Es war nie so einfach mit einer freien Rede zu begeistern, wie heute! Wenn wir heutzutage an Präsentation denken, dann fällt uns als erstes eine Folienpräsentation ein, obwohl der besondere Reiz einer Präsentation doch ist, dass Menschen sich begegnen. Powerpoint & Co. haben die freie Rede längst verdrängt.

Clevere Verkäufer nutzen diese Entwicklung für sich, denn jetzt kann man auch mit weniger ausgeprägten Fähigkeiten als Redner seine Kunden begeistern. In dieser Ausgabe will ich Ihnen einige einfache Tipps und Kniffe liefern, wie Sie Ihre nächste Präsentation mit dem gesprochenen Wort erheblich aufwerten können.

Der Klassiker: Gestern-Heute-Morgen

Lassen Sie uns ein Experiment machen: Stellen Sie sich bitte vor, Sie sitzen am Tisch und sind darauf vorbereitet, eine Präsentation zu verfolgen. Das Thema interessiert Sie und die Präsentation beginnt. Sie sehen die ersten Folien und merken schon, worauf es hinausläuft. Sie lächeln gequält, aber höflich und lassen die Sache über sich ergehen. Im schlimmsten Fall brechen Sie jedoch ab, weil Sie die Zeitverschwendung nicht mehr ertragen.

Wenn Sie solche Vorträge kennen, dann wissen Sie, dass sie so spannend sind wie das Vorlesen der Zahlen von 1 bis 500, denn da wissen wir auch spätestens nach der Fünf, wie der Rest der Präsentation laufen wird.

Eine alte aber klassische Methode ist der rhetorische Zeitstrahl oder auch die Gestern-Heute-Morgen-Methode. Dabei packen wir unsere Botschaft in eine einfache Struktur aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Der rhetorische Zeitstrahl

Mit einer guten Präsentation glänzen © Fotolia 2016 / Monkey Business

Mit einer guten Präsentation glänzen © Fotolia 2016 / Monkey Business

Nehmen wir an, Sie wollen zum Auftakt einer Präsentation das Publikum auf ein neues Produkt einstimmen. Es könnte sich dabei um ein Produkt handeln, das eine kleine aber wichtige Effizienzsteigerung für den Kunden bringen kann.

Um diese Methode anzuwenden, finden Sie zunächst eine „Kopf-Nicker-Aussage“ also eine Behauptung, die vermutlich jeder oder zumindest fast jeder im Raum bestätigen würde. Wenn das Produkt beispielsweise eine Maschine ist, mit der man eine bestimmte Arbeit vier- bis fünfmal schneller ausführen kann, könnte ich mir diesen Text zum Einstieg vorstellen:

„In den letzten Jahren oder Jahrzehnten wusste jeder Fachmann, dass es nunmal eine gewisse Zeit braucht um die XY-Arbeit zuverlässig und gewissenhaft zu erledigen. Schließlich will Qualität mit Sorgfalt hergestellt werden.“

*Kopfnicken*

Der zweite Teil ist der Bezug zur Gegenwart, also zu dem Raum jetzt heute hier, in dem wir gemeinsam sitzen. Wenn wir die Botschaft zum Heute auswählen ist besonders wichtig, dass es keine Noonaah-Botschaft wird.

Diesen Kunstbegriff habe ich mir aus dem Wiener Sprachgebrauch geborgt. Wenn man sich dort unterhält und einer von zwei Gesprächspartnern eine wenig überraschende Äußerung macht, dann verleitet das den Anderen zu einem langgezogenen „Noonaah“, was auf Hochdeutsch in etwa bedeutet. „Das wusste ich schon. Das musst du mir nicht erzählen!“

Also bitte keine Aussagen, wie „Wir sind heute hier zusammengekommen…“ oder „Heute sitzen wir hier in diesem schönen Konferenzraum…“. Das wäre ein Noonaah sondergleichen. Stattdessen sollten Sie sich etwas Spannendes überlegen und ganz bewusst einen Konflikt ansprechen.

„Einige von Ihnen sehen, dass es so nicht weitergehen kann und wollen drastische Schritte einleiten, weil sonst die Kosten die Erträge gänzlich auffressen. Auf der anderen Seite ist es aber noch nie gut gegangen, hektisch nach Lösungen zu suchen, wenn man kein Konzept hat, denken zu Recht andere unter Ihnen.“

*Kopfnicken*

Diesmal haben wir einen Konflikt benutzt und vielleicht ein wenig aufgebauscht, um bewusst Spannung zu erzeugen. Weil wir die Ansichten beider „Lager“ aufgegriffen haben, bekommen wir wieder Zustimmung. Jetzt richten wir den Blick in die Zukunft:

„Niemand von uns kann die Zukunft vorhersagen. Allerdings wissen wir, dass die Welt sich laufend verändert und dass diejenigen, die einen Trend rechtzeitig erkennen, nur profitieren können. Wir können heute das Wissen der Vergangenheit nutzen, um praxistaugliche Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.“

*Gefühlter Szenenapplaus*

Wenn Sie sich die drei Aussagen aneinandergereiht vorstellen, wird schnell klar, dass Sie sich mit dieser Technik binnen weniger als einer Minute das Spielfeld für Ihren restlichen Vortrag ganz nach Ihren Vorstellungen gestalten können.

Sterntechnik

Drei Dinge kann man sich merken. Fünf aber auch. Ein Stern hat für mich fünf Strahlen. Vielleicht auch mal sechs oder sieben, wenn es sein muss. Die Sterntechnik habe ich von meinem lieben Kollegen Michael Rossié, mit dem ich eine sehr schöne Erinnerung verbinde, weil wir gemeinsam eine ganz besondere Auszeichnung in den USA bekommen haben. Michael Rossié ist ein begnadeter Sprecher, nicht zuletzt, weil er seine Kraft aus einer profunden Schauspielausbildung bezieht.

Er stellt in manchen seiner Vorträge seine Sterntechnik vor. Ein Stern hat einen Kern, der das Thema der Aussage darstellt und die Strahlen sind die einzelnen Argumente und Erläuterungen. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Sie sollen sich kurz vorstellen. In der Vorbereitung haben Sie sich dazu einen Stern gemalt.

Sie schreiben einfach „Vorstellung“ in die Mitte eines Blattes. Dann folgt ein Strahl, an dessen Ende Ihr Name steht. Das war einfach. Nun kommen weitere Aspekte Ihrer Vorstellung hinzu: Ihr Beruf, Ihr Alter, Ihr Familienstand und Ihr Hobby. Jeder Aspekt ist ein Strahl des Sternes und der Begriff dazu steht am Ende des Strahls. So haben Sie im wahrsten Sinne des Wortes einen Stern vor Augen.

Wenn Sie sich einmal so einen Stern aufgemalt haben, dann wissen Sie, was die Stichworte sind, die Sie nennen müssen. Und das Beste ist: Die Reihenfolge spielt keine Rolle. Sie können mit dem Alter anfangen, falls das in dieser Präsentationssituation angemessen ist: „Mit 28 bin ich, Paul Meier, wohl der jüngste hier und noch immer unverheiratet und kinderlos. Weil Musik, speziell das Gitarrenspiel, schon immer mein Hobby war, konnte ich die Fingerfertigkeit dieses Hobbys in meinem Beruf als Zahntechniker perfektionieren.“

Das klingt viel besser, als eine reine Aufzählung à la:

Guten Tag,
mein Name ist Paul Meier. Ich bin 28 Jahre alt, ich bin ledig und kinderlos,
 ich arbeite als Zahntechniker und
 mein Hobby ist Gitarre spielen.

*Gähn*

Es lohnt ich einen solchen Stern für typische Redeanforderungen zu erstellen, weil dieser multifunktional einsetzbar ist. Wenn „Musik“ gerade das Thema ist, können Sie beispielsweise auch mit der Gitarre anfangen:

„Musik und speziell das Gitarrenspiel ist schon seit langem meine Leidenschaft, auch wenn ‚lange‘ bei meinen 28 Lebensjahren vielleicht übertrieben ist. Unverheiratet und kinderlos kann ich mich neben meinem liebsten Hobby meiner Karriere als Zahntechniker widmen, die mir fast so viel Fingerspitzengefühl fordert, wie die Musik.“

Das ist der besondere Reiz der Sterntechnik. Wenn man sich einmal klar gemacht hat, was die wesentlichen Aussagen an den Strahlen des Sterns sind, kann man sie in der Reihenfolge beliebig abwandeln und der Präsentationssituation anpassen.

Mnemo-Technik

Wenn es deutlich mehr als fünf Elemente sind, die Sie in Ihrem Vortrag auswendig lernen wollen, lohnt es sich, eine Gedächtnistechnik anzuwenden. Meine Kollegen Markus Hofmann, Oliver Geisselhart und Boris Nikolai Konrad sind erfahrene Gedächtnistrainer, mit denen ich jeweils eine Stunde Interview geführt habe.

Sie alle haben Techniken entwickelt, um sich Abfolgen und Listen schnell und einfach einprägen zu können. Markus Hofmann setzt auf die Körperliste. Schließlich haben Sie Ihren Körper immer dabei und können kaum vergessen, dass Sie eine Schulter und einen Bauch haben. Oliver Geisselhart benutzt eine merkwürdige Liste an Symbolen, die eindeutig einer Zahl zugeordnet werden und als unvergesslicher Anker funktionieren. Boris Nikolai Konrad, der „nebenbei“ promovierter Neurowissenschaftler und mehrfacher Gedächtnisweltmeister ist, nutzt bekannte Räume und unvergessliche Abläufe als Anker für gedankengestützte Strukturen. Egal, was Ihnen am besten gefällt, Sie können alle Techniken in Ruhe prüfen und dann für sich entscheiden, was sich am besten für Ihre Art zu denken und zu lernen eignet.

Gute Präsentation: Die Stimme macht’s

Vermutlich kennen Sie alle eine Person mit einer Pieps-Stimme. Auch wenn es beispielsweise Hartmut Mehdorn mit – oder trotz – seiner Stimme weit gebracht hat, sind wir uns vermutlich einig, dass eine gute Stimme die Aussage besser transportiert.

Wenn ich mit Verkäufern in Trainings über Stimme und Ausdruck spreche, dann treffe ich oft auf Widerstand. Viele Menschen denken, dass ihre Stimme unabänderlich ist und man daran nichts „herumändern“ kann, weil es sonst künstlich klingt.

Auf der anderen Seite stimmt mir aber auch jeder zu, wenn ich sage, dass wir die feinen Töne der Stimme hören können, wenn sie Unsicherheit, Selbstvertrauen, Angst oder Freude ausdrückt. Vermutlich ist kaum jemand ohne profunde Schauspielausbildung in der Lage, bewusst eine Stimmung in die Stimme zu legen. Dazu fehlt uns Nicht-Künstlern die Zeit und vielleicht auch die Begabung, aber ganz bestimmt die Übung.

Folien sind nur Beiwerk

Soweit es überliefert ist, haben sämtliche großen Rhetoriker seit der Antike keine Folien gebraucht. Auch wenn diese modernen Helfer praktisch sind, dürfen wir nicht vergessen, dass die wahre Kraft im gesprochenen Wort liegt. Nutzen wir diese natürliche Form der Kommunikation – gerade dann, wenn viele andere Verkäufer und Berater sich hinter den flimmernden Bilder des Projektors verstecken.