Wie kann man etwas planen, das immer anders verläuft? Vielleicht ist Planung auch der falsche Begriff, aber Vorbereitung ist sicher möglich und hilfreich. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick, wie Sie ein Verkaufsgespräch professionell vorbereiten.
Ziele setzen ist die wichtigste Vorbereitung
Wer kein Ziel hat, kommt da an, wo andere ihn haben wollen. Deshalb sollten Sie sich klarmachen, wozu Sie ein Gespräch führen wollen. Wenn Sie es sich zum Ziel machen, drei Fragen mithilfe des Gesprächs zu beantworten, wird das Verkaufsgespräch auf jeden Fall eine hohe Qualität haben.
Warum wir? Warum jetzt? Warum überhaupt?
Vielleicht wissen Sie, dass ich mit diesen drei Fragen arbeite und eine kleine Erinnerungshilfe anbiete. Es handelt sich um eine rote Karte, die an den Rückspiegel gehängt wird. Wer sein Fahrzeug beim Kunden parkt, wird durch die Karte mit der Mini-Checkliste vor dem Aussteigen an genau diese drei wesentlichen Fragen erinnert.
Es ist sicher nicht so gemeint, dass Sie diese Fragen genau so formuliert an den Kunden richten sollten. Das wäre Unsinn. Allerdings wollen Sie so lange im Gespräch bleiben, bis Sie jede dieser Fragen für sich selbst eindeutig beantworten können. Bei genauerer Betrachtung sind es mehrere Fragen, die sich hinter den drei Fragen verbergen.
Warum wir?
- Warum sollte der Kunde mit Ihnen Geschäfte machen?
- Was könnte aus Sicht des Kunden für Sie sprechen?
- Was ist der Reiz, sich für Sie zu entscheiden?
- Was spricht gegen Sie und Ihr Unternehmen?
- Welche Erfahrungen hat der Kunde früher mit Ihnen gemacht?
Warum jetzt?
- Warum sollte er jetzt eine Entscheidung treffen?
- Warum hat er sich nicht schon früher entschieden?
- Warum wartet er nicht noch ein Jahr?
- Welches feststehende Ereignis treibt die Entscheidung?
- Welche saisonale Besonderheit gibt es?
Warum überhaupt?
- Warum sollte er seine heutige Situation verändern?
- Was spricht dafür, den derzeitigen Lieferanten zu wechseln?
- Weshalb sollte er seine heutige Vorgehensweise über Bord werfen, um künftig mit Ihnen zu arbeiten?
- Was hat sich in der Wahrnehmung des Kunden verändert, dass er jetzt eine Lösung sucht?
- Was würde es kosten, nichts zu ändern?
Diese aufgeführten Fragen sind nur Beispiele. Wichtig ist, dass Sie diese und ähnliche Fragen nutzen, um die eigene rosa Brille abzustreifen und ganz nüchtern aus der Perspektive des Kunden herausarbeiten, welche Motivation besteht mit Ihnen zusammenzuarbeiten.
Wenn Sie diese Form der Vorbereitung hilfreich finden, dann könnte auch die Gesprächslandkarte etwas für Sie sein. Dieses Werkzeug werden wir in einem der folgenden Artikel ganz ausführlich vorstellen.
Vorbereitung auf die Gesprächspartner
Im deutschsprachigen Raum ist XING nach wie vor die umfangreichste Datenbank für Informationen über Geschäftspartner, auch wenn LinkedIn immer mehr aufholt.
Auf jeden Fall wäre es sträflich, die vorhandenen Informationen nicht zu nutzen. In meinem kleinen Kurs für die optimale Nutzung von XING habe ich bereits einige der wichtigsten Aspekte zusammengefasst.
Hier möchte ich auf den Aspekt der Gesprächsvorbereitung explizit eingehen. Sie können das Sympathie-Level eines Gespräches von Beginn an nach oben fahren, wenn Sie in der Lage sind auf Gemeinsamkeiten mit dem Kunden einzugehen und/oder ihm echte, ehrliche Anerkennung zu geben. Diese beiden Faktoren für Sympathie hat Roberto Chialdini schon vor einiger Zeit in seinem Buch „Die Psychologie des Überzeugens“ dargestellt.
Die Informationen, die Sie in XING und LinkedIn über Ihre künftigen Gesprächspartner bekommen können, sind mannigfaltig. Sie erfahren fast alles über deren Ausbildung, aktuelle und ehemalige Arbeitgeber sowie vieles über berufliche und sogar private Interessen. Wer würde schon darauf verzichten, sich vor dem Gespräch intensiv mit solchen Informationen zu beschäftigen?
Wie man den Raum vorbereitet
Welche Gedanken haben Sie sich schon gemacht, wie man am besten den Raum und insbesondere die Sitzposition wählt, wenn man ein Gespräch vorbereitet?
Wenn es ein Raum mit einem großen Fenster ist, würde ich dem Kunden den angenehmeren Platz mit dem Rücken zum Fenster zugestehen, damit er nicht ins Licht blicken muss.
Grundsätzlich fühlen sich die meisten Menschen nicht so wohl mit einem Platz, wenn Sie die Tür im Rücken haben, was ebenfalls für den Fensterplatz spricht. Insbesondere wenn der Kunde Sie in Ihrem Territorium besucht, ist es wichtig, dass Sie sich als Gastgeber darauf einstellen. Aber diese Regeln können Sie sicher auch berücksichtigen, wenn Sie außer Haus Termine machen.
Ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt ist die relative Position zueinander. Wenn Sie die Sitzposition planen, sollten Sie nur dann gegenüber sitzen, wenn Sie einen Konflikt unterstreichen wollen und das dürfte im Vertrieb wohl nur sehr selten der Fall sein.
Grundsätzlich sollten Sie eine Position in einem Winkel einnehmen. An einem eckigen Tisch bedeutet das, das man im 90° Winkel zueinander sitzt. So ist es unterschwellig wesentlich weniger konfliktgeladen. Man kann viel einfacher gemeinsam auf ein Schriftstück oder auf sonstige Anschauungsobjekte blicken; man ist sich gleich näher, ohne die Intim-Zone zu verletzen.
Einen Schritt näher wäre die Sitzposition nebeneinander. So hat man die gleiche Perspektive und Sie sind mit dem Kunden „auf (s)einer Seite“. Diese Position eignet sich, wenn man bereits eine positiv besetzte Vorgeschichte mit dem Kunden hatte und nun gemeinsam den letzten Schritt einer Vereinbarung durchgehen will.
Was ein warmer Becher Kaffee auslösen kann
Mein Kollege Karl Werner Schmitz hat als führender Haptik-Experte kürzlich ein Video zu diesem Thema beim Kongress des Club55 vorgestellt. Stellen Sie sich vor, Sie werden zufällig auf der Straße aufgesammelt, um an einem Experiment mitzuwirken. Ihre Aufgabe ist es, ein Bewerbungsgespräch als Personalchef zu führen, um einen Bewerber für eine Stelle als Verkäufer zu beurteilen.
Sie werden vom Versuchsleiter aus dem Warteraum abgeholt und mit dem Lift in den 4. Stock gebracht. Dort wartet der Bewerber bereits in einem Besprechungszimmer. Der Versuchsleiter lässt Sie mit dem Bewerber alleine und Sie führen das Gespräch. Als Sie fertig sind, rufen Sie den Versuchsleiter und der Bewerber wird hinausgebracht. Dann werden Sie gebeten, sich zu entscheiden: Würden Sie den Mann einstellen oder nicht?
Was Sie nicht wissen: Der angebliche Bewerber ist ein Schauspieler, der mit hoher Kontinuität immer in gleicher Weise eine bestimmte Persönlichkeit spielt. Immer gleich. Er gibt einen guten, wenn auch nicht exzellenten Kandidaten ab. Das Urteil müsste also mit ein paar Abweichungen so bei 50% liegen.
Eine wichtige Ergänzung noch: Im Lift bittet Sie der Versuchsleiter, kurz sein Getränk zu halten, weil er etwas aus seiner Tasche nehmen will. Oben im Raum nimmt er Ihnen das Getränk wieder ab. Es handelt sich um einen Pappbecher mit Deckel, so dass Sie nicht wissen, was sich darin befindet. Allerdings spüren Sie durch die dünne Pappe, dass es ein kaltes beziehungsweise ein heißes Getränk ist. Und jetzt wird es spannend.
Der Versuch ist nicht nur einmal durchgeführt worden, sondern viele Male. Das Einzige, das sich änderte, war, dass entweder ein kaltes Getränk oder ein warmes Getränk zum Halten ausgehändigt wurde. Der Rest war immer gleich: Der gleiche Bewerber, der gleiche Raum, die gleiche Sitzordnung – nur ein einziger Unterschied: Die Temperatur des Getränks, das die Testperson ca. 30 Sekunden lang in der Hand hielt, bevor sie in das Interview ging.
Nur 40% der Menschen, die ein kaltes Getränk hielten, sprachen sich für den Bewerber aus. Bei der anderen Gruppe, also der mit dem warmen Getränk, waren es 100%. Ja, Sie haben richtig gelesen: Die Temperatur des Getränks, das die Testperson eine halbe Minute lang in der Hand hielt, hatte erheblichen Einfluss auf deren Entscheidung für oder gegen einen Bewerber. Wenn wir so etwas hören, müssen wir uns ernsthaft fragen, ob die vermeintliche Rationalität, mit der wir angeblich Entscheidungen treffen, nicht viel mehr als ein Scherz der Natur ist. Ein Witz, der die gleiche Relevanz hat wie die Zahnfee oder Knecht Ruprecht.
Eine Reaktion wäre, einfach zu behaupten, dass diese neue Erkenntnis nicht stimmt. Das erinnert Sie vielleicht an den Moment, als ein gemeiner Klassenkamerad Sie kurz vor Weihnachten darüber informierte, dass das Christkind nicht existiert. Diese Art von Ablehnung nach dem Strickmuster „Wenn das wahr wäre, dann wäre ja vielleicht alles, was ich bisher wusste, falsch – das kann nicht sein!“ ist verständlich. Wir lehnen Erkenntnisse ab, die nicht zu unserem bisherigen Weltbild passen. Das ist auch gut so, weil wir sonst auf jeden Unsinn hereinfallen würden. Allerdings führte das auch zur Ablehnung der Tatsache, dass die Welt eine Kugel ist.
Ein wesentlich klügerer Umgang mit dieser Information wäre es, ähnliche „warme“ haptische Erlebnisse für den Kunden zu ermöglichen. Vielleicht, indem Sie statt Tassen Becher ohne Henkel anschaffen. Und vielleicht in Ihren Vertriebsprozess einbauen, dass der Kunde bei einem Besuch in Ihrem Hause diesen Becher mit Kaffee oder Tee eine Weile in seiner Hand trägt, bevor Sie mit dem Gespräch beginnen.
Verkaufsgespräch professionell vorbereiten – auch auf unbekannte Gesprächspartner
Viele dieser Überlegungen sind auch dann anwendbar, wenn Sie Ihren Gesprächspartner nicht kennen. Die Ideen zur Sitzposition können Sie selbst auf Messen und anderen Veranstaltungen nutzen, um die Gesprächsatmosphäre besser zu unterstützen.
In der kommenden Folge wollen wir uns intensiv mit den unterschiedlichen Personen beschäftigen, die uns in einem Gespräch gegenübertreten werden.
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