So ziemlich jedes Unternehmen, das Produkte an Kunden verkaufen möchte, nutzt einfache Tricks, um ihnen die Kaufentscheidung zu erleichtern. Viele dieser Tricks sind dabei so unscheinbar, dass sie den meisten Menschen nicht im Geringsten auffallen.

Können Sie auf Anhieb etwas mit dem BegriffKontrastprinzip“ anfangen? Vielleicht kennen Sie den Effekt nicht unbedingt unter diesem Namen, es ist jedoch äußerst wahrscheinlich, dass Sie es häufiger anwenden, als Ihnen vielleicht bewusst ist. Vielleicht werden Sie auch in regelmäßigen Abständen selbst „Opfer“ dieses Prinzips, es ist Ihnen nur nicht bewusst. Genau dieser Punkt ist es, der das Kontrastprinzip zur einfachen Kundenmanipulation so reizvoll macht – dass dem Kunden in der Regel überhaupt nicht auffällt, dass er gerade manipuliert wurde.

Psychologieprofessor und Buchautor Robert B. Cialdini beschreibt diesen Effekt als ein Prinzip der menschlichen Wahrnehmung, das sich darauf bezieht, wie wir den Unterschied zwischen zwei Reizen erleben, die uns unmittelbar nacheinander dargeboten werden.

Einfach ausgedrückt: Zwei Sachverhalte, die wir wahrnehmen, erscheinen uns aufgrund eines bestimmten Merkmals unterschiedlicher, als sie eigentlich sind.

Kundenmanipulation durch KontrasteSanfte Kundenmanipulation mit dem Kontrastprinzip © fotolia / adam121

Menschliche Bewertungsmuster folgen in der Regel einem einfachen Schema: Die Bewertung eines Sachverhaltes orientiert sich an dem, was wir bereits kennen. Clevere Verkäufer, aber auch Marketing- und Kommunikationsmanager machen sich das Prinzip der starken Kontraste gerne zunutze.

Beispiel gefällig?

Haben Sie sich in der letzten Zeit einmal nach einem Neuwagen umgesehen, oder sich darüber informiert, wie viel Budget Sie ungefähr für Ihren Traumwagen einplanen sollten?

Autohersteller setzen bewusst darauf, die Grundpreise der verschiedenen Modelle vergleichsweise niedrig zu halten, denn Sie wissen, dass ihre Vertriebspartner darin geschult sind, zusätzliche Ausstattungsmerkmale unter anderem mithilfe des Kontrastprinzips an den Kunden zu bringen. Wichtig ist es hierbei, Zusatzoptionen und deren Preise stets als Einzelpositionen anzubieten, denn nur so gelingt es, einen Kontrast herzustellen, der groß genug ist.

Bei einem Grundpreis für einen Mittelklassewagen von ca. 30.000 € erscheinen 700 € für ein smartes Navigationsgerät mit Onlineanbindung geradezu günstig. Weitere 550 € für eine individuellere Außenlackierung sehen neben dem Kaufpreis ebenfalls verschwindend gering aus.

Diese Liste könnte man nun so lange weiterführen, bis man sich schlussendlich für ein vollausgestattetes Fahrzeug entschieden hat. Da all diese Entscheidungen während des Verkaufsgespräches von dem Kunden selbst getroffen wurden, kann er beim Unterschreiben des Kaufvertrages niemandem außer sich selbst die Schuld dafür geben, dass sein Traumwagen schlussendlich deutlich mehr als nur den Grundpreis kostet.

Kundenmanipulation auf breiter Ebene

Das vorangegangene Beispiel thematisiert nur eine von vielen Branchen, in denen man das Kontrastprinzip erfolgreich auf den Kunden anwenden kann. Grundsätzlich gilt jedoch immer, dass Kaufanreize gesetzt werden, weil ein Produkt im Vergleich zu einem anderen Produkt, welches entweder bereits erworben wurde oder gar eine fiktive Alternative sein könnte, signifikant günstig(er) wirkt.

Habe ich mich beispielsweise bereits für einen Maßanzug im Wert von 600 € entschieden, so wirken die daraufhin vom Verkäufer angebotenen Manschettenknöpfe für 60 € geradezu preiswert, auch wenn ich mich ohne den vorherigen Kauf niemals dazu durchgerungen hätte, Manschettenknöpfe jenseits von 35 € zu erwerben.

Das Kontrastprinzip zur Manipulation in der Kommunikation

Die Anwendung dieses Prinzips beschränkt sich jedoch nicht nur auf den reinen Verkauf, auch in der Kommunikation und im Marketing lässt sich dieser Effekt gut anwenden.

Nehmen wir beispielsweise an, Sie befinden sich auf dem Weg in Ihren wohlverdienten Urlaub. Sie sitzen im Flugzeug, genießen die Aussicht von Ihrem Fensterplatz, freuen sich womöglich schon auf ein üppiges Abendbuffet, den Strand und das gemütliche Hotelbett, als plötzlich folgende Durchsage durch die Kabine schallt: „Sehr geehrte Damen und Herren, wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass sich unser Zielflughafen aufgrund unvorhergesehener Ereignisse kurzfristig geändert hat. An unserem neuen Ziel stehen Busse bereit, die Sie zu unserer ursprünglichen Destination bringen werden.“

In diesem Moment werden alle Ihre Vorfreuden auf einen entspannten Abend zerstört und Sie werden sich sicherlich über die Fluggesellschaft ärgern und sich schwören, beim nächsten Urlaub mit einem anderen Anbieter zu fliegen.

30 Minuten später wird sich der erste Ärger in der Kabine gelegt haben und womöglich haben Sie sich bereits mit dem Gedanken abgefunden, dass Sie heute wohl nichts mehr von dem bereits bezahlten Buffet haben und den Abend stattdessen in einem Bus verbringen werden.

Doch plötzlich verkündet eine weitere Durchsage, dass das gute Verhandlungsgeschick des Piloten dazu geführt hat, dass das Flugzeug den ursprünglichen Flughafen doch noch anfliegen kann, das ganze sogar nur mit einer Verspätung von ca. 90 Minuten.

Wie würden Sie sich jetzt fühlen? Womöglich erleichtert. Sie würden sich darüber freuen, dass Sie Ihren Abend doch noch im Hotel ausklingen lassen können, vielleicht bricht in der gesamten Kabine auch kurzzeitig eine Welle der Erleichterung aus.

Was die Passagiere jedoch nicht wissen: Eine Umleitung zu einem anderen Flughafen war nie wirklich geplant. Die Crew der Airline hat sich einen psychologischen Trick zunutze gemacht, eine Verspätung von 90 Minuten so zu kommunizieren, dass die meisten Passagiere schlussendlich erleichtert sind und eventuell sogar Respekt dafür empfinden, dass die Airline es geschafft hat, doch noch eine „bessere“ Lösung für ihre Passagiere zu finden. So kann das Kontrastprinzip durch einfache Kundenmanipulation dazu führen, dass die Zufriedenheit trotz eines negativen Vorfalles sogar ansteigt.

Kontraste erkennen und zur Kundenmanipulation für sich nutzen

Das Kontrastprinzip als Manipulationsmittel begleitet uns unser gesamtes Leben lang und dennoch ist es unser routiniertes Denken, das dafür sorgt, dass wir immer wieder positiv auf vermeintlich bessere Alternativen oder vergleichsweise günstige Zusatzoptionen reagieren.

In nahezu allen Bereichen, in denen Menschen miteinander Kontakt haben, lässt sich dieses Prinzip mit hohen Erfolgsquoten anwenden – fragen Sie sich deshalb einmal, ob auch Ihr Produkt die Möglichkeit bietet, von diesem Prinzip Gebrauch zu machen.

Kontrastprinzip im Geschäftskundenvertrieb

Wir haben ein einem früheren Blogbeitrag schon einmal eine Idee verwendet, einen Preis zu nennen, ohne sich festzulegen. Das kann hilfreich sein, wenn man bei komplexen Aufträgen schon in einer frühen Phase vom Kunden nach dem Preis gefragt wird. Oft ist es zu Beginn eines Vertriebsprojektes kaum möglich einen genauen Preis zu nennen, weil der Anbieter noch nicht alle Informationen hat, um ein relevantes Angebot zu machen. Ich empfehle dann die „Hochpreismethode“.

Viele Verkäufer haben sich dummerweise angewöhnt eine Preisspanne zu nennen. Das ist aber nicht sinnvoll. Warum? Stellen Sie sich vor, Sie fragen bei einer Anschaffung nach einem Preis. Es ist eine komplexe, schlecht vorher zu planende Dienstleistung. Nehmen wir als Beispiel, Sie wollen Ihren Garten neu bepflanzen lassen. Ein Schwimmteich soll her und der Zaun soll erneuert werden. Weil Sie sich orientieren wollen, fragen Sie nach dem Preis. Auf der Basis dieser vagen Angaben einen genauen Preis nennen zu wollen ist aber kaum möglich. So mancher Verkäufer wird jetzt sagen: Das kann von 3.000 bis 6.000 Euro kosten.

Der Kunde merkt sich die kleinere Zahl

Vermutlich bleibt in Ihrem Gedächtnis jetzt die untere Zahl hängen. Wenn dann später ein detailliertes Angebot entstehen soll, wären Sie bei einer höheren Zahl nicht zufrieden.

Wie wäre es, wenn der Verkäufer gesagt hätte: „Wenn Sie jetzt befürchten, dass Sie das sechs- oder siebentausend Euro kosten wird ( P a u s e ) dann kann ich Sie beruhigen: Das liegen wir mit Sicherheit darunter.

Mit so einer Aussage wird das spätere Angebot wesentlich verträglicher, weil der Kunde in jedem Fall positiv überrascht wird, wenn der Preis unter den „befürchteten“ 7.000 Euro liegen wird.

Diese kleine Idee des Kontrastprinzips kann Ihre Vertriebspraxis erheblich erleichtern. Kundenmanipulation muss ja nicht immer drastisch und offensiv sein. Kleine Maßnahmen bleiben unter dem Radar und erleichtern unseren Beruf ganz erheblich.

Fotoquelle Titelbild: © fotolia / adam121