Im professionellen Vertrieb ist es eine wichtige Aufgabe: den richtigen Ansprechpartner finden. Das kann unkompliziert sein, wenn man sehr klar definiert, welche Art von Produkten man verkauft. Allerdings führt die Einordnung der Produkte in Kategorien und zugehörige Ansprechpartner nicht unbedingt zum Verkaufserfolg. Dieser Beitrag zeigt die Schwierigkeiten auf und liefert eine einfache Lösung.

Vielleicht ist es am besten, wenn wir uns die Problematik anhand einer kleinen Geschichte erklären. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein neues Jobangebot bekommen, das so gut war, dass Sie es nicht ablehnen konnten. Ihre Aufgabe ist, ein bestimmtes Produkt an mittelständische Unternehmen ab einer Größe von 500 Mitarbeitern zu verkaufen. Das Produkt ist nachweislich technologisch führend und zwar mit einem Abstand von mindestens zweieinhalb Entwicklungsjahren vor allen Wettbewerbern. Dieser Aspekt ist indiskutabel: Es ist definitiv das beste Produkt am Markt.

Sie haben ein Home-Office, die beste Büroausstattung, Notebook, Handy, Firmenwagen und alles, was Sie brauchen, um erfolgreiche Vertriebsarbeit zu machen. Sie verfügen sogar über eine Liste mit allen infrage kommenden Kunden in ihrem Vertriebsgebiet. Ach ja: Bei dem Produkt handelt es sich übrigens um Toilettenpapier. Aber wie gesagt um Toilettenpapier, das ohne Frage das beste am ganzen Markt ist.

Ansprechpartner finden – wie geht das?

Wie würden Sie vorgehen? Die meisten weniger gut ausgebildeten Verkäufer würden vermutlich in der Telefonzentrale der Zielkunden anrufen und fragen, wer im Haus für die Beschaffung von Toilettenpapier verantwortlich ist. Aller Voraussicht nach werden Sie also beim Einkauf landen. Dort wird der zuständige Sachbearbeiter Ihnen beispielsweise mitteilen, dass das Unternehmen immer im September die Toilettenpapierplanung für das Folgejahr vornimmt und dann im Dezember bestellt. Er bittet Sie, Muster zu schicken und ein Angebot zu erstellen.

Aber wäre dieser Einkäufer wirklich der richtige Ansprechpartner, um erfolgreich Toilettenpapier zu verkaufen? Vermutlich nicht. Denn dieser Einkäufer hat Erfahrung und einen guten Marktüberblick – beides wird es Ihnen schwer machen, ihm etwas zu verkaufen. Sie können natürlich ein Angebot machen und dann hoffen. Doch diese Methode dürfte nur dann funktionieren, wenn Ihr Toilettenpapier nicht nur das beste, sondern auch das günstigste ist. Aber wer könnte als Ansprechpartner noch infrage kommen?

Versuchen wir einen großen Wurf: Nehmen wir an, wir könnten an den kaufmännischen Leiter oder vielleicht sogar den Geschäftsführer herankommen. Wir haben also ein Gespräch mit einer dieser Personen. Aber wie gestalten wir den Inhalt des Gespräches? Wir können ja schlecht über Toilettenpapier reden, denn dann würden wir garantiert sofort wieder zum Sachbearbeiter durchgereicht werden. Um den thematischen Ansatz des Gesprächs mit der Führungskraft zu finden, müssten wir uns zunächst überlegen, wozu dieses Unternehmen Toilettenpapier kaufen würde.

Ansprechpartner oder Entscheider

Ja, ich gebe zu, ich habe dieses Beispiel ausgewählt, um zu provozieren. Denn jetzt geht es nicht um die Frage, wie jedes einzelne Blatt des Toilettenpapiers benutzt wird. Ich denke, das ist klar. Es geht vielmehr um die Frage, wozu das Unternehmen Toilettenpapier beschafft. Und die Antwort auf diese Frage könnte zum Beispiel lauten:

„Das Unternehmen kauft Toilettenpapier, weil es die vorhandenen Toiletten in vernünftigem Maße für die Mitarbeiter und Besucher ausstatten muss.“

Hier handelt es sich um einen eindeutig definierten Bedarf. Eine Möglichkeit, diesen Bedarf zu erfüllen ist es, Toilettenpapier zu kaufen, zu lagern und in den Toilettenräumen des Unternehmens zu verteilen. Eine ganz andere Möglichkeit wäre es hingegen, einen zusätzlichen Service anzubieten und Toilettenpapier und andere Produkte wie Seife oder Handtücher direkt in die Toiletten des Unternehmens liefern zu lassen.

Zugegeben, das ist eine Erweiterung des Geschäftsmodells. Aber nehmen wir an, Sie hätten die Möglichkeit, diesen Service ebenso anzubieten. Jetzt könnten wir den Ansatz für das Gespräch mit der Führungspersönlichkeit ganz anders ausrichten. Wir könnten nun die Karte spielen, dass das Unternehmen sich voll auf die Erfüllung seiner geschäftlichen Prozesse konzentrieren kann, und jemand anderes sich um die Toiletten samt Toilettenpapier kümmern kann.

Jetzt wird auch schnell klar, dass dieses Thema nicht mit dem Sachbearbeiter im Einkauf besprochen werden sollte. Dieser wird darauf bestehen, dass ein Muster und ein Angebot gesendet werden und man sich zu einem späteren Zeitpunkt wieder mit der Beschaffung von Toilettenpapier beschäftigen wird. Mehr ist in seinem Arbeitsbereich innerhalb des Unternehmens nicht relevant.

Wenn wir nicht direkt vergleichbar sein möchten, müssen wir den passenden Ansprechpartner finden und ein Gespräch mit dem Entscheider suchen. Dazu ist es notwendig, auch relevante Inhalte aus der Perspektive des Entscheiders zu bieten. Ein Gespräch mit dem Entscheider wird nur dann gelingen, wenn Sie deutlich machen können, welchen relevanten Einfluss Sie auf die Ziele, Probleme und Vision des Entscheiders haben.

Welcher Entscheider ist ansprechbar?

Wenn Sie Produkte oder Dienstleistungen an Unternehmen verkaufen wollen, ist der Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzende nicht unbedingt immer der richtige Ansprechpartner, obwohl er natürlich der ranghöchste Entscheider ist. Ein Aufsichtsrat – falls vorhanden – steht zwar sicherlich noch darüber, jedoch werden hier keine Entscheidungen gefällt, sondern getroffene Entscheidungen geprüft und dann genehmigt oder abgelehnt.

Aber wie findet man nun den richtigen Entscheider für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung? Vor allem bei größeren Unternehmen ist häufig unklar, wer der Entscheider sein könnte. Ich schlage vor, nach einem einfachen Prinzip zu arbeiten: im Zweifel eins höher.

Wenn ich beispielsweise meine Dienstleistung als Verkaufstrainer anbieten möchte, dann könnte es fraglich sein, wer der richtige Ansprechpartner ist. Es könnte der Vertriebsleiter sein, aber ebenso könnte auch der Geschäftsführer der richtige Ansprechpartner für eine solche Investitionsentscheidung sein.

Würde ich jedoch in der Telefonzentrale anrufen und fragen, wer im Unternehmen für die Beauftragung von Seminaren und Schulungen verantwortlich ist, bekäme ich vermutlich die Personalabteilung genannt. Ich bin sicher, dass die Personalabteilung im Laufe des Prozesses in irgendeiner Form bei der Beauftragung von Seminaren beteiligt sein wird. Allerdings wird sie sicherlich nicht der passende Ansprechpartner sein, um proaktiv etwas zu verkaufen. Die Personalabteilung erfüllt die Anforderungen von Fachabteilungen. Daher ist es keine gute Idee, bei der Frage nach dem Ansprechpartner eine Zuständigkeit abzufragen.

Versteckte Ansprechpartner finden

Besser wäre es, sich von Anfang an einen ranghohen Entscheider zu suchen. Oft bieten professionelle Netzwerke wie Xing oder LinkedIn eine sehr gute Möglichkeit, um Mitarbeiter innerhalb eines Unternehmens namentlich zu finden. Wenn man nach dem Unternehmensnamen sucht, bekommt man in der Regel eine Liste sämtlicher Mitarbeiter dieses Unternehmens. Auf diese Weise können Sie auch jederzeit den für Sie wahrscheinlich relevanten Ansprechpartner finden. Möglicherweise wäre es nicht unbedingt der beste Weg, über die Nachrichtenfunktion dieser Businessnetzwerke den ersten Kontakt aufzunehmen. Allerdings liefern Ihnen diese Onlinesysteme jederzeit hochaktuelle Daten über die Mitarbeiter eines Unternehmens.

Sollte weder Xing noch LinkedIn dabei helfen können, den Namen des richtigen Ansprechpartners zu finden, dann gibt es noch eine weitere Option. Es dürfte für Sie leicht sein, den höchstmöglichen Ansprechpartner im Unternehmen zu finden. Der Geschäftsführer ist nämlich immer im Impressum namentlich aufgeführt. Viele Unternehmen nennen auch die Namen ihrer Führungskräfte auf der Webseite.

Den passenden Gesprächspartner ermitteln

Wählen Sie den höchstmöglichen noch erreichbaren Ansprechpartner aus, rufen Sie die Telefonzentrale des Unternehmens an und lassen Sie sich zur Assistenz dieses Entscheiders durchstellen. Dann stellen Sie eine Frage nach folgendem Muster:

„Mal angenommen, >Führungskraft< müsste sicherstellen, dass >Unternehmen< im Zusammenhang mit >Ihr wichtigstes Nutzenversprechen< noch immer eine führende Position im Wettbewerb einnimmt – wen bei Ihnen im Hause würde oberste Führungskraft damit beauftragen?“

In meinem Fall könnte dieser Satz also wie folgt lauten: „Schönen guten Tag, Frau soundso, ich bräuchte bitte mal Ihre Hilfe: Angenommen Herr Entscheider müsste sicherstellen, dass seine Vertriebsorganisation im direkten Wettbewerbsvergleich der Branche auf Platz eins oder zwei steht – angenommen das wäre die Herausforderung – wen bei Ihnen im Hause würde er damit beauftragen?“

Mit großer Wahrscheinlichkeit bekomme ich jetzt eine von zwei Antworten: entweder „Darum kümmert er sich selbst“ oder „Das dürfte der Vertriebsleiter, Herr XY sein.“

So lässt sich relativ leicht der Name des besten Ansprechpartners ermitteln, der später auch entscheiden wird, ob eine solche Investition infrage kommt.

Ansprechpartner bei vergleichbaren Produkten

Wenn Ihre Produkte oder Dienstleistungen sehr vergleichbar sind und in der Regel die günstigsten Angebote angenommen werden, wird diese Methode vermutlich scheitern. In diesen Fällen gibt es vermutlich standardisierte Prozesse, um solche Produkte zu beschaffen. Das gilt beispielsweise für Toilettenpapier ebenso wie für Kopierpapier. Es ist unwahrscheinlich, dass ein Entscheider sich für eine dieser Produktkategorien interessiert. Sie können daher nur dann aktiv verkaufen, wenn Sie besser verstehen, welche Probleme, Nöte und Sorgen mit Ihren Produkten beseitigt werden. Nur wenn Sie erkennen, welchen konkreten Nutzen Ihre Produkte oder Dienstleistungen für die relevante Führungskraft bieten, ist aktives Verkaufen Erfolg versprechend. Allerdings kann man selbst bei extrem vergleichbaren Produkten, wie zum Beispiel Verkaufstrainings, sehr wohl den angestrebten Nutzen in den Vordergrund stellen.

Schließlich werden meine Kunden niemals ein Verkaufstraining benötigen. Was sie aber viel mehr brauchen, ist durchschnittlich 50.000 EUR mehr Wertschöpfung pro Verkäufer bzw. Berater. Verkaufstraining ist lediglich das Mittel zum Zweck, um so eine Steigerung des Unternehmensergebnisses zu bewirken. Gäbe es eine andere Möglichkeit, dieses Ergebnis zu erreichen, würde mein Verkaufstraining im Wettbewerb dazu stehen. Würde ich nur Verkaufstrainings anbieten, würde ich vermutlich früher oder später in der Ausbildungsabteilung in einem Ordner abgeheftet sein, um ab und zu eine Anfrage zu bekommen. Nur wenn es mir gelingt, ein für den Vertriebsleiter oder Geschäftsführer relevantes Ergebnis herzustellen bzw. schmerzhaftes Problem zu lösen, kann ich aktiv verkaufen.

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