Als zukunftsorientierter Verkäufer suchen Sie doch sicher auch nach Methoden, um auch den Entscheider von heute zu erreichen, oder?

Wenn Sie bei dieser Frage ein unangenehmes Gefühl überkommt, kann ich Sie gut verstehen. Offensichtliche Suggestivfragen wie diese erzeugen mittlerweile gewisses Misstrauen – ein Grund, warum sie meiner Meinung nach nichts mehr im professionellen B2B-Vertrieb zu suchen haben.

Was sind Suggestivfragen?

Bei Suggestivfragen handelt es sich um eine Fragetechnik, mit der ein Gesprächspartner den anderen zu einer Zustimmung bewegen will – selbst wenn das Gegenüber anderer Meinung ist. Das gelingt, indem eine vorgegebene Meinung oder Einstellung, ergänzt durch eine Verstärkung, in einer Frage verpackt wird. Beispiele für Suggestivfragen wären etwa:

  • Sie wollen Ihren Chef überzeugen, Ihnen mehr Urlaubstage geben und beginnen das Gespräch mit der Frage: „Sie wollen doch sicher auch, dass ich eine bessere Arbeitsleistung bringe?“ Kein Vorgesetzter würde dazu schließlich „Nein“ sagen.
  • Ihr Ehepartner hat am kommenden Wochenende ein großes Familientreffen, zu dem Sie mitkommen sollen. Da Ihr Partner sich die letzten Wochen beschwert hat, dass Sie aufgrund Ihres aktuell hohen Arbeitspensums so schnell gereizt sind, nutzen Sie dies, um sich aus dem Treffen herauszureden: „Findest du nicht auch, dass ich den Samstag nutzen sollte, um mal wieder richtig auszuspannen und runterzukommen?“

Der Unterschied zwischen Suggestivfragen und rhetorischen Fragen (da schnell zu verwechseln) ist der, dass bei rhetorischen Fragen keine Antwort erwartet wird. Sie enthalten einfach nur eine Aussage. Suggestivfragen hingegen sind reine Manipulation. Doch das ist nur einer der Gründe, warum wir sie im Vertrieb ruhig in die Mottenkiste packen können.

Die Suggestivfrage hat einen entscheidenden Nachteil: Sie erzeugt Misstrauen

Bekommen wir die simple Form à la „Sie wollen/denken/finden doch sicher auch, dass …“ zu hören, wissen wir direkt, dass da etwas im Busch ist. Niemand würde eine Suggestivfrage stellen, wenn dabei nichts für ihn oder sie herausspränge. Für Kommunikation auf Augenhöhe – die Basis modernen Verkaufens – eignet sich dieser Fragetyp deshalb sicher nicht. Erkennen wir die Suggestivfrage als solche, erzeugt das Misstrauen. In diesem Fall wird der eigentliche Zweck der Frage verfehlt – und schlimmer noch: Sie kann die gesamte Gesprächsatmosphäre ruinieren.

Wann sind Suggestivfragen sinnvoll?

Im B2B-Vertrieb führen wir Gespräche zu verschiedenen Zwecken:

  1. Gesprächsbereitschaft erzeugen (Akquise)
  2. Bedarf ermitteln
  3. Entscheidungen bewirken (Abschluss)

Diese drei Zwecke erfüllen wir zu verschiedenen Momenten im Verkaufsprozess. Suggestivfragen der alten Art benötigen wir eigentlich nur im klassischen, abschlussorientierten Verkauf. Da kommt es lediglich darauf an, schnellstmöglich und beim ersten Kontakt eine Kundenentscheidung zu bewirken. Im B2B ist jedoch der Vertriebsprozess zumeist auf mehrere Tage, Wochen oder gar Monate ausgedehnt. Daher ist es nicht unbedingt sinnvoll, den Kunden mit einem Trick zu einer Entscheidung zu führen.

In der Akquise können wir eine sehr gute Suggestivfrage verwenden, die eigentlich keine ist. Es geht um die von Tim Taxis genutzte Technik „Darf ich gleich zum Punkt kommen?“ Genau genommen ist es eine geschlossene Frage und keine echte Suggestivfrage. Andererseits: Wer hat schon Lust, nicht zum Punkt zu kommen? Diese Frage ist hervorragend geeignet, um sich bei der direkten Kundenansprache das erste „Ja“ zu sichern.

In der Bedarfsermittlung sind Suggestivfragen grundsätzlich schädlich. Denn hier wollen wir ja unsere komplette Aufmerksamkeit darauf verwenden, herauszufinden was der Kunde wirklich will. Da eignen sich Suggestivfragen überhaupt nicht.

In der dritten Phase, wenn es darum geht den Kunden zu einer Entscheidung zu führen, nachdem alle dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, können wir auch keine Suggestivfragen gebrauchen. Hier brauchen wir Klarheit. Hier brauchen wir die aufrichtige Entscheidung des Kunden, gemeinsam mit uns zu gehen. Auch hier kann jegliche Form von Tricksen nur schädlich sein.

Aussagen machen, die die Denkrichtung weniger manipulativ verändern

Formulieren wir Behauptungen oder Aussagen als „Du-Botschaft“, erzeugen sie schnell Widerspruch. Greifen wir dazu noch einmal auf das zweite der vorhin erwähnten Beispiele für Suggestivfragen zurück. Angenommen, Ihr Partner durchschaut Ihre Strategie und reagiert beleidigt, dass Sie sich vor dem Treffen drücken wollen. Antworten Sie jetzt mit einer Aussage wie: „DU sagst doch seit Tagen, dass ich zu gestresst bin“ oder „DU wolltest doch, dass ich mir eine Auszeit nehme“, ist es quasi vorprogrammiert, dass die Situation eskaliert. Bekommen wir eine „Du-Botschaft“ zu hören, schalten die meisten von uns auf Durchzug oder reagieren direkt mit Ablehnung.

Es kommt nicht von ungefähr, dass immer wieder nahelegt wird, „Ich-Botschaften“ zu formulieren. Oder zumindest allgemeingültige Aussagen.

Anstatt auf Suggestivfragen zu setzen, sollten wir deshalb die gewünschte Meinung in einer offenen Frage verpacken und die Denkrichtung unseres Gesprächspartners auf eine weniger manipulative Art verändern. Also, um beim Beispiel zu bleiben: „Könnten wir nicht beide davon profitieren, wenn ich mir den Samstag Zeit für mich nehme und mal wieder runterkomme?“. Oder, wenn wir unseren Fokus wieder auf den Vertrieb richten: „Wer hat schon Interesse an Zeitverschwendung?“ Selbst wenn der Kunde hierbei gewissermaßen nur eine mögliche Antwortoption hat, fühlt sich die Frage für ihn nicht wie eine Manipulation an. Das Misstrauen bleibt aus.

Fazit: Auf Alternativen setzen

Sicherlich haben diese Fragen noch ihren rechtmäßigen Platz – in Lexika und anderen Orten, die rhetorische Mittel sammeln und erklären. In der Praxis des professionellen B2B-Vertriebs hat die Suggestivfrage nichts mehr verloren. Hier gilt es, den Gesprächspartner ehrlich und auf Augenhöhe zur Entscheidung zu führen. Ohne Tricks und offensichtliche Gedankenvorgaben.

Was meinen Sie?