Die Arbeit im Vertrieb hat eine Menge mit aktiver Kundenakquise zu tun. Sie ist für viele Vertriebsmitarbeiter Hauptaufgabe – jedoch oft ungeliebt. Zu unbefriedigend sind die zahlreichen Absagen am Telefon oder die ständige Vertröstung auf „einen späteren Zeitpunkt“. Und das lässt sich in vielen Branchen mit klassischem Marketing oder PR auch nicht wirklich vereinfachen. Man wünscht sich eine Leadmanagement Maschine, die in der passenden Geschwindigkeit neue Verkaufs-Chancen produziert und an den Vertrieb übergibt.

Als großer Freund der professionellen Akquise habe ich im Jahr 2013 mein eigenes Marketing komplett auf Content Marketing umgestellt. Damals ahnte ich noch nicht, welche Auswirkungen diese Veränderung auf mein Unternehmen haben würde. Beispielsweise hätte es nie für möglich gehalten, dass ich nur wenige Jahre später monatlich mehr als 30 000 Podcast Hörer erreichen würde, obwohl mein Thema nur eine relativ kleine Zielgruppe anspricht. Das hat sich natürlich längst in erheblich gesteigerten Anfragen und Buchungen auch betriebswirtschaftlich messbar gemacht. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich meine Akquise beendet habe – im Gegenteil: Nach wie vor bin ich mit meinem Team aktiv in der Kundenansprache. Allerdings konnten wir die Erfolgsquote erheblich steigern, weil wir nur noch dort akquirieren, wo potenzielle Kunden bereits Interesse gezeigt haben.

Warum Leadmanagement ideal für kleinere und mittlere Unternehmen ist

Der Gedanke, dass Leads einen Entwicklungsprozess durchlaufen, setzt sich immer mehr durch. Es ist nicht unbedingt wirtschaftlich, jeden potenziellen Kunden mit großem personellen Aufwand anzusprechen. Lohnender erscheint es, zunächst mithilfe von Marketingwerkzeugen solche Leads zu filtern, die mit großer Wahrscheinlichkeit kurz vor einer Kaufentscheidung stehen. Zunächst gilt es also Kontakte zu sammeln, die generell interessiert sind und diese im Anschluss zu filtern und schließlich nur die besten an den Vertrieb zu übergeben.

Content Marketing ist in Verbindung mit Leadmanagement eine besonders effektive Methode, um mit verhältnismäßig wenig Aufwand eine präzise umrissene Zielgruppe anzusprechen und eine Gefolgschaft aufzubauen. Die Ansprache der Zielgruppe erfolgt über wertvolle Inhalte, die bestehendes Interesse nutzen. Die Zielgruppe findet den für sie relevanten Inhalt über die Google-Suche, Facebook und andere Medien.

Vor allem kleinere und sehr spezialisierte Unternehmen können erheblich von diesem Marketing-Konzept profitieren. Dabei spielt es absolut keine Rolle, welches Geschäftsmodell verfolgt wird. Content Marketing funktioniert immer dann, wenn beabsichtigt wird, potenzielle Kunden anzusprechen, zu qualifizieren und zu zahlenden Kunden zu machen.

Content Marketing funktioniert ohne die früher gegebenen Marktzutrittsbarrieren und Streuverluste. Es schafft die Voraussetzung, dass die einzelnen Individuen der Zielgruppe selbst Anschluss an die Gefolgschaft suchen, der sie sich thematisch zugehörig fühlen.

Ein Beispiel für Leadmanagement über Content Marketing

Schon vor einiger Zeit wurde ich von Kollegen aus den USA inspiriert, die es hervorragend verstehen, ihr Wissen zu teilen und damit eine bestimmte, sorgfältig ausgewählte Zielgruppe anzusprechen. Der Sales-up-Call war erste Ergebnis. Es ist eine Reihe von Hörbüchern, die auch heute noch alle zwei Wochen erscheint. Mit inzwischen mehr als 120 Ausgaben finden Sie in jedem Sales-Up-Call Experteninterviews zu den unterschiedlichsten Themenfeldern. Die Idee war, dass es für Sie besonders praktisch ist, sich auf den häufigen Auto- oder Zugfahrten weiterbilden zu können. Und Ihre Rückmeldungen zeigen mir auch heute noch, dass ich damit genau richtig liege. Diese „Fachzeitschrift zum Hören“ ist bislang einzigartig und wurde 2014 mit dem „Innovation Award der German Speakers Association“ ausgezeichnet.

Davon angespornt habe ich meine Leadmanagement Strategie weiterentwickelt: Jede Woche können Sie in meinem kostenlosen Podcast spannende Beiträge und Anregungen zu allen Bereichen des Vertriebs hören oder sie in meinem Blog nachlesen. Vielleicht fragen Sie sich, was denn dabei nun das eigentliche Marketing sein soll – schließlich gibt es den Podcast völlig kostenlos und auf meinem Blog finden Sie auch keine Bannerwerbung oder ähnliches.

Normalerweise spreche ich in meinen Beiträgen nicht einmal davon, dass Sie mich auch als Vertriebstrainer, Coach oder Redner buchen können. Von dieser Regel mache ich heute eine Ausnahme. Verfolgen Sie meine Beiträge schon länger, dann kennen Sie meine Prinzipien und Tipps für den modernen Vertrieb. Ich denke, Sie bekommen ein ganz gutes Bild davon, wie ich mein Wissen vermittle und welche Aspekte mir besonders am Herzen liegen. Erinnern Sie sich noch an das Prinzip der Reziprozität? Wer weiß – vielleicht brauchen Sie in einiger Zeit tatsächlich ein Vertriebstraining. Und dann denken Sie an mich.

Aber es steckt noch mehr hinter dem Prinzip des Content Marketings: Wie ich schon sagte, es gibt in fast allen meinen Angeboten keine direkte Werbung für den Trainer Stephan Heinrich. Was es gibt, ist die Möglichkeit, Zusatzmaterialen anzufordern, die „Praxisinformationen für Vertrieb und Führung“ kostenlos zu abonnieren oder an bestimmten Aktionen teilzunehmen. So entsteht ein steter Zufluss an Interessenten – in der Fachsprache nennt man diesen Vorgang Leadgewinnung.

Von all den Menschen, die an dem sehr speziellen Thema „Profitable Beziehungen mit Geschäftskunden“ interessiert sind, werden einige auch bereit sein, für zusätzliche Leistungen oder Produkte zu bezahlen. Manche werden ein Buch, ein Hörbuch, ein Arbeitsheft oder gar ein Jahresabonnement des „Sales-up-Call“ kaufen wollen. Vielleicht auch deshalb, weil über die kostenlosen Inhalte bereits eine Art Vertrauen in die Qualität der Leistungen und Produkte aufgebaut wurde. So wird immer feiner ausgesiebt, bis schließlich nur noch einige wenige Interessenten übrig bleiben, die so weit gehen, meine Seminare oder Coachings zu buchen. Und obwohl man meinen würde, dass sich das bei einer so klar begrenzten Zielgruppe wie meiner kaum lohnt, kann ich nur vom Gegenteil berichten.

Wie Sie Leadmanagement einsetzen um Ihre besten Kunden zu finden

Mit den modernen Methoden der „Marketing Automation“ lassen sich die Reaktionen der Interessenten messen und zumindest grob bewerten. Die Leads, die ein überdurchschnittliches Interesse gezeigt haben, gehen an den Vertrieb. Damit wird aus einem „Marketing-Lead“ ein „Sales-Lead“. Weil die Kosten für einen direkten oder telefonischen Kontakt wesentlich höher sind, als für eine individualisierte E-Mail oder einen Brief, sollten nur die besten Leads diese Stufe erklimmen. Aber wie geht es jetzt weiter?

Leads sind dazu da, in Umsatz verwandelt zu werden. Allerdings wird das vermutlich nicht bei allen Leads klappen. Manche werden zählbare Ergebnisse liefern und andere nicht. Aber wie können wir möglichst früh entscheiden, welche davon wertvoll sind und welche nicht?

Viele Vertriebsorganisationen scheitern, weil sie keine guten Prozesse nutzen, um die weniger guten Chancen schnell herauszufiltern. Warum ist das so? Menschen tendieren dazu, unter Verlustangst schlechte Entscheidungen zu treffen. Und deshalb treffen Verkäufer schlechte Entscheidungen, wenn es um das Aussortieren von Leads geht. Verkäufer tendieren dazu, große Mengen von Leads vor sich herzuschieben. Sie wandern von Wiedervorlage zu Wiedervorlage. Es werden immer mehr und die Frustration steigt. Eine wahre Sisyphus-Aufgabe. Und dabei wäre es so einfach, die weniger interessanten Leads schnell auszusortieren, damit der Überblick erhalten bleibt. Aber Menschen trennen sich ungern. Der sichere Verlust scheint unser Hirn dazu zu verleiten, kreative Lösungen zu finden, um die letzte Entscheidung aufzuschieben. So sollten Sie vorgehen:

1. Schaffen Sie sich für Ihr Leadmanagement ein sinnvolles System an Messwerten, die die Leads bzw. Verkaufs-Chancen eindeutig in Phasen einteilen. Beispielsweise so:

Phase F: Erster Verdacht – Latenter Bedarf
Phase E: Konkreter Nutzen geklärt
Phase D: Entscheider bekennt Handlungsabsicht
Phase C: Konkrete Verhandlungen und annehmbares Angebot
Phase B: Mündliche Auftragserteilung
Phase A: Auftragsabschluss

2. Legen Sie klare und eindeutige Kriterien fest, um im Leadmanagement die Projekte zweifelsfrei in die Phasen einzuordnen. Dabei ist es wichtig, dass es keine Grauzonen oder Interpretationsspielraum gibt. In diesem Beispiel kann die Phase E erst beginnen, wenn in einem Gespräch geklärt wurde, welchen Nutzen der Kunde konkret erwartet. Und Phase D beginnt erst, wenn der Entscheider identifiziert wurde und Ihnen gegenüber erklärt hat, dass er beabsichtigt kurzfristig zu investieren.

3. Ermitteln Sie empirisch, in welcher Phase wie viele Projekte endgültig verloren werden. Daraus lässt sich im Umkehrschluss eindeutig bestimmen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Projekte später erfolgreich sein werden. So stoppen Sie das Schätzen von Prozentzahlen. Sie schaffen stattdessen nachprüfbare Merkmale, die die Phase der Verkaufs-Chance zweifelsfrei festlegen.

Zombies sind unsterblich – Leadmanagement radikal einsetzen

Wie viele Untote sind in Ihrer Lead-Liste? Manchen davon sollte man in der Manier alter Dracula-Filme endlich den Holzpflock ins längst verweste Herz schlagen. Derart drastische Bilder benötigen wir, um in der konkreten Situation die richtige Entscheidung zu treffen.

Je mehr Zeit, Vorleistungen und Hoffnung wir in eine Verkaufs-Chance investiert haben, desto schwieriger ist es, sie aufzugeben – auch wenn eine nüchterne Betrachtung einen sofortigen Abbruch der Bemühungen sinnvoll erscheinen lässt. Jetzt setzt cleveres Leadmanagement ein: Fast immer ist es viel wirtschaftlicher, die frei gewordenen Ressourcen in andere Projekte zu stecken, statt mit rosa Brille immer wieder die eigenen Misserfolge zu wiederholen.

Sie können sofort Abhilfe schaffen: Legen Sie einen Eskalationsplan fest. Entscheiden Sie, wie oft Sie sich vertrösten lassen wollen. Einmal? Zweimal? Oder noch öfter? Egal, wie oft, aber legen Sie fest, wann Sie neue Maßnahmen einsetzen. Und dann planen Sie vorab, wie Sie reagieren, um (bildlich gesprochen) von 100 auf 150 oder 200 Joule hochzuschalten. Hier ein paar Ideen, was Sie sagen könnten, wenn Sie zum x-ten Mal vertröstet werden:

„Herr Kunde, wie ich sehe, ist das Thema für Sie im Moment nicht akut. Wir sind sehr darauf bedacht, niemanden zu seinem Glück zu zwingen. Daher darf ich Sie nicht mehr anrufen. Es steht Ihnen allerdings frei, mich jederzeit zu kontaktieren, wenn Sie den besprochenen Nutzen für sich realisieren möchten.“

„Herr Kunde, wir nehmen das Thema Datenschutz sehr ernst. Weil wir in keiner Geschäftsbeziehung stehen, darf ich Sie ab jetzt nicht mehr anrufen. Allerdings können Sie diesen Bann brechen, indem Sie mich anrufen, sobald Sie bereit sind, die besprochenen Nutzeffekte in Ihrer Bilanz sichtbar zu machen.“

Denken Sie das wäre zu provokant? Ja, vielleicht ist es frech. Aber sicher hilft es dabei, die Kruste zu brechen und entweder neu zu beginnen oder Freiraum für andere interessante Chancen zu erzeugen. Ich bin davon überzeugt, dass durchschnittliche Vertriebsorganisationen mindestens 15% ihrer Zeit mit völlig sinnlosen Vertriebsaktivitäten verschwenden, obwohl bei nüchterner Betrachtung schon vorher klar war, dass keine Aussicht auf Erfolg bestand. Wenn Sie sich einen Eskalationsplan zurechtlegen, können Sie diese 15% Zeitreserve für Ihre Organisation sinnvoll einsetzen – und wer würde das nicht wollen?

Dabei muss man ja nicht den potenziellen Nicht-Kunden für immer und alle Zeiten abmelden. Schließlich könnte sich später in anderen Zeiten mit anderen Anforderungen und anderen Menschen ein ganz anderes Bild ergeben. Aber dann wird dieser Interessent eben wieder oben in den Prozess gekippt und wird dann unten wieder auftauchen. Wenn allerdings der Vertrieb nicht beherzt die weniger relevanten Chancen aussortiert, dann wird unsere wertvolle Zeit verschwendet. Wie Schlamm im Kessel bildet sich ein Bodensatz, der unseren Wirkungsgrad verschlechtert. Wir investieren einen Großteil unserer Zeit in Kunden, die bislang nur bewiesen haben, dass sie eben nicht kaufen. Halten Sie den Kontakt per Marketing, bleiben Sie als Unternehmen freundlich und liefern Sie wertvolle Inhalte, die eine Beziehung erhalten – aber lassen Sie den Vertrieb erst wieder einsteigen, wenn sich echtes Interesse zeigt.