Vielleicht kennen Sie das: Als Einwand oder Vorwand (den Unterschied werden wir noch erarbeiten) hören Sie, dass es ein besseres Angebot für Ihr Produkt beziehungsweise Ihre Dienstleistung gibt. Sie werden abgeblockt. Kann man in dieser Situation noch erfolgreich weiter verkaufen? Gibt es eine Möglichkeit, dennoch ein profitables Geschäft abzuschließen und einen Kunden zu gewinnen? In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns genau mit dieser Frage und Sie bekommen ein klares Konzept, wie Sie sich künftig verhalten können, um erfolgreicher mit Einwänden und Vorwänden umzugehen. Später gebe ich Ihnen auch noch eine Idee, mit der Sie ausweglose Gesprächssituationen wiederbeleben können.

Einwandbehandlung: Kann man jeden Einwand in ein „Ja“ umwandeln?

Clevere Einwandbehandlung © Fotolia 2016 / Sergey Nivens

Clevere Einwandbehandlung © Fotolia 2016 / Sergey Nivens

Selbstverständlich sind 100% Erfolgsquote kaum möglich. Und das ist auch gut so, denn wenn Sie selbst eine erfolgreiche Kundenbeziehung haben, wollen Sie ja auch nicht, dass Ihre Wettbewerber ganz einfach mit einem Trick diese Beziehung zerstören können und den Kunden abspenstig machen. Manchmal entschließen wir uns auch im Privatleben, eine Bindung einzugehen, die nicht so einfach wieder aufzulösen ist. Also ist der Spruch „Wir haben schon einen Lieferanten, mit dem wir glücklich sind“ nicht in allen Fällen ein Einwand oder ein Vorwand, sondern schlicht und einfach eine Aussage, die es zu respektieren gilt.

Wie können wir herausfinden, ob es eine ehrliche, ernst gemeinte Aussage – also ein Einwand – oder nur ein Vorwand ist? Welche Methode kann man anwenden, um schneller und klarer zu verstehen, wie der Kunde tatsächlich denkt und ob es noch eine Chance auf Erfolg gibt?

Was ist der Unterschied zwischen Einwand und Vorwand?

Ein Einwand ist eine ehrliche, ernst gemeinte Aussage des Kunden, mit der er begründen will, warum er unserem Angebot nicht folgen möchte. Ein Vorwand ist eine vorgeschobene Aussage, um den wahren Beweggrund der Absage nicht erklären zu müssen. Die meisten Theorien im Verkauf schlagen vor, zunächst zu prüfen, ob es sich um einen Einwand oder einen Vorwand handelt, weil man Vorwände nicht behandeln kann, sondern sie zunächst demaskieren muss, um dann den wahren Beweggrund der Ablehnung behandeln zu können. Nehmen wir einmal einen ganz häufig zu hörenden Satz: „Wir haben schon einen Lieferanten!“

Muss man Vorwände und Einwände unterschiedlich behandeln?

Ich denke nicht, dass man einen Unterschied zwischen der Vorwand- und der Einwandbehandlung machen muss, denn das macht es nur unnötig kompliziert. Mit dieser Methode müssen Sie nicht zwischen diesen beiden Varianten unterscheiden und können sofort mit der Behandlung beginnen. Die Methode besteht aus drei Teilen:

  1. Verständnis erklären,
  2. Bedingungen verändern und
  3. Möglichkeit erfragen.

Das könnte dann in etwa so lauten:

Kunde: „Wissen Sie – wir haben schon einen Lieferanten hierfür.“
Sie: „Ja, das verstehe ich. Unternehmen Ihrer Größe haben natürlich schon längst Geschäftsbeziehungen in diesem Segment etabliert. Jetzt mal angenommen, Ihr bisheriger Lieferant soll durch einen zweiten Lieferanten ergänzt werden, woran würden Sie erkennen, dass wir ein geeigneter Partner sind?“

Oder eine Variante: „Ja, Herr Kunde! Ich denke das ist eine gute Entscheidung gewesen, schon früh in diesem Segment mit einem Partner zusammenzuarbeiten. Angenommen, Sie könnten sich einen einzigen Punkt wünschen, der zusätzlich zu dem Leistungsspektrum Ihres bestehenden Partners für Sie sinnvoll wäre, wie würden Sie diesen Wunsch formulieren?“

Oder noch eine Möglichkeit: „Herr Kunde, ich bin davon ausgegangen, dass Sie bereits Erfahrungen im Umgang mit Lieferanten in diesem Bereich haben. Wenn Sie sich vorstellen, dass es bei Ihrer Geschäftsbeziehung in bestimmten Abständen sinnvoll ist, die betriebswirtschaftlich relevanten Alternativen zu prüfen, woran würden Sie erkennen, ob jetzt der richtige Moment ist, um genau diese attraktiven Lieferanten zu prüfen?“

Vorwände demaskieren sich selbst

Wenn Sie diese Technik anwenden, werden Sie im weiteren Gesprächsverlauf sofort merken, ob die vorher gemachte Aussage tatsächlich ein Einwand ist oder nur vorgeschoben. In jedem Fall können Sie mit dieser Technik erreichen, dass der Kunde darüber nachdenken wird, was er tun würde, wenn der Einwand nicht gegeben wäre.

Lassen Sie uns diese drei Stufen noch einmal genauer betrachten:

1. Verständnis erklären

Lassen Sie die Aussage des Kunden stehen und bestätigen Sie seine Aussage, indem Sie seine frühere Entscheidung anerkennen. Achten Sie darauf, dass Sie am Ende dieser Bestätigung genau prüfen, welches Wort Sie jetzt verwenden. Bitte machen Sie sich bewusst, dass die Aussage, die der Kunde gemacht hat, aus dessen Sicht auf jeden Fall richtig ist. Selbst dann, wenn es sich nur um eine vorgeschobene Aussage handelt, möchte der Kunde sicher nicht entlarvt werden. Also rate ich Ihnen dringend, das Wort „aber“ in diesem Zusammenhang aus ihrem Sprachschatz zu streichen.

Denn wenn Sie sinngemäß sagen würden „Ja, Sie haben Recht, aber…“ dann sagen Sie damit „Ihre Aussage ist falsch“. Der Kunde wird das unterschwellig wahrnehmen und ohne es selbst bewusst zu steuern, wird er in eine Konfrontationshaltung gehen. Dadurch würden Sie den weiteren Verlauf des Gesprächs stören und den Erfolg riskieren. Sie können das Wort „aber“ ganz einfach durch das Wort „und“ ersetzen. Das klingt dann nur wegen diesem einen Wort ganz anders: „Ja, Sie haben Recht, und…“. Selbstverständlich können Sie auch einfach einen neuen Satz anfangen und Ihre zusätzlich Aussage machen, ohne einen Gegensatz zu der Aussage des Kunden zu betonen.

2. Bedingungen verändern

Nachdem wir die Haltung des Kunden bestätigt haben, schalten wir den Fantasie-Modus ein. Wir benutzen dazu Worte oder Wortkombinationen wie zum Beispiel „Jetzt mal angenommen“, „Wenn Sie sich vorstellen“, „Gehen wir mal davon aus, dass“, „Wenn wir davon ausgehen, dass“ und andere Formulierungen, die dafür sorgen, dass der Kunde eine Annahme macht und auf dieser Annahme basierend weitere Überlegungen anstellt.

Das ist der Schlüssel bei dieser Technik. Der bewusst eingesetzte Konjunktiv hilft dabei, die Überlegungen anzustellen und die heutige Realität als Ausgangsbasis für einen kurzen Moment aufzugeben. Das hilft dabei, Möglichkeiten zu prüfen, auch wenn sie aus heutiger Sicht unmöglich oder unwahrscheinlich sind.

3. Möglichkeit erfragen

Weil wir im zweiten Schritt die Basis geschaffen haben, um Überlegungen anzustellen, fragen wir jetzt nach den Möglichkeiten, die sich mit der neuen Voraussetzung ergeben könnten. Wenn wir vergleichsweise den zweiten Schritt weglassen würden und sofort nach den Möglichkeiten fragen, dann würden wir vermutlich die gleiche Aussage bekommen wie zu Beginn. Also beispielsweise, wenn wir sagen würden „Ja das verstehe ich und woran können Sie erkennen, dass wir ein geeigneter Partner sind?“

Vielleicht erkennen Sie, dass diese Formulierung wohl kaum geeignet wäre, um eine andere Antwort zu bekommen als bei dem ursprünglichen Einwand. Weil wir aber beim 2. Schritt ganz bewusst die Fantasie unseres Gesprächspartners adressieren und den Konjunktiv verwenden, wird er nun die Antwort unter den von Ihnen definierten, fiktiven Ausgangsbedingungen neu überdenken.

Wie machen wir weiter, wenn der Kunde weiterhin blockt?

Nehmen wir einmal an, der Kunde ist immer noch in ablehnender Haltung. Er sagt so etwas wie „Das brauche ich mir gar nicht vorzustellen! Wir sind mit unserem jetzigen Lieferanten zufrieden.“ Jetzt haben Sie zwei Möglichkeiten:

1. Sie akzeptieren dass Sie bei diesem Kunden heute keine positive Entscheidung ernten werden. Oder

2. Sie versuchen durch Provokation ein Umdenken herbeizuführen.

Wie könnte diese Provokation aussehen? Bei der Entwicklung dieser provokativen Aussage habe ich mich inspirieren lassen, von einem philosophischen Spielchen, bei dem der Dialog so lautet:

„Bist du glücklich?“
„Ja.“
„Für immer?“
„Das weiß ich jetzt noch nicht!“
„Wie kann man glücklich sein, wenn man nicht weiß, was die Zukunft bringt…“

Rhetorik einsetzen und Umdenken bewirken

Dieser Dialog basiert auf einem rhetorischen Trick: Der Fragesteller stellt zwei voneinander unabhängige Fragen und bringt dann die Antworten in einen direkten Bezug zueinander. Dadurch wird dem Gesprächspartner unterschwellig suggeriert, dass er offenbar noch nicht zu Ende gedacht hat und seine Meinung noch einmal überdenken sollte, weil sie in sich unstimmig ist. Es wird Unsicherheit und Verwirrung gestiftet und genau das wollen wir erreichen, wenn wir provozieren. In diesem Fall soll der Kunde noch einmal umdenken. Der Dialog könnte dann so lauten:

„Ich habe Sie also richtig verstanden, dass Sie mit Ihrem jetzigen Lieferanten sehr zufrieden sind?“
„Ja.“
„Wird das für immer so bleiben?“
„Das kann ich jetzt noch nicht sagen.“
„Woher wollen Sie wissen, dass nicht jetzt genau der richtige Moment ist, um die sinnvollen Alternativen in Betracht zu ziehen?“

Oder, falls der Kunde offenbar nur einen Vorwand weiterhin verteidigen will, wird er vermutlich auf die zweite Frage mit Ja antworten. Dann könnte die Provokation in etwa so lauten:

„Wird das für immer so bleiben?“
„Ja!“
„Wenn Sie vorbehaltlos und ohne die Alternativen zu prüfen mit Ihrem jetzigen Lieferanten weiter arbeiten werden – Können Sie in etwa abschätzen, welchen Betrag Sie dann regelmäßig zu viel bezahlen und deshalb einsparen könnten?“

Entweder wird der Kunde jetzt seine Gegenwehr einstellen und ein ehrliches Gespräch beginnen oder Sie bekommen eine noch deutlichere Ablehnung. Diese Methode ist nur dazu geeignet, eine im Moment ausweglose Gesprächssituation noch einmal wiederzubeleben. Die Alternative wäre sich abzuwenden und den Kunden, beziehungsweise die Chance, für tot zu erklären.

Der rhetorische Defibrillator

Diese Provokationsmethode ist also zu vergleichen mit einem Defibrillator, mit dem man sozusagen notfallmäßig versucht, das Gespräch am Leben zu erhalten. Ähnlich wie in der Medizin funktioniert das natürlich nicht immer. Sie könnten auch, wenn Sie das letzte „Nein“ hören, dies einfach akzeptieren und sich einer anderen Chance zuwenden.

Sinngemäß können Sie diese Methode auch bei allen anderen Einwänden verwenden. Wollen Sie mir Ihren unangenehmsten Einwand hier als Kommentar nennen? Die Aussage des Kunden, die Sie gar nicht gerne hören? Dann werde ich mir gerne etwas überlegen, wie Sie künftig darauf antworten könnten. Und wenn Sie schon selbst eine gute Antwort gefunden haben, vielleicht wollen Sie diese hier mit den anderen Lesern teilen? Ich freue mich, wenn Sie mir gleich jetzt per Kommentar schreiben, was Sie denken.

Vorbereitung

Ähnlich wie bei der Akquise ist es sinnvoll, sich auf mögliche Einwände vorzubereiten. Sammeln Sie mögliche Einwände und schreiben Sie sie auf. Dann nehmen Sie sich einen ruhigen Moment und überlegen mit klarem Kopf, was eine gute Antwort wäre. Diese Antworten legen Sie sich zurecht. Wie man so ein „swipe file“ anlegt, erfahren Sie, wenn Sie sich das Arbeitsblatt zu dieser Ausgabe herunterladen.

In der folgenden Ausgabe behandeln wir Preise. Vor allem bei Investitionsgütern will der Kunde in einer frühen Phase des Gesprächs einen Preis genannt bekommen, obwohl das so früh noch gar nicht ermittelt werden kann. Wir besprechen, wie man professionell damit umgeht.

Hören Sie hierzu ein interessantes Gespräch zu diesem Thema, welches ich mit dem Problemlöser Georg Jocham im Rahmen seines Podcasts „Abenteuer Problemlösen“ aufgenommen habe.[/fusion_builder_column]