Die Digitalisierung im Vertrieb entscheidet wesentlich darüber mit, welche Unternehmen erfolgreich sind und welche nicht. Es ist zu beobachten, dass eine Kluft zwischen digitalen Champions und Nachzüglern entsteht. Unternehmen, die ihren Vertrieb digitalisieren, wachsen schneller und profitabler als Mitbewerber, die noch auf klassische Art und Weise agieren. Vor allem im Mittelstand wirkt sich diese Kluft im Moment stark auf die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen aus.

In der Konsequenz bedeutet das, dass der Vertriebsarbeit heute ein größerer Stellenwert zukommt als jemals zuvor. In der Vergangenheit konnte ein Unternehmen alleine dadurch erfolgreich sein, dass es die beste Lösung für ein bestimmtes Problem auf den Markt geworfen hat. Die beste Qualität der Produkte und Dienstleistungen reichte für die Marktführerschaft locker aus. Heute ist das anders: Die Leistungsdichte an der Spitze ist gestiegen, die qualitativen Unterschiede der angebotenen Produkte gleichen sich mehr und mehr an. Deshalb ist in unserer Zeit die Leistungsfähigkeit des Vertriebs und des Marketings sehr oft entscheidend für den Unternehmenserfolg.

Dieser Beitrag wurde am 18.04.2022 aktualisiert.

Wer die Möglichkeiten der Digitalisierung in Vertrieb und Marketing gut ausnutzt, verschafft sich ganz klare Wettbewerbsvorteile

Dass dem so ist, haben mehrere Studien wie etwa die SalesMaX 2020 eindrücklich belegt. In Zusammenarbeit mit dem Sales Management Department der Ruhr-Universität Bochum hat die Ernst & Young GmbH dafür knapp 200 Vertriebsführungskräfte deutscher Unternehmen befragt. Das Ergebnis ist klar: Erfolgreiche Unternehmen weisen einen höheren digitalen Reifegrad auf als weniger erfolgreiche.

Gleichzeitig hat die Studie aber auch gezeigt, dass die Einsicht, dass die Digitalstrategie eines Vertriebs aktiv gestaltet werden muss, noch längst nicht in allen Führungsetagen angekommen ist. Dies birgt nach Meinung der Studienautoren die Gefahr, dass digitale Veränderungen zwar umgesetzt, aber am vertrieblichen Bedarf und am Kunden vorbei entwickelt werden.

Mensch oder Maschine? Weshalb die Digitalisierung mehr Schattierungen hat als nur Schwarz und Weiß

Es besteht also noch reichlich Verbesserungspotenzial, wenn es darum geht, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Neben den häufig fehlenden fachlichen Kompetenzen mag das auch daran liegen, dass sich nach wie vor viele altgediente Vertriebsmitarbeiter auf die Aussage zurückzuziehen: „Geschäfte werden immer noch zwischen Menschen gemacht“. Im Kern ist das völlig korrekt. Und dennoch hat diese These in der Regel einen gewaltigen Haken. Sie basiert nicht auf einer ehrlichen Einschätzung vertrieblicher Erfolgschancen, sondern ist häufig dem Unwillen der Mitarbeiter geschuldet, etwas zu verändern.

Diese Veränderung bleibt im Zuge der Digitalisierung allerdings nicht aus. Die Anforderungen und Erwartungen an Vertriebsprofis sind heute völlig andere als noch vor 20 Jahren. Und das ist auch gut so, denn mit alten Verkaufsmustern ist heute kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Die digitale Transformation ist gekommen, um zu bleiben. Sie wird kontinuierlich dazu beitragen, Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und potenzielle Kunden besser zu erreichen. Wer vor diesem Hintergrund weiter Ausreden sucht, anstatt sich mit den Chancen der modernen Technik auseinanderzusetzen, wird nicht mehr lange am Markt bestehen können.

Gleichzeitig entbindet das aber natürlich niemanden von der Verantwortung, seine Gehirnzellen anzustrengen und die Sinnhaftigkeit bestimmter computergestützter Prozesse zu hinterfragen. Nicht alles, was im Zuge der Digitalisierung passiert, ist automatisch gut. Schlechte Prozesse bleiben schlecht. Ganz egal ob sie analog oder digital stattfinden.

Die Balance aus gesundem Menschenverstand und digitaler Technik macht also den Unterschied, ob die Chancen der Digitalisierung genutzt werden können oder effektlos verpuffen. Im Vertrieb genauso wie in allen anderen Bereichen des täglichen Lebens.

Die Basis bleibt immer gleich: Worauf es bei der Digitalisierung im Vertrieb wirklich ankommt

Wer die Digitalisierung im Vertrieb sinnvoll nutzen möchte, braucht vor allem eines: eine solide strategische Basis. Und abseits von komplexen technischen Prozessen kommt es dabei auf die folgenden drei grundsätzlichen Schritte der Vertriebsarbeit an:

1.     Kunden finden

Können Sie sich an eine Situation zurückerinnern, in der Sie mit so viel Zuneigung überschüttet wurden, dass Ihre anfängliche Begeisterung für einen anderen Menschen ganz schnell einem Fluchtreflex gewichen ist? Dann tun Sie sich bitte den Gefallen und denken Sie daran zurück, wenn Sie das nächste Mal in Sachen Kundenakquise unterwegs sind. Die Zeiten des sich auf die Brust trommelnden Waldmenschen, der potenzielle Kunden in seine Höhle zerren will, sind glücklicherweise schon lange vorbei. Und die des zwar maßvolleren, aber genauso unsinnigen Überzeugen-Wollens sind es auch. Warum das so ist, können Sie unter anderem in diesem Beitrag nachlesen.

Weshalb dieses Wissen im Kontext der Digitalisierung relevant ist? Weil die digitale Transformation die Gefahr dieser traditionellen Fallstricke deutlich reduzieren kann. Das für alle Beteiligten mühsame Klingelputzen ist heute in vielen Fällen nicht mehr nötig. Es gibt längst Möglichkeiten, damit die besten Kunden ganz von selbst auf Sie zukommen. Und das auch noch auf Augenhöhe und mit dem aufrichtigen Interesse, eine Lösung für ihre dringlichsten Problem zu finden.

Klingt zu gut, um wahr zu sein? Ist es aber nicht. Denn im Grundsatz funktioniert der Prozess ganz einfach: Ihre Marketing-Strategie schleust potenzielle Kunden auf Ihre Website, weil sie dort finden, was sie brauchen. Manche davon werden sich zu erkennen geben und im Tausch gegen weiterführende Informationen wie ein E-Book ihre Kontaktdaten hinterlassen. Diese Kontaktdaten können Sie dann nutzen, um potenziellen Interessenten beispielsweise über einen Newsletter weitere Informationen zuzuspielen. Wenn diese Informationen wirklich relevant und auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten sind, bekommen Sie Gelegenheit, sich einen Expertenstatus zu verschaffen. Sie werden zu jemandem, dem Ihre Kontakte hinter den Computerbildschirmen vertrauen. Und wenn die Zeit reif ist, treten diese Kontakte aus der Anonymität hervor, um auf Ihre praktische Unterstützung zurückzugreifen.

2.     Digitalisierung im Vertrieb bedeutet, Daten sinnvoll zu nutzen

Da sucht man einmal nach einem Sonnenhut, kann man sich schon bald vor Sonnenhut-Angeboten kaum noch retten. In allen Farben, bei jedem Wetter, und völlig ungeachtet der Tatsache, dass seit der ursprünglichen Suche schon wieder mindestens zwei schneereiche Winter ins Land gezogen sind.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Dann liegt das vermutlich daran, dass nach wie vor in vielen Vertriebsabteilungen der Umgang mit Informationen gründlich falsch läuft. Unzählige Kunden werden Tag für Tag vergrault, anstatt sie zu binden.

Halten wir fest: Nur weil zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben eines potenziellen Kunden irgendwann einmal etwas relevant war, bedeutet das noch lange nicht, dass dem heute noch immer so ist. Qualität statt Quantität – Sie erinnern sich?

Was spricht also dagegen mitzudenken und dem geneigten Sonnenhutträger in der kalten Jahreszeit eine wärmende Mütze anzubieten? Oder dem Abnehmer des Campingzelts einen schicken Tragegrill mit genügend Platz für den großen Hunger am Abend?  Ob digital oder analog: Machen Sie es sich nicht unnötig schwer, sondern bemühen Sie sich, die Bedürfnisse der Menschen, die hinter den Datensätzen stecken, wirklich zu verstehen. Denken Sie sich nicht „Was will ich mitteilen?“, sondern überlegen Sie: „Was will mein (potenzieller) Kunde wissen?“

Wenn Sie diese einfache Botschaft umsetzen, werden sich Ihre Kunden bei Ihnen bedanken, anstatt genervt zu sein. Es gibt im Zuge der Digitalisierung so viele neue Werkzeuge, die eine zielgerichtete Kommunikation ermöglichen. Aber es gilt eben trotzdem noch die alte Regel: „A fool with a tool is still a fool.“ Und Ihre gesammelten Daten bringen Ihnen nur etwas, wenn Sie auch wissen, wie Sie sie sinnvoll einsetzen.

3.     Kommunikation vereinfachen

Die Digitalisierung hat unsere Art zu kommunizieren verändert. Grenzen, die früher unüberwindbar schienen, sind heute aufgehoben. Der Kontakt zum Kunden ist theoretisch ohne Umstände rund um die Uhr möglich. Dadurch hat der Vertrieb eine neue Dimension bekommen.

Bis vor wenigen Jahren war es beispielsweise noch völlig ausreichend, gute Mitarbeiter im Außendienst zu beschäftigen und diesen die Kommunikation mit den Kunden zu übertragen. Sie waren vor Ort dafür verantwortlich, das Unternehmen zu präsentieren, eine persönliche Bindung herzustellen und schließlich eine Kaufentscheidung zu bewirken. Doch diese Zeiten sind vorbei.

Statt Tausende Kilometer auf der Autobahn verfahren zu müssen, können Vertriebsmitarbeiter heute völlig unkompliziert Videomeetings anberaumen. Sicher, das persönliche Gespräch mit Kaffee und Keksen, das mit einem Handschlag endet, ist dadurch nicht zu ersetzen. Doch als effizienter Kommunikationsweg zwischendurch hat sich das Videomeeting im Vertrieb längst schon etabliert.

Auch die Vorteile der sozialen Medien liegen auf der Hand. Über Facebook, Instagram, LinkedIn und Co. lassen sich potenzielle Kunden ansprechen, aktuelle Informationen teilen und neue Produkte vorstellen. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil Kunden immer stärker dazu übergehen, vor dem ersten persönlichen Kontakt die Kompetenz eines Unternehmens zu prüfen. Wem es also gelingt, sich in die aktuelle Interessenlage des Kunden hineinzudenken und in den sozialen Medien mit relevanten Beiträgen Fachwissen zu beweisen, hat im Wettlauf mit der Konkurrenz die Nase vorn. Im besten Fall gelingt es zudem, ein Maß an Witz und Menschlichkeit zu finden, das Kunden dazu verführt, den Unternehmensseiten zu folgen. Oder sich einen E-Mail-Verteiler einzutragen, der eine noch regelmäßigere Kommunikation ermöglicht.

Haben die potenziellen Kunden erst einmal ihre E-Mail-Adresse herausgerückt, entwickelt sich diese Art der Kommunikation zu einem elementaren Kommunikationsmittel. E-Mails lassen sich leicht personalisieren und sind schnell verschickt. In diesem Zusammenhang ist es allerdings besonders wichtig, auf relevanten Content zu achten. Denn der Weg in den Spam-Ordner des Kunden ist kurz.

Warum die Digitalisierung im Vertrieb Chefsache ist

Die Digitalisierung im Vertrieb bringt eine Vielzahl von Veränderungen mit sich, die sämtliche Unternehmensbereiche betreffen – und ihre Konsequenzen sind nicht immer angenehm. Was glauben Sie beispielsweise, wie die Unternehmensleitung des einstigen Marktführers Hilton geschluckt hat, als klar wurde, dass Airbnb – ein Unternehmen, das ursprünglich nichts weiter als eine Luftmatratze mit Frühstück anbieten wollte – mit seiner knallharten Kundenzentrierung innerhalb kürzester Zeit an der Hotelkette vorbeigezogen ist?

Die Digitalisierung bietet eine unendliche Zahl von Möglichkeiten. Am Ende wird gewinnen, wer dem Kunden den größten Mehrwert bietet. Dafür ist allerdings nötig, dass alle Unternehmensbereiche an einem Strang ziehen: In den meisten Unternehmen sind Vertrieb, Marketing und Kundendienst streng voneinander getrennt. Doch im Zuge der Digitalisierung bleibt nichts anderes übrig, als gewohnte Grenzen aufzuweichen.

Die digitale Transformation muss als unternehmerische Aufgabe begriffen und in den Zielen und Strategien für das Gesamtunternehmen verankert werden. Dazu gehört auch, Mitarbeitern klarzumachen, dass der digitale Arbeitsalltag aus weit mehr besteht als nur aus einem Lehrgang zum Umgang mit dem neuen CRM-System. Stattdessen sind alle Beteiligten gefordert, sich einem veränderten Arbeitsumfeld mitsamt veränderter Kundenanforderungen zu stellen. Nur wenn das klappt, können die Chancen der Digitalisierung im Vertrieb optimal genutzt werden und Unternehmern auf Dauer erfolgreich sein.