das Thema ist nicht neu. Bereits in den frühen 1960er Jahren gab es seitens der Telefonhersteller Vorzeigeprojekte mit Bildübertragung. Ich selbst habe damals noch keine Erfahrungen mit Bildtelefonie machen können. Es hatte sich aber offenbar nicht durchgesetzt.
Vielleicht liegt es an dem Effekt, den man auch den Telefax-Effekt nennen könnte: Obwohl das Telefax bereits 1843 erfunden war, konnte es sich erst 130 Jahre später wirklich nennenswert verbreiten. Woran lag das? Nun, es gibt keinen Grund, ein Faxgerät zu kaufen, wenn man einer der ersten Teilnehmer an diesem Kommunikationsdienst ist. Schließlich müsste man viel investieren und könnte das Gerät kaum zum Einsatz bringen. So ging es auch dem Telefax: Die Kosten für ein Gerät waren hoch und die Chancen, einen Kommunikationspartner zu finden, gering.
Erst in den 1970er Jahren gelang der Durchbruch des Faxgerätes, wobei vor allem japanische Unternehmen diesen Siegeszug verursachten. Endlich gab es ein Medium, mit dem die komplexen japanischen Schriftzeichen sicher übertragen werden konnten. Der massenhafte Erfolg des Faxgerätes in Japan brachte erschwingliche Preise und schließlich eine weltweite Verbreitung.
Video im Vertrieb – Welche Technik eignet sich?
In unserer Zeit haben fast alle Menschen einen Computer im beruflichen Einsatz. Und mindestens genauso verbreitet sind Smartphones, die hervorragend als Endgeräte für Video-Kommunikation geeignet sind. Die Endgeräte sind also schon vorhanden und deshalb steht der Verbreitung der Video-Kommunikation nichts mehr im Wege – wenn man weiß, wie die Technik funktioniert.
Es gibt sicherlich eine große Anzahl von Systemen, mit denen man eine geeignete Verbindung per Video aufbauen kann. Hier möchte ich mich auf einige wenige beschränken, die aufgrund ihrer Verbreitung erwähnenswert sind.
Skype – eignet es sich für Vertrieb per Video-Kommunikation?
Das Unternehmen Skype ist inzwischen im Microsoft-Konzern aufgegangen. Der Name hat sich vielerorts als Kategorie-Begriff durchgesetzt. „Lass uns skypen“ versteht man als Aufforderung, statt dem Telefon die kostenlose Kommunikation per Internet zu wählen.
Um teilnehmen zu können, benötigt man ein Konto bei Skype und bekommt dann ein „Skype Handle“. Das ist ein eindeutiger Name, der aus zusammenhängenden Buchstaben und Ziffern besteht. Bevor man sich kontaktieren kann, muss man sich gegenseitig autorisieren. Das verhindert SPAM und Missbrauch, ist jedoch für Neulinge mühsam zu verstehen. Vielleicht ein Grund, dass sich Skype nur relativ langsam verbreitet. Inzwischen geht man von etwa 1,3 Milliarden Nutzern weltweit aus.
Kürzlich wurden auch Gruppenkommunikationen mit mehr als zwei Teilnehmern möglich, sodass es jetzt einen wesentlichen Nachteil gegenüber Wettbewerbern ausgleichen konnte.
Google Hangouts ermöglicht Video-Kommunikation in Gruppen
Zehn Jahre nach Skype kam Google mit seinem Video-Kommunikations-Dienst Hangouts auf den Markt. Um ihn zu benutzen, benötigt man lediglich ein Google-Konto.
Darüber hinaus ist der Dienst von Google mit Skype vergleichbar, auch wenn er noch weitere Funktionen bietet, die wir später noch behandeln werden.
Zoom bietet einen Meetingraum für den Vertrieb
Meine bevorzugte Lösung für Video-Kommunikation im Vertrieb ist derzeit zoom.us. Es ist kostenlos, wenn man nur mit einem Gesprächspartner kommunizieren will. Bei mehr als zwei Teilnehmern ist die Gesprächsdauer auf 40 Minuten beschränkt. Die einfachste kostenpflichtige Variante bekommen Sie ab 15 Euro. Dann sind bis zu 100 Teilnehmer möglich.
Der besondere Vorteil: Nur einer der Teilnehmer benötigt ein Konto beim Anbieter. Also können Verkäufer sich ein Konto anlegen. Die anderen Gesprächspartner benötigen nur einen einfachen Link. Wenn man darauf zum ersten Mal klickt, wird automatisch eine Software installiert. Das gilt auch für Smartphones. Dann kann man einfach teilnehmen. Alle Beteiligten können eigenständig ihre Kamera und Mikrofon ein- und ausschalten. Ebenso können alle Teilnehmer ihren Bildschirminhalt übertragenen und so beispielsweise Präsentationen allen andern Teilnehmern zeigen.
Die Video-Meetings können automatisch aufgezeichnet werden. Nach Ende der Video-Konferenz dauert es einen kurzen Moment, dann ist eine Video-Datei verfügbar, die das Gespräch und alle Video-Inhalte enthält. Das kann sehr hilfreich sein, wenn man das Gespräch im Nachgang dem Kunden zur Verfügung stellen möchte.
Sales on Camera – So gelingt Vertrieb per Video
Jeder weiß, was zu tun ist, um zu Telefonieren. Bei der Kommunikation per Video sind die meisten Menschen ungeübt. Deshalb hier einige Ideen, um per Video besser zu verkaufen.
In unseren Tagen ist die Kommunikation per Video – zumindest privat – an der Tagesordnung. Jeder kann irgendwie damit umgehen. Denken wir. Ausgebildete Kameraleute schlagen verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammen, wenn Sie so manche Videonachrichten sehen. Das muss aber nicht sein. Hier einige einfache, aber wichtige Informationen.
Perspektive erzeugt Emotionen
Die Kamera entspricht im Videogespräch dem Auge des Betrachters. Wenn Sie über Webcam kommunizieren, ist die Webcam das Auge des Kunden. Achten Sie deshalb darauf, dass die Kamera auf gleicher Höhe zu Ihren Augen ist.
Wenn Sie eine normale Haltung einnehmen und einen Notebook verwenden, ist das Bild Ihrer Bildschirm-Kamera nicht optimal, weil es von unten kommt und Ihr Gesicht verzerrt. Wenn Sie einen Notebook verwenden, sollten Sie ihn deshalb besser auf einen Stapel Bücher stellen.
Noch besser ist eine USB-Kamera, die man auf ein Stativ montieren kann. Dann ist die Höhe sehr gut einstellbar. Augenhöhe ist auch aus psychologischer Sicht wichtig.
Wenn die Kamera zu nah ist, kann Ihr Gesicht verzerrt wirken. Stellen Sie die Kamera lieber etwas weiter weg. Wenn Sie die Variante mit dem Notebook auf dem Bücherstapel wählen, sollten Sie eine zweite Tastatur und eine Maus einplanen.
Hintergrund für Video-Kommunikation
Ein neutraler, weißer Hintergrund ist optimal. Bitte keine auffälligen Bilder im Hintergrund. Ihre Gesprächspartner wären abgelenkt.
Für die Beleuchtung ist es wichtig, dass der Hintergrund ähnlich hell ist, wie Ihr Gesicht im Vordergrund. Ein helles Fenster hinter Ihnen ist ebenso schlecht, wie ein dunkler Raum. Für eine gute Video-Kommunikation sollten Sie gut erkennbar sein und kein besonderer Helligkeitskontrast zum Hintergrund bestehen.
Licht für das Verkaufen per Video
Wenn Sie eine weiche, gleichmäßige Ausleuchtung suchen, ist eine großflächige Beleuchtung mit wenig Abstand ideal. Direkt vor einem Fenster sitzend – mit dem Blick dorthin – haben Sie eine gute Ausleuchtung, wenn das Fenster keine direkte Sonneneinstrahlung hat.
Abends sollten Sie eine Lampe nutzen, die Sie anstrahlt. Je größer die Fläche des Leuchtkörpers ist und je näher am Gesicht, je weicher wird das Licht. Umgekehrt erzeugt weit entferntes Licht mit kleiner Fläche ein hartes Licht, das sehr harte Schatten wirft (beispielsweise ein Halogenstrahler an der Decke).
Ton ist entscheidend, wenn Sie per Video verkaufen
Machen Sie beim Ton keine Kompromisse. Ideal ist eine Kombination aus Kopfhörern und einem Großmembran-Mikrofon. So können Sie mit geringem Abstand zum Mikrofon viele Umgebungsgeräusche ausblenden und Ihre Sprache ohne Hall und Rückkoppelung übermitteln.
Ich selbst nutze das Rode Podcaster, das man einfach an einem USB-Anschluss nutzen kann.
Die nächstbeste Variante ist ein Headset mit Mikrofon, das über USB oder den Kopfhöreranschluss angesteckt wird. Eine Variante über Bluetooth ist nicht so optimal, weil es bei Funkübertragung immer kleine Übertragungsverzögerungen gibt (Fachchinesisch: Latenzen), die dann zu Hall und anderen akustischen Störungen führen können. Bei wichtigen Verkaufsgesprächen per Video würde ich nach heutigem Stand der Technik noch immer ein Mikrofon und Headset mit Kabel nutzen.
Verhaltensregeln für das Verkaufen per Video
Verändern Sie Ihre Sprechweise nicht künstlich und verhalten Sie sich wie am Telefon. Jetzt dürfen Sie zusätzlich noch beachten, dass Sie möglichst immer in die Kamera blickten und nur noch peripher den Rest Ihres Bildschirms sehen. Das gilt zumindest so lange, wie Sie selbst sprechen oder Ihr Kunde spricht. Kurze Unterbrechungen des Augenkontakts sind ok, aber ohne diesen – wenn auch virtuellen – ist es kaum möglich eine Bindung zu erzeugen.
Wenn Sie Husten müssen, oder es kurz laut in Ihrem Umfeld wird, können Sie temporär mit einem Klick Ihr Mikrophon stumm schalten und später wieder aktivieren.
Sie sollten auch darauf achten, dass die Internetverbindung während der Unterhaltung nicht unnötig belastet wird. Dazu können Sie alle Programme beenden, die im Hintergrund das Internet nutzen. Typische Bandbreitenfressen sind: Dropbox, E-Mail und andere Programme, die ohne Ihr Eingreifen Dateien synchronisieren.
Scheitern an der Technik – Wie einfach ist es für den Kunden?
Egal mit welchem System Sie arbeiten wollen – wichtig ist, dass Sie dem unerfahrenen Kunden eine Anleitung zukommen lassen, damit er – ohne sich zu blamieren – an der Video-Konferenz teilnehmen kann. Am besten, Sie finden online eine Anleitung in der passenden Sprache oder Sie schreiben selbst eine.
Wie bereits erwähnt ist Zoom.us meine aktuelle Wahl, weil man als Teilnehmer einfach mit einem Klick auf einen Link teilnehmen kann. Aber auch hier gibt es Hürden: Manche Unternehmen blockieren aus Sicherheitsgründen das Installieren von zusätzlicher Software auf den firmeneigenen Notebooks. Daran kann auch eine Video-Kommunikation mit Zoom scheitern. Am besten Sie geben dem Kunden die Gelegenheit, es vorher zu testen.
Auch für Skype und Hangouts kann es Blockaden geben, weil manche Unternehmen Streaming generell aus dem Unternehmensnetz verbannt haben.
Eine Alternative wäre die Nutzung eines Smartphones. Alle genannten Dienste bieten jeweils eine App für iOS und Android an, mit der man einfach teilnehmen kann. Allerdings muss auch diese erst einmal geladen werden.
Wenn alle Stricke reißen, wäre auch eine Einwahl per klassischem Telefon möglich. Wegen des dann fehlenden Bildkanals wäre das ein Rückschritt. Aber wenn ein einzelner Teilnehmer dabei sein will, im Moment jedoch auf Reisen ist und nur so teilnehmen kann, ist das ein akzeptabler Kompromiss.
Inhalte präsentieren – Verkaufen per Video-Kommunikation
Alle hier genannten Dienste bieten die Möglichkeit, Bildschirminhalte zu übertragen. Auf diese Weise können Sie Präsentationen mit Powerpoint & Co. leicht vorbereiten und Ihren Teilnehmern zeigen. Auch andere Inhalte Ihres Bildschirms können auf diese Weise mit einer Gruppe besprochen werden.
Weil beispielsweise bei Zoom daraus automatisch eine Aufzeichnung entsteht, die man herunterladen und ggf. weiterbearbeiten kann, ist es auf diese Weise sehr einfach, einmal durchgeführte Präsentationen ganz oder teilweise auch Dritten zur Verfügung zu stellen.
Verkaufen per Video – Ihre Botschaft geht um die Welt
Google Hangouts bietet mit der Option „on Air“ eine Möglichkeit an, die Inhalte der Video-Botschaft sofort an eine breite Öffentlichkeit auszustrahlen. Gleiches bietet auch Facebook Live. Beide Varianten lassen es auch zu, dass der Teilnehmerkreis beschränkt wird, beispielsweise so, dass nur die Mitglieder einer bestimmten Facebook-Gruppe die Inhalte sehen können. Wenn Sie Erfahrung mit Messen, Roadshows und Konferenzen als Werkzeug für Vertrieb und Marketing gemacht haben, können Sie diese Technik nutzen, um zusätzliche Teilnehmer hinzuzufügen, die live nicht teilnehmen können. Sie müssten lediglich diese Möglichkeit zur Teilnahme ankündigen und vor Ort die Technik dafür schaffen. Für geringe Zusatzkosten können Sie so eine ganze Menge mehr Teilnehmer einbinden.
Video als Werkzeug für den Vertrieb
Wir dürfen die neuen Möglichkeiten nutzen, um dort, wo es sinnvoll ist, das Telefon abzulösen und vielleicht sogar Geschäftsreisen zu ersetzen. Gegenüber dem Telefon können wir sicher die Wirkung der Kommunikation verbessern. Und dort, wo man Geschäftsreisen einsparen kann, werden nicht nur Kosten gespart, sondern vor allem die unproduktiven Reisezeiten verringert. Auch wenn der direkte persönliche Kontakt sicher besser ist, kann man so die ein oder andere Reise durch eine professionell gemachte Video-Konferenz ersetzen.
Fotoquelle Titelbild: © fotolia / anyaberkut
Wieder mal ganz tolle Tipps. Leider bin ich im Umgang mit Video noch nicht ungeübt. Werde diese Tipps aber
demnächst mal angehen und testen. Vielen Dank!!!