Wer will nicht sein Verkaufsgespräch führen und mit hoher Qualität erfolgreich machen? Aber haben Sie schon einmal etwas vergessen? Ich meine nicht einen Namen oder eine Telefonnummer, sondern eine wichtige Tätigkeit? Damit wir keine Termine vergessen, machen wir uns Notizen in einen Kalender. Das ist professionell und dürfte wohl für jeden Menschen eine vertraute Tätigkeit sein. So werden wir an Termine erinnert und können sie kaum noch vergessen.

Routine ist der größte Feind der Qualität

Und wie ist das mit Routine-Tätigkeiten? Haben Sie schon einmal den Schlüssel in der Wohnung vergessen und beherzt die Haustüre zugezogen und sich ausgesperrt? Für die meisten dürfte dieser bittere Moment, in dem man merkt, dass man ohne fremde Hilfe nicht mehr zurück nach Hause kann, noch gut in Erinnerung sein. Aber warum passiert so etwas? Sicherlich ist kaum jemand intellektuell damit überfordert, erst zu prüfen, ob der Schlüssel da ist und dann die Tür von außen zu schließen. Diesen logischen Zusammenhang können bereits kleine Kinder verstehen. Und außerdem dürften Sie schon viele Male erfolgreich mit Schlüssel das Haus verlassen haben. Warum passiert dann tagtäglich dieses Malheur, mit dem Schlüsseldienste ein gutes Auskommen bestreiten? Und warum passiert es so manchem nicht nur einmal?

Ich habe eine These: „Routine ist der schlimmste Feind der Professionalität“. Was meine ich damit? Ich denke, dass Tätigkeiten, die wir häufig ausführen eine gewisse Nachlässigkeit anziehen. Ich veranstalte firmeninterne Seminare durchschnittlich an mehr als hundert Tagen pro Jahr. Eine gewisse Routine also. Und aus gutem Grund arbeiten mein Büro und ich mit einer Checkliste, auf der alle Kleinigkeiten aufgelistet sind, die für die Vorbereitung nötig sind: Seminarunterlagen? Check! Moderationskarten? Check! Ausreichend Filzstifte? Check! Und so weiter. Wir machen das, weil sonst sicher irgendwann einmal der Tag käme, an dem ich morgens erst im Seminarraum feststellen würde, dass die Seminarunterlagen dieses eine Mal vergessen wurden. Verzeihlich? Ja, aber sehr unprofessionell, denn für diese eine Teilnehmergruppe ist es völlig unerheblich, dass es in den anderen Jahren immer geklappt hat.

Vorhersagbare Fehler vermeiden

Mit größtem Befremden würden wir die Ausrede eines Berufspiloten anhören, wenn er sagen würde: „Ich habe viele Jahre meines Lebens eine perfekte Landung nach der anderen hingelegt – mehr als 10.000 Landungen, wenn ich nicht irre. Jetzt habe ich einmal vergessen, das Fahrgestell auszufahren. Meine Güte! Das kann doch mal passieren…“ Kann passieren – darf aber nicht!

Vor einiger Zeit habe ich mit meinem Kollegen Peter Brandl, der nicht nur Vortragsredner, sondern auch Berufspilot und Pilotenausbilder ist, darüber gesprochen. Von ihm habe ich übrigens auch zuerst den Vergleich mit dem im Haus vergessenen Schlüssel gehört. Mich hat interessiert, wie damals in den 70er Jahren die erfahrenen Berufspiloten darauf reagiert haben, dass plötzlich das laute Lesen von Checklisten zur Vorschrift wurde. Sie können sich bestimmt vorstellen, welche Flüche in so manchem Cockpit auf die Bürohengste losgelassen wurden, die sich so einen „unnötigen, weltfremden Bürokraten-Mist“ ausgedacht haben. „Sollen wir fliegen oder Zettel vorlesen?“ könnte ich mir auch als wütenden Ausruf vorstellen.

Warum ich das hier erwähne? Naja – vielleicht sind wir in modernen Vertriebsorganisationen heute da, wo die Piloten vor einigen Jahren waren. Checklisten werden als sinnvoll anerkannt, aber nicht routinemäßig eingesetzt. „Ich kann doch nicht vor dem Kunden meine Fragen vom Zettel ablesen und Häkchen machen!“, wäre der wütende Ausruf alter Hasen von der Verkaufsfront. Klingt vertraut?

Checklisten sind sicher, aber unbeliebt

Zumindest habe ich diese Art von Widerstand immer wieder erlebt, wenn ich mit professionellen Verkäufern arbeite. Sie sagen dann, dass sie „es im Prinzip schon so machen“. Sie behaupten, dass sie „eine individuelle Checkliste für jeden Kunden“ haben oder erstellen. Oder sie sind sich ganz sicher, dass sie „die wichtigsten Punkte im Kopf haben und nicht aufschreiben müssen“.

Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie in einem Flugzeug sitzen würden und Sie hören den Piloten kurz vor dem Start sagen „Wir haben die wichtigsten Punkte der Startvorbereitungs-Checkliste im Kopf. Die müssen wir nicht abhaken!“ Könnte es sein, dass Ihre Vorfreude auf den Urlaub jetzt einem anderen, stärkeren Gefühl weicht? Wenn Sie es im Flugverkehr nicht akzeptieren würden, warum dann in Ihren Vertriebsgesprächen?

Eine ehrliche Antwort kann ich akzeptieren: Wenn eine Checkliste vor mir liegt, dann bin ich zu sehr von der Abfolge der Punkte gefangen. Dann kann ich nicht so gut auf den Kunden eingehen und verstehen, was er wirklich will!

In vielen Jahren der Arbeit mit Vertriebsorganisationen habe ich mir Gedanken gemacht, wie man die simple aber starre Sicherheit einer Checkliste mit der Flexibilität in einem Kundengespräch verbinden kann. Was dabei entstand, ist die inzwischen preisgekrönte Idee der Gesprächslandkarte.

Landkarte statt Liste

Stellen Sie sich vor, wir unterhalten uns über unsere Urlaubsreisen in Europa. Es ist eine Unterhaltung, zu der Sie und ich etwas beitragen. Wir fragen viel, tauschen Tipps und Erfahrungen aus und sprechen über unsere nächsten Pläne. Und während wir sprechen, liegt vor mir eine stark vereinfachte Karte von Europa. Nur die Landesgrenzen und ein paar wichtige Städte und Regionen sind eingezeichnet. Die Linien sind nur ganz zart in hellgrau gedruckt, etwa so, wie die Linien in kariertem Papier, so, dass man einfach darüber schreiben kann.

Während wir miteinander sprechen, mache ich mir Notizen in die Flächen der Länder. Dazu muss ich nicht viel nachdenken, weil ich blind weiß, wo in etwa Dänemark auf meiner Karte ist. Oder Spanien. Oder Italien. So bekommt mein Gespräch Struktur und Orientierung, ohne eine vorgegebenen Abfolge. Und noch wichtiger: Wenn ich in einem Land nichts notiert habe, bekomme ich ständig optisch die Rückmeldung: Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Ich kann dann entscheiden, ob ich das Gespräch noch darauf lenken will, oder es bewusst auslasse. Das Vergessen von wichtigen Themen wird so unmöglich gemacht.

Individuelle Gesprächslandkarte für Ihre Verkaufsgespräche

Verkaufsgespräch führen mit der Gesprächslandkarte © Fotolia 2016 / Vjom

Die bessere Checkliste: Die Gesprächslandkarte © Fotolia 2016 / Vjom

Aus welchen Bausteinen sollten Sie Ihre ganz persönliche Checkliste zusammenstellen? Nun, das hängt sicher davon ab, für welche typischen Gesprächssituationen Sie die Landkarte entwerfen wollen. Möglich wären beispielsweise ganz unterschiedliche Anlässe, wie zum Beispiel Messegespräche, Telefonate und Kundenbesuche.

In der Regel laufen Gespräche immer in vier Phasen ab: Die Einleitung, Forschung, Beweis und Verbleib.

Die Einleitung ist sicher für alle emphatischen Verkäufer auch ohne Checkliste möglich, aber vielleicht wollen Sie einen Erinnerungspunkt schaffen, um die beste denkbare Gesprächsatmosphäre herbeizuführen. Und wenn es eine eher zufällige Begegnung wie auf einer Messe ist, wollen Sie bestimmt daran erinnert werden, alle relevanten Daten über den Kunden zu erfahren.

Der ausführlichste Teil ist die Forschung, also der Teil in dem Sie die Situation, die Probleme, den Handlungsdruck und die Nutzenvorstellung des Kunden erfragen. Diese Bereiche werden bestimmt die größten Flächen in Ihrer Gesprächslandkarte einnehmen. Ganz bestimmt ist es eine gute Idee, besonders gelungene Fragen wörtlich in die Karte zu drucken, um sich stets an diese zu erinnern. Zumindest werden die besprochenen Baupläne zu den unterschiedlichen Fragetypen dort stehen, so, dass ich nichts vergessen kann und alle wichtigen Fragen im Gespräch stellen werde.

In der Beweisführung könnte man besonders clevere Ideen bereithalten, um die eigene Leistung in Metaphern zu erklären.

Und schließlich wollen wir auf jeden Fall sicherstellen, dass am Ende dieses Gesprächs ein konkreter Verbleib steht. Also eine Vereinbarung über die nächsten Schritte und die nun folgenden Aktivitäten.

Wenn es Ihnen gelingt, solche Gesprächslandkarten in Ihren Arbeitsalltag zu integrieren, wird sich dadurch die Wirkung Ihrer Vertriebsarbeit erheblich verbessern.

Verkaufsgespräch führen – Bauplan für Ihre Gesprächslandkarte

Aus welchen Bausteinen sollten Sie Ihre ganz persönliche Checkliste zusammenstellen? Ich möchte Ihnen eine Auswahl von Themen anbieten, die Sie in Ihre Checkliste einsetzen können.

  • Ziele des Kunden für dieses Gespräch
  • Probleme, die durch Sie evtl. gelöst werden können
  • Auswirkungen der Probleme (Schmerzen) – nach Möglichkeit in Zahlen oder als Geldbetrag
  • Nutzen-Erwartung: Wie soll es sein, wenn das Problem gelöst ist?
  • Entscheidungsverlauf und handelnde Personen
  • Inhalt und Struktur des nächsten Dokuments, das der Kunde bekommt: Angebot, Preisauskunft, Investitionsübersicht, Grob-Konzept, Referenzbeispiel oder andere Dokumente?
  • Konkreter Verbleib: Nächster Termin, (Vor-)Entscheidung
  • Evtl. weitere Fakten, die zur Bestimmung des Angebotes oder für eine Preisauskunft nötig sind

Es hat sich bewährt, dass Sie Beispiele für Formulierungen einbauen, um dem Nutzer der Gesprächslandkarte die Anwendung der Gesprächstechnik so einfach wie möglich zu machen. Anregungen dazu finden Sie in den vorangegangenen Ausgaben und den Arbeitsblättern dazu.

Die Struktur einer Gesprächslandkarte ist für jede Branche und jedes Unternehmen individuell. Die oben genannten Punkte sind sicherlich immer und in jedem Gespräch relevant. In Ihrer Branche gibt es vielleicht noch wichtige Erweiterungen. Aber achten Sie darauf, dass Sie nicht zu viele Fragen zu den Fakten einbauen – das ist nämlich ein häufiger Fehler, weil einem dazu die meisten Fragen einfallen.