Markentreue ist grundsätzlich gut. Menschen binden sich emotional an Marken und sind ihnen treu. Zumindest so lange, bis eine gewisse Unzufriedenheit entsteht. Wenn sich neue Lieferanten ins Spiel bringen, hören sie oft „Danke, wir sind mit unserer Marke sehr zufrieden und ihr treu…“. Solange diese Überzeugung anhält, ist es kaum wahrscheinlich, dass der Kunde sich neu entscheidet.

Wir sind unserer Marke treu

Wenn Sie hören, dass ein Kunde bereits eine bevorzugte Marke hat und zufrieden ist, dann könnten Sie einfach auflegen bzw. gehen. Oder Sie verabschieden sich noch freundlich und gehen dann.

Betrachten wir uns zunächst einmal die Geisteshaltung, auf der diese Aussage beruht: „Wir sind unserer Marke treu!“. Das bedeutet: „Wir haben kein Problem. Es gibt nichts, was wir verändern wollen. Wir sind zufrieden“. Auf Zufriedenheit wächst keine Veränderungsbereitschaft.

Veränderung braucht Unzufriedenheit

Wer zufrieden ist, will die aktuelle Situation beibehalten, will keine Änderung und braucht keine Problemlösung. Das ist so, weil kein Problem existiert – zumindest nicht in der aktuellen Geisteshaltung des Kunden.

Wenn wir erreichen wollen, dass zufriedene Kunden ihre Situation neu bewerten, dann müssen wir für Unzufriedenheit sorgen. Unzufriedenheit oder Unsicherheit können wir herstellen, indem wir die aktuelle Situation infrage stellen.

Das können wir ganz einfach bei uns selbst feststellen: Wenn wir uns unserer Sache sicher sind, dann sind wir zufrieden. Wenn wir unsere eigene Meinung infrage stellen, weil wir uns eben nicht (mehr) sicher sind, dann bietet das die Voraussetzung zum Umdenken.

Fragen erzeugen Veränderungsbereitschaft

Wir haben ja schon mehrfach in anderen Beiträgen herausgearbeitet, dass wir durch Sprache das Denken der Gesprächspartner ändern können. Das gilt ebenso für Fragen. Wenn wir eine Frage stellen, lösen wir dadurch einen Denkprozess aus. Eine Frage will beantwortet werden.

Wenn wir ganz bewusst eine Frage stellen, die nicht so einfach zu beantworten ist, dann lösen wir dadurch ein unangenehmes Gefühl beim Kunden aus. Das kann in vielen Gesprächen unerwünscht sein, weil man möchte, dass der Gesprächspartner sich wohl fühlt. Wenn wir jedoch ganz bewusst Unzufriedenheit herstellen wollen, dann sollten wir uns Fragen überlegen, die dieses Gefühl der Unzufriedenheit bewusst herbeiführen.

Nehmen wir unser Beispiel aus einer Kommunikation mit einem Kunden, der sagt, dass er seiner Marke treu sei. Wie könnte jetzt eine geeignete Frage lauten, die dieses Gefühl der Unzufriedenheit auslöst? Versuchen wir es mit dieser Formulierung:

„Selbstverständlich haben professionelle Unternehmen wie Sie bereits einen Lieferanten für dieses Thema gefunden. Nehmen wir an, Ihr aktueller Lieferant könnte eine Kleinigkeit verbessern, um Sie noch mehr zufriedenzustellen – was wäre diese eine Kleinigkeit?“

Zum Umdenken bringen

Durch diese Art der Fragestellung bringen wir unseren Gesprächspartner dazu, seine Situation neu zu überdenken. Vermutlich hat er bislang noch nicht darüber nachgedacht, was die eine Kleinigkeit wäre, die zu verbessern ist. Dieser Denkvorgang kann einiges auslösen und führt vielleicht dazu, dass der Kunde eine konkrete Verbesserung nennt, die wir leicht erreichen können. Im weiteren Verlauf des Gesprächs könnten wir dann anbieten testweise zu liefern, um zu beweisen, dass wir einen wenig besser sind als die aktuelle Marke.

Allerdings könnte der Kunde natürlich auch weiterhin stur bleiben und auf seiner bisherigen Meinung beharren, dass er seine Marke treu bleiben will.  Für diesen Fall sollten wir eine zweite Stufe der Provokation vorbereitet haben. Nehmen wir an, der Kunde sagt, dass er im Moment keine Verbesserungsmöglichkeit sieht und dass er bei seiner bisherigen Marke bleiben möchte.

Der nächste Schritt, wenn es beim ersten Versuch nicht klappt

Der Kunde sagt etwas wie: „Im Moment gibt es nichts zu verbessern und wir wollen keine andere Marke testen!“ Wie könnten wir jetzt weiterarbeiten? Die einfachste Variante wäre es, jetzt aufzugeben und die Sache ad acta zu legen. Aber für den Fall, dass wir noch nicht aufgeben wollen, bietet sich jetzt die Möglichkeit an, noch einen Tick schärfer zu provozieren.

Wir könnten zum Beispiel sagen: „Es scheint, dass Sie mit Ihrer aktuellen Marke sehr zufrieden sind. Gilt das für immer?“ Diese Frage ist ganz bewusst provokativ, denn man kann keine vernünftige Antwort darauf finden. Schließlich weiß heute niemand, ob etwas für immer ist. Und gleichzeitig ist natürlich klar, dass die Unendlichkeit eine theoretische Annahme ist. Daraus ergibt sich, dass diese Frage ehrlicherweise so zu beantworten wäre, dass der Kunde sagt: „Nein, natürlich nicht für immer!“ Allerdings wäre diese Antwort auch gleichzeitig ein Eingeständnis, dass doch eine Ablöse der aktuellen Marke möglich wäre.

Diese Vorgehensweise will erreichen, dass der Kunde ernsthaft mit uns kommuniziert und nicht nur Floskeln absetzt. Die Aussage „Wir sind unserer Marke treu und sind zufrieden“ ist ja nicht unbedingt eine wohlüberlebte Aussage. Viel wahrscheinlicher ist es, dass diese Aussage eine Floskel ist, die man verwendet, um jemanden höflich, aber bestimmt mitzuteilen: „Lass mich in Ruhe!“

Statt Floskeln echte Kommunikation

Wir alle tendieren dazu, unseren Alltag mit Floskeln zu füllen, weil dies energiesparend und einfach ist. Für Standardsituationen haben wir Standardsprüche parat, die wir ohne großes Nachdenken einfach abspulen, um dadurch eine bestimmte Gegenreaktion zu bewirken. Das gilt für ein einfaches „Guten Morgen“ ebenso wie für die Botschaft „Wir sind unserer Marke treu und sind zufrieden“. Letzteres dürfte mehrfach erprobt sein und hat die gewünschte Reaktion des Verkäufers zufolge, nämlich dass er sich zurückzieht.

Echte Kommunikation verlangt jedoch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den gesprochenen Worten und eine echte Antwort darauf. Wenn wir durch kleine Provokationen erreichen, dass unser Gesprächspartner wieder neu nachdenkt und ehrlich mit uns kommuniziert, dann können wir echte Gedankengänge und neue Überlegungen auslösen.

Wenn alle Versuche fehlschlagen

Selbst für den Fall, dass keine dieser Methoden gelingen will, gibt es eine finale Frage, die vielleicht am Ende alles noch zum Positiven wendet. Diese Frage ist bewusst so gehalten, dass sie den Kunden dazu manipuliert, wirklich nachzudenken weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass er darauf bereits eine vorbereitete Floskel parat hat.

Stellen wir uns vor, dass der Kunde auch auf unsere Provokation mit dem „für immer“ stur bleibt und sagt „Das spielt jetzt überhaupt keine Rolle. Wir sind mit unserer aktuellen Marke zufrieden und möchten im Moment keine weiteren Optionen prüfen.“

Auf den ersten Blick gibt es jetzt keine weitere Möglichkeit mehr, sinnvoll weiter zu diskutieren. Die meisten Verkäufer würden jetzt wahrscheinlich aufgeben. Aber wenn dennoch eine letzte Chance ausprobiert werden soll, empfehle ich diese Formulierung: „Wie sollen wir weiter in dieser Angelegenheit vorgehen?“

Diese Frage ist im Moment derart unerwartet, dass wir davon ausgehen können, dass der Kunde jetzt wirklich über eine sinnvolle Antwort nachdenkt. Das Spektrum der Antwortmöglichkeiten reicht von „Wir gehen gar nicht weiter vor, Sie sollten uns in Ruhe lassen!“ bis zu „Lassen Sie uns in ein paar Monaten noch einmal miteinander telefonieren.“

Ein sinnvolles Ende der Unterhaltung finden

Gute Verkäufer achten darauf, dass sie sich nicht ohne Grund alle Türen für immer zuschlagen. Um ein Gespräch abzuschließen legen Sie sich daher sinnvolle Fragen zurecht, die eine spätere Kontaktaufnahme wieder möglich machen. Weitere Formulierungsideen für Fragen dieser Art sind:

  • Wie verbleiben wir jetzt am besten?
  • Was wäre aus Ihrer Sicht der nächste sinnvolle Schritt?
  • Wenn Ihr bester Verkäufer von seinem interessantesten Zielkunden diese Aussage hört – was würden Sie ihm empfehlen?
  • Was kann ich heute noch Gutes für Sie tun?

Die Liste ließe sich sicherlich endlos fortsetzen. Sicherlich haben Sie inzwischen das Muster erkannt: es geht darum Fragen zu stellen, die die nächsten Schritte oder eine zukünftige Zusammenarbeit voraussetzen. Diese Grundannahme und eine in die Zukunft gerichtete Frage sind die beiden Zutaten aus denen gute Abschlussfragen gebaut sind.

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