Woche 15 –   Chefbüro: So finden Sie den richtigen Einstieg

Nur Entscheider treffen Entscheidungen – diese simple Wahrheit verlieren Verkäufer oft aus den Augen. Vor allem dann, wenn Vertriebsorganisationen es gewohnt sind, Anfragen von potenziellen Kunden zu erhalten, verschiebt sich ihre Sicht auf den Kunden. Warum ist das so?

Erst wenn ein Unternehmen mit dem eigenen Auswahlprozess so weit fortgeschritten ist, dass es bereits benennen kann, was gesucht wird, können mögliche Lieferanten angefragt werden. Das können entweder gänzlich neue Lieferanten sein oder solche, die bereits „gelistet“ sind.

Die Personen, die solche Anfragen starten, sind fast nie die Entscheider. Das ist zumindest meine Erfahrung. Falls Sie die Definition aus Woche zwei nicht mehr in Erinnerung haben: Es sind fast immer die Empfehler oder Beeinflusser, die sich an den Lieferanten wenden, um sich einen Überblick über die Angebote des Marktes zu verschaffen. Wenn Verkäufer sich an den Kontakt zu diesen Ansprechpartnern gewöhnen, wird dadurch der Fokus auf den Entscheider gestört.

Lassen Sie mich das mit einer kleinen Geschichte verdeutlichen: Nehmen wir an, Sie haben ein Jobangebot bekommen, das Sie nicht ablehnen konnten. Ihr neuer Arbeitgeber stellt Ihnen ein Auto, ein Notebook, ein Handy und neben einem guten Gehalt auch noch einen lukrativen Zuschuss zur Verfügung, um Ihr Home-Office zu betreiben. Das Produkt, das Sie nun verkaufen werden, hat einen technologischen Vorsprung von mindestens 3 Jahren zu allen Wettbewerbern. Ihre Aufgabe ist es, neue Kunden dafür zu gewinnen. Sie haben eine Liste von mittelständischen Unternehmen mit 300-600 Mitarbeitern, die Ihre Zielgruppe bilden.

Wie fangen Sie an? Ach ja: Bei dem Produkt handelt es sich um Toilettenpapier. Aber wie schon erwähnt mit einem enormen technologischen Vorsprung. Der erste Impuls ist sicher, den Verantwortlichen für die Beschaffung von Toilettenpapier ausfindig zu machen. Was wird dieser wohl sagen, wenn Sie ihn kontaktieren und Ihr Angebot beschreiben? Die Vermutung liegt nahe, dass er darauf hinweisen wird, dass es bereits einen Lieferanten gibt, dass Sie aber Ihr Angebot gerne zusätzlich einreichen können. Man wird dann auf Sie zukommen, sobald eine neue Einkaufsentscheidung ansteht und ein Wechsel attraktiv erscheint.

Aber ist der Verantwortliche für die Beschaffung wirklich der Entscheider? Nun, wenn es einen Beschaffungsprozess für eine bestimmte Sparte von Produkten in einem Unternehmen gibt, dann ist das durchaus vorstellbar. Aber so kommen wir nicht weiter. Vielleicht müssen wir gedanklich noch einen Schritt zurückgehen und die berühmte Wozu-Frage stellen: Wozu benötigt dieses Unternehmen Toilettenpapier?

Wenn Sie diese Frage ganz nüchtern beantworten, entsteht vielleicht diese Antwort: „Wir beschaffen Toilettenpapier, weil wir die Toiletten für die Benutzung durch Mitarbeiter und Gäste vernünftig ausstatten müssen.“ Es geht also um die Bestückung von Toiletten. Diesen Zweck könnte man durch die Beschaffung von Toilettenpapier, Seife und anderen Artikeln lösen. Allerdings gibt es längst schon Anbieter, die zusätzlich zu ihren Produkten auch noch eine Dienstleistung anbieten, die man vereinfacht als „Toiletten-Outsourcing“ bezeichnen könnte. Was nützt diese Form der Dienstleistung? Nun ja, sie bietet den gleichen Effekt, nämlich die zuverlässige Ausstattung von Toiletten, bindet aber keine internen Ressourcen für Tätigkeiten, die nicht dem Unternehmenszweck geschuldet sind. Wenn wir diesen Ansatz wählen, ist der Beschaffer von Toilettenpapier kaum der richtige Ansprechpartner. Jetzt müssen wir höher in die Organisation.

Wenn wir uns allerdings von unten hocharbeiten würden, wäre das mühsam. Wenn wir etwa den Chef des Einkäufers ansprechen würden, würde uns dieser sicherlich wieder an seinen Mitarbeiter verweisen. Wir müssen eine Person finden, die sich für den Nutzen unseres Angebots für das Unternehmen interessiert. Um diese Person zu finden, gibt es eine Faustregel: Im Zweifel eins höher.

Es spricht also alles dafür, ganz oben im Unternehmen anzufangen und von dort aus den passenden Entscheider zu finden. Sicher dürfte der Geschäftsführer eines Unternehmens mit 300 Mitarbeitern sich kaum für das Outsourcing von Toiletten interessieren – aber vielleicht sein kaufmännischer Leiter.

Über die Assistentin können Sie leicht herausfinden, wer für Ihr Thema zuständig ist © Fotolia 2014/ milanmarkovic78

Über die Assistentin können Sie leicht herausfinden, wer für Ihr Thema zuständig ist © Fotolia 2014/ milanmarkovic78

Sie dürfen gerne diese Vorgehensweise ausprobieren: Unsere Zielperson ist die Assistenz des Geschäftsführers. Deren Name dürfte leicht in der Telefonzentrale zu erfragen sein. Wenn wir sie am Telefon haben, stellen wir ihr diese Frage: „Angenommen, Herr >Geschäftsführer< müsste sicherstellen, dass >Unternehmen< im Zusammenhang mit >Nutzenversprechen< noch immer eine führende Position im Wettbewerbsvergleich einnimmt – angenommen das wäre sein Ziel – wen bei Ihnen im Hause würde er damit beauftragen?“ Selbstverständlich ersetzen Sie >Geschäftsführer< und >Unternehmen< mit den richtigen Namen und fügen Ihr Nutzenversprechen ein.

Warum klappt diese Methode? Nun, die Assistenz hat üblicherweise die Aufgabe, wichtige Angelegenheiten vorzusortieren und sicherzustellen, dass Angelegenheiten auf den richtigen Schreibtischen landen. Deshalb dürften Sie auf diese Weise schnell und einfach erfahren, wer Ihr Ansprechpartner ist. Entweder wird die Assistenz sinngemäß sagen, „Da kümmert er sich selbst darum“ oder Sie bekommend den Namen des richtigen Ansprechpartners. In beiden Fällen haben Sie jetzt Ihre Zielperson und Sie können dort für die Akquisition ansetzen.

In der kommenden Woche beschäftigen wir uns mit der Frage, ob und wie wir unsere Ansprechpartner so auf die Ansprache vorbereiten, dass das Gespräch mit höherer Wahrscheinlichkeit gelingen kann.