Bisweilen fordern Kunden etwas, das wir nicht erfüllen können oder wollen. Schnellere Lieferung, günstigere Preise, mehr Leistungen, längere Garantien. All das sind Forderungen die man verstehen kann, wenn man selbst in die Kundenperspektive geht. Vielleicht haben viele Verkäufer deshalb solche Schwierigkeiten mit überzogenen Forderungen der Kunden: Sie können sie insgeheim verstehen.

In diesem Beitrag wollen wir die verschiedenen Aspekte von Forderungen beleuchten. Könnte es sein, dass Ablehnung von Forderung die Entscheidung beschleunigt? Wo hören wir eine Forderung und wo ist es hingegen nur ein Test unserer Standfestigkeit? Und wie können wir das verkaufen, was wir haben, statt es in Verhandlungen – oft zum Schlechteren – umzugestalten?

Nein sagen – aber wie?

Es kommt darauf an, wie wir Aussagen treffen. Die Aussage an sich bleibt unverändert, aber die Zwischentöne verändern sich, und schon entstehen andere Emotionen. Wir wollen klare Aussagen machen, aber keine Verletzungen verursachen. Klarheit statt Ablehnung ist die Devise.

Nehmen wir als Beispiel Forderungen nach einer Preissenkung in einer Preisverhandlung. Der Kunde sagt sinngemäß: „Da müssen Sie am Preis aber noch etwas machen!“ Wie können wir darauf reagieren, wenn wir keine Möglichkeit zur Preissenkung mehr anbieten können – oder wollen?

Die eine Möglichkeit wäre, dass wir ablehnen und beispielsweise so antworten:

„Leider kann ich Ihnen da nicht mehr entgegenkommen. Sie müssen verstehen, dass wir auch noch etwas verdienen müssen …“

Diese Aussage ist eine klare Ablehnung. Weil auch noch eine Botschaft aus dem Eltern-Ich dazukommt – „Sie müssen …“ – lösen wir Emotionen aus. Vermutlich wird der Kunde jetzt angeregt sein, trotzig zu reagieren, und die Eskalation beginnt.

Wie wäre es, wenn stattdessen eine Aussage mit hoher Klarheit, jedoch gleichzeitig auf Augenhöhe und aus dem Erwachsenen-Ich formuliert würde:

„Sie haben bereits den besten Preis, den wir Ihnen geben können. Ich versichere Ihnen, dass ich bereits alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, und jetzt freue ich mich auf Ihre Zustimmung.“

Diese Formulierung macht aus der defensiven Ablehnung eine positive Offerte. Statt weitere Nachlässe abzulehnen, betont die Formulierung, dass bereits ein hervorragendes Angebot auf dem Tisch liegt und die Vorfreude auf die Zusammenarbeit zum Ausdruck gebracht wird. Der wesentliche Inhalt der Aussagen ist gleich, nämlich, dass es keinen geringeren Preis geben wird. Aber die emotionale Botschaft ist wesentlich freundlicher.

Nein als Entscheidungsbeschleuniger

Vielleicht lohnt es sich, noch einen anderen Aspekt von Forderungen zu betrachten. Nehmen wir an, es gibt Forderungen, die nur deshalb ausgesprochen werden, weil man etwas austesten will. Man nutzt Tricks und Kniffe der Verhandlungskunst, um weitere Verhandlungsbereitschaft zu entdecken. Vielleicht werden manche Forderungen nur gestellt, um abgelehnt zu werden. Sozusagen, um sich zu versichern, dass man schon den besten Preis oder generell das beste Angebot bekommen hat.

Das lässt sich leicht nachvollziehen. Nehmen wir an, Sie fordern aus der Perspektive des Käufers einen kleinen Preisnachlass bei einem Möbelkauf. Die Antwort ist sofortige Zustimmung. Jetzt reift in Ihnen die Vermutung, dass noch weitere Nachlässe möglich sind. Sie werden so lange Forderungen stellen, bis der Verkäufer sich weigert, noch weiter herunterzugehen. Sie werden beharrlich noch einen oder zwei Versuche machen, aber wenn der Verkäufer jetzt bei seinem letzten Preis bleibt, erkennen Sie dass es sich nicht lohnt, weiter zu verhandeln, und Sie machen sich zur Entscheidung bereit.

Umgekehrt ist die Verhandlungsbereitschaft ein klares Signal: Da geht noch was! Wenn wir als Verkäufer signalisieren, dass wir bereit sind, das Angebot noch anzupassen, dann laden wir unsere Kunden nur dazu ein, weitere Forderungen zu stellen und sich noch nicht zu entscheiden. Die klare Grenze ist also nötig, um beim Kunden eine Entscheidung überhaupt erst möglich zu machen. Wenn wir als Verkäufer ab einem gewissen Punkt absolut klarmachen, dass wir Forderungen nicht erfüllen werden, lösen wir dadurch die Entscheidung aus.

Ist es wirklich eine Forderung?

Bleiben wir bei unserem Beispiel. Weil sie vielen bekannt ist, nehmen wir mal die Forderung „Kann man am Preis noch etwas machen?“ Moment! Ist das wirklich eine Forderung? Eigentlich nicht. Es ist eine Frage. Dennoch reagieren viele Verkäufer auf diese Frage so, als wäre es eine deutliche Forderung nach einem Preisnachlass.

Selbst wenn es sprachlich keine Frage mehr ist, sondern eine Aufforderung, sollten wir noch immer genau nachhören, ob es wirklich als Forderung gemeint ist.

„So! Jetzt lassen Sie uns mal über Rabatt reden, damit wir hier vorankommen.“

„Sie sind viel teurer als Ihre Wettbewerber – bei gleicher Leistung! Wenn Sie sich nicht bewegen, sind Sie raus.“

„Sie sollten sich mal am Markt umsehen. Dann wüssten Sie, dass Sie völlige Mondpreise haben!“

Sprachlich gesehen sind das klare Aufforderungen. Es liegt auf der Hand, dass wir jetzt etwas tun müssen, oder?

Oder ist es eine Einladung zum Verhandlungstanz?

Bestimmt kennen Sie das Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun. Er hat einige Bücher darüber geschrieben und gezeigt, dass Worte unterschiedlich verstanden werden können. Vier Sprachkanäle sorgen dafür, dass dieselbe Botschaft völlig unterschiedlich interpretiert werden kann. Durch die zumeist emotionale Interpretation löst der Empfänger der Nachricht Denkvorgänge und Reaktionen aus, die nicht unbedingt nötig sind.

Bleiben wir bei dem obigen Beispiel mit der Forderung nach Rabatt: „So! Jetzt lassen Sie uns mal über Rabatt reden, damit wir hier vorankommen.“ Wie kann man diese Aufforderung anders verstehen?

Appell

Wir können wohl davon ausgehen, dass in den meisten Fällen bei einer Verhandlung solch eine Botschaft tatsächlich als Aufforderung, also als Appell gedacht ist. Der Verhandlungspartner formuliert eine Forderung, um einen Vorteil zu bekommen – und das ist sein gutes Recht.

Allerdings ist es auch unser gutes Recht, diese Aussage so zu interpretieren, wie wir es möchten. Ist es wirklich zwingend als Appell wahrzunehmen? Können wir es so interpretieren, wie es für uns von Vorteil wäre? Der Appell ist nur eine von vier Möglichkeiten. Er würde uns zu einer Handlung verleiten, die zumeist etwas mit Preisnachlass zu tun hätte. Wollen wir das?

Selbstoffenbarung

Der zweite Bedeutungskanal ist die Selbstoffenbarung. Hier lernen wir etwas über unser Gegenüber, das er bereit ist, über sich preiszugeben. Das kann prahlerisch sein („Ich bin ein harter Verhandler …“) oder auch ganz selbstkritisch („Ich brauche einen gewissen Rabatt für meine Beurteilung als Einkäufer …“).

Es könnte in unserem Beispiel die Ankündigung einer gnadenlosen Verhandlung sein. Es könnte aber auch eine Art Hilferuf sein, der nach einem bestimmten Rabatt fleht, weil sonst die Person des Einkäufers schlecht beurteilt werden wird. Was es ist und ob es überhaupt eine Selbstoffenbarung war, die der Einkäufer mit dem einfachen Satz ausdrücken wollte, wissen wir nicht und werden es vermutlich nie erfahren. Wir können also darauf eingehen, aber wir müssen es nicht.

Beziehung

Hier geht es um Emotionen. Menschen stehen sich gegenüber und es geht um den Beginn oder die Fortführung von Beziehungen. Mögen wir uns noch oder werden wir Feinde sein? Lässt die Forderung darauf schließen, dass unsere Beziehung kaputtgehen wird, wenn ich der Forderung nicht nachgebe? Ist die Beziehung jetzt schon angeknackst? Kann ich unser Verhältnis noch retten, wenn ich schnell nachgebe?

Vielleicht wurde die Aussage auch ein wenig ungeduldig oder gar unfreundlich formuliert? Vielleicht wurde es so gesagt, eben damit wir die Angst vor einer Störung der Beziehung erleben. Wir können darauf eingehen, aber wir müssen es nicht.

Sachinformation

Und dann gibt es noch eine vierte Bedeutungsebene. Die reine Sachinformation ohne Emotionen. Was kann man dieser Aussage an Fakten entnehmen: „So! Jetzt lassen Sie uns mal über Rabatt reden, damit wir hier vorankommen.“ Eindeutig ist es nicht. Aber das könnte gemeint sein:

„Ich kaufe nur, wenn ich Rabatt bekomme.“

Oder

„Ich will kaufen und es wäre schön, Rabatt zu bekommen.“

Oder vielleicht auch eine weitere Bedeutung irgendwo zwischen diesen beiden extremen Aussagen. Eine Aussage und so viele Interpretationsmöglichkeiten. Schnell wird klar, dass es viel mit der Stimmung, Anspannung, Haltung und Bewusstheit des Zuhörers zu tun hat. Und selbst wenn wir alle Emotionen ausblenden, gibt es auf der rationalen Ebene immer noch mehrere Möglichkeiten, diese Aussage zu verstehen.

Katastrophen erwarten?

Wir wissen heute, dass Menschen in Verhandlungssituationen dazu tendieren, dem Verhandlungsgegner maximale Bosheit zu unterstellen. Wir gehen davon aus, dass in einem Konflikt oder beginnenden Konflikt der jeweils andere uns feindlich gegenübersteht. Wir erwarten den totalen Schlagabtausch. Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor.

Wir denken sinngemäß „Du oder ich“ und vergessen dabei das „Du und ich“. Profis wissen, dass wir Menschen diese Schwäche haben und achten bei Forderungen darauf, dass wir sie nicht vorschnell gegen uns interpretieren. Sie erkennen, dass es sich lohnt, Forderungen zu durchdenken und mit Sachverstand zu reagieren.

Perspektivwechsel

Um das zu erklären, lohnt es sich, ein Beispiel für eine Forderung genau zu betrachten. Es kommt im Geschäftskundenvertrieb im Zusammenhang mit Investitionen immer wieder vor: Die Forderung nach einer Ergebnisgarantie. Anhand von beispielhaften Referenzbeispielen konnten wir aufzeigen, dass eine Investition einen bestimmten ROI hatte. Sagen wir, eine Maschine konnte den Ausschuss um x % reduzieren. Oder eine neue Software konnte Fehllieferungen um y % senken. Oder ein Beratungsprojekt erhöhte den EBITDA einer Bank um z %. Oder ganz nah an meinem Thema: Ein Ausbildungsprojekt für den Vertrieb steigerte den Deckungsbeitrag um durchschnittlich 50.000 Euro pro Teilnehmer. So weit, so gut.

Jetzt könnte Folgendes passieren: Der Kunde sieht zwar die Möglichkeit dieses ROI, weil er uns sonst ja sofort rauswerfen würde. Aber andererseits würde er sich ja besser stellen, wenn es nicht nur die Aussicht auf dieses Ergebnis geben würde, sondern sogar die Garantie auf dieses Ergebnis – zumindest auf den ersten Blick.

Ergebnisgarantie ist attraktiv …

Also fordert ein Kunde in einem Gespräch, dass ich die Steigerung des Deckungsbeitrags seiner Mannschaft mit einem Plus von 50.000 Euro garantiere. Bei durchschnittlich 10 Teilnehmern pro Seminargruppe sind das immerhin eine halbe Million Euro. Da sitzt also ein gestandener Unternehmer und fordert, dass er für eine Investition ein garantiertes Ergebnis bekommt. Er bezahlt weniger als 50.000 und will dafür 500.000 garantiert bekommen. Sollte ich dieser irrationalen Forderung nachkommen?

Eine Haltung wäre, dass ich es ja ruhig tun kann, weil ich von mir und meiner Leistung als Trainer überzeugt bin. Wenn ich den Mund so voll nehme, dann sollte ich auch für das Ergebnis haften. Auf den ersten Blick scheint das sinnvoll. Also ist die Forderung berechtigt.

… bewirkt aber Misserfolg

Was würde diese Garantie beim Verhalten der Seminarteilnehmer bewirken? Die Garantie auf Erfolg ist ja schon ausgesprochen. Vielleicht werden wir uns einig, dass die Motivation zu Mitarbeit, Lernwille und aktiver Verhaltensänderung eben durch die Garantie zerstört würde. Wenn ich der Forderung nachgeben würde, wäre dadurch der Erfolg der Investition gefährdet.

Das gilt ebenso für jedes andere Investitionsprojekt bei Geschäftskunden. Wenn wir das Ergebnis versprechen, gefährden wir den Erfolg, weil jede Mitarbeit ausbleibt. Selbst im privaten Umfeld wissen wir: Der Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeuges hängt von unserer Fahrweise ab. Würde ein Hersteller uns eine Obergrenze garantieren, würde das fast schon einen Spieltrieb auslösen, diese Grenze zu durchbrechen.

Forderungen zum Wohle des Kunden zurückweisen

Dieses Beispiel zeigt, dass wir unseren Kunden sogar bisweilen einen Gefallen tun, wenn wir bestimmte Forderungen, die wir nicht erfüllen können, charmant ablehnen. Mir jedenfalls ist es bisher immer gelungen, die Forderung nach einer Garantie auf den Ausbildungserfolg von Mitarbeitern mit dieser sachlichen Erklärung – zum Wohle des Kunden – abzuwenden.

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