Als Sales Director sollten Sie das tun, was der Titel schon sagt: Dem Vertrieb die „direction“, also eine Richtung, geben und ihn lenken.

Wenn man nach der richtigen Richtung sucht, benutzt man heute ein Navigationssystem. Und als das vor ein paar Jahren noch nicht so verbreitet war, konnte man sich anhand von Landkarten orientieren.

Diese Ausgabe beschäftigt sich mit Navigationssystemen und Landkarten, die der clevere Lenker im Vertrieb benutzen sollte, um sein Vertriebsteam gut aufzustellen und in die richtige Richtung zu entsenden.

Strategie ist die große Ordnung

Die Vertriebsstrategie ist die Orientierung für Alltagsentscheidungen von Sales Director und Mitarbeitern. Sie ist wesentlich mehr als eine Arbeitsanweisung. Sie versetzt die Mitarbeiter in die Lage, selbst und eigenständig die besten Entscheidungen im täglichen Umgang mit den Kunden zu treffen.

Man kann die Strategie auf verschiedene Kernprozesse des Vertriebs anwenden:

  • Geschäftsfeldstrategie
  • Akquisitionsstrategie
  • Gesprächsstrategie
  • Angebotsstrategie
  • Preisstrategie

Werfen wir einen Blick auf diese unterschiedlichen Strategie-Bereiche im modernen Vertrieb und sehen uns an, was ein Sales Director im Alltag konkret damit anfangen kann.

Geschäftsfeldstrategie – Wie entscheiden unsere Kunden und was bedeutet das für unsere Methodik im Verkauf?

Wir haben in vorangegangenen Ausgaben bereits ausführlich über das Thema Vertriebsstrategie gesprochen. Das Modell von Peter Grimm ist dabei sehr hilfreich: Er unterschiedet in einer einfachen Matrix die bevorzugte Weise, in der die Kunden entscheiden, nach zwei einfachen Fragen:

  • Hat der Kunde eine klare Vorstellung, was genau er braucht (links) oder weiß er nur, dass er eine Lösung braucht, weil er ein Problem hat (rechts)?
  • Hat der Kunde Bedürfnis nach langfristiger Zusammenarbeit und Nähe (oben) oder verspürt er eher große Wechselbereitschaft und kann er beliebig Anbieter austauschen (unten)?
Sales Director: Geben Sie dem Vertrieb eine Richtung

© Stephan Heinrich. Nach einem Modell von Peter Grimm (www.marktspiel.de)

Wichtig ist, dass wir dabei grundsätzlich überlegen, wie die Kunden entscheiden, die wir haben können und haben wollen!

Wie entscheidet der Kunde?

In meinen Trainings stelle ich den Teilnehmern oft diese Frage: „In welchen der vier Geschäftsfelder (1. Niedrigster Preis | 2. Beste Beziehung | 3. Beste Lösung | 4. Durchsetzen) können Sie erfolgreich Geschäfte machen?“

Ziemlich oft kommt dann die spontane Antwort: „In allen vieren!“ Das ist verständlich aber falsch. Wirklich falsch? Ja, weil man nicht in allen vier Geschäftsfeldsegmenten gleichzeitig erfolgreich sein kann. Das liegt daran, dass die diagonal gegenüberliegenden Geschäftsfelder sich jeweils ausschließen.

Sales Director: Geben Sie dem Vertrieb eine Richtung

© Stephan Heinrich. Nach einem Modell von Peter Grimm (www.marktspiel.de)

Gleichzeitig Beste Beziehung und Durchsetzen kann nicht klappen. Ebenso wenig wie gleichzeitig Beste Lösung und Niedrigster Preis. Deshalb ist es ratsam, sich auf ein Geschäftsfeld oder allenfalls zwei benachbarte Fehler zu konzentrieren. Im Ausnahmefall könnte es auch gelingen, sich auf drei Geschäftsfelder zu konzentrieren. Alle vier hat noch nie ein Unternehmen erfolgreich (!) abgedeckt.

Geschäftsfelder klar trennen

Der professionelle Sales Director kann klar bestimmen, welche Geschäftsfelder sein Team bedienen soll – und welche nicht. Und er zeigt seinem Team, mit welchen Maßnahmen man Kunden innerhalb der Geschäftsfelder bewegen kann.

Nehmen wir beispielsweise einen Kunden, der sich im ungeliebten Segment „Niedrigster Preis“ bewegt. Er hat viel Know-how (oder denkt das) und will keine Nähe, sondern maximale Wechselbereitschaft bei seinen Lieferantenbeziehungen. Wenn Sie nicht den niedrigsten Preis bieten können oder wollen, haben Sie noch zwei Möglichkeiten, bevor Sie den Kunden aufgeben:

  • Durch Sympathie den Käufer zu mehr Nähebedürfnis führen (nach oben bewegen)
  • Durch Verwirrung das Gefühl des Wissens beim Käufer stören (nach rechts bewegen)

Wenn beides nicht möglich ist, bleibt Ihnen nur noch, diesen Kunden aufzugeben und einen anderen Kunden zu finden – vorausgesetzt, Sie wollen oder können die Preisvorstellungen des Kunden nicht bedienen.

Ein Sales Director sollte in der Lage sein, dieses strategische Handlungsfeld nüchtern zu beurteilen und seinem Team klare Richtwerte zu geben.

Akquise-Strategie – Welche Kunden wollen wir?

Kaum eine Vertriebsorganisation kommt ohne Neukunden aus. Also bewegt jeden Sales Director die Frage, wie man neue Kunden findet und bindet.

Fokus statt Beliebigkeit ist die einfache und häufig ungeliebte Antwort, denn wer will im Vertrieb schon eine Chance vergehen lassen? Schließlich will man alle, aber auch wirklich alle Kunden gewinnen. Aber stimmt das wirklich?

Wir alle kennen Kundenbeziehungen, die ganz wunderbar funktionieren und ebenso solche Fälle, bei denen es weder für den Kunden, noch für uns eine Freude ist, an der Geschäftsbeziehung festzuhalten.

Die wichtigsten Fragen sind:

  • Welche Kunden wollen wir wirklich?
  • Woran erkennen wir die besten Kunden?
  • Wie kommen wir an diese Kunden heran?
  • Wie finden uns die besten Kunden?

Wenn Sie tiefer in die Beantwortung dieser Fragen einsteigen wollen, können Sie unsere Beitragsreihe zur Akquisition benutzen, um ihr Team zu beflügeln.

Ein erster Schritt sollte jedoch mindestens sein, dass Sie ihrem Team eine Entscheidungshilfe in Form eines „Wunschkundenprofils“ zur Verfügung stellen. Mit dieser strategischen Hilfe kann jeder Mitarbeiter im Verkauf selbst entscheiden, welche Neukunden er ansprechen will, und welche er besser ignoriert.

Gesprächsstrategie – Was wollen wir vor Ort bewirken?

Sobald es gelungen ist, beim Kunden Gesprächsbereitschaft herzustellen, wollen wir im Dialog ein Ergebnis herbeiführen.

Manchmal gelingt das ganz hervorragend und dann wieder gar nicht. Wie kann man den Gesprächserfolg regelmäßig sicherstellen, auch wenn völlig unterschiedliche Ausgangssituationen in jedem Gespräch wahrscheinlich sind?
Wie lässt sich in allen Gesprächen eine Mindestqualität einhalten, auch wenn immer neue Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen am Tisch sitzen? Kann man Gesprächsqualität irgendwie messbar machen und dadurch den Mitarbeitern einen sinnvollen Leitfaden geben?

Ja, all das ist möglich. Aber bitte erwarten Sie keine „Choreografie“ eines Gespräches, die dann alle Verkäufer beim Kunden „nachtanzen“ sollen und damit erfolgreich sein sollen. Es ist lächerlich, ein Gespräch zwischen zwei Personen so zu planen, dass Schritt für Schritt vorgegeben ist, wie bei einer Ballett-Aufführung. Das kann nur klappen, wenn beide wissen was getanzt wird und gemeinsam geübt haben – was im Vertrieb nicht zutrifft.

Die Gesprächsstrategie bildet eine Landkarte von Themen ab, die der Mitarbeiter im Verkauf nach und nach betritt, ohne, dass die Reihenfolge vorgegeben ist. Statt eines „Leitfadens“, der passen kann, aber selten genau passt, orientieren wir uns besser an einer Landkarte, die Umwege, Ausweichrouten oder den direkten Weg beschreibt – je nachdem, was gerade gefragt ist.

Die wichtigsten Fragen sind:

  • Was wollen wir im Gespräch lernen?
  • Was müssen wir über die Motive des Kunden wissen?
  • Was sollte der Kunde heute von uns erfahren?
  • Wie wird die Entscheidung ablaufen?
  • Was passiert als nächstes?
  • Was genau haben wir als nächste Schritte vereinbart?

Angebotsstrategie – Wie soll der Kunde entscheiden?

Es gibt nur einen vernünftigen Grund, ein Angebot zu machen: Damit es angenommen wird. In vielen Vertriebsorganisationen ist die Annahmequote von Angeboten jedoch deutlich unter 50%. In vielen Fällen werde ich sogar mit Angebotsquoten unter 20% konfrontiert. Also nur ein Angebot von fünf führt zum Auftrag. Woran liegt dieses schlechte Ergebnis?

Vielleicht daran, dass der Vertrieb so eingestellt ist, dass man sich freut, wenn man ein Angebot abgeben „darf“. Aber ist das wirklich ein Grund zur Freude? Oder ist es eher Beschäftigungstherapie?

„Machen Sie mir mal ein Angebot“ sagt der Kunde und der Verkäufer freut sich. Aber ist das richtig? Besser wäre es vielleicht dem Kunden zu erwidern: „Wir haben uns vorgenommen, nur noch annehmbare Angebote zu machen. Was dürfen wir ins Angebot schreiben, damit Sie eine gute Entscheidung treffen können?“

Dann können wir im folgenden Dialog herausarbeiten, was der Kunde lesen will, um passend zu entscheiden. Statt sich zurückzuziehen und irgendeinen Inhalt eines Angebotes zu erfinden, nutzen wir den Dialog mit dem Kunden um das perfekte Angebot mit ihm gemeinsam zu gestalten, um die Entscheidung zu begünstigen.

Preisverhandlungsstrategie – Wie bekommen wir das, was uns zusteht?

Im Zusammenhang mit Preisverhandlungen gibt es eine einfache Erkenntnis: Selbst schlechte Einkäufer führen Verkäufer immer an den Punkt, wo kein Nachlass mehr möglich ist. Zumindest gilt das, wenn Verkäufer die Mechanismen nicht durchschauen. Und genau dafür muss ein guter Sales Director die Richtung vorgeben.

Was ist damit gemeint? Nun stellen Sie sich vor, Ihr Mitarbeiter hat die Verhandlungsfreiheit, bis zu 15% Rabatt zu geben. Und stellen wir uns weiter vor, dieser Mitarbeiter kommt mit stolz geschwellter Brust vom Kunden zurück und berichtet: „Der Kunde wollte 10% Rabatt, aber ich bin stark geblieben: Ich habe gesagt, der Listenpreis gilt! Er hat zwar nicht gekauft, aber ich war preisstabil.“

Klar, dass dieser Mitarbeiter zum Dank keinen Blumenstrauß bekommt. Er hätte ja noch nachlassen können. Bis zu 15% hätte er gedurft.

Und genau, weil Mitarbeiter wissen, dass Sie kein Lob bekommen, wenn Sie hohe Preise durchsetzen und verlieren – genau deshalb werden Mitarbeiter im Vertrieb immer bis zum letzten Preis gehen, ehe sie sagen: „Das ist der letzte Preis – kaufen Sie oder lassen Sie es sein…“

Clevere Einkäufer haben längst gelernt, dass Sie genau diese ultimative Forderung („Kaufen Sie oder lassen Sie es sein!“) abwarten müssen, um dann gefahrlos zum besten Preis kaufen zu können.

Wenn Sie als Sales Director bessere Preisverhandlungen erreichen wollen, geben Sie klare Grenzen vor. Wenn Sie mutig sind, stellen Sie alles auf eine Fest-Preis-Strategie um.

Wie kann man Strategie im Vertrieb als Führungskraft nutzen?

Strategie bedeutet eine Richtung vorzugeben und einen Maßstab anzubieten, damit Mitarbeiter selbst gute Entscheidungen treffen können. Wenn Sie es Ihren Mitarbeitern nicht zutrauen, alleine gute Entscheidungen zu treffen, ist das ein Indiz dafür, dass Sie keine gute Strategie haben und dass Sie selbst – sozusagen als Künstler – situationsbezogen und ohne echte Regeln entscheiden müssen, was gut ist und was nicht. Dadurch beschränken Sie die Leistungsfähigkeit Ihrer Organisation.

Bestimmen Sie die Regeln, nach denen Ihre Mitarbeiter entscheiden sollen, statt selbst in jede Entscheidung eingreifen zu müssen und verschaffen Sie dem Unternehmen auf diese Weise die Möglichkeit zu wachsen.

Der Sales Director gibt Richtung und Sinn

Menschen, die im Verkauf arbeiten sind permanent dem Gegenwind des Marktes ausgesetzt. Gut ausgebildete Einkäufer und – oft sozial höher gestellte Personen – versuchen zu ihrem eigenen Vorteil, die Vitalität von Verkäufern zu brechen.

Es liegt am Sales Director, die Richtung und den Halt zu geben um diese Bemühungen der Marktteilnehmer ins Leere laufen zu lassen und selbstbewusst und ohne jede Arroganz mit Kunden auf Augenhöhe zu arbeiten und gute Entscheidungen zu bewirken.