Der Manager legt Hand an. Zumindest laut der aus dem Lateinischen abgeleiteten Bedeutung „Manus = Die Hand“. Aber ist nicht das Vertriebsmanagement in der landläufigen Meinung des „einfachen Verkäufers“ dafür bekannt, eben nicht Hand anzulegen und stattdessen andere arbeiten zu lassen?

Warum Vertriebsmanagement nicht die Anforderungen erfüllt.

Wenn man an Management denkt, fallen einem Begriffe wie Meetings, Budgets, Pläne und Kontrolle ein. Alles Aufgaben, die in eher operativer Weise zu erledigen sind.

Gerade im Vertrieb verselbstständigen sich Aufgaben der Führung relativ schnell. Endlose Meetings, in denen man sich gegenseitig Zahlen vorliest – und diese Zahlen sogar noch rechtfertigen muss – sind die Folge.

Wie kann man Vertriebsmanagement als Beruf erfolgreich machen?

Schon vor einiger Zeit hat der mehrfach ausgezeichnete Management-Vordenker Fredmund Malik in seinem Buch „Führen. Leisten. Leben.“ einen kompakten Leitfaden entwickelt, der Management als Beruf definiert, den man erlernen kann, wie jeden anderen Beruf auch.

In seinem Buch hat Malik die Grundsätze, Aufgaben und Werkzeuge des modernen Managements erläutert. In Anlehnung an diese Arbeit möchten wir in diesem Beitrag die besonderen Herausforderungen und Chancen des Managements im Vertrieb herausarbeiten. Beginnen wir  mit den Grundsätzen oder Prinzipien des erfolgreichen Vertriebsmanagements.

Prinzipien für erfolgreiches Vertriebsmanagement

Unter Prinzipien versteht man Grundsätze im Sinne von „in der Sache selbst steckenden Regeln“. Das ist so gemeint, dass es auch von außen eingebrachte Gesetzmäßigkeiten gibt, die auch wieder abgeschafft werden können. Im Gegensatz zu Gesetzmäßigkeiten beschreiben Prinzipien die wesentlichen Zusammenhänge, die ein Thema definieren. Die hier vorgestellten Prinzipien sind also keine Handlungsvorschläge oder Tipps, die man umsetzen kann oder nicht. Es sind die grundlegenden Bestandteile von gutem Management und Eigenschaften von gutem Vertriebsmanagement.

1. Resultatorientierung

Menschen tendieren dazu, in erster Linie ihr eigenes Handeln zu betrachten und bisweilen das angestrebte Ergebnis aus den Augen zu verlieren.

„Am Anfang das Ende im Sinn haben“ lautet einer der „7 Wege zum Erfolg“ des gleichnamigen Bestsellers von dem inzwischen verstorbenen Autor Stephen Covey.

Mit Resultatorientierung ist in erster Linie gemeint, dass wir zunächst bedenken, was wir erreichen wollen und erst später, was wir an Aktivitäten dazu geplant haben.

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Man kann beobachten, dass viele Menschen eher aufgabenorientiert sind und weniger resultatorientiert. Sie sagen eher das, was sie noch alles „machen müssen“ und weniger, was sie erreicht haben wollen.

Gerade deshalb brauchen wir im Vertriebsmanagement Führungskräfte, die Ergebnisse fokussieren und nicht Aktionen. Demzufolge ist es weniger interessant, wie viele Telefonate geführt worden sind. Viel wichtiger ist, wie viele Telefonate zu Bestellungen in einer bestimmten Ertragshöhe geführt haben.

Noch immer gibt es im Vertriebsmanagement vieler Unternehmen Ziele, die aktivitätsorientiert sind. Dort müssen Verkäufer eine bestimmte Anzahl an Besuchen machen, statt einen bestimmten Auftragseingang mit Neukunden herbeizuführen. Da müssen Verkäufer wöchentliche Berichte schreiben, statt dafür zu sorgen, dass spätestens zum Wochenende alle Notizen zu Kundengesprächen im CRM hinterlegt sind.

Wenn Sie sich vorwiegend – oder gar ausschließlich – auf Resultate fokussieren, dann ist dies ein wichtiges Merkmal von sehr gutem Vertriebsmanagement.

2. Beitrag zum Ganzen

Moderne Unternehmen sind durch Arbeitsteilung organisiert. Menschen tun in ihrer Aufgabe das, worauf sie spezialisiert sind. Im Vertrieb ist das die Anbahnung, Vertiefung und Erhaltung von profitablen Kundenbeziehungen.

Das ist allerdings nur ein kleiner Teil des Unternehmenszwecks. Gerade im Vertrieb hält sich gerne die Binsenweisheit, dass „ohne den Vertrieb das Unternehmen nicht existieren könnte“ oder dass „der Kunde die Gehälter von allen Mitarbeitern bezahlt“. Das ist grundsätzlich richtig, allerdings ist die Funktion des Vertriebs alleine kaum in der Lage auf Dauer ein Unternehmen aufrecht zu erhalten.

Modernes Vertriebsmanagement versteht sich als gut durchdachtes Integrieren der Leistungen des Vertriebs in die Leistung des kompletten Unternehmens.

Weil der Vertrieb durch seine Arbeit an der Schnittstelle zum Kunden arbeitet, sollte das Vertriebsmanagement sicherstellen, dass der Vertrieb und alle seine Mitarbeiter diese Beiträge zum Ganzen als wichtig erachten:

  • Qualifizierte Rückmeldung von relevanten Aussagen zu Entscheidungen von Kunden und Nicht-Kunden an die passenden Stellen im Unternehmen.
  • Zuverlässige Vorhersage zu geplanten Auftragseingängen.
  • Benennen und Beseitigen von Prozessen, die den tatsächlich wahrgenommenen Kundennutzen beeinträchtigen.

Vertriebsmanagement bedeutet, die eigenen Mitarbeiter auf ihren Beitrag zum Ganzen aufmerksam zu machen und diesen einzufordern. Insbesondere Vertriebsmitarbeiter, die einen großen Teil ihrer Arbeitszeit im Außendienst verbringen, laufen Gefahr zum „Anwalt des Kunden zu mutieren“. Diese Mitarbeiter brauchen dann evtl. Unterstützung. Vielleicht nutzen Sie in solchen Fällen eine Frage wie zum Beispiel: „Worin besteht Ihr Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg dieses Unternehmens (abgesehen davon, dass Sie ‚Umsatz bringen‘)?“

3. Konzentration auf Weniges, dafür Wesentliches

Konzentration auf den aktuellen Engpass ist ein wichtiges Prinzip aus der, ursprünglich von Wolfgang Mewes erdachten EKS (= Evolutions-konforme Strategie oder später Engpass-konzentrierte Strategie). Demnach gibt es immer einen Faktor, der den Erfolg am meisten begrenzt.

Hierfür wird oft die Metapher des Wasserschlauchs benutzt, der nicht genug Wasser liefert, weil jemand auf dem Schlauch steht. Man könnte den Wasserfluss erhöhen, in dem man mehr Druck auf den Schlauch gibt, jedoch ist es am einfachsten, wenn man den Knick im Schlauch beseitigt.

Dieser Fokus auf den Faktor, der im Moment den Erfolg am meisten beeinflusst, ist ein wichtiges Prinzip guten Vertriebsmanagements. Erfolgreiche Organisationen schaffen es, regelmäßig aus der Alltagssicht in eine Draufsicht zu wechseln und sachlich zu betrachten, welche Faktoren im Moment den Erfolg am meisten begrenzen.

Im Vertrieb kann man die Phasen bei der Anbahnung von Kundenentscheidungen bei Neukunden und bestehenden Kunden als Schichtenmodell oder als sogenannten „Funnel“ darstellen. Die einzelnen Schichten könnten Projektschritte der Kundenentscheidung sein. Darüber habe ich in vergangenen Ausgaben zum Umsatzforecast schon mehrfach berichtet. Nehmen wir hier ein sehr einfaches Model an:

  1. Kontakt
  2. Interesse
  3. Entscheidung
  4. Verhandlung

Nun kann das Management sehr einfach messen, wie viele Kundenkontakte in welchem Stadium sind und welche Verbesserung den größten Effekt hat. Wenn beispielsweise der größte Bruch bzw. Verlust beim Übergang vom „Interesse“ zu „Entscheidung“ gemessen wird, dann kann es sehr sinnvoll sein, sich darauf zu konzentrieren, ob und wie mehr Kundenprojekte vom Interesse zur Entscheidung geführt werden können.

4. Stärken nutzen

Wir neigen dazu, Fehler vermeiden zu wollen und Schwächen zu beseitigen. Das ist ein Überbleibsel unserer Kindheit und Jugend, weil ein großer Teil des Bildungswesens der westlichen Welt darauf konzentriert ist, einen „Mindeststandard“ an Bildung herzustellen. Dafür werden Schüler vor allem für Fehler bestraft, die sie machen, wenn sie für alle Schüler gleichermaßen vorgegebene Aufgaben erfüllen sollen.

Leider übernehmen manche Manager dieses Prinzip für ihre Führungsaufgabe. Sie entwerfen dann gleiche „Vorgaben“ für alle Mitarbeiter und bestrafen Abweichungen, Fehler und Schwächen.

In diesem Beitrag werbe ich für das Prinzip „Stärken nutzen“. Wenn wir davon ausgehen, dass Mitarbeiter im Verkauf grundsätzlich für die Arbeit im Vertrieb geeignet sind, dann werden Sie dennoch bei bestimmten Mitarbeitern bestimmte wertvolle Stärken erkennen, die zum Erreichen der Ziele der Abteilung oder des Bereiches besonders wichtig sind.

Wenn Sie diese Stärken vernachlässigen und eher darauf aus sind, dass alle Mitarbeiter die gleichen Aufgaben in gleicher Qualität ausführen, werden Sie damit beschäftigt sein, Minderleistungen zu erkennen und abzustellen. Selbst wenn Ihnen das gelingt, werden Sie dadurch höchstens Mittelmaß herstellen, weil jeder Mitarbeiter viel Kraft benötigt, um seine Schwächen zu beseitigen und hierbei vermutlich seine Stärken verliert.

Statt nun die Konzentration auf die jeweiligen Schwächen zu richten kann es wesentlich wertvoller sein, die Stärken zu erkennen und diese konsequent im Sinne der Leistung des kompletten Vertriebs einzusetzen. Das ist aufwändiger als Gleichmacherei, aber grundsätzlich lohnend – vorausgesetzt, die Mitarbeiter erfüllen die grundlegenden Anforderungen an guten Vertrieb.

5. Vertrauen

Das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens ist ein sehr wertvoller Grundsatz. Gemeint ist, dass man grundsätzlich davon ausgeht, dass Mitarbeiter und Manager sich an die vereinbarten Regeln halten.

Ein wunderbares Beispiel für das Prinzip Vertrauen kenne ich von einem Unternehmen, welches die in vielen Paragrafen aufwändig formulierte Reisekostenverordnung abschaffte und sich auf diesen einen Satz reduzierte:

„Jeder Mitarbeiter gestaltet seine Spesen so, dass die komplette Spesenabrechnung jederzeit offen am schwarzen Brett hängen könnte.“

Weil das oft missverstanden wird, lassen Sie mich noch ergänzen, dass es nicht darum geht, dass die Spesenabrechnung einzelner Mitarbeiter tatsächlich am schwarzen Brett aufgehängt wird. Es ist vielmehr die Formulierung „könnte“, die alles festlegt.

Das bedeutet, dass jeder Mitarbeiter seine Aufwendungen für Spesen vertrauensvoll und verantwortlich entscheidet. Statt also aufwändig zu definieren, bis zu welchem Satz eine Hotelübernachtung in welcher Stadt gebucht werden darf und dabei kompliziert Sonderregelungen für die Preiserhöhungen bei Messen einzuplanen, verlässt man sich auf den gesunden Menschenverstand.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass die meisten Kontrollsysteme für weniger lebenswichtige Unternehmensbereiche wesentlich mehr kosten, als sie an Schaden verhindern können.

6. Positive und konstruktive Einstellung

Auch dieses Prinzip lässt sich einfach erklären: Der positive Mensch fragt in der Misere „Was wollen wir jetzt machen?“ Der negative Mensch sucht den Schuldigen.

Wenn Sie prinzipiell den Blick nach vorne wählen und sich darauf konzentrieren, wie Sie die Zukunft gestalten wollen, statt nur die Vergangenheit zu untersuchen, werden Sie im Vertriebsmanagement wesentlich mehr Erfolg haben.