Bei Geschäftskunden und größeren Projekten oder Investitionen geht es fast immer um beachtliche Beträge. Da liegt es nahe, dass Sie den Preis verhandeln. Aber ist das wirklich immer notwendig? Vermutlich denken Sie jetzt, dass das in vielen Industrien einfach zum Brauchtum gehört. Man verhandelt einfach jedes Angebot. Und da kann man sich als Anbieter auch nicht dagegen wehren, sonst fliegt man in hohem Bogen raus. Aber stimmt das wirklich?
Vielleicht kennen Sie diese eine Szene aus dem Spielfilm-Klassiker „Das Leben des Bryan“, als der Held auf der Flucht in Eile einen falschen Bart kaufen will. Der Händler benennt den Preis mit 20 Schäkel und als Bryan bereitwillig zahlen will, sagt der Händler „Moment mal! Wir müssen erst feilschen …“ Der witzige Dialog, der sich daraus ergibt, ist mir gut in Erinnerung geblieben und dient als Symbol für die Erwartungshaltung des Verkäufers, dass der Kunde bestimmt nicht mit dem Preis einverstanden ist. Aber genau das ist eben der Irrtum.
Wir hatten uns ja bereits damit beschäftigt und die Situation aus der Perspektive der Einkäufer betrachtet. Dabei ist klargeworden, dass der Einkäufer so lange verhandeln muss, bis er vom Anbieter das Signal bekommt, dass jetzt das Ende des Verhandlungsspielraums erreicht ist. Erst wenn dieses Signal bestätigt wird und der Einkäufer sich sicher sein kann, dass er nun den besten Preis erreicht hat und keine weiteren Nachlässe mehr möglich sind, kann er guten Gewissens den Auftrag geben.
Den Mut zu einem Festpreis haben, statt den Preis zu verhandeln
Stellen Sie sich vor, dass Sie von Anfang an nur noch einen realistischen Marktpreis nennen und auf die zeitraubende Verhandlung komplett verzichten. Und das obwohl man sich vielleicht in einem Markt befindet, der traditionell durch Verhandlungen geprägt ist. Wie kann man auf Festpreise umstellen? Wie erreichen wir diese enorme Effizienzsteigerung im Geschäftskundenvertrieb? Wie können Sie einen fairen Preis durchsetzen, ohne stur zu sein? Wie einigt man sich auf einen Betrag, der für alle Seiten sinnvoll ist?
Die schwierigste Hürde auf dem Weg zu einer profitablen Verhandlung sind Sie selbst – oder genauer: Ihre Einstellung. Nehmen wir der Einfachheit halber einen symbolischen Preis von 10.000 Euro für das Projekt, für das Sie Zustimmung suchen.
Ist das der „letzte“ Preis? Könnten Sie noch Zugeständnisse machen? Ist es vorstellbar, auch für beispielsweise 9.900 oder 9.800 Einigkeit zu erzielen? Was ist die Untergrenze?
Und genau diese Gedanken halten Sie davon ab, einen sinnvollen Preis zu fordern. Sie lenken Sie ab. Sie fokussieren Sie auf die Frage: „Was ist ein guter Preis?“ statt auf die Frage „Was ist es wert?“
Erlauben Sie mir ein abstruses Denkexperiment: Was wäre, wenn ein Mitarbeiter bei McDonalds sagen wir 10% Preisspielraum hätte. Also er könnte den Hamburger, der einen Euro kostet, auch für 90 Cent verkaufen, wenn er glaubt, dass dadurch der Auftrag sicher ist. Was würde wohl innerhalb kürzester Zeit passieren?
Ich denke, es würde sich schnell verbreiten, dass man bei McDonalds verhandeln kann und jeder würde diese 10% Nachlass verlangen. Der Erlös bei McDonalds würde um 10% sinken, und der Ertrag noch deutlicher.
In der gelebten Realität in einem McDonald-Restaurant ist das definitiv anders, Wenn Sie dort versuchen, einen Burger-Preis zu verhandeln, werden Sie mit Sicherheit in ein ungläubiges Gesicht schauen und die klare Aussage hören, dass alle Preis fix sind.
Keinen Preis verhandeln! Feste Preise als Selbstschutz
Ich als freier Unternehmer bin in der Lage, jederzeit meinen Preis zu verändern. Und in der ersten Zeit meiner Selbständigkeit habe ich das auch in jeder Verhandlung getan. Ich war ständig damit beschäftigt zu denken „Ist das jetzt mein letzter Preis? Wie weit will ich noch runtergehen? Wann ist Schluss?“ Bis dann der Punkt erreicht war, an dem ich ärgerlich wurde. Bis es mir zu viel wurde. Und dann ist es mir auch geglückt, mit der richtigen Überzeugungskraft zu sagen „Jetzt ist Schluss. Das ist der letzte Preis. Entweder Sie nehmen an, oder Sie müssen sich einen anderen Dienstleister suchen …“ Und dann kam es zur Entscheidung. Oft kam es zum Auftrag. Manchmal nicht, allerdings war ich damit einverstanden, weil ich ja ohnehin den Preis nicht weiter gesenkt hätte.
Und das brachte mich zu der Erkenntnis, dass ich in den Gesprächen so sehr mit meinen Gedanken zum Preis beschäftigt war, dass ich gar nicht mehr in der Lage war, gute Fragen zu stellen und den Kunden zu verstehen. Ich war so sehr mit mir und meiner eigenen Unsicherheit beschäftigt, dass ich ein schlechter Verhandler wurde. Inzwischen wissen Sie ja, dass Menschen bei Verlustangst irrationale Entscheidungen treffen. Und meine Irrationalität war es, immer weiter mit dem Preis nach unten zu gehen, obwohl es dafür keinen vernünftigen Grund gab. Denn bei Lichte betrachtet war der gebotene Nutzen so hoch, dass ein paar Prozent Nachlass kaum einen Unterschied machten. Und aus Sicht des Kunden schon gar nicht Grund genug gewesen wären, einen anderen Anbieter auszuprobieren, der vielleicht günstiger aber bei weitem nicht so wirkungsvoll gewesen wäre.
Und dann beschloss ich, das für immer zu ändern. Ich beschloss, mir selbst den Druck zu nehmen und mir Festpreise zu geben. Seit einigen Jahren denke ich nur noch einmal pro Jahr über meine Preise nach, und zwar am 2. Januar. Und der beschlossene Preis ist dann ein Jahr fest. Sicher führt das dazu, dass einige vermeintlich potenzielle Käufer nicht zu Kunden werden. Allerdings finde ich so die Kunden, die meine Leistung auch in vollem Umfang zu nutzen wissen und unter diesem Aspekt gerne bereit sind den Preis zu bezahlen, der diesen Nutzen ermöglicht.
Preise nicht verhandeln, sondern marktgerecht festlegen
Wenn ein Unternehmen keine zentrale Preis-Strategie pro Marktplatz hat und die Preisfindung jedem einzelnen Verkäufer überlässt, dann verschenkt es zwangsläufig sehr viel Erträge. Ein Verkäufer, der nach einer Verhandlung berichten würde, dass er die Verhandlungen abgebrochen habe, obwohl noch Verhandlungsspielraum bestand, der dürfte ernste Kritik ernten. Und deshalb wird jeder Verkäufer – sozusagen zu seiner eigenen Sicherheit – immer den letzten Preis offenbaren, wenn er von einem einigermaßen professionellen Einkäufer in die Mangel genommen wird.
Oft haben Unternehmen eine in der Hierarchie gestaffelte Preisflexibilität. Also der Oberverkäufer kann mehr Nachlass geben als sein Mitarbeiter und der Chef-Verkäufer hat noch mehr „Preiskompetenz“. Oder sollte man das vielleicht besser „Preisinkontinenz“ nennen? Es erschließt sich sofort, dass jede Einkaufsorganisation das schnell durchschaut und dann nicht nur verhandelt wird, was das Zeug hält, sondern auch noch auf Kosten des Anbieters Managementreisen zu Preisverhandlungen erzwungen werden. Wenn dann der Chef-Verkäufer regelmäßig unter Abgabe maximaler Preisnachlässe sein Ego füttert und sich einbildet, dass er ja offenbar noch immer ein ganz geschickter „Closer“ ist, dann dürfte das auf Seiten der Einkäufer sicher sehr belustigend sein.
Auf jeden Fall ist es keine tragfähige Strategie, den Preis fallweise zu ermitteln, weil unter den bekannten psychologischen Effekten dadurch niemals ein sinnvoller Marktpreis ermittelt werden kann. Viel besser wäre es, wenn Unternehmen für jeden Markt einen einzigen Preisverantwortlichen benennen, der feste, nicht verhandelbare Preise bestimmt. Die Verkäufer können dann entspannt auf diesen Festpreis verweisen und sich darauf konzentrieren, gute Verkaufsgespräche zu führen. Das funktioniert bei mir, bei McDonalds, Apple und vielen anderen Unternehmen. Warum nicht auch bei Ihnen?
Wenn Sie sich selbst die Preisflexibilität nehmen und sich stattdessen einreden, dass der Preis nicht verhandelbar ist, dann können Sie Ihre Preise auch einfach durchsetzen. Wer keinen Spielraum hat, der kann auch nicht im Preis gedrückt werden.
Brian hat nicht um einen Bart sondern um eine Vase, Karaffe oder ähnlich gefeilscht.
Ansonsten ist der Artikel gut
Zunächst wird über den Bart verhandelt :-) https://youtu.be/R1s_5toNsrs