Wer möchte nicht so eindrucksvoll auftreten, dass man immer in Erinnerung bleibt? Unvergesslich sind die Eindrücke, die „merkwürdig“ und „außergewöhnlich“ sind. Also müssen wir den Mut aufbringen, um eben nicht normal zu sein, sondern auffallend anders. Wer hierbei ein paar Regeln einhält, macht sich unvergesslich.

Die Eigenschaften von guten Geschichten

Storytelling ist in aller Munde. Dieses Schlagwort bezieht sich auf die Tatsache, dass wir Menschen Geschichten, die einen Handlungsablauf beschreiben, besser in Erinnerung behalten können als eine nüchterne Aneinanderreihung von Tatsachen. Wenn wir also erreichen wollen, dass unsere Erklärungen besser verstanden werden, dann sollten wir Storytelling mit einbauen.

Die Brüder Chip & Dan Heath beschäftigen sich in ihrem Buch „made to stick“ mit der Frage, wie man Ideen so „verkauft“, dass sie hängen bleiben. Sie haben festgestellt, dass man erfolgreiche Ideen an wenigen charakteristischen Merkmalen erkennt, erfolglose jedoch nicht kategorisieren kann, weil jede für sich auf einzigartige Weise schlecht ist. In ihrem Buch haben die Brüder sechs Kriterien herausgearbeitet:

Einfach – Was kann man noch weglassen, ohne den Sinn zu verfälschen? Was ist zu kompliziert? Wie kann man es ohne Fremdworte sagen?

Unerwartet – Wo ist die Überraschung? Welche unerwartete Wendung gibt es?

Konkret – Wie kann man es mit bildhaften und klaren, statt abstrakten Worten sagen? Welchen Bezug hat es zu hier, heute und uns?

Glaubhaft – Welche Zeugen gibt es? Welche Beweise kann man anführen? Wo ist es selbsterklärend?

Emotional – Wie kann man es emotional aufladen? Was bedeutet es für das Leben der Beteiligten?

Erzählend – Wie wird eine gute Geschichte daraus? Was muss ich beachten, damit es weiter erzählbar ist?

Machen Sie sich eine Checkliste mit diesen sechs Punkten, und arbeiten Sie immer wieder an Ihren Präsentationen, Herleitungen, Beispielen und Anekdoten, die Sie erzählen, um diese Punkte von Mal zu Mal besser zu erfüllen. Sicher wird es nicht möglich sein, immer und in jedem Fall sämtliche Punkte abzudecken, aber je mehr dieser Kriterien erfüllt sind, desto eindrucksvoller werden Sie.

Von langweilig zu spannend

Sie wollen Ihre Produkte interessant darstellen, auch wenn diese eher technisch, wenig aufregend und schwer zu verstehen sind? Aber wie soll das mit langweiligen Themen gelingen? Wer interessiert sich schon für komplizierte Fakten und schwer verständliche Funktionen?

Oft werde ich gefragt, wie man Interesse wecken kann. Wecken? Wieso – Interesse schläft doch nicht. Wenn etwas wach ist, dann Interesse. Wir haben uns angewöhnt, im Zusammenhang mit Interesse von „wecken“ zu sprechen, als ob das ein Vorgang wäre, bei dem man ein tief schlafendes Interesse mühsam aufwecken müsste. Dabei ist das Gegenteil der Fall.

Interesse schläft nicht

Wenn Sie im Moment Interesse an etwas haben, ist Ihre Aufmerksamkeit enorm geschärft. Wenn Sie selbst gerade schwanger sind oder sich diesen Zustand herbeisehnen, werden Sie überall schwangere Frauen sehen. Das ist kein esoterischer Effekt, sondern ein Ergebnis Ihrer geschärften Aufmerksamkeit.

Genauso wäre das, wenn Sie gerade Interesse an einer bestimmten Sportart, einem bestimmten Fahrzeug oder einem neuen Hobby haben – plötzlich begegnen Ihnen überall Hinweise auf Ihr besonderes Interesse.

Es wäre also einfacher, wenn wir uns auf vorhandenes Interesse konzentrieren, statt neues Interesse erzeugen zu wollen. Wie wäre es, wenn wir als Erstes herausfinden, welche Perspektive potenzielle Kunden auf unser Produkt oder unsere Dienstleistung haben?

Interessant und spannend

Wenn wir akzeptiert haben, dass unsere besten Fakten niemals so wirksam sein können wie die Emotionen, die sich um vorhandenes Interesse ranken, dann werden wir die besten Entscheidungen in Marketing und Vertrieb treffen.

Produkte werden nicht durch Fakten interessant. Sie werden spannend und relevant, weil sie Emotionen auslösen. Das muss nicht unbedingt die emotional gesteuerte Kaufentscheidung im Supermarkt sein. Es ist ebenso die Entscheidung für oder gegen eine Investition in eine Maschine.

„Moment“, werden viele sagen, „bei einer Maschine muss ich als Kunde erkennen, wie diese genau funktioniert. Erst dann kann ich eine fundierte Entscheidung treffen.“ Wirklich? Sind es die Fakten, die Investitionen steuern? Oder sind es vielmehr die Erwartungen in ein künftiges Ergebnis?

Kopierpapier ist langweilig

Oft höre ich in Seminaren den Hilferuf nach Unterscheidbarkeit. „Wir haben ein vergleichbares Produkt. Wie können wir uns unterscheiden oder gar teurer verkaufen, wenn es doch zu 100 % vergleichbar ist?“ Tja. Das wird schwer.

Oder vielleicht doch nicht. Wenn wir uns nur auf der Produktebene bewegen, ist es einfach nur Papier. Abgepackt in Päckchen à 250 Blatt. Vier davon in einem Karton mit insgesamt 1.000 Blatt. Geeignet für Tinte und Toner. 80 g/m2. Immer gleich. Lang. Wei. Lig.

Wenn Sie also Kopierpapier verkaufen, werden Sie vermutlich nie einen Entscheider zu Gesicht bekommen, der ein Gespräch führen will. Es ist ein Produkt, das man eben einfach so kauft. Die Qualität ist genau definiert. Nur der Preis macht den Unterschied.

Dem Sinn auf den Grund gehen

Ist das Produkt wirklich so austauschbar? Was bewirkt Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung? Verkaufen Sie Bohrmaschinen oder Löcher? Zugegeben, das Thema Loch und Bohrmaschine ist ziemlich ausgelutscht. Jeder hat das vermutlich schon einmal gehört:

Wenn man Löcher kaufen könnte, würde sich niemand für Bohrmaschinen interessieren.

Damit ist gemeint, dass Menschen sich für Bohrer interessieren, wenn sie eigentlich Löcher wollen. Unternehmen sollten also das „Wozu“ ihrer Produkte betonen und nicht deren Eigenschaften. Obwohl Sie das vermutlich schon sehr oft gehört haben, bleibt die Frage, wer es schon erfolgreich umsetzt. Ich bin regelmäßig erstaunt – um nicht zu sagen erschrocken –, wie wenig die Menschen im professionellen Vertrieb den Sinn ihrer Angebote im Auge behalten.

Geschichten bleiben in Erinnerung

Vor einigen Jahren habe ich einen Vortrag einer amerikanischen Kollegin gehört. Glenna Salesburygilt als Grand Dame der Rednerszene und hat in ihrem Vortrag erläutert, wie sie selbst ihre Vorträge auf Qualität prüft. Dafür nutzt sie eine einfache Methode mit drei verschiedenfarbigen Textmarkern.

Sie nimmt den Text ihres Redeentwurfs und markiert den Inhalt in drei Farben, um die drei Elemente Botschaft, Anwendung und Story hervorzuheben.

Drei Elemente gegen Langeweile

Wenn Sie etwas zu sagen haben – und dabei spielt es keine Rolle, ob es in einem Vortrag oder einem geschäftlichen Umfeld ist –, dann muss die Botschaft klar sein. Das können die wesentlichen Aussagen, Fakten, Ergebnisse und sonstige relevante Inhalte sein.

Ebenso wichtig ist es jedoch, die Anwendung dieser Inhalte für die Zuhörer zu klären. Also die Applikation, d.h. die praktische Umsetzung für die Zielgruppe zu erläutern. Die Empfänger sollen dadurch verstehen, wie sie es umsetzen können und welche Ergebnisse sie zu erwarten haben.

Damit alles besser in Erinnerung bleibt, kommt das dritte Element ins Spiel: Storytelling. Wir können uns Geschichten einfach besser merken als Fakten. Das hängt damit zusammen, dass unser episodisches Gedächtnis offenbar eine wichtige Rolle für unsere Urahnen spielte. Als Bewohner der Steppe mussten sie sich offenbar Routen und Wege gut einprägen können, um zu überleben.

Storytelling macht Produkte unvergesslich

Sie können das ganz einfach überprüfen: Machen Sie einen Spaziergang durch eine fremde Stadt. Oder vielleicht können Sie sich an Ihren letzten Spaziergang durch ein bis dahin unbekanntes Gefilde erinnern? Wichtig ist, dass es sich wirklich um einen Spaziergang und nicht um eine Fahrt mit einem schnelleren Gefährt handelt. Auch sollte es keine geführte Tour gewesen sein, bei der Sie nicht auf die Umgebung achten mussten.

Vermutlich können Sie sich ziemlich einfach in Gedanken wieder in Ihren Spaziergang hineinversetzen. Es könnte sein, dass Sie nahezu fehlerlos alle Wegpunkte in der richtigen Reihenfolge wieder abrufen könnten. Die wesentlichen Zusammenhänge sind sofort wieder präsent, auch wenn Sie sich während des Spaziergangs keine Mühe gaben, sich die einzelnen Punkte einzuprägen.

Wenn wir mit Geschichten arbeiten, nutzen wir die Erinnerungskraft des episodischen Gedächtnisses für unsere Zwecke. Eine Geschichte ist eine Abfolge von Ereignissen. Selbst kleine Kinder können nach der ersten vorgelesenen Geschichte beim nächsten Vorlesen sofort erkennen, wenn der Vorleser aus Faulheit einzelne Passagen überspringt. Auch Erwachsene erinnern sich besser an Märchen, die sie zuletzt in ihrer Kindheit hörten, als an die Nachrichtensendung von letzter Woche.

Langweilig oder merkwürdig – so machen Sie Ihre Produkte interessant

„Das ist aber merkwürdig“ sagen wir, wenn etwas seltsam, ungewöhnlich oder unerwartet ist. Unsere Sinne sind sofort wach, denn Unerwartetes könnte gefährlich sein. Wenn etwas Außergewöhnliches passiert, sind wir hellwach und voll bei der Sache.

Wenn Sie sich die Bedeutung des Wortes „merkwürdig“ genauer ansehen, dann kann man auch erkennen, dass es etwas beschreibt, das würdig ist, gemerkt zu werden. Auf diesen Aspekt möchte ich hier hinaus.

Fakten sind schön, aber langweilig und schlecht zu merken. Wenn zusätzlich noch erklärt wird, was diese Fakten für mich bedeuten und wie ich sie für mich nutzen kann, dann steigt mein Interesse. Wenn es eine merkwürdige Geschichte gibt, werde ich dieser nicht nur aufmerksam lauschen, sondern sie vermutlich nie wieder vergessen. Selbst dann nicht, wenn ich mir noch nicht mal besondere Mühe gegeben hatte, mir diese Geschichte einzuprägen.

Sie finden diese Geschichten, wenn Sie im Alltag aufmerksam sind. Fragen Sie Ihre Kunden nach deren Erlebnissen. Dramatisieren Sie ein wenig und reduzieren Sie die Geschichten auf die wesentlichen Punkte.

Ein wunderbares Beispiel dafür ist ein Video des Logistikanbieters DHL. Dort wird ein Unternehmenskunde vorgestellt. Thomann ist ein großer Musikversender, der DHL nutzt, um seine Pakete zu versenden. In dem Video sieht man vor allem den heutigen Inhaber und Sohn des Gründers in einer Erzählerrolle. Er spricht über die Anfänge des Unternehmens, sitzt dabei im ehemaligen Büro seines Vaters. Kurze Episoden aus dem Leben des Vaters und darüber, was heute aus dem Unternehmen geworden ist. Mir ist vor allem in Erinnerung geblieben, dass der verstorbene Vater, wenn er noch leben würde, vermutlich den ganzen Tag in der inzwischen umfangreichen Auswahl von Trompeten und anderen Instrumenten herumstöbern würde, um jedes Instrument auszuprobieren.

Interessant und spannend durch emotionale Geschichten

Die Botschaft ist, dass DHL Pakete versendet. Ich soll mir merken, dass der erfolgreichste Musikinstrumentenhändler weltweit mit DHL arbeitet. In Erinnerung bleibt jedoch nur die Geschichte, die mich wieder an die eigentliche Botschaft denken lässt. Wenn ich irgendwann an Logistik denke, fördert mein Gehirn die Geschichte von Thomann hervor und bringt die Themen Logistik, Zuverlässigkeit, Leidenschaft und DHL zusammen. Ist das nicht besser, als mir zu erklären, wie viele zigtausend Pakete DHL täglich befördert?

Wenn Sie es schaffen, neben den Botschaften nicht nur das Wozu, sondern auch eine gute Geschichte zu erzählen, wird es Ihnen gelingen, Ihre Produkte interessant und spannend darzustellen.

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