Wir sollten alle emotional verkaufen! Ohne Emotion ist alles nichts wert. Diese These mag auf den ersten Blick übertrieben wirken. Bei genauer Betrachtung wird jedoch klar, dass tatsächlich jede Zahl und alle Fakten nur dann eine Bedeutung bekommen, wenn sie emotional bedeutsam sind. Menschen treffen Entscheidungen in erster Linie emotional und begründen sie später rational. Forschungsergebnisse aus aller Welt untermauern diese These immer wieder. Und dennoch finden wir in der Praxis des Geschäftskundenvertriebs überwiegend rationale und nüchterne Angebote.

Sind Emotionen in Angeboten angebracht?

Die schlichte Einsicht, dass Emotionen mehr Einfluss auf Entscheidungen haben, als nüchterne Fakten, lässt uns darüber nachdenken, ob wir das Angebotswesen auch im B2B völlig neu denken sollten.

Sollen wir die Konzentration auf die Rationalität beenden? Wie kommen wir zu mehr Vorstellungskraft und Handlungslust?

Die meisten Angebote sind langweilig

Wenn wir uns den Prozess der Angebotssichtung genau ansehen, werden wir sehr schnell erkennen, dass diese Vergleichsarbeit an sich bereits langweilig ist. Vor allem dann, wenn eine bestimmte, vorher klar festgelegte Leistung angefragt und dann angeboten wird.

Ein Beispiel aus meinem aktuellen geschäftlichen Leben: Weil in meinem Unternehmen immer mehr Mitarbeiter hinzukommen, ist das bisher ausschließlich genutzte WLAN nicht mehr ausreichend. Wir haben entschieden, zusätzlich Netzwerkkabel an jeden Arbeitsplatz zu verlegen. Dazu haben wir ein Angebot von einem Elektriker angefordert.

Ein Mitarbeiter des Unternehmens hat unsere Räume inspiziert und dann ein Angebot vorgelegt. Bestimmt können Sie sich vorstellen, dass dieses Angebot ein typisches Angebot war, wie es mit einem Warenwirtschaftsprogramm erstellt wird: Zeilenweise eine Positionsnummer, Artikelbezeichnung, Menge, Einzelpreis und Gesamtpreis. Das Ganze aufsummiert, zuzüglich Mehrwertsteuer und ein Endbetrag. Standard eben.

Lust auf Vergleich oder Lust auf Entscheidung

Emotional verkaufen: Erst dann springt der Funke über © Fotolia/ ViennaFrame

Emotional verkaufen: Erst dann springt der Funke über © Fotolia/ ViennaFrame

Ich habe in meinem Leben noch nie eine Verkabelung beauftragt. Ich wusste nicht, was man dafür einplanen muss und es gab also auch kein Budget. Wir brauchten wirklich eine Lösung, weil so viele Geräte in einem WLAN-Netzwerk Störungen verursachen und die Arbeit erschweren. Wir hatten ein relevantes Problem und wollten eine zügige Lösung.

Man könnte meinen, ich hätte es sofort beauftragt als ich dieses Angebot auf den Tisch bekam. Aber das war nicht so. Wie schon erwähnt hatte ich keine Erfahrung mit solchen Angeboten. Ich wusste also nicht, ob der Angebotspreis marktgerecht war. Der Gesamtwert war jedoch in einer Höhe, dass ich das Unternehmen kaum in eine Schieflage gebracht hätte, selbst wenn die Investition sich als Fehler erwiesen hätte.

Andererseits hätte man bestimmt 5 oder 10 Prozent Nachlass an manchen Positionen heraushandeln können. Auf der anderen Seite hätte der realistisch erzielbare Nachlass wohl kaum mehr ausgemacht als das Äquivalent von ein oder zwei Arbeitsstunden meiner Mitarbeiter. Und weil das aktuelle WLAN den Arbeitsbetrieb im Moment einschränkte, wäre eine durch die Verhandlung verursachte Verzögerung der Installation wohl unter dem Strich kaum wirtschaftlich erfolgreich.

Also wäre es bestimmt die beste Variante gewesen, einfach zu bestellen. Aber irgendetwas hielt mich davon ab. Im Rückblick ist mir klar, was es war: Die Struktur des Angebotes lud mich dazu ein, die Einzelpositionen zu studieren.

Ich war kurz davor, meine Kollegin zu bitten, es an ein paar andere Elektriker zu senden, um ein Vergleichsangebot zu bekommen. Ich hatte Lust zu vergleichen und keinen Impuls, eine Entscheidung zu treffen.

Der Nutzen verschwindet in einem Wald aus Positionen

Sehen wir es einmal aus der Kundenperspektive: Der Kunde, in diesem Fall ich selbst, hat das Angebot angefordert, um einen bestimmten Nutzen zu bekommen, der ihm wichtig ist. Das ist das, was er will. Anbieter machen einen Fehler, wenn sie sich beim Erstellen eines Angebotes nur für ihre eigenen Themen interessieren. Die Aufschlüsselung nach Positionen ist hilfreich für den Anbieter, aber nicht unbedingt für den Kunden.

Im Gegenteil, denn durch die Struktur des Angebotes in mehreren Positionen wurde ich eingeladen, mir über die einzelnen Positionen Gedanken zu machen. Ich dachte „Kabelkanal 20 Meter. Hhm. brauchen wir wirklich 20 Meter. Diagnose und Dokumentation. Hhm. Brauchen wir das? Switch mit 24 Ports. Wieso 24? Da reichen doch 18!“ Und so weiter.

Obwohl ich keine Ahnung von Verkabelungen habe und schon gar nicht, wie viel und welches Material man dafür braucht, dachte ich, dass ich mich damit auseinandersetzen muss. Was wäre da einfacher, als ein vergleichbares Angebot von einem Wettbewerber einzufordern? Die Struktur des tabellarischen Angebotes verleitet mich erst dazu, ein Wettbewerbsangebot einzuholen, obwohl ich die Lösung dringend brauche.

Keine Emotion – Keine Entscheidung

Weil das Angebot völlig emotionslos und nur auf Fakten konzentriert war, hat es mich als Kunden nicht zur Entscheidung ermutigt, sondern einen Impuls zum Angebotsvergleich gesetzt. Und das war sicherlich nicht im Sinne des Anbieters und wegen der Zeitverzögerung und der geringen Chance auf eine lohnende Einsparung, wohl auch nicht im Sinne des Kunden.

Weil der Wert des Angebotes, also der angestrebte Nutzen des Kunden, unsichtbar wurde, gab es keinen Impuls für mich, „Ja“ zu sagen. Wir brauchen Angebote, die eine Zustimmung des Kunden auslösen. Und dafür brauchen wir Emotionen.

Emotionen trotz Fakten

Sicherlich ist ein Angebot für die Verkabelung eines Büros keine besonders emotionale Angelegenheit. Aber wenn die Bedeutung des Ergebnisses der angebotenen Leistung nicht mehr deutlich wird, dann wird der Entscheider mit größerer Wahrscheinlichkeit nicht entscheiden. Wir dürfen uns bei einem Angebot darauf konzentrieren, die Bedeutung der Produkte und Leistungen zu betonen. Wie könnte man so ein Angebot verbessern?

Zum einen wäre da der Text zu Beginn. Statt dem üblichen und langweiligen „Wir erlauben uns Ihnen ein Angebot …“ wäre so ein Text möglich.

Sehr geehrter Kunde, für Sie ist es wichtig, ungestört auf das Internet zugreifen zu können. Ihren Mitarbeitern und sich selbst wollen Sie eine zuverlässige Verbindung zum Netz ermöglichen, die durch WLAN nicht geben ist. Um das zu erreichen, verlegen wir Netzwerkkabel in Ihrem Büro. Die Kabel reichen von einem zentralen Verteiler zu sechs verschiedenen Stellen in ihrem Büro, so dass die Mitarbeiter ihre PCs und Notebooks per Kabel mit dem Netzwerk verbinden können. Wenn wir fertig sind, werden sich an den mit Ihnen abgesprochenen Stellen Steckdosen für Netzwerkkabel an den Wänden befinden, die mit dem zentralen Verteiler verbunden sind. Außerdem liefern wir die technischen Geräte, um die einzelnen Kabelstränge so zu verbinden, dass sie an Ihre bisherige Netzwerkstruktur angebunden sind.

Diese Zeilen machen deutlich, dass der Anbieter den Kunden verstanden hat und seine wichtigste Anforderung erfüllen will. Das Angebot selbst könnte so formuliert sein:

Wir haben das notwendige Material berechnet und bieten Ihnen an, Kabel, Befestigungsmaterial und notwendige Geräte für insgesamt x.xxx,- zzgl. MwSt zu liefern. Unsere Arbeitsleistung haben wir mit xx Stunden geplant, woraus sich eine Gesamtinvestition von x.xxx,- zzgl. MwSt für Ihre Netzwerkverkabelung ergibt. Wenn Sie bis zum xx.xx.xxxx beauftragen, können wir Ihnen anbieten, die Kabel am xx.xx.xxxx in Ihren Räumen zu verlegen.

Emotional verkaufen: Ein Bild sagt mehr

Wenn das Angebot jetzt noch durch Fotografien aufgewertet wird, macht das Lust, sich zu entscheiden. Solche Abbildungen könnten Beispiele der Arbeitsergebnisse sein. Eine Abbildung könnte einen Kabelkanal zeigen. Etwa mit der Bildunterschrift „So unauffällig verlegen wir die Kabel in ihrem Büro“. Oder die Abbildung einer Steckdose an der Wand: „So sieht zukünftig Ihr Zugang zum Internet aus.“

Und wie wäre es mit Fotos von den Mitarbeitern des Elektrikers, die später die Leistung übernehmen bzw. die Produkte bauen oder liefern. Portraitfotos von Menschen verknüpfen die nüchternen Informationen mit emotionalen Kriterien. Solche Fotos machen es mir als Kunden leichter, mich für ein Angebot zu entscheiden, weil ich mir leichter vorstellen kann, dass es real ist und wirklich umgesetzt wird. Es gibt mir den Impuls, „Ja“ zu sagen.

Emotion und Intuition macht den entscheidenden Unterschied

Achten Sie darauf, dass Ihre Angebote den Entscheidern den Impuls geben, sich für Sie zu entscheiden. Eine rational geprägte Struktur, die das „Was“ oder „Wie“ Ihrer Produkte und Leistungen erklärt, ist nicht hilfreich für die Entscheidung. Wichtiger ist es, das „Wozu“ in den Vordergrund zu stellen. Geben Sie Ihren Kunden einen guten Grund, sich für Sie  zu entscheiden, indem Sie Ihre Angebote emotional verkaufen.