Sie kennen das vermutlich: Selbst wenn Ihr Angebot und die Kundennachfrage perfekt zusammenpassen, werden Sie nicht um eine Preisverhandlung herumkommen. Nach wie vor glauben viele, dass das Feilschen oder die Preisverhandlung dazu gehört. Und im Normalfall spielt sich das Tänzchen ums Geld nach klaren Regeln ab. Im Umgang mit preissensitiven Geschäftspartnern gibt es einige Tricks, die es ermöglichen, dass Sie dennoch zu einem erfolgreichen und lukrativen Abschluss kommen.

Das Wichtigste zuerst: Ist Ihr Gegenüber wirklich preissensitiv oder blufft er nur?

Sind wir doch ehrlich: Würde Ihr Angebot enorm von den Vorstellungen des Einkäufers abweichen, wären Sie vermutlich erst gar nicht in der Situation, eine Preisverhandlung führen zu müssen oder dürfen. Denn kein Einkäufer verschwendet seine (und Ihre) Zeit, wenn die Chancen auf Einigung eher mau sind. Geht es also erst einmal um den konkreten Preis, sind Sie schon in einer guten Ausgangslage. Ihr Gegenüber ist von Ihrem Angebot überzeugt und möchte gerne mit Ihnen zusammenarbeiten. Wie finden Sie nun aber heraus, ob Sie wirklich etwas am Preis machen müssen (etwa, weil das vorgegebene Budget begrenzt ist) oder ob der Einkäufer „nur“ einen so guten Preis wie möglich erreichen will und deshalb blufft?

Bluffer entlarven

Einer der häufigsten Aussagen, die Sie von einem Bluffer hören werden, ist „Wir haben ein weiteres Angebot, das um einiges günstiger ist.“ Fallen Sie nicht darauf rein! Denn warum sollte ein Einkäufer mit Ihnen verhandeln und im Zweifelsfall einen höheren Preis zahlen, wenn er doch angeblich die gleiche Leistung für viel weniger Geld bekommen kann? Sie sehen, diese Logik geht nicht auf. Entlarven Sie den Bluffer, indem Sie auf seine kleine Lüge eingehen. Zeigen Sie zunächst Verständnis für seine Situation und wiegen Sie Ihr Gegenüber in Sicherheit – um dann den finalen Schlag auszuführen.

Mein Kollege und Freund, Tim Taxis, hat in seinem Buch „Die perfekte Preisverhandlung“ eine sehr gute Methode vorgestellt, die Bluffs entlarven kann. Sie beruht darauf, dass jeder Mensch in bestimmten Situationen unbewusste und unkontrollierbare, körperliche Reaktionen zeigt. Jeder weiss, dass es einen Moment dauert, sich eine Lüge auszudenken, während man die Wahrheit sofort nennen kann, wenn man sie kennt. Wenn ich Sie fragen würde, wie lautet ihr Vorname, dann könnten Sie vermutlich sofort antworten. Aber wenn die Frage lauten würde: „Welcher Vorname gefällt Ihnen, ausser Ihrem und dem Ihres Partners?“, dann müssten Sie kreativ werden und der Denkprozess dazu ist wesentlich komplexer, als der Denkprozess, eine einfache und häufig verwendete Wahrheit zu nennen.

Tim Taxis’ Methode beginnen Sie, indem Sie den Einkäufer ein wenig einlullen. Das könnte so gehen:

„Ich verstehe sehr gut, dass Sie die Interessen Ihres Unternehmens vertreten wollen. Und es ist klar, dass Sie auf keinen Fall zu viel bezahlen sollten. Schließlich wäre das ein Wettbewerbsnachteil. Jetzt habe ich mein Angebot abgegeben und Sie bestehen auf einem niedrigeren Preis. Und das ist ja auch verständlich, aber …“

Diese etwas lange Vorrede ist wichtig um den Kontrast herzustellen. Denn jetzt kommt die Provokation in Form eine klaren Frage:

„… wollen Sie es daran scheitern lassen?“

Den Effekt können Sie noch steigern, indem Sie diesen Teil der Intervention ein wenig lauter, fordernder und aggressiver aussprechen. Eventuell wollen Sie sogar drohend den Zeigefinger ausstrecken und böse reingucken. Wichtig ist, dass Sie das „Sie“ betonen und nicht eine weiche Formulierung benutzen, wie „soll es daran scheitern“.

Den Bluff erkennen

Jetzt abwarten und genau beobachten. Was passiert als nächstes? Kommt eine spontane Antwort, wie „Ja, daran werde ich es scheitern lassen!“ dann wissen Sie, dass es vermutlich kein Bluff ist. Wenn allerdings die Antwort deutlich länger braucht und etwas zaghaft kommt, dann ist es vermutlich nicht ehrlich. Es könnte auch sein, dass kleinere Gesten zwischen der Provokation und der Antwort sichtbar werden. Das nennt man Übersprungshandlungen. Unwillkürlich drücken wir körperlich aus, dass wir die Unwahrheit erst erfinden müssen. Wir rutschen auf dem Stuhl nach vorne, brechen den Blickkontakt ab oder ändern sonst irgendwie auf deutliche Weise unsere Körperhaltung, bevor wir antworten.

Sicherlich ist nichts zu 100% sicher und wir können geübte Lügner nicht immer und in jeder Situation entlarven. Aber diese Methode kann helfen, vor allem dann wenn wir erkannt haben, dass Einkäufer in den meisten Situationen bluffen – ganz einfach, weil es deren beste Option ist.

Preissensitive Kunden überzeugen

Bevor Sie mit einem preissensitiven Kunden verhandeln, müssen Sie sich eines klarmachen: Möchten Sie überhaupt einen Rabatt geben? Oder wäre es nicht auch eine Möglichkeit, Ihren vorgeschlagenen Preis als fix und unverhandelbar zu kommunizieren? Letzteres klingt natürlich zunächst mutig. Schließlich kann man mit einer solch sturen Haltung im schlimmsten Fall den Kunden vergraulen – und Ihre Marge ist gleich null. Diese Taktik sollten Sie also nur fahren, wenn Sie sich sicher sind, dass der Einkäufer – und vor allem der Entscheider – von Ihnen und Ihrem Angebot überzeugt ist. Kein Einkäufer wird gegen den Willen seines Vorgesetzten Ihr Angebot einfach ausschlagen und damit seinen Job gefährden. Hat sich ein Entscheider für Ihr Angebot ausgesprochen, muss der Einkäufer das Geschäft mit Ihnen auch abschließen.

Neben dieser sturen Taktik gibt es noch vier weitere Möglichkeiten, um zu einem Geschäftsabschluss mit einem preissensitiven Kunden zu kommen. Dabei ist das Selbstbild des Kunden entscheidend.

Persönlichkeit verkauft

Produkte über Emotionen zu verkaufen ist der älteste Trick – und das zu Recht. Was bei einem professionellen Einkäufer eines Konzerns vielleicht nicht funktioniert, kann bei einem Fachentscheider wahre Wunder bewirken: Bauen Sie Sympathie auf und stärken Sie die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Verhandlungspartner. Lenken Sie so die Aufmerksamkeit weg vom Preis und stellen Sie das gute Verhältnis in den Vordergrund. Denn Menschen, die wir mögen, wollen wir (mehr oder weniger unbewusst) nicht enttäuschen oder ihnen Böses tun. Und das ist schließlich die ideale Voraussetzung für eine Preisverhandlung zu Ihren Gunsten. Ob diese Strategie funktioniert, hängt von der Situation ab. Ein Entscheider, der sich für Sie entscheidet und mit Ihnen zusammenarbeiten will, kann sehr wohl über Sympathie gewonnen werden. Ein nüchterner Fach-Einkäufer, der es zu seiner Gewohnheit gemacht hat, keine Beziehungen mit Verkäufern zuzulassen, wird auf diese Strategie nicht anspringen. Ein millionenschweres, risikoreiches Geschäft wird ein guter Einkäufer nicht nach dem Kumpel-Prinzip abschließen.

Beratung hilft immer – oder?

Ihr Angebot ist seinen Preis wert und Sie möchten dem Einkäufer dringend erklären, warum das der Fall ist? Ein preissensitiver Kunde kennt im Normalfall sein Geschäft wie seine Westentasche – und möchte sich auch von Ihnen nichts anderes erzählen lassen. Falls Sie also auf die Idee kommen sollten, Ihrem Gegenüber auf nette Art und Weise vermitteln zu wollen, er habe keine Ahnung und brauche dringend Ihre Hilfe: Tun Sie das nicht. Diese Art der Zwangsberatung führt zu nichts und verschlechtert möglicherweise sogar das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Geschäftspartner.

Schließlich hat der Einkäufer berufsmäßig die Haltung, dass er genau weiss, was er will und zudem muss er mehrere Anbieter anfragen und will eben keine Nähe zu nur einem Anbieter. Also ist die Strategie des Beratungsverkaufs als Antwort auf eine Ausschreibung selten die beste Idee.

Auf der Suche nach dem besten Preis

Es gibt Kundentypen, die geben Ihnen nicht viel Spielraum. Sie sind fixiert darauf, das günstigste Angebot zu finden, und verlangen dementsprechend eine Preissenkung von Ihnen und allen Anbietern. Und falls Sie solche Geschäfte machen wollen, müssen Sie das Spiel mitspielen, wenn Sie zum Abschluss kommen wollen. Ob Sie mit solchen „Preisdrückern“ zusammenarbeiten möchten, sollten Sie sich allerdings gut überlegen.

Den Spieß umdrehen

Durchsetzungsstarke Verkäufer können auch mit Verwirrung und Zeitdruck an ihr Ziel gelangen. Drängen Sie auf einen Abschluss, geben Sie vor, kein weiteres Angebot machen zu können, oder setzen Sie Ihrem Gegenüber ein zeitliches Ultimatum. Mit ein wenig Glück geht diese sehr vorauspreschende Herangehensweise auf und der Geschäftsabschluss kommt schnell in greifbare Nähe.

Fazit

Ob und wie Sie sich mit preissensitiven Kunden herumschlagen möchten, ist eine Charakterfrage – und zwar sowohl die Ihres Charakters als auch des Charakters Ihres Gegenübers. Überlegen Sie sich genau, welcher Preis für Sie realistisch ist, wie sehr Sie dem Einkäufer entgegenkommen möchten oder können und analysieren Sie die Gesprächsdynamik. Lassen Sie sich von Bluffern nicht blenden. Manchmal zahlt Beharrlichkeit sich aus. Und manchmal muss man ein Geschäft schweren Herzens loslassen, um seine Position am Markt nicht unnötig zu schwächen.

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