Vielleicht kennen Sie diese Aussage: „Wenn man einen neuen Kunden gewinnen will, muss man beim Preis Zugeständnisse machen und erst später die Preise erhöhen.

Das klingt auf den ersten Blick nach einer guten Idee: Zunächst mit einem günstigen Angebot den Kunden gewinnen und dann langsam die Preise anziehen.

Aber wenn man genauer hinsieht, ist das ziemlicher Unsinn. Richten wir unseren Blick in die Zukunft: Was sollte dann die Argumentation sein? „Ich hatte ihnen ja früher einen guten Rabatt gegeben, deshalb sollten Sie sich jetzt erkenntlich zeigen und teurer kaufen…“ Das wird wohl nicht klappen, denn der Einkäufer hat noch immer die Aufgabe, den besten Preis zu finden. Und deshalb wird er bei der späteren Verhandlung mindestens den gleichen Nachlass fordern.

Und es wird ihm sogar noch leichter gelingen, denn Sie haben ja schon bei früheren Geschäften gezeigt, dass der Nachlass möglich ist. Also würde der Einkäufer einen schlechten Job machen, wenn er diesmal auf den schon früher erzielten Preisvorteil verzichten würde. In Wirklichkeit ist so ein Zugeständnis zu Beginn einer Geschäftsbeziehung also nicht hilfreich. Ein Einkäufer, der das beim ersten Geschäft fordert, hat genau ein Ziel: Ihren Spielraum für Nachlässe zu ermitteln. Und das sollten Sie ihm nicht so leicht machen.

Enormer Schaden bei Preissenkung

Profi-Verkäufer wissen das bereits, aber es kann nicht schaden, diese Fakten erneut deutlich zu machen: Wer Rabatte gibt, schadet dem Unternehmen und sich selbst. Falls das im Moment schwer verständlich sein sollte, seien Sie versichert, dass wir das nun genauer erläutern wollen.

Zunächst noch eine Frage: Halten Sie es für machbar, spontan und ohne genauer darüber nachzudenken, eine 33-prozentige Steigerung Ihrer Verkäufe zu versprechen? Also dass Sie in einem bestimmten Zeitraum statt 100 Einheiten mal eben 133 Einheiten verkaufen? Ist das realistisch?

Vielleicht in wenigen Einzelfällen, aber ganz sicher nicht in vielen Fällen. Warum ich Sie das frage? Weil Sie diese Steigerung erreichen müssen, wenn Sie 5% Rabatt geben. Lassen Sie uns das einmal in Ruhe durchrechnen.

Fehler bei Preisverhandlungen: Margenvernichtung

Nehmen wir an, Sie haben ein Produkt oder eine Dienstleistung im Angebot und Sie können damit 20% Marge bzw. Deckungsbeitrag erreichen. Also bei einem Verkaufspreis von 1000 Euro kostet Sie der Einkauf bzw. die Herstellung 800 Euro.

Wenn Sie in einer Preisverhandlung dem Einkäufer auf den Leim gehen und nur 5% Rabatt geben würden, dann verringert sich der Verkaufspreis auf 950 Euro. Weil aber die Herstellungskosten bzw. der Einkaufspreis gleich bleiben, sinkt die Marge von 200 auf nur noch 150 Euro.

Um in Summe die gleichen Erträge herzustellen, müssten Sie also 33% mehr Stücke verkaufen, um wieder auf 200 Euro Marge zu kommen. 1,3 mal mehr Absatz um den Ertrag wieder zu sichern. Und selbst wenn Sie nur 1% Rabatt geben, müssen Sie um 5% steigern oder bei 2% Rabatt schon 11% mehr verkaufen.

Machen Sie sich den Fehler bei Preisverhandlungen mit Rabatt ganz deutlich

Diese Berechnung kann man ganz einfach auch auf Ihren Fall übertragen. Wir haben dafür für Sie eine Google Tabelle hier eingebunden:

Wenn Sie sich zu unserem Schwerpunktthema Preisverhandlung und Abschluss anmelden, bekommen Sie die Datei als Excel-Datei zum Download bereitgestellt. Dann können Sie Ihre Marge und typische Verkaufspreise eingeben und bekommen eine Tabelle mit den aus Rabatten resultierenden Absatzsteigerungen.

Strategische Fehler bei der Preisgestaltung

Stellen Sie sich vor, Sie müssen ein neues Gerät anschaffen. Ein Gerät, das man nicht alle Tage neu angeschafft. Nehmen wir einen Toaster. Manche Toaster halten ein Leben lang. Sie sind leider mit der Situation konfrontiert, dass Ihrer seinen Geist aufgab. Mehr als neun Jahre hat er gehalten, aber jetzt ist er hin.

Lassen Sie uns weiter annehmen, Sie gehören zu den Menschen, die während sie einen Toaster besitzen, keinerlei Interesse daran haben, sich über den Toastermarkt zu informieren. Sie haben also in den letzten neun Jahren keinen Gedanken an die Beschaffung von Toastern verschwendet oder woran man einen guten Toaster erkennt. Andererseits möchten Sie die nun anstehende Entscheidung auch nicht unvorbereitet treffen. Sie fahren deshalb kurz bei einem Lebensmitteldiscounter vorbei, und kaufen sich eine Packung Toastbrot. Bewaffnet mit diesem Brot betreten Sie ein geeignetes Fachgeschäft. Und sie sagen: „Ich möchte einen Toaster kaufen, aber ich will Probe-Toasten!“

Nehmen wir an, Sie finden einen willigen Verkäufer. Dieser packt für Sie mehrere Toaster aus, schließt sie an den Strom an und lässt Sie mit ihrem Toastbrot Tests durchführen. Treiben wir den Gedanken auf die Spitze und lassen Sie uns annehmen, der Verkäufer macht seinen Job besonders gut und bietet Ihnen sogar noch ein wenig Marmelade, Margarine, Streichwurst und andere Leckereien an, um den Test unter realistischen Alltagsbedingungen durchzuführen. Sie merken schon, die Fantasie geht ein wenig mit mir durch.

Was macht den Kunden preissensibel?

Nachdem Sie einige Toaster getestet haben, stellt sich das Gefühl der Sättigung ein. Der einfühlsame Verkäufer merkt das und sagt: „Vielen Dank das Sie dieses spannende Gespräch mit uns geführt haben.“ Und er überreicht Ihnen seine Visitenkarte samt Mobilnummer und schreibt sogar noch seine persönliche Privatnummer auf die Rückseite. Er bittet Sie, jeder Zeit Kontakt mit ihm aufzunehmen, um das spannende Gespräch über Toaster fortzusetzen. Dann begleitet er Sie lächelnd zur Tür, hält diese zuvorkommend auf und winkt ihnen freundlich, als Sie ins Auto steigen und zum nächsten Media-Markt fahren. Dort kaufen Sie sich genau den Toaster ihrer Wahl. Allerdings ärgern Sie sich ein wenig, weil jener Toaster im Fachgeschäft exakt genauso viel kostete. Aber nun, da Sie hier sind, kaufen Sie den Toaster, nehmen an der Kasse noch verschiedene Aktions-Produkte mit, und bringen ihren Einkauf gut gelaunt nach Hause.

Der strategische Fehler beim Verkaufsgespräch

Was hat aus Sicht des Verkäufers im Fachgeschäft nicht geklappt? Woran ist es gescheitert? Vielleicht wollen wir ausnahmsweise diese Frage nicht aus dem Bauch heraus verantworten, sondern nüchtern analysieren.

Zum Ende des Gesprächs, kurz vor der Weiterfahrt zum Elektro-Discounter, hatte der Kunde zwei ungünstige Eigenschaften:

  1. Er wusste ganz genau, was er wollte und konnte es sogar besser beurteilen als der Verkäufer.
  2. Es war ihm gänzlich egal, mit wem er Geschäfte macht, weil er maximale Wechselbereitschaft hatte.

Wenn diese beiden Eigenschaften zutreffen, dann wird er Kunde immer den günstigsten Preis wählen. Wenn ich genau weiß, was ich will und es präzise benennen kann, brauche ich keine Beratung. Und wenn ich keine Beziehung zu einem Anbieter habe und bereit bin, beliebig zu wechseln, dann kaufe ich das günstigste Produkt.

Know-how-Transfer ist ungünstig für die Preisverhandlung

Durch die ausführliche Beratung und den damit verbundenen Wissensaufbau beim Kunden hat sich etwas verändert. Das heißt, der Kunde hat seine anfängliche Haltung “Ich weiß nicht, wie ich entscheiden soll“ ersetzt durch die Haltung „Aha. Jetzt weiß ich was ich will! Jetzt kann ich Anbieter vergleichen.“ Erst jetzt kann der Plan entstehen, zu einem Discounter zu fahren, und das Objekt der Begierde zu kaufen.

Man könnte allgemein sagen, dass durch zu viel Know-how-Transfer zum Kunden die Preissensibilität des Kunden überhaupt erst hergestellt wird. Solange die Lösungsfindung ausreichend diffus ist, kann der Kunde kaum preissensibel sein.

Zu viel Kundenausbildung während des Verkaufs

Wer durch seine Informationspolitik den Kunden in die Lage versetzt, ein Vergleichsangebot einzuholen, wo vorher kein Vergleich möglich war, der verhält sich sträflich.

Die passende Strategie in unserem Beispiel hier wäre also gewesen, dem Kunden sofort und noch vor Verlassen des Ladens eine akzeptable Lösung anzubieten. Der Verkäufer muss davon ausgehen, dass für den Fall, dass der Kunde jetzt nicht entscheidet, er wohl nie wieder kommen wird.

Wenn, wie in diesem Fall, der Kunde sich offenbar unsicher ist, ob er woanders ein besseres Angebot bekommt, dann könnte es eine tragfähige Strategie sein, dem Kunden anzubieten, dass man ihm die Differenz ersetzt falls er woanders innerhalb der nächsten Woche ein besseres Angebot bekäme. Das Risiko ist stark begrenzt, weil kaum ein Kunde weiter sucht und vergleicht, wenn er sich bereits entschieden hat. Und das Angebot, die Differenz zu erstatten, bedeutet in der Konsequenz, dass der Anbieter sich sehr sicher ist, dass es kein günstigeres Angebot gibt. Was würde das im B2B bedeuten? Wie könnte man eine ähnliche Abschluss-Beschleunigung herstellen?

Dumme Fehler bei Preisverhandlungen im B2B vermeiden

Auch hier muss die Strategie eindeutig darauf ausgerichtet sein, zwei Aspekte zu beachten:

  1. Kein unnötiger Wissenstransfer zum Kunden und
  2. Nach Möglichkeit sofort eine Entscheidung herbeiführen.

Also keine detaillierten, tabellarischen Angebote mit Einzelpreisen. Kein präziser Bauplan, der als Ausschreibungsgrundlage dienen kann. Wenig Aussagen zum „Wie“. Stattdessen die Zuversicht steigern, den richtigen Anbieter gefunden zu haben und die Risiko-Schwelle senken, indem man begrenzte Rücktrittsmöglichkeiten anbietet und betriebswirtschaftlich belegt, dass eine schnelle Entscheidung günstig ist.

Wissenstransfer vermeiden

Wir erinnern uns an einen Slogan von Media-Markt, der besagt “Ich bin doch nicht blöd!“ Schnell wird klar, dass hier gewünscht ist, Preise zu vergleichen und dann eben zum Discounter zu gehen. Wenn Sie allerdings ihre Strategie ohne Niedrigpreise planen, dann müssten Sie Ihre Vertriebsstrategie darauf ausrichten, dass der Kunde während des Verkaufsprozesses möglichst wenig Know-how-Gewinn erfährt.

Die falsche Nähe zum Einkäufer

Eine große Gefahr ist die Illusionen der Nähe. Wenn Verkäufer denken, dass sie eine gute Beziehung zu einem professionellen Einkäufer haben, dann dürfte dies in den allermeisten Fällen eine Illusion sein. Denn zu denken, dass man eine gute Beziehung hat, wenn der Einkäufer einem den „last call“ gibt um dann den letzten, niedrigsten Preis abzugeben, ist schlicht und einfach ein Irrtum. In Wirklichkeit ist der professionelle Einkäufer angehalten, zu keinem Anbieter eine Beziehung aufzubauen. Er spielt diese Nähe nur vor, um den besten Preis zu bekommen.

Schließlich wäre es ein Kündigungsgrund für einen professionellen Einkäufer, wenn er vergleichbare Produkte und Leistungen teurer einkauft, nur, weil er einen „gute Beziehung“ zum Anbieter hat. Das nennt man heute Bestechlichkeit und ist im Einfluss der aktuellen Compliance-Welle kaum realistisch.