Der erste Anlauf ist geschafft, und der Kunde zeigt Gesprächsbereitschaft. Die sogenannte Kaltakquise war erfolgreich. Dabei spielt es kaum eine große Rolle, ob es telefonisch, auf einer Messe oder bei sonst einer Gelegenheit zu einem Gespräch gekommen ist. Allerdings sollte es natürlich ein Gespräch sein, das zu einer neuen Kundenbeziehung führen soll oder darauf abzielt, eine bestehende Kundenbeziehung mit einem weiteren oder zusätzlichen Auftrag zu vertiefen.

Viele Vertriebsorganisationen unterscheiden zwischen der  Kaltakquise und dem Management von Bestandskunden. Manche sprechen auch von sogenannten „huntern“, also Jägern, und „farmern“, also Landwirten. Schlachten oder melken? Viele Verkäuferinnen und Verkäufer ordnen sich gerne in diese simple Aufteilung ein. „Ich bin ein Beziehungsverkäufer!“ vs. „Ich bin ein Jäger!“. Die einen halten sich für geeignet, neue Kunden anzusprechen, die anderen fürchten sich davor. Deshalb wird das Erstgespräch völlig anders bewertet als bestehende Kundenbeziehungen. Und das halte ich für falsch!

Kaltakquise oder Bestandsgeschäft – Was ist schon der Unterschied?

Viele Verkäufer werden an dieser Stelle verzweifelt ausrufen: „Kaltakquise, dazu muss man geboren sein!“ Die Erklärung dafür ist, dass diese Verkäufer Zurückweisung nicht ertragen können und deshalb die erste Ansprache völlig anders einschätzen als die Gesprächsführung mit bestehenden Kunden. Wir haben das ja in den vorangegangenen Episoden bereits ausführlich besprochen, sodass wir dies jetzt nicht genauer erörtern wollen. Heute soll es nur um die Gesprächsführung gehen – und um den Irrtum, dass Gespräche mit bestehenden Kunden völlig anders geführt werden sollten als Gespräche mit neuen Kontakten.

Ja, Sie lesen richtig: Kundengespräche sind prinzipiell immer gleich. Es ist nur aus der Sicht des Verkäufers ein Unterschied, ob man sich ewig kennt oder zum ersten Mal trifft. Vielleicht denken Sie jetzt, dass meine Aussage völliger Unsinn ist, aber geben Sie mir noch eine Minute, um den Gedanken zu vertiefen.

Wie so oft nutze ich ein Beispiel aus der natürlichen Kommunikation zwischen Menschen. Wenn Sie seit vielen Jahren glücklich(!) in einer Beziehung leben, dann wissen Sie, dass man sich zwar vertraut sein kann, aber sich nicht wirklich „kennt“. Menschen verändern sich. Wirklich erfolgreiche Beziehungen erkennt man daran, dass die Partner sich immer wieder neu erobern. Sie ruhen sich nicht aus auf der Illusion von „wir kennen uns“ oder „ich weiß doch, was du denkst“. In Beziehungen, die halten, sind die Beteiligten im Prinzip genauso voller Interesse, Neugier und Verständnis für den anderen wie am ersten Tag.

„Wie war der Tag, Liebling“ ist eine erfolgreiche Sendung auf SWR3, die Sie vielleicht kennen. Der Radiomoderator Kristian Thees spricht mit Anke Engelke in der Manier eines Paares über die Ereignisse des Tages. Beide tauschen sich voller Interesse und Zuwendung aus, obwohl sie sich offenbar bereits seit Jahren kennen. Wenn Sie die Sendung schon einmal gehört haben, wissen Sie, was ich meine: Obwohl – oder gerade weil – sie sich gut kennen, sind die Gesprächspartner absolut konzentriert auf den jeweils anderen, und sie gehen eben nicht davon aus, dass sie (vermeintlich) wissen, was der oder die andere will. Das ist die Haltung, die zählt.

Ich will Dich verstehen!

Zurück zu unseren Kundengesprächen. Gehen wir davon aus, dass es zunächst kein großer Unterschied ist, ob Sie den Kunden seit sieben Jahren kennen oder ihn zum ersten Mal sprechen. In diesem Zusammenhang ist es erstaunlich, dass nach wie vor viele Akquisitionsgespräche mit dem Ziel geführt werden, dass ein Termin zustande kommt. Ganze Heerscharen von Marketing-Dienstleistern und Call-Centern werden angeheuert, um Termine für Verkäufer zu machen. Was für eine Geldverschwendung!

Alles, was dabei herauskommt, sind so genannte DFK-Termine. DFK steht für „Diesel für Kekse“: Sie verbrennen Diesel und bekommen im besten Fall Kekse vom Kunden. Wie oft haben Sie schon von anderen Menschen vereinbarte Termine wahrgenommen und dann keinen adäquaten Gesprächspartner vorgefunden? Da sitzt dann zum Beispiel jemand, der vom eigentlichen Ansprechpartner geschickt wurde, weil Ihr Entscheider plötzlich keine Klarheit mehr hatte, warum er den Termin überhaupt wahrnehmen soll. Oder der Entscheider ist zwar anwesend, aber offenbar enttäuscht, weil er nicht mit der sexy Telefonstimme zu tun hat, die den Termin ursprünglich vereinbart hatte.

Sie merken schon, dass ich persönlich solchen Terminverkäufern sehr kritisch gegenüber stehe. Und das meine ich in keiner Weise persönlich oder diskriminierend. Es ist eben so, dass Menschen, die nach einem bestimmten Kennzahlensystem bezahlt werden, dieses Erreichen der Zielgrößen optimieren. Also wird ein Callcenter, das nach Terminen bezahlt wird, immer die Anzahl der Termine erhöhen, ohne wirklich sinnvolle Termine im Auge zu haben. Das darf man nicht dem Callcenter anlasten, sondern dem Auftraggeber!

Und genau deshalb sollten Sie sich selbst für ein Akquise-Gespräch keinen Termin als Ziel setzen, sondern ein besseres Ergebnis. Aber was wäre dieses bessere Ergebnis? Viele Generationen von Verkäufern haben immer wieder versucht, am Telefon einen Termin zu bekommen. Warum sollte das jetzt plötzlich falsch sein?

Lassen Sie mich dazu eine einfache Frage stellen: Würden Sie den Auftrag auch ohne einen Termin annehmen? Na klar würden Sie das! Verzeihen Sie diese rhetorische Frage. Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, dass der Termin keine Notwendigkeit, sondern allenfalls eine mögliche Voraussetzung ist. Und zwar deshalb, weil Sie möglicherweise auch ohne Termin einen Auftrag annehmen würden, oder?

Also dürfen wir noch einmal überlegen, was die richtige, passende Zielsetzung für ein Akquise-Telefonat sein könnte. Zumindest dann, wenn man professionell und mit den Methoden der Neuzeit vorgeht. Wir haben ja schon erarbeitet, dass das eigentliche Ziel der Auftrag ist. Sicherlich ist ein Termin vor Ort beim Kunden eine Erleichterung, um zum Auftrag zu gelangen. Allerdings ist er keine notwendige Voraussetzung. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, den Termin als vorgegebenen Schritt in einen Vertriebsprozess einzubauen. Wir sollten darauf vorbereitet sein, dass der Kunde diesen Schritt wünscht. Aber den Besuch aktiv einzufordern, ist strategisch gesehen ein Fehler. Wie könnte also eine Alternative aussehen?

Am Ende eines jeden Akquisitionstermins steht eine Frage, die sich übrigens auch für jeden Termin bei der Sozialakquise eignet. Die Frage lautet: „Wie verbleiben wir denn jetzt?“ Gut, ich gebe zu, dass das auf den ersten Blick bzw. das erste Hören kaum vorstellbar ist. Also ein Grund mehr, um diese Aussage genauer zu untersuchen. Wie wäre es, wenn Sie im Rahmen des Gespräches Folgendes sagen würden? „Prima, jetzt haben wir ja schon ausführlich über Ihre Anforderungen gesprochen. Ich denke, es ist klar geworden, was Sie stört und was Sie erreichen wollen. Was wäre denn jetzt, aus ihrer Sicht, ein sinnvoller nächster Schritt, um die besprochenen Ergebnisse zu erreichen?“

Die beste Frage zum Schluss des Gespräches

Ist diese Formulierung noch immer zu abstrakt für Sie? Können Sie sich nicht vorstellen, dass das etwas bringen soll? Dann lassen Sie mich den Hintergrund dieser Frage erläutern. Vergleichen wir einmal die übliche Alternative mit diesem Ansatz.

Die meisten Verkäufer würden wohl zum Ende des ersten Gespräches eher etwas sagen wie „Ich würde Ihnen das gerne in einem persönlichen Gespräch näherbringen. Dafür sollten wir uns eine Stunde Zeit nehmen. Wann passt es denn am besten in Ihren Kalender?“ So oder so ähnlich würden die meisten Verkäufer vom ersten Akquise-Gespräch zum nächsten Termin überleiten. Allerdings ist das höchstens der zweitbeste Weg. Warum? Weil wir eine Aussage gemacht haben.

Kein Einwand möglich

Versuchen Sie doch bitte einmal auf eine Frage mit einem Einwand zu antworten. Das klappt nicht. Allerdings ist es geradezu schon eine Einladung zu einem Einwand, wenn Sie eine Bitte, eine Aussage oder ein Angebot formulieren. Wenn Sie eine Aussage nach dem Strickmuster „ich will einen Termin machen“ treffen, dann ist eine ablehnende Antwort nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich.

Was halten Sie stattdessen von folgendem Dialog am Telefon, der am Ende eines Akquise-Gespräches steht?

Verkäufer: „Jetzt haben wir ja schon einige Aspekte besprochen. Was wäre denn aus Ihrer Sicht die weitere Vorgehensweise, um die soeben besprochenen Ergebnisse in Ihrem Unternehmen umzusetzen?“

Kunde: „Ich weiß nicht genau. Vielleicht sollten wir uns einmal treffen.“

Verkäufer: Ja, das wäre möglich. Lassen Sie uns jetzt gleich einen Termin abstimmen, der für uns beide passt. Bei mir ginge übernächste Woche Mittwoch. Das wäre der 24. dieses Monats. Welche Uhrzeit passt für Sie?“

Kunde: „Wie wäre 16 Uhr?“

Verkäufer: „Ja, das trage ich mir ein. Damit ich Ihre Anforderungen genau erfüllen kann: Was möchten Sie am 24. besprechen?“

Kunde: „Ich will Sie einfach mal kennenlernen. Schließlich macht man so eine Investition nicht einfach so am Telefon.“

Verkäufer: „Ja, das ist sicher eine gute Entscheidung. Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht, und da ist es wichtig, dass sich beide Geschäftspartner wohlfühlen. Gehen wir davon aus, dass wir uns gut verstehen. Was wird am Ende unseres Treffens der nächste Schritt für Sie sein?“

Kunde: „Wenn Sie alle Fragen zu unserer Zufriedenheit beantworten können, dann kann ich mir vorstellen, mit Ihnen ins Geschäft zu kommen – vorausgesetzt, der Preis passt.“

Verkäufer: „Ok. Wenn wir uns kennengelernt haben, alle Fragen beantwortet sind und Sie die Investition vom Preis-Leistungs-Verhältnis für gut befinden, dann können Sie sich vorstellen, mit uns in eine erfolgreiche Geschäftsbeziehung einzusteigen. Habe ich das richtig verstanden?“

Kunde: „Unter den genannten Voraussetzungen: Ja.“

Verkäufer: „Prima! Dann sehen wir uns am 24. in Ihrem Haus.“

Fazit: Sicherlich ist es in den allermeisten Fällen der beste Weg, nach dem Akquise-Telefonat einen persönlichen Termin zu vereinbaren. Allerdings ist es keine gute Idee, das selbst vorzuschlagen. Es ist viel besser, wenn Sie eine offene Frage in den Raum stellen und den Kunden entscheiden lassen, was der nächste Schritt sein soll. Es ist nicht überraschend, wenn der Kunde selbst den Termin vorschlagen wird. Und dann ist die Gefahr des Einwands beseitigt. Mehr Fragen. Weniger Sagen.

Was halten Sie von dieser Herangehensweise? Können Sie sich vorstellen, das in einem Gespräch auszuprobieren? Ich freue mich auf Ihre Kommentare!