Verkäufer sollten Kommunikation beherrschen. Schließlich ist das der Schlüssel für Verständnis. Wenige von uns haben sich aktiv damit beschäftigt, welche unserer eigenen Verhaltensmuster unseren Erfolg mit Kunden einschränken. Das Verzwickte daran ist, dass wir uns viele schädliche Kommunikationsfallen unbewusst angewöhnt haben. Dieser Beitrag ist ein Ausflug in die Vertriebspsychologie und wird Ihnen so manche unerklärliche Reaktion von Kunden verständlich machen.

„Bitte vergiss deinen Schal nicht, die Nächte sind noch kühl!“ Klingt das für Sie wie ein in der Pubertät oft gehörter Rat? Vielleicht sehen Sie schon die Person, die so spricht, förmlich vor sich stehen? Eine Stimme in Ihrem Kopf sagt jetzt vielleicht „Ich kann selbst entscheiden, wann ich einen Schal brauche!“ Sie reagieren mit Trotz. Ob Sie es glauben oder nicht: Ganz ähnliche Situationen entstehen auch im Geschäftsleben.

Wir reagieren unbewusst auf Zwischentöne

Warum verspüren Sie den Impuls, auf den oben eingefügten Satz ablehnend und rebellisch zu reagieren? Dabei ist dieser Satz doch sicher lieb gemeint und bestimmt auch berechtigt. Diese Frage stellt sich auch im Berufsleben. Zur Erklärung stelle ich Ihnen die „Transaktions-Analyse“ vor. Sie beschreibt drei „Ich-Zustände“ unserer Persönlichkeit: das Eltern-Ich, das Kindheits-Ich und das Erwachsenen-Ich.

Wie wir Aussagen eines Gegenübers wahrnehmen, hängt nicht zuletzt auch von unserer persönlichen Prägung und Erfahrungen aus der Vergangenheit ab.

Die Transaktionsanalyse beschreibt drei „Ich-Zustände“, aus denen unsere Persönlichkeit zusammengesetzt ist und die sich aufgrund äußerer Einflüsse, unserem Wesen und persönlichen Erfahrungen entwickelt haben.

Das Eltern-Ich wurde uns übergestülpt

Das Eltern-Ich ist der Teil unserer Persönlichkeit, der von außen geprägt wurde. Es wird von Eltern, Großeltern, Geschwistern, Lehrern, Trainern und anderen Vorbildern geprägt. Man nennt es auch das programmierte Ich, weil von außen Wertvorstellungen, Regeln, Moral und Vorurteile in unsere Persönlichkeit gelangen.

Man könnte das Eltern-Ich in zwei Hauptbestandteile unterteilen, die man kritisches und fürsorgliches Eltern-Ich nennt. Das kritische Eltern-Ich produziert in erster Line mehr oder weniger freundliche Zurechtweisungen. Wenn jemand im kritischen Eltern-Ich ist, dann wird er freundlich bis wütend darauf hinweisen, dass er Recht hat und ein Anderer nicht. Feste Regeln wie „Männer weinen nicht“, „Der Kunde hat immer Recht“ oder „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ sind typische Botschaften, bei denen das Eltern-Ich Kontrolle auf unser Denken und Handeln ausübt.

Das unterstützende Eltern-Ich produziert ungefragt Hilfsangebote. „Wenn Sie das so machen, geht es leichter“, „Wir haben für Sie ein Angebot erstellt“ oder „Wir möchten Ihnen dabei helfen, dass…“ wären Formulierungen aus diesem Teil des Eltern-Ichs.

Jeder war einmal ein Kind

Das Kindheits-Ich repräsentiert das, was trotz Erziehung von unserem ursprünglichen Ich übrig geblieben ist. Es besteht aus vier Elementen:

  1. Dem natürlichen Kind, das unsere echten und tiefen Gefühle enthält.
  2. Dem kreativen kleinen Professor, der neugierig und schaffensfroh ist.
  3. Dem angepassten Kind, das sich unterwürfig verhält und sich stumm dem Willen Stärkerer beugt.
  4. Dem rebellischen Kind, das sich allem und jedem widersetzt und mutig auf die Barrikaden geht.

Seit wann sind Sie erwachsen?

Das Erwachsenen-Ich entsteht erst im Laufe der Pubertät, wenn sich der Mensch seiner Verantwortung bewusst wird. Es ist dafür da, Impulse aus dem Eltern- und Kindheits-Ich zu dämpfen und nur das zuzulassen, was wir auch wirklich äußern wollen – was sicherlich nicht immer gelingt.

Die zentrale These lautet nun, dass Menschen ihre Kommunikationsinhalte immer aus einem der drei Ich-Zustände heraus senden und dadurch die Reaktion der Gesprächspartner beeinflussen. Das heißt: Wenn Sie eine Botschaft aus dem Kindheits-Ich senden, wird oft eine Reaktion aus dem Eltern-Ich folgen und umgekehrt. Nur Botschaften aus dem Erwachsenen-Ich locken eine Reaktion auf Augenhöhe aus dem Erwachsenen-Ich des Gegenübers. Lassen Sie mich ein paar Beispiele untersuchen:

A: „Ich habe eine tolle Idee: Wir sollten ab sofort allen neuen Kunden einen Blumenstrauß schicken und uns für das Vertrauen bedanken!“

B: „Unsinn. Das ist viel zu teuer und außerdem bringt das nichts.“

Die Aussage aus dem kreativen Kindheits-Ich (kleiner Professor) bewirkt eine Reaktion aus dem kritischen Eltern-Ich.

A: „Heute bei dem schönen Wetter würde ich am liebsten draußen arbeiten!“

B: „Du kannst ja heute Abend auch noch auf dem Balkon sitzen, wenn du Feierabend hast.“

Die emotionale Aussage aus dem Kindheitstraum-Ich bewirkt eine Reaktion aus dem unterstützenden Eltern-Ich.

Der Rebell in uns ist sehr wach

In beiden Fällen ist das Kind schon fast zu sehen. Es hat eine kreative Idee oder äußert ein spontanes Gefühl. Und die Antwort kommt nicht wirklich aus Augenhöhe. Sie ist im einen Beispiel kritisch und zurechtweisend und im anderen bietet sie einen Lösungsvorschlag, der jedoch nicht gefragt war.

Das funktioniert auch andersherum. Wenn eine Aussage aus dem Eltern-Ich kommt, ist eine Reaktion aus dem Kindheits-Ich zu erwarten.

A: „Nur mit der XY-Methode werden die besten Resultate erzielt.“

B: „Das kann man so nicht sagen, denn auch mit der AB-Methode haben wir schon gute Resultate erzielt!

Die belehrende Aussage aus dem kritischen Eltern-Ich bewirkt prompt eine rebellische Aussage aus dem Kindheitstraum-Ich.

A: „Wir haben ein Konzept für Sie erarbeitet, das genau Ihr Problem löst.“

B: „Wenn es so einfach wäre, wären wir schon längst selbst drauf gekommen!“

Auch hier bewirkt eine Aussage aus dem unterstützenden Eltern-Ich (wir wollen ja nur helfen…) eine rebellische Aussage aus dem Kindheits-Ich.

Was bedeutet dies nun im Berufsleben? Wenn Sie in geschäftlichen Situationen völlig zu Recht und gestützt durch Ihre fachliche Kompetenz etwas vorschlagen, ist es oft leider so, dass Sie das rebellische Kind Ihres potentiellen Kunden ansprechen und Widerspruch erfahren. Im schlimmsten Fall merken Sie das gar nicht, weil der Kunde seine spontane Erwiderung zunächst höflich unterdrückt, aber später umso vehementer – und oft unerwartet – eine rebellische Erwiderung ausruft.

Wie kann man also auf Augenhöhe im Erwachsenen-Ich bleiben?

Nun, zumindest in der Theorie ist es ganz einfach: Indem man Aussagen auf sich bezieht und den Anderen nicht beurteilt oder indem man ehrliche und offene Fragen stellt.

Eine der beiden typischen Äußerungen bezieht sich auf den Unterschied zwischen Ich-Botschaften und Du-Botschaften. Wenn wir sinngemäß sagen „Du bist…“, dann ist das eine Wertung, die überheblich ist. Man urteilt über den Anderen. Das ist eine typische Aussage aus dem Eltern-Ich. Alternativ kann man solche Aussagen auch ohne Wertung formulieren. Dann lässt man den Bezug zum Anderen und damit die Wertung einfach weg: „Ich sehe/fühle/denke…“

Die andere Form der Botschaft aus dem Erwachsenen-Ich ist die schon besprochene ehrliche und offene Frage. Ehrlich, weil wirklich eine Antwort erhofft wird, und nicht nur eine verdeckte Botschaft gesendet wird. „Wann willst Du eigentlich Dein Zimmer aufräumen?“, mag zwar rein semantisch als Frage gelten, ist aber wohl eher als Aufforderung zum Aufräumen zu sehen. Das ist nicht ehrlich. Andererseits steht jede geschlossene Frage grundsätzlich unter dem Verdacht, eine Unterstellung zu sein. Bei der (geschlossenen) Frage „Leiden Sie auch unter Fußpilz?“ schwingt mit, der Befragte habe Fußpilz – auch wenn das vom Fragesteller in keiner Weise so gemeint war.

Wenn Sie sich angewöhnen, Ihre „Transaktionen“ aus dem Erwachsenen-Ich zu senden, kann Sie die Qualität Ihrer Unterhaltungen enorm verbessern. Das ist nicht immer leicht, weil wir gerade dann, wenn wir „blöd angemacht“ werden, impulsiv reagieren wollen. Allerdings zeigt es sich, dass beispielsweise das Personal im Service, allen voran das fliegende Personal bei Fluggesellschaften, sehr gut lernen kann, Beschwerden und Angriffe nicht persönlich zu nehmen und auf Augenhöhe zu reagieren.

Nix neues aus der Vertriebspsychologie für Ihre Kommunikation?

In meinen Seminar höre ich oft den Vorwurf, dass diese beiden Modelle uralt sind und man sie „schon kenne“. Allerdings geht es nicht um das kennen, auch nicht um das können, sondern um das konsequente Anwenden in der gelebten Alltagspraxis.

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