Ist es wirklich möglich, Führung im Vertrieb mit einer Checkliste abzuhandeln? Vielleicht nicht ganz so technisch, wie das hier klingt. Aber sicherlich ist es sinnvoll, sich genau zu überlegen, welche Punkte ein erfolgreicher Verkaufsleiter mitbringen sollte und woran man sich orientieren kann, wenn man von Zeit zu Zeit überprüfen will, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.

Wir haben bereits in vergangenen Beiträgen über Erfolge im Vertriebsmanagement, die ersten 100 Tage des Verkaufsleiters und den Sales Director gesprochen, der dem Vertrieb eine Richtung geben soll. In diesem Beitrag wollen wir die verschiedenen Ideen noch einmal komprimiert zusammenfassen und neue Gedanken hinzufügen, um einem Vertriebsleiter eine kompakte Anleitung in Form von einer Checkliste zu geben.

Was macht einen guten Vertriebsleiter aus?

Führung im Vertrieb © fotolia / Konstantin Yuganov

Führung im Vertrieb © fotolia / Konstantin Yuganov

Weil sowohl die Führung als auch die Fähigkeiten im Verkauf eher weiche Faktoren sind, könnte man auf den ersten Blick in Versuchung geraten, die Messbarkeit von guter Führungsarbeit im Vertrieb abzustreiten. Man könnte denken, einen guten Vertriebsleiter erkennt man „einfach so“. Allerdings gibt es neben den menschlichen Qualitäten durchaus auch noch einige organisatorische und inhaltliche Fähigkeiten, die man als Vertriebsleiter auf jeden Fall mitbringen sollte. Die wichtigsten davon haben wir hier stichpunktartig aufgeführt und zu jedem der Punkte einige Gedanken notiert.

Berichtswesen

Gerade im Verkauf kann man sich mit Dutzenden oder vielleicht sogar Hunderten von Berichten beschäftigen. Ich möchte Sie ermutigen, hier besonders drastisch zu reduzieren, und sich nur auf Themen zu konzentrieren, die wirklich wichtig sind, um den Vertrieb zu lenken und zu führen.

Abgesehen von den Ergebnisberichten, die schlicht und einfach die nackten Zahlen wie Umsatz und Ertrag darstellen, lohnt es sich über zwei weitere wesentliche Berichte nachzudenken.

Forecast

Vor allem dann, wenn komplexe Produkte und Lösungen verkauft werden, ist der sogenannte Verkaufszyklus oft mehrere Monate lang. Das bedeutet, dass zwischen der ersten Kontaktaufnahme mit dem potenziellen Kunden und dem späteren Abschluss einige Monate manchmal sogar einige Quartale vergehen.

Jeder Mitarbeiter im Verkauf hat eine bestimmte Anzahl von Verkaufschancen, an denen er oder sie arbeitet. Früher oder später sollen diese Verkaufschancen zu zählbaren Ergebnissen werden. Es ist notwendig, dass Unternehmen lange genug im Voraus planen können. Dazu benötigen sie die Einschätzung des Vertriebs, wann wie viel Auftragseingang und schließlich zählbarer Umsatz stattfinden wird.

Der Forecast oder Umsatz Forecast ist eine Prognose, die sich logischerweise auf die Zukunft bezieht. Vorhersagen der Zukunft haben bislang noch keine wissenschaftliche Relevanz. Es ist schlicht unmöglich, die Zukunft genau vorherzusagen. Allerdings können wir aufgrund von Erkenntnissen der Gegenwart auf eine bestimmte Entwicklung in der Zukunft Rückschlüsse ziehen.

Ähnlich wie bei der Wettervorhersage, ist diese Einschätzung jedoch nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit möglich. Viele Unternehmen machen den Fehler, dass sie den einzelnen Verkäufer die Wahrscheinlichkeit schätzen lassen. Das ist falsch.

Wenn man Betroffene die statistische Wahrscheinlichkeit von Ereignissen schätzen lässt, ergibt sich immer eine Unschärfe. Wir wissen, dass die statistische Wahrscheinlichkeit für den Fortbestand einer Ehe über den Zeitraum von zehn Jahren hinaus deutschlandweit in etwa bei 50 % liegt. Wenn wir jedoch Betroffene, also beispielsweise ein frisch verheiratetes Ehepaar, fragen würden, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die eigene Ehe länger als zehn Jahre hält, würden die beiden frisch verliebten vermutlich eine falsche Antwort geben. Sie vermischen Hoffnung mit Wahrscheinlichkeit.

Ebenso ergeht es dem Verkäufer, wenn er genötigt wird, eine Wahrscheinlichkeit für den Erfolg einer Verkaufschance aufzuschreiben. Er wird dann Hoffnung mit Statistik verwechseln und sich von seiner inneren Haltung leiten lassen.

Wenn Sie korrekte Einschätzungen als Vertriebsleiter herbeiführen wollen, verzichten Sie auf diese Art von Schätzung. Stattdessen sollten Sie den Verkäufer dazu anleiten, den eindeutig messbaren Zustand einer Verkaufschance in Phasen einzuteilen. Diese Phasen könnten zum Beispiel sein:

A erste Kontaktaufnahme

B detaillierte Gespräche zur Lösung

C Entscheider hat Bedarf formuliert

D detaillierte Verhandlungen mit Einkauf

E Auftragsvergabe mündlich angekündigt

F schriftlicher Auftragseingang

Diese sechs Punkte sind selbstverständlich nur beispielhaft und können in unterschiedlichen Märkten und Vertriebssituationen ganz anders gewählt werden.

Wenn Sie nun konsequent messen, aus welcher der Phasen Vertriebsprojekte heraus scheitern, können Sie umgekehrt errechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Chance, die heute einen bestimmten Zustand hat, auch tatsächlich zum Erfolg wird. Auf der Basis dieser statistischen Erhebungen können Sie dann, ohne dass der Verkäufer dies mitbekommt, die Wahrscheinlichkeit errechnen. Dieses Verfahren ist wesentlich genauer, als Beteiligte schätzen zu lassen.

Wenn Sie nach dieser Methode den Forecast erstellen, können Sie mit wesentlich größerer Genauigkeit vorhersagen, wann welcher Auftragseingang tatsächlich stattfindet.

Aktivitäten Balance

In Anlehnung an die Einteilung einer Verkaufschance in verschiedene Phasen lässt sich auch die Verkaufsaktivität sehr gut steuern. Bleiben wir bei dem vorhin genannten Beispiel mit den sechs Phasen. Jeder Verkäufer hat wie bereits gesagt, mehrere Verkaufsprojekte an denen er gleichzeitig arbeitet. Nehmen wir beispielsweise an, dass es in ihrer Organisation etwa 50 Fälle sind, mit denen ein Verkäufer sich durchschnittlich zum selben Zeitpunkt beschäftigt. Davon dürfte eine relativ große Zahl von Verkaufschancen noch im Bereich der ersten Kontaktaufnahme sein. Etwas weniger werden es dann in der nächsten Phase sein und wieder etwas weniger in der darauffolgenden.

So könnte man eine typische Verteilung als soll-Status festlegen. Jetzt ist es eine einfache Übung in Excel oder einem anderen System, die tatsächlichen Zahlen von Verkaufschancen pro Verkäufer und Phase dagegen zu vergleichen. So können Mitarbeiter und Führungskräfte auf einen Blick sehen, woran einzelne Verkäufer im Moment arbeiten und welche Tätigkeiten sie verstärkt anpacken sollten, um langfristig gute Ergebnisse zu erzielen.

Mit dieser einfachen Methode gelingt es der Führungskraft, die Aktivitäten im eigenen Unternehmen abzubilden und dafür zu sorgen, dass eine ausgeglichene Anzahl von Verkaufschancen abschlussbereit ist.

Zielvereinbarung und Leistungsmessung

Zielvereinbarungen werden in vielen Unternehmen falsch verstanden. Dort finden Zielvorgaben statt. Wenn Ziele tatsächlich vereinbart werden, statt einfach nur vorgesetzt, ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass der Mitarbeiter auch gesteigertes Interesse daran zeigt, das Ziel tatsächlich zu erreichen. Die Kombination aus Zielvereinbarung und Leistungsmessung gehört zu den wichtigsten Tätigkeiten, die ein Verkaufsleiter permanent erfüllen muss.

Wenn ein funktionierendes Berichtswesen existiert, haben Mitarbeiter und Führungskräfte die gleichen Leistungsdaten vorliegen. Das bedeutet, dass der Mitarbeiter nach der Zielvereinbarung permanent Zugriff auf die gleiche Informationsbasis hat, wie seine Führungskraft.

Vor allem reifere Mitarbeiter werden jetzt ohne weitere Intervention der Führungskraft selbst dafür sorgen, dass die Ergebnisse zur Zielvereinbarung passen. In jedem Fall ist die Führungskraft dafür verantwortlich, dass die angestrebten Ergebnisse tatsächlich stattfinden. Daher werden erfolgreiche Verkaufsleiter permanent die vereinbarten Ziele mit den tatsächlichen Leistungen abgleichen.

Immer dann, wenn die tatsächlichen Leistungen von den vereinbarten Zielen abweichen, ist eine Intervention nötig. Bei Abweichung nach oben ebenso wie bei Abweichungen nach unten. In jedem Fall kann man sich bei Abweichungen die Frage stellen, wie man die Zielvereinbarung in der darauffolgenden Periode verbessern kann.

Falls Sie ihre Mitarbeiter variabel bezahlen, d. h. dass die Bezahlung des Mitarbeiters von seiner Zielerreichung abhängt, werden Sie feststellen, dass jedes Gespräch mit dem Mitarbeiter zu einer Gehaltsverhandlung ausartet. Wir werden diesen schädlichen Effekt der variablen Bezahlung noch in einer nachfolgenden Ausgabe erörtern.

Mitarbeiterauswahl und Weiterentwicklung

In jeder Vertriebsorganisation werden von Zeit zu Zeit Mitarbeiter gehen. Daher ist es notwendig als Führungskraft immer wieder neue Mitarbeiter auszuwählen und die bestehende Mannschaft kontinuierlich weiterzuentwickeln. Die Mitarbeiterauswahl hängt entscheidend von der Geschäftsfeldsstrategie ab, wie wir sie bereits in der Ausgabe fünf dieses Schwerpunktes diskutiert haben.

Es ist klar, dass Vertriebsorganisationen im beratungsorientierten Verkauf völlig andere Mitarbeiter brauchen, als abschlussorientierte Geschäftsfelder. Der clevere Verkaufsleiter wird darauf achten, dass er den Aufgaben die passenden Mitarbeiter zuordnet.

Keine Sportmannschaft auf hohem Niveau kommt ohne Weiterentwicklung und Training aus. Clevere Führungskräfte im Vertrieb sorgen dafür, dass die eigene Mannschaft sich permanent weiterentwickelt und das bestehende Leistungsniveau permanent ansteigt. Damit ist nicht die Quantität der Arbeit gemeint, sondern die Qualität.

Spirit und Motivation

Erfolgreiche Führungskräfte schaffen es, einen gemeinsamen Spirit durch Rituale und Gemeinsamkeiten zu schaffen, und andererseits durch gezieltes Provozieren und Stören einen gewissen Antrieb zur Verbesserung und zur Veränderung herzustellen.

Wenn Sie als Sales Director dauerhaft erfolgreich sein wollen, ist es notwendig, dass Sie diese beiden Faktoren berücksichtigen: Sorgen Sie dafür, dass das Team durch lieb gewonnene Rituale zusammenhält und schaffen Sie als Kontrast dazu ebenfalls Impulse, die genau diese Gemütlichkeit infrage stellen und dafür sorgen, dass das Team sich weiterentwickelt und zum Besseren verändert.[/fusion_builder_column]