Mindestens einmal im Jahr findet in den meisten Vertriebsorganisationen eine Vertriebstagung statt. Man nennt das auch Kick-off, Außendiensttagung oder wie auch immer in Ihrem Unternehmen das eine große Treffen aller Verkäufer und Vertriebsleiter genannt wird.

In den meisten Fällen geht es darum, die Kollegen, die im Vertrieb sozusagen die Speerspitze des Unternehmens darstellen, auf die nun kommenden Monate einzuschwören. Viele Unternehmensbereiche nutzen diese Gelegenheit, um dem Vertrieb endlich mal zu erklären, was dort getan werden soll. Leider sind diese Anregungen selten wohl überlegt und noch seltener gut vorgetragen.

Aus der Perspektive der Frontfrauen und -männer handelt es sich um langweilige Folienpräsentationen, die man gehässig formuliert auch als „betreutes Lesen“ bezeichnen könnte, weil ungeübte Menschen hilflos vorne stehen und ihre Powerpoints Punkt für Punkt vorlesen. Gähn.

Als Entschädigung für die genervte Vertriebsmannschaft gibt es im Anschluss ein Mittelklasse-Buffet und jede Menge kostenlosen Alkohol, um den Tag vergessen zu machen. Wehe dem, der am nächsten Tag den ersten Vortrag hat. Seine Worte bleiben im Nebel der vielen Biere unverstanden.

Sollte das wirklich alles gewesen sein?

Botschaften, die das kalte Buffet der Vertriebstagung überdauern

Vielleicht wollen Sie mir die pointierte Darstellung des schlimmsten vorstellbaren Vertriebsmeetings verzeihen. Es ist eine Übertreibung – wenn auch keine besonders heftige.

Als professioneller Redner werde ich oft zu solchen Veranstaltungen gebucht. Meine erste Frage lautet dann: „Was soll durch meinen Vortrag oder das Vertriebsmeeting insgesamt bewirkt werden? Was ist das Ziel der Veranstaltung?“

Fast immer kommt dann eine Antwort, die in etwa so klingt: „Das ist unser jährliches Meeting. Das machen wir aus Tradition. Ihr Auftrag ist es, unterhaltsam zu sein.“ Ah. ok. Na gut.

Ich bestehe dann darauf, die verantwortliche Führungskraft für das Meeting zu sprechen. Fast immer ist es der Vertriebsleiter oder der CEO. Wenn ich mit diesen Führungskräften spreche, kann ich es fast immer schaffen, die Mission meines Vortrags genauer zu bestimmen. Die Frage nach dem „Wozu“ funktioniert bei den Menschen, die das Budget verantworten, besser, als bei den Menschen, die es nur verwalten – eine Weisheit, die jeder gute Verkäufer kennt.

Von den Verantwortlichen bekomme ich zumeist eine Antwort, die etwas mit Veränderung zu tun hat. Es geht darum, anders an Neukunden heranzugehen, andere Märkte zu bedienen, veränderten Kundenanforderungen gerecht zu werden oder auf sonstige, grundlegende Veränderungen zu reagieren.

„Veränderung. Hhmm. Warum machen Sie dann alles genauso, wie beim letzten Mal?“ So, oder so ähnlich provoziere ich dann meistens. Und manchmal gelingt es, wenn der Sales Direktor oder Vertriebsvorstand mutig ist. Dann sagt er nach einer etwas längere Pause etwas in dieser Art: „Tja. Vermutlich haben Sie recht. Was schlagen Sie denn vor?“

Der Bauplan für eine gelungene Vertriebstagung besteht aus vier BestandteilenVertriebstagung © fotolia / Thaut Images

Mein Vorschlag für die beste Vertriebstagung aller Zeiten (und zwar jedes Jahr auf´s Neue und immer wieder) besteht aus diesen Ideen:

  1. Veränderung als Symbol
  2. Impulse von außen
  3. Mitarbeit statt Meckern
  4. Dramaturgie wie in Hollywood

Wir können die einzelnen Ideen Schritt für Schritt erklären und diskutieren:

1. Veränderung

Wer immer das Gleiche macht, kann wohl kaum Veränderungsbereitschaft erwarten. Warum sollten Ihnen die Mitarbeiter des Vertriebs glauben, dass etwas Neues passieren wird, wenn das Meeting in den immer gleichen Räumen, in der immer gleichen Weise, mit den immer gleichen Ritualen und Rednern stattfindet?

Was soll sich ändern, wenn die ganze Veranstaltung an alten Zeiten festhält? Vielleicht haben Sie den Mut, die Rahmenbedingungen zu ändern. Hier einige Ideen:

Veränderung ist Bewegung

Vielleicht wollen Sie Ihre Vertriebstagung bewegen. Das Mindeste wäre, dass die Menschen sich an immer neue Plätze setzen dürfen – sollen – müssen, nachdem eine Pause die Tagung unterbrochen hat. Noch mutiger wären Wechsel der Räume. Und besonders wäre es, wenn das Meeting selbst in Bewegung stattfindet. Wie wäre es, wenn Sie aus der „Sitzung“ eine „Gehung“ machen?

Ich habe in einer der letzten Ausgaben schon darauf hingewiesen, dass der Nobelpreisträger Daniel Kahneman herausgefunden hat, dass Menschen bei einer bestimmten, langsamen Spaziergeschwindigkeit besser denken können. Wie wäre es, wenn Sie in Ihre Vertriebstagung ganz bewusst Spaziergänge, Wanderungen und Gehstrecken einbauen, um die Gehirne der Teilnehmer besser anzuregen?

Veränderung sind Symbole

Manche Dinge bleiben immer gleich. Logos, Firmenfarben oder der Bart des CEO sind immer gleich. Werden Sie zum Bilderstürmer.

Stellen Sie sich vor, Sie gehen als ehemalig bärtiger CEO glatt rasiert auf die Bühne und sagen ohne Vorrede: „Dieser Bart ist ab – und andere werden folgen.“ Klar, dass das nur ein Beispiel ist. Und wie könnten Sie als Führungskraft ein Symbol benutzen um die Veränderung zu materialisieren? Welche Kuh muss geschlachtet werden? Welcher Zopf muss schon lange weg?

Veränderung braucht Mut und Entschlossenheit

Jede Veränderung macht uns Angst. Das ist die Natur unserer Menschlichkeit. Wir sind Gewohnheitstiere. Auch wenn wir rational erkennen, dass sich etwas ändern muss, ist die Umsetzung der nun erforderlichen Verhaltensweisen beängstigend und fremd.

Erinnern Sie sich an die Angst vor dem Sprung vom 3 Meter Brett? Oder gar 5? Etwa 10? Wenn Sie gesprungen sind und dies lesen, dann haben Sie überlebt – auch wenn Sie damals Todesangst hatten.

Vielleicht ist vieles, das uns heute undenkbar erscheint unter anderem Blickwinkel nicht nur denkbar, sondern sogar sinnvoll. Oder gar der Ausweg. So wie der Gordische Knoten nicht zu lösen war, aber mit einem beherzten Schwertstreich endgültig durchtrennt wurde. Zack – gelöst.

2. Impulse

Und da wären wir gleich beim nächsten Thema: Neue Ideen. Oder wenigstens alte Ideen neu ausgesprochen. Und wenn alles schief geht zumindest alte Ideen von jemand anderem ausgesprochen.

Holen Sie sich bewusst Sprecher auf die Veranstaltung, die man im Publikum noch nicht zig-mal gehört hat. Das müssen wirklich keine teuren Promis sein, die inhaltlich zumeist kläglich sind. Meine persönliche Empfehlung finden Sie bei den Top-10-Speaker, die ich alle persönlich kenne und mit jedem freundschaftlich verbunden bin. Jede einzelne und jeder von ihnen ist Profi durch und durch und wird Ihre nächste Vertriebstagung mehr als bereichern.

Wenn Sie bei meinen engsten Kollegen nichts passendes finden, empfehle ich Ihnen den deutschsprachigen Verband professioneller Redner, die German Speakers Association, wo Sie rund 800 Kolleginnen und Kollegen finden, die Ihren Beruf ernst nehmen und viel für Sie und Ihre Veranstaltung tun können.

3. Mitarbeit

Wenn Betroffene zu Beteiligten werden, ändert sich die Perspektive gewaltig. So einfach ist das. Auf der Couch zu liegen und über das Fernsehprogramm zu lästern ist einfach. Selber einen Film zu drehen ist eine andere Liga. Und wer es versucht hat, der behält den Respekt vor den Machern, auch wenn der aktuelle Tatort mal nicht dem persönlichen Geschmack entspricht.

Nutzen Sie moderne Methoden, um die Teilnehmer einer Verkaufstagung in die Macher-Rolle zu stellen. Hier einige Ideen:

World-Café

Holen Sie sich einen Profi, um eine Gruppenmoderationsmethode wie zum Beispiel „WorldCafé“ umzusetzen. Das ist eine Chance, um in einer größeren Gruppe mit wenig Zeit verwertbare Ergebnisse zu bestimmten Fragestellungen zu bewirken. Ich habe mit einigen Kollegen auf diese Weise bereits ein Buch geschrieben, das die geballte Kraft von 43 Autoren in sich vereint.

Vorträge

Holen Sie die Verkäufer auf die Bühne. Keine langweiligen Vorträge mit Folien. Bestimmen Sie Vortragende, geben Sie diesen die besten Bühnen- und Vortragscoaches, die Sie finden können und sie werden legendäre Vorträge halten. Spätestens dann können Sie ab dem zweiten Jahr eine Warteliste und ein Bewerbungsverfahren für diese Art von Vorträgen vor allen Kolleginnen und Kollegen einrichten. Und ganz nebenbei schaffen Sie sich Mitarbeiter, die danach vor jedem noch so angsterregenden Publikum brillant sein werden.

Videobotschaften

Schreiben Sie im Vorfeld einen Wettbewerb für kurze Video-Botschaften aus. Thema „Ich. Kurz bevor ich zum Kunden hineingehe.“ Oder vielleicht „Wie wir im Außenbüro XY unseren Tag beginnen.“ Möglich wäre auch „So sehr lieben uns unsere Kunden…“ Und wenn Sie mutig sind: „So würden wir den Sales Director gerne einmal sehen“

Die eingesendeten Videos, die heutzutage jeder mit seinem Smartphone erstellen kann, werden zusammengeschnitten und an prominenter Stelle in der Verkaufstagung auf großer Bühne präsentiert. Wenn das keine Motivation ist.

4. Dramaturgie

Stellen Sie sich vor, Sie gehen ins Kino, um einen Actionfilm zu sehen. Und gleich zu Beginn tritt Bruce Willis auf, stellt sich hinter ein Rednerpult und sagt: „Herzlich willkommen zu unserem Actionfilm. Gleich geht der Punk ab. Ich werde verprügelt, aber ich schlage auch zurück. Und zum Schluss werden wir alle mit dem Bus abgeholt und zur Abendveranstaltung gefahren.“ Lang. Wei. Lig!

Oder vielleicht haben Sie das auch schon erlebt: Soeben hat der CEO eine wichtige Rede gehalten. Inhaltlich und emotional stark. Und er hat einen perfekten Abschluss gefunden. Alle sind in einer Stimmung, die einer Mischung aus Betroffenheit und Rührung oder vielleicht sogar Energie und Aufbruchstimmung. Applaus. Dann kommt der Leiter des Fuhrparks auf die Bühne und verliest Organisatorisches. Die Stimmung kippt ins Bedeutungslose.

Bestimmt übertreibe ich wieder. Aber welchen Grund sollte es geben, um eine wichtige Botschaft zu entkräften? Die Technik, Botschaften dauerhaft zu verankern ist keine Geheimwissenschaft. Dafür gibt es Spezialisten. Die besten, die ich kenne sind die Impulspiloten. Wenn Sie mit Ralf Schmitt und seinem Team arbeiten, bekommen Sie emotional und inhaltlich perfekt ausbalancierte Veranstaltungen, von denen die Teilnehmer noch viele Monate lang sprechen. Ich weiß das und arbeite deshalb bei der Sales-up-Conference schon von Beginn an mit ihm, seinem Team und den bezaubernden Künstlern zusammen, die er immer wieder aus dem Hut zaubert.

Das Wozu als Kernbotschaft

Am Anfang das Ende im Sinn haben. Dieses bedeutsame Zitat von Steven Covey begleitet mich seit vielen Jahren. Und wenn ich alles richtigmache, wird es bis zu meinem letzten Atemzug wichtig bleiben.

Es ist das ultimative und ungeschminkte „Wozu“, das man bezüglich seines eigenen Lebens und dessen Sinn vielleicht nie abschließend zu Lebzeiten beantworten kann.

Aber – ich bitte Sie! – bei einer Veranstaltung muss das doch gelingen! Wozu machen Sie diese Vertriebstagung? Was soll sich ändern? Welche Botschaft sollen die Teilnehmer im Herzen mitnehmen? Und zwar über den Schlussgong hinaus!

Und wenn es möglich ist, bitte so eindrucksvoll, dass diese wichtige Botschaft auch nach dem Kater des allfälligen Besuchs an der Hotelbar wieder ins Bewusstsein kommt.

Vertriebstagungen kosten viel Geld. Wenn Sie mit Bedacht herangehen, können Sie die Kosten in eine Investition verwandeln und mehr herausholen, als Sie bezahlen mussten. Machen Sie es professionell und mit Profis.