Schwierige Verhandlungen für Verkäufer sind Preisverhandlungen, Konditionsgespräche und sogenannte Jahresgespräche. In diesem Beitrag bekommen Sie einen nachvollziehbaren Plan, um sich und Ihre Kollegen für schwierige Verhandlungen zu stärken.

Aber genügt das Lesen eine Blogbeitrags, um in der nächsten Verhandlung mit einem professionellen Einkäufer oder ausgefuchsten Geschäftsführer wirklich zu bestehen?

Gegenfrage: Genügt es, wenn ich am Wochenende einen Pilotenkurs mache, um dann eine 747 von Frankfurt nach Los Angeles zu fliegen?

Vielleicht ja, aber nur, wenn alle Bedingungen optimal sind und nichts Unvorhergesehenes geschieht. Ich würde jedenfalls bei so einem Piloten lieber nicht mitfliegen. Ich möchte einen Piloten, der nicht nur ein- oder zweimal trainiert hat, sondern immer wieder herausfordernde Situationen im Training meistert und schwierige Manöver im Simulator ausprobiert hat. Und Sie?

Was bedeutet das in Bezug auf schwierige Verhandlungen zwischen Einkauf und Verkauf? Wie kann man auf all die unvorhergesehenen Wendungen reagieren? Wie landet man seine Verhandlung sicher und mit Ertrag?

Im Einkauf wird das Geld verdient

Aus Sicht des Verkäufers wird hier das Geld sehr oft ganz unnötig verschenkt. Nach vielen Anstrengungen hat man fast den Zuschlag. Man hat sich gegen andere Wettbewerber durchgesetzt. Man ist so kurz vor dem Ziel und braucht jetzt nur noch einen klitzekleinen Schritt zu gehen. Nur ein kleines bisschen Rabatt muss noch gegeben werden oder ein winziges Zugeständnis. Und dann noch eines und noch eines und flugs ist ein großer Teil der Erträge in ein paar Minuten verloren.

Der Stundenlohn des Einkäufers steigt in astronomische Höhen, weil er in wenigen Minuten zwar kleine Prozente, aber große Euros an Nachlass bewirkt hat. Der Verkäufer tröstet sich damit, den Auftrag an Land gezogen zu haben. Der vermeintliche Verhandlungserfolg ist jedoch in Wirklichkeit ein Aderlass, der mit Umsatzsteigerung kaum aufzufangen ist. Selbstgemachte Ertragsprobleme quälen viele Verkaufsorganisationen, obwohl sie mit einfachen Mitteln das Verhandlungsgeschick ihrer Verkäufer beflügeln und bei schwierigen Verhandlungen die Oberhand behalten können.

Schwierige Verhandlungen ganz einfach

Wie wäre es, wenn Sie Ihre üblichen Meetings und Vertriebstagungen dazu nutzen würden, Ihre Verhandlungspraxis zu verbessern und auf Dauer eine der wichtigsten Stellschrauben für ertragreiche Kundenbeziehungen optimal einstellen?

Hier bekommen Sie zwei einfache Übungen, die Sie in Ihre Vertriebsmeetings einbauen können, um immer wieder ein einfaches Verhandlungstraining durchzuführen.

1. Übung – Fordern und Nachgeben

Bei dieser Übung geht es darum, in (fast) ausweglosen Situationen zu verhandeln. Es gibt einerseits berechtigte Forderungen, die aber andererseits nicht erfüllbar erscheinen.

Die Teilnehmer üben, ihre Forderungen zu stellen zu verhandeln und zu einem sinnvollen Ergebnis zu kommen.

Jeweils zwei Teilnehmer bekommen unterschiedliche Ausgangssituationen vorgesetzt, die sie in Ruhe lesen und verstehen sollen.

Danach sitzen Sie sich in einem Gespräch bzw. Telefonat gegenüber und sollen sich einigen. Dazu muss einer von beiden seine ursprüngliche Haltung aufgeben, weil sonst keine Einigung möglich ist. Hier zwei Ausgangssituationen als Beispiel:

Ausgangssituation A

Sie sind Musikhändler/in und vermitteln und verkaufen Musikinstrumente. Einem/er Kunden/in haben Sie ein Cello zum Probespielen überlassen. Der/die Kunde/in hat schon telefonisch signalisiert, es nicht kaufen zu wollen. Sie brauchen das Instrument heute zurück, um es einem anderen Kunden anzubieten. Nun ist Ihr Zeitplan durcheinandergeraten, und es wäre Ihnen eine große Hilfe, wenn der/die Kunde/in Ihnen eine halbe Stunde Wegstrecke mit dem Cello entgegenkommen würde. Sie rufen an und bitten dringlich darum.

Ausgangssituation B

Sie haben von einem/er Instrumentenhändler/in ein Cello zur Probe ausgeliehen. Sie werden es aber nicht kaufen. Der/die Händler/in wollte es heute abholen, ruft aber nun an, dass er/sie Schwierigkeiten hat, zu kommen. Er/sie bittet Sie, ihm/ihr entgegenzukommen und das Cello zu bringen. Das bedeutet zweimal eine halbe Stunde Fahrt mit dem Auto. Und dazu haben Sie weder Lust noch Zeit.

Keine friedliche Einigung möglich?

Die Aufgabe lautet nun, ein Gespräch zu führen und dabei seine Haltung zu bewahren und dennoch eine Einigung zu erzielen. Man soll seine Forderung behaupten und dennoch kein „zerschlagenes Porzellan“ hinterlassen. Eine unlösbare Aufgabe?

Bei dieser Übung lernen die Teilnehmer, wie es sich anfühlt „hart“ zu bleiben und seine Forderung zu vertreten, auch wenn man den anderen „irgendwie verstehen“ kann. Es ist eine emotionale Erfahrungsübung:

  • Wie fühlt es sich an, hart zu sein, obwohl das nicht meinem Naturell entspricht?
  • Wie kann ich Beziehungen erhalten und dennoch in der Sache hart bleiben?
  • Wie vertrete ich Forderungen, die ich in meinem privaten Umfeld so unnachgiebig nie stellen würde?

Verhandlungstraining emotional erleben

Diese Übung ist sehr hilfreich, um nicht nur in der Theorie über Verhandlungen zu sprechen und zu erläutern, was man machen würde, wenn es zu einer Verhandlung käme. Stattdessen können die Teilnehmer am eigenen Leib erleben, wie es sich anfühlt, wenn man in der Sache bestimmt, aber in der Beziehung vorsichtig verhandelt.

Wenn Sie möchten, können Sie das Übungsmaterial zu dieser Ausgabe herunterladen. Dann bekommen Sie die oben gezeigte Übung und viele weitere Ausgangssituationen als PDF, das Sie nur noch ausdrucken müssen. Anschließend können Sie damit sofort die Übung in Ihrem nächsten Vertriebsmeeting umsetzen.

2. Übung – Preisverhandlungen für Profis

Bei Preisverhandlungen wird ja seitens des Einkaufs gerne behauptet, die Preise seien zu hoch. Und der Verkäufer hat vielleicht noch einen letzten Spielraum, will diesen aber nicht aufgeben, weil das seinen Erfolg schmälert.

Aber wo ist der Punkt der Einigung? Solange nicht alle die Wahrheit sagen (was bei Preisverhandlungen durchaus üblich ist) kann man nicht eindeutig bestimmen, was der bestmögliche Punkt der Einigung ist. Diese Übung eignet sich dazu, zu erkennen, wie man feststellt, wo der Punkt der Einigung ist und an welcher Stelle man ohne Not nachgibt bzw. die Einigung riskiert, weil das eigene Ego im Wege ist.

Verhandlungstraining kann besser vorbereitet werden

In dieser Übung bekommen zwei zufällig geloste Teilnehmer jeweils eine Ausgangssituation vorgesetzt. In meinen Trainings mache ich das Losen mit einem Kartenspiel. Das ist finanziell günstig und für die Teilnehmer akzeptabel, weil sie die Karten ja selbst ziehen. Dazu gehe ich so vor: Ich zähle Karten je nach Anzahl der Teilnehmer ab. Meistens nehme ich immer alle Karten einer Serie, also alle vier Damen und die Könige, falls es acht Teilnehmer sind. Diese Karten mische ich und lasse die Teilnehmer jeweils eine ziehen. Dann mache ich mir eine Notiz, welche Karten ausgeteilt wurden. Für jede Übung nenne ich dann zwei Karten, z. B. „Herz- und Karokönig“ und streiche die beiden Karten von meiner Liste. Damit ist die erste Paarung für die erste Übung klar.

Jetzt bekommen die beiden Teilnehmer jeweils eine Vorbereitungsnachricht. Dabei gebe ich ganz unterschiedliche Ausgangssituationen vor. Hier ein Beispiel:

Verkäufer

Angebotspreis 100

Zielpreis 100

Untergrenze 90

Einkäufer

Angebotspreis 100

Zielpreis 110

Obergrenze 120

In diesem Beispiel ist es so, dass der Verkäufer sein Angebot schon niedriger angesetzt hatte, als der Einkäufer zu zahlen bereit gewesen wäre. Das gibt dem Einkäufer aber gleichzeitig die Idee, dass da noch mehr geht.

Noch ein Beispiel:

Verkäufer

Angebotspreis 100

Zielpreis 100

Untergrenze 95

Einkäufer

Angebotspreis 100

Zielpreis 90

Obergrenze 105

In diesem Beispiel hat der Einkäufer das Ziel, noch tiefer zu gehen, obwohl der Verkäufer kaum noch Verhandlungsbereitschaft zeigt. Allerdings wäre für beide auch schon eine Einigung beim ursprünglichen Angebotspreis möglich.

Noch eine dritte Variante:

Verkäufer

Angebotspreis 100

Zielpreis 110

Untergrenze 100

Einkäufer

Angebotspreis 100

Zielpreis 90

Obergrenze 95

In diesem Beispiel ist formal keine Einigung möglich. Der Verkäufer hat schon zum Tiefstpreis angeboten. Er sollte eigentlich mehr verlangen. Der Einkäufer hat allerdings andere Vorgaben, die so niedrig sind, dass keine Einigung machbar erscheint.

So führt man schwierige Verhandlungen durch

Damit diese Übung gelingt, ist es wichtig, dass die Teilnehmer sich an folgende Regeln halten:

  1. Eine Einigung ist Pflicht! Wer besser als seine „harte Grenze“ abschließt, bekommt Pluspunkte – je einen Pluspunkt Differenz plus. Wer unter seine „harte Grenze“ geht, bekommt die Differenz mal 2 als Minuspunkte. Aber wer ohne Einigung geht, bekommt 20 Minuspunkte.
  2. Die Vorgaben sind fix. Man kann nicht den „Telefonjoker“ ziehen, den Chef anrufen und etwas an den Vorgaben ändern. Die Verhandlung muss zu einer Einigung gebracht werden oder sie gilt als gescheitert. Verschieben und Vertagen darf man nicht.
  3. Erst nach der Übung werden die Vorgaben ehrlich und öffentlich gemacht. Bis dahin sind Pokerface und Schwindeln ausdrücklich erlaubt, auch wenn man sich sonst unter Kollegen nicht anlügt. Ehrensache, dass nachher jeder Bluff sportlich verziehen wird und niemand nachtragend reagiert.

Die wichtigste Erkenntnis aus dieser Übung liegt in der Diskussion danach. Diese Fragen kann man den Teilnehmern stellen:

  • Wie schnell war Ihnen klar, welche „harte Grenze“ ihr Verhandlungspartner hat?
  • Wie hat sich das angefühlt, hart zu bleiben, obwohl noch Spielraum da war?
  • Was passiert mental, wenn man beginnt zu befürchten, dass keine Einigung möglich sein könnte?
  • Wenn eine Einigung in Sicht scheint – wie verlockend ist es, weitere Forderungen draufzupacken?
  • Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis der Verhandlung?
  • Was würden Sie beim nächsten Mal versuchen, um die Verhandlung (noch) erfolgreicher zu machen?
  • Wie und woran haben Sie einen „Bluff“ erkannt?

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