Das Nachfassen von Angeboten gehört zu den weniger geliebten Aufgaben im Vertrieb. Schließlich hat der Verkäufer seine Arbeit schon fast ganz erledigt: Akquise, Bedarfsermittlung, Präsentation, Preisverhandlung und das Angebot ist auch schon längst fertig. Warum bestellt der Kunde nicht einfach?

„Haben Sie mein Angebot erhalten?“

Was sagt man, wenn man den Kunden an den Auftrag erinnern will? Die Frage, ob das Angebot angekommen ist, wirkt irgendwie albern. Wie oft kommt es schon vor, dass ein Brief oder eine E-Mail nicht ankommt. Da ist es schon häufiger, dass man keine Zeit oder keine Lust hatte, sich damit zu beschäftigen. Aber das wäre wohl auch keine gute Frage: „Hatten Sie keine Lust, sich mein Angebot anzusehen?“

Dann also vielleicht eher „Darf ich Sie an den Auftrag erinnern …“ Für die meisten Menschen dürfte das eher ungebührlich erscheinen. Aber ist es das wirklich? Einerseits ist es schon ein wenig frech, aber andererseits: Wozu sollte man denn sonst ein Angebot machen? Es entsteht doch nur, weil wir damit rechnen, dass der Kunde es annehmen wird. Sonst wäre es ja eher eine Preisliste oder Ähnliches.

Angebote präsentieren

Wäre es nicht besser, man versendet das Angebot nicht einfach, sondern präsentiert es? Dann nimmt sich der Kunde Zeit, es präsentiert zu bekommen. Er kann seine Fragen stellen, die wir sofort beantworten können. Außerdem entfällt dann die Ausrede „Ich hatte noch keine Zeit, mir das Angebot anzusehen.“ Auch wenn viele Verkäufer auf die Angebotspräsentation schwören, will ich einen kritischen Blick darauf werfen.

Wenn ich um ein Angebot bitte und mir der Verkäufer dann einen Termin aufschwätzen will, um das Angebot zu präsentieren, lehne ich das ab. Ich stelle mir vor, wie mir jemand etwas langwierig erklärt, das ich ansonsten mit einem Blick erfasst hätte. Mir graut vor nerviger Zeitverschwendung, wenn jemand mir in meinem Büro umständlich ein Angebot vorliest, das ich selbst ruckzuck durchgelesen hätte.

Meine Ablehnung wird dann meistens gekontert: „Es ist besser, wenn wir das präsentieren, damit Sie es besser verstehen und wir alle Fragen direkt klären können.“ Ich antworte dann meistens „Gehen Sie doch bitte davon aus, dass ich als Unternehmer durchschnittlich intelligent bin. Wenn Sie sich Mühe geben, können Sie das Angebot sicherlich so schreiben, dass ich es verstehe und keine wichtigen Fragen offenbleiben…“ Bäähm. Peinliches Schweigen und ich grinse.

Vielleicht gibt es eine bessere Methode. Schließlich ist es auch nicht besonders ökonomisch, das Angebot beim Kunden vor Ort vorzustellen. Wenn es also einen Weg gibt, den Auftrag wahrscheinlicher zu gestalten, ohne diesen zusätzlichen Aufwand investieren zu müssen, wäre das doch hilfreich.

Vereinbarung vorher treffen

Wie wäre es, wenn Sie künftig mit dem Kunden den weiteren Ablauf bis zur Beauftragung vereinbaren? Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Verkaufsgespräch an der Stelle angelangt, wo es um die Erstellung eines Angebotes geht. Sie haben alles besprochen. Jetzt sagt der Kunde sinngemäß „Machen Sie mir bitte ein Angebot“.

Manche Verkäufer würden jetzt fröhlich ihre Sachen zusammenpacken und ins Büro fahren, um das Angebot zu erstellen. Bevor ich das mache, stelle ich noch ein paar Fragen: „Sehr gerne. Was soll denn in dem Angebot stehen, damit Sie eine gute Entscheidung treffen können?“

Darauf reagieren Kunden zunächst verwirrt. Sie sagen etwas wie: „Ja – was Sie da eben so reinschreiben …“ Das greife ich auf und antworte: „Wie legen großen Wert darauf, dass wir nur annehmbare Angebote abgeben. Deshalb ist es so wichtig, dass ich jetzt genau verstehe, was Sie an Informationen benötigen, um eine gute Entscheidung zu treffen.“

Jetzt entwickelt sich ein Dialog, bei dem ich verstehe, welche Inhalte und Daten der Kunde erwartet. Wir sprechen über Umfang und Detailgrad des Angebotes. Ich kann förmlich sehen, wie mein Plan für das zu erstellende Angebot durch die Gedanken des Kunden geformt wird. Ich will schließlich, dass er später – wenn das Angebot auf seinem Tisch liegt – einfach nur denkt „Ja! So habe ich mir das vorgestellt.“ Dazu muss ich natürlich erst mal verstehen, wie er es sich vorstellt.

Konditionalabschluss

Wenn ich alles mit ihm besprochen habe und keine weiteren Anmerkungen und Wünsche mehr vom Kunden kommen, möchte ich am liebsten schon jetzt den Auftrag. Das kennen Sie bestimmt: Wir wissen ja schon, dass wir der passende Partner für den Kunden sind – nur er selbst muss es noch erkennen.

Aber im Ernst: Wäre es nicht wunderbar, wenn wir schon jetzt den Auftrag bekämen? Leider ist das in den meisten Fällen vor dem Angebot nicht möglich. Aber wenigstens in den Gedanken des Kunden sollten wir diesen Auftrag abholen.

Ich nenne das den „Konditionalabschluss“. Damit meine ich eine Beauftragung im Konjunktiv. Voraussetzung ist, dass der Kunde alle seine Wünsche und Bedingungen geäußert hat. Dann frage ich den Kunden „Wenn wir alles wie besprochen anbieten – sind wir dann im Geschäft?“

Durch diese Frage ausgelöst könnte es sein, dass jetzt noch weitere Einschränkungen kommen. Beispielsweise: „Ja, aber nur, wenn der Preis stimmt!“ Diese neuen Konditionen baue ich mit in den Konditionalabschluss ein: „Okay. Wenn also alles wie besprochen angeboten wird und der Preis passt – sind wir dann im Geschäft?“

So erreiche ich, dass der Kunde sich vorstellt, wie er mit mir ins Geschäft kommt. Das ist eine sehr hilfreiche Denkübung, weil dadurch umso wahrscheinlicher wird, dass er später – sobald das richtige Angebot vorliegt – die bereits eingeübten Denkvorgänge wieder ausführt. Aber wir sind noch nicht ganz am Ziel.

Sobald der Kunde konditionell zustimmt, bringe ich noch den Faktor Zeit ins Spiel und frage. „Bis wann brauchen Sie das Angebot?“ Jetzt bekomme ich eine Antwort. Dann frage ich weiter: „Okay, Frau Kunde. Gehen Sie bitte davon aus, dass Sie das Angebot zum gewünschten Termin vorliegen haben. Bis wann kann ich dann mit dem Auftrag rechnen?“

Drückermethoden oder konsequentes Arbeiten?

Manchmal kommt es vor, dass einige meiner Teilnehmer in den Seminaren an dieser Stelle das Gesicht verziehen und sich mit verschränkten Armen zurücklehnen. Wenn ich sie darauf anspreche, dann höre ich oft, dass dieses konsequente Nachfragen als Drückermethode empfunden wird, die „nicht zum Unternehmen passt“.

Ich kann diese Einschätzung verstehen. Allerdings weiß ich gleichzeitig, dass sie unbegründet ist. Das weiß ich, weil ich bisweilen eine Wette anbiete: „Wenn Sie es zehnmal ausprobiert haben und mehr als einmal Ablehnung erfahren haben, gebe ich einen aus!“ Es hat noch nie einer gewonnen.

Das liegt daran, dass es seitens des Kunden nicht als unangenehm empfunden wird. Er will ja in der Regel ein Angebot, weil er tatsächlich investieren will. Wenn jemand ihm freundlich und konsequent dabei hilft, seine Optionen und Anforderungen zu verstehen, damit die beste Lösung entsteht – warum sollte das unangenehm wirken?

Erst wenn also eine Zustimmung zu dem theoretischen Auftrag für ein theoretisches Angebot vorliegt, mache ich mich auf den Heimweg, um das Angebot zu erstellen. Und nehmen wir an, mein Gesprächspartner weigert sich, selbst im Konjunktiv einen Auftrag zuzusagen. Wirklich? Ist das realistisch?

Nehmen wir uns selbst als Beispiel: Wir haben doch kein Risiko, wenn wir einem potenziellen Lieferanten sinngemäß sagen: „Wenn alles zu meiner Zufriedenheit ist, nehme ich das Angebot an.“ Kein Risiko. Wir könnten jederzeit sagen, dass wir doch nicht zufrieden sind und ihn deshalb nicht beauftragen. Aber was ist von einer Kundenbeziehung zu halten, die selbst unter allen Forderungen nicht zustande kommt? Ich erlebe diese Zurückhaltung nur dann, wenn ich nicht mit dem Entscheider rede und ein weniger kompetenter Gesprächspartner nicht seine Kompetenz übersteigen will. Und das ist dann auch gut zu wissen.

Anders und spannend

Wer so konkret vereinbart hat, was der Kunde zur Entscheidung braucht und wie dieser es bekommt, der schafft sich die besten Voraussetzungen, um den Auftrag zu bekommen – auch ohne nachzufassen. Wenn aber dennoch kein Auftrag eintrudeln will – was können wir dann tun?

Stellen Sie sich vor, Sie sind in einer Alltagssituation. Sagen wir, eine Ansage im Zug. Oder eine Verkäuferin spricht Sie an. Oder vielleicht auch die Begrüßung eines Kollegen, der Sie um etwas bitten will. Nehmen wir an, diese Ansprache ist anders als sonst. Außergewöhnlich. Etwas, das Sie bisher noch nicht kennen. Ganz und gar nicht unangenehm. Irgendwie positiv anders.

Ganz ehrlich: Kämen Sie auf den Gedanken, sich zu wünschen, dass es „normal“ sein soll? Wohl kaum. Unser Gehirn liebt das Merkwürdige. Merk-würdig benennt ja schon, was damit gemeint ist. Es erscheint uns würdig, es wahrzunehmen. Diesen Effekt sollten wir nutzen.

„Ich sitze jetzt schon seit zwei Tagen aggressiv vor dem Telefon, um Ihren Auftrag abzupassen. Jetzt frage ich mich, ob Sie meine Telefonnummer verloren haben …“

Zu frech? Wenn Sie das charmant sagen – wer soll denn darauf griesgrämig reagieren? Also wirklich: Wer darauf aggressiv antwortet – wollen Sie mit diesem Menschen wirklich Geschäfte machen? Oder wie wäre es damit:

„Die Auftragsbestätigung zu Ihrem Auftrag ist auf der Startrampe und will nicht zur Seite gehen. Jetzt fehlt nur noch Ihr Auftrag, sonst kommen wir hier nicht weiter …“

Sie merken schon: Das ist nicht wirklich ernst gemeint. Es ist leicht und fröhlich. Vielleicht sollten Sie diese Leichtigkeit und Fröhlichkeit in den Prozess des Angebotsnachfassens einflechten. Damit aus dem „Prozess“ und der „Verfolgung“ eine freundliche Unterhaltung wird. Man achte auf die Worte.

Fotoquelle Titelbild: © wavebreakmedia/Shutterstock.com