Unter der Überschrift „Commitment und Konsistenz“ lässt sich die tiefere Bedeutung des Sprichwortes „Wer A sagt, muss auch B sagen“ erklären. Denn Menschen tendieren dazu, an einmal getroffenen Entscheidungen festzuhalten.

Der Vertriebspsychologie Robert Cialdini beschreibt dies anhand eines Experimentes, das einige Psychologen aus Kanada durchgeführt haben, mit dem Begriff der Verpflichtung. Die Aufgabe war es, herauszufinden, wie Menschen, die Wetten bei Pferderennen abschließen, sich nach ihrem Wetteinsatz fühlten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Probanden unmittelbar nach der Wettabgabe noch sehr zuversichtlich waren, dass genau ihr Einsatz der richtige sein wird.

Die Psychologen schlussfolgerten: Sobald die Probanden ihre Wette platziert hatten, fühlten sie sich ihrer Wahl verpflichtet und vertrauten den Pferden, auf die sie gesetzt hatten, mehr. Die Entscheidung für ein bestimmtes Pferd löste ein Gefühl von Zusammengehörigkeit aus, obwohl die Gewinnchancen unverändert blieben.

Genauso sind übrigens die meisten Wähler nach einer Stimmabgabe eher davon überzeugt, dass ihr Kandidat gewinnt, als unmittelbar davor.

Commitment bedeutet zu einer Entscheidung zu stehen

Sobald wir für uns eine Entscheidung treffen, oder eine Position öffentlich vertreten, entstehen intrapsychische und interpersonelle Kräfte, die uns dazu drängen, uns konsistent mit dieser Festlegung zu verhalten.

Ein anderer Versuch aus den USA veranschaulicht dieses Phänomen noch besser: Dort legte eine Testperson an einem belebten Strand in der Nähe von New York ein Handtuch ab, um sich nur kurz darauf zu legen und dann unmittelbar außer Sichtweite aller anderen anwesenden Personen zu verschwinden. Ihre Sachen, unter anderem ein Radio, ließ die Person zurück.

Um zu messen, in welchem Maße die direkt benachbart liegenden Personen bei einem Diebstahl eingreifen würden, kam eine andere Testperson vorbei und „stahl“ das Radio und einige Kleidungsstücke.

Der Versuch wurde 20 Mal wiederholt. In nur 4 von 20 Fällen ging einer der anwesenden Beobachter das Risiko ein, den „Dieb“ direkt zu konfrontieren.

In einem zweiten Durchlauf bat die Testperson vor dem Verlassen des Platzes die anderen anwesenden Personen darum, ein Auge auf ihren Besitz zu werfen.

Das Ergebnis ist auch aus heutiger Sicht noch verblüffend: In 19 von 20 Fällen vereitelten die Beobachter den vermeintlichen Diebstahl, in vielen Fällen sogar unter Einsatz körperlicher Gewalt und mit dem Risiko sogar selbst zu Schaden zu kommen.

Konsistenz ist in unserer Gesellschaft eine hoch angesehene Persönlichkeitseigenschaft

Jemand, dessen Überzeugung, Aussagen oder Handlungen im Widerspruch zueinanderstehen, wird als verwirrt, schwach, falsch oder gar geisteskrank eingeschätzt.

Konsistent handelnde Personen dagegen gelten als stark, logisch, vernünftig und stabil. Anhand dieser Erkenntnisse werden Strategien entworfen, die genau den Effekt der Konsistenz ausnutzen.

Haben Sie Kinder? Dann ist Ihnen bestimmt längst aufgefallen, dass vor allen wichtigen Feiertagen im Jahr die Werbetrommeln der Spielzeugindustrie nicht stillstehen. Die Konsequenz: Nach langem Betteln wird sich so manches Elternteil breitschlagen lassen, nachgeben und dem Kind versichern, dass es das gewünschte Spielzeug auf irgendeine Art und Weise bekommen wird.

Was viele nicht wissen: Die am meisten beworbenen Artikel werden vor den wichtigsten Feiertagen künstlich verknappt. Der Effekt: Viele Eltern kaufen zunächst etwas anderes, fühlen sich jedoch so stark an ihr Versprechen gebunden, dass sie den eigentlich gewünschten Artikel, wenn er ganz unverhofft kurz nach dem Feiertag wieder verfügbar ist, zusätzlich schenken. So verschaffen sich Spielzeugunternehmen, die sonst in den Monaten unmittelbar nach Weihnachten oder Ostern einen Einbruch erleiden einen konstanteren Umsatzverlauf.

Auch die bekannte „Ja-Straße“ hat mit Commitment zu tun. Dabei bekommt ein Gesprächspartner zunächst einige geschlossene Fragen gestellt, deren Zustimmung wahrscheinlich ist. Der Fragesteller verlangt dann nach und nach mehr, bis schließlich die wesentliche Frage gestellt wird, von der der Fragesteller will, dass sie ebenfalls mit einem „Ja“ beantwortet wird.

Restaurantbesitzer können von diesem Wissen profitieren, indem sie ihre Mitarbeiter anweisen, bei einer telefonischen Tischreservierung etwas zu ändern. Statt „Bitte rufen Sie uns an, wenn sich Ihre Pläne ändern“, sollten sie künftig fragen „Werden Sie uns sicher benachrichtigen, wenn sich Ihre Pläne ändern?“

Weil fast immer ein „Ja“ als Antwort auf diese Frage folgen wird, fühlen sich die Gäste eher verpflichtet, den reservierten Tisch auch wahrzunehmen. Der Anteil derer, die trotz Reservierung nicht im Restaurant erscheinen, kann von durchschnittlich 30% auf 10% gesenkt werden.

Commitment im Wahlkampf

Das Wahlkampfteam rund um den ehemaligen Präsidenten der USA nutzte dieses Prinzip im Wahlkampf, um Spenden für Obama zu sammeln.

So wurden auf einer Spendenseite zwei unterschiedliche Spendenformulare gegeneinander getestet. Die Testergebnisse zeigten, dass das Spendenformular um 5% besser performte, wenn es in mehrere Schritte aufgeteilt wurde. Eine lange Version des Formulars, bei dem alle auszufüllenden Felder direkt ersichtlich waren, hat die Nutzer weniger angesprochen.

Der Hintergedanke: Ein Formular, welches in mehrere Teilschritte gegliedert ist, erwartet vom Nutzer von vornherein ein gewisses Engagement. Erklärt sich ein Leser dazu bereit, die ersten Felder des Formulars auszufüllen, fühlt er sich verpflichtet und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass er auch alle weiteren Schritte bis hin zur eigentlichen Spende durchführt.

Konsistenz bedeutet Ziele setzen

Eigene Ziele aufzuschreiben, ist ebenfalls eine Form von Konsistenz.

Diesen Effekt nutzen viele Menschen, um die Umsetzungswahrscheinlichkeit ihrer Ziele, auch der persönlichen, zu verbessern.

Auch geschickte Verkäufer nutzen diesen Effekt. Taktiken wie der „konkrete Verbleib“ am Ende von Gesprächen, oder der „Evaluationsplan“ nutzen diesen Effekt im Sinne des Verkäufers.

Denn, wer „A“ sagt, will auch „B“ sagen. Das haben wir früh gelernt. Wenn wir die ersten Schritte eines Weges gegangen sind, dann sind wir auch bereit, weitere Schritte zu gehen.

Wenn Sie aus dem Gespräch mit dem Kunden im Vorfeld des Angebotes verstanden haben, dass er sich zu einem bestimmten Termin entscheiden will, dann nennen Sie diesen Termin. Die Formulierung könnte lauten: „Sie sagten, dass Sie sich bis zum xx.xx.xxxx Klarheit verschaffen wollen und spätestens bis zu diesem Tag über mein Angebot entscheiden werden.“

Auch wenn das juristisch keine Bindungspflicht bedeutet, rein emotional ist die Fortsetzung eines Commitments das konsistente Verhalten.

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