Akquise klappt nicht, wenn man diesen einen häufigen Fehler macht. Sie geht schief, wenn man den Entscheider nicht kennt. Professionelle Verkäufer kennen dieses Mantra: „Akquise nur beim Entscheider“. Zu den wichtigsten Grundlagen im Umgang mit Geschäftskunden gehört, dass man sich stets im Klaren ist, ob man wirklich mit dem wahren Entscheider spricht. Zu oft kommen andere Personen ins Spiel und die Lage wird unübersichtlich. Dieser Artikel bringt Struktur in die unterschiedlichen Gesprächspartner. Der Entscheider ist die Schlüsselperson für Ihre Vertriebsarbeit. Alle anderen sind wichtig, aber eben nicht ent­scheidend. Eine größere Investition können Sie nur mit dem Entscheider unterschriftsreif verhandeln.

Der Entscheider denkt zuerst an das Ergebnis Was haben wir davon? und wägt ab Was riskiere ich?

Nur der Entscheider hat die Macht, sich für eine aus mehreren Alternativen zu entscheiden. Er will Anerkennung für eine gelungene Ini­tiative oder ein profitables Projekt. Der Entscheider interessiert sich für den Gegenwert der In­vestition, den ROI (Return on Investment). Wahre Entscheider sind tendenziell angstfrei, wenn auch nicht blauäugig, denn sie sind es gewohnt, Entscheidungen zu treffen und bereit, ein Risiko einzugehen.

Die richtige Entscheidung treffen © Fotolia 2015/ ryanking999

Die richtige Entscheidung treffen © Fotolia 2015/ ryanking999

Weil der Entscheider auch die Entscheidung trifft, ist es sinnvoll möglichst früh mit ihm Kontakt aufzunehmen. Da das nicht immer gelingt, müssen wir uns manchmal auch mit anderen Ansprechpartnern zurechtfinden. Diese sollten wir jedoch auch richtig behandeln.

Der Empfehler ist zumeist die Person aus der Fachabteilung, die eine Anfrage stellt. Er sucht Anbieter, die eines seiner Probleme lösen können, will seine Arbeitsumgebung ver­bessern oder verfolgt durch die Anschaffung ein persönliches Interesse.
Seine (Kauf­-)Empfehlungen sind ehrlich gemeint, können jedoch häufig ignoriert werden.

Der Empfehler ist gesprächig und liefert uns gute Hinweise zu Problemen sowie Hintergrund­informationen über die Organisation.

Leider machen viele Verkäufer immer wieder den gleichen Fehler: Sie ver­suchen, dem Empfehler etwas zu verkaufen, denn Empfehler reden liebend gerne über Fachthemen und finden das, was Sie verkaufen wollen, fast immer gut. Nutzen Sie den guten Lauf des Gesprächs, um alles über die Entscheidungswege zu erfahren und Hintergrundinformationen über den Kunden einzuholen.

Der Beeinflusser ist ein ganz anderer Gesprächspartner und bei Verkäufern eher ungeliebt. Er will sich neutral, korrekt und „richtig“ ver­halten und unbeeinflusst die beste Auswahl aus mehreren Alternativen treffen. Deshalb reagiert er negativ, wenn er sich beeinflusst oder manipuliert fühlt. Neuen Ideen und Ansätzen, die den ursprünglichen Lösungsgedanken erweitern, steht er oft kritisch gegenüber. Und er tendiert dazu, Nachteile zu betonen, über­mäßig kritisch zu denken und Argumente zu entkräften.

Beinflusser wollen unbeeinflusst bleiben

Das alte Standard­-Rezept aus den Urzeiten der Verkäuferschule, nämlich eine gute Beziehung aufbauen, funktioniert bei ihm nicht. Der Beeinflusser will und muss unabhängig sein. Deshalb verhält er sich distanziert. Das Beste, was ein Verkäufer mit ihm machen kann, ist ihn wertfrei und vollständig zu informieren.

Achtung: Durch den häufigen Kontakt mit Empfehlern und Beeinflussern werden auch erfahrene Verkäufer dahingehend manipuliert, dass sie ständig über das „Was“ und „Wie“ des Produkts reden, dabei aber das „Wozu“ ver­gessen.

Diese beiden sind – abgesehen vom Entscheider – die häufigsten Gesprächspartner. Allerdings gibt es in manchen, zumeist größeren Organisationen, noch einen weiteren Typus von Gesprächspartnern.

Der Abzeichner hat Veto­-Macht und kann Entscheidun­gen zwar nicht treffen, aber verhindern. Er interessiert sich für die Erfüllung seiner Über­wachungs-­ oder Kontroll­-Aufgaben und will die Einhaltung von Werten des Unternehmens und übergreifenden Regeln überwachen.

Für den Verkäufer ist es entscheidend zu erfahren, ob es wesentliche übergeordnete Gründe geben könnte, ein Veto gegen die Entscheidung einzulegen. Abzeichner haben allerdings kein Interesse daran, mit Verkäufern zu sprechen. Und zwar deswegen, weil sie sich erst mit einer Entscheidung beschäftigen wollen, wenn sie vom Entscheider getroffen wurde. Des­halb werden sie vermutlich jeden Kontakt zum Verkäufer vor der Entscheidung verweigern.

Wenn Sie sicher sein wollen, dass Sie ver­stehen, was der Kunde kaufen wird, geht kein Weg am Entscheider vorbei. Selbst wenn Emp­fehler und Beeinflusser es gut mit Ihnen meinen und Ihnen aus ihrer Sicht klar sagen, dass Sie der beste Anbieter sind, heißt das noch lange nicht, dass das auch aus Sicht des Entscheiders so ist. Als Profi müssen Sie also die Sicht des Entscheiders kennen, um den Ausgang einer Kaufentscheidung beurteilen zu können.

Akquise beim Entscheider: Wie kann ich direkt zum Entscheider, ohne die anderen Ansprechpartner zu verärgern?

Lassen Sie mich das mit einer Geschichte aus der Praxis erklären: Ich war eingeladen bei einem größeren Kunden einen bezahlten Orientierungs-Workshop durchzuführen, um gemeinsam mit dem Entscheider und verschiedenen anderen Personen die genaue Anforderung für ein Ausbildungs-Projekt im internationalen Vertrieb zu erarbeiten. Die grobe Anforderung lautete, eine Fortsetzung eines bereits durchgeführten Trainings mit dem Titel „Value Selling“ zu vertiefen.

Zu dem bezahlten Workshop-Tag sollte auch der Entscheider anwesend sein. Als es soweit war, stellte sich heraus, dass der Entscheider doch nicht anwesend sein würde. Es wurde ein arbeitsreicher Tag gemeinsam mit mehreren Empfehlern und Beeinflussern. Am Ende dieses Tages hatten wir eine umfangreiche Definition für das bevorstehende Trainingsprogramm gefunden. Kurz vor Ende unseres gemeinsamen Tages sagte einer der Empfehler: „Bitte machen Sie uns dazu ein Angebot.“ Meine Antwort darauf entspricht der Technik „Die dritte Macht“. Ich sagte: „Wir haben herausgefunden, dass wir unsere Qualität im Bezug auf Kundenzufriedenheit und Projektgenauigkeit erheblich verbessern können, wenn wir grundsätzlich vor der Zusendung eines Angebotes einmal für zehn Minuten mit dem späteren Entscheider sprechen können. Deshalb haben wir diesen Zwischenschritt des Entscheidergesprächs als zwingende Voraussetzung vor den Versand eines Angebots gestellt. Dadurch ist für unsere Kunden und uns eine höhere Qualität sichergestellt. Werden Sie mir dabei helfen ein zehnminütiges Telefonat mit dem Entscheider zu führen, oder soll ich mich selbst um einen geeigneten Termin kümmern?“

Bestimmt können Sie sich vorstellen, dass diese Antwort zunächst die Damen und Herren Beeinflusser und Empfehler ein wenig verstimmte. Allerdings hat meine klare Aussage zu einem kurzen Telefonat mit dem späteren Entscheider geführt. Sie werden gleich verstehen, warum dieses Telefonat so entscheidend für den Erfolg in dieser Sache war. Zu Beginn des Telefonats habe ich folgendes gesagt: „Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Alle Details habe ich ja bereits mit Ihren Experten und Fachleuten ausführlich diskutiert und geklärt. Allerdings ist noch eine wichtige Frage für mich offen geblieben: Wenn Sie jetzt rund 150 Ihrer Mitarbeiter durch dieses Ausbildungsprojekt schleusen, was genau soll sich für Sie selbst und Ihre Wertschöpfung verbessern?“ Nach kurzer Denkpause sagte er: „Wir müssen unsere Board Room Competence verbessern.“ Weil ich diesen Begriff nicht kannte, fragte ich nach: „Der Begriff an sich ist selbsterklärend, nur was genau meinen Sie im Bezug auf das Training?“ Und er erläuterte mir, dass er damit die Fähigkeit meinte, gute Kontakte und eine tragfähige Beziehung zu den Führungskräften auf oberster Ebene, also dem so genannten C-Level oder der Führungsspitze, aufzunehmen.

Wenn Sie das mit dem vergleichen, was seine sicherlich wohlmeinende Mannschaft mir gegenüber als Ziel des Projektes genannt hat, werden Sie entscheidende inhaltliche Abweichungen feststellen. Es ist also klar, dass ich in meinem Angebot die Ziele und Vorstellungen des Entscheiders in den Vordergrund gerückt habe. Das war eine wichtige Grundlage für den Zuschlag in dieser Sache. Dieses Beispiel zeigt, dass man nur dann die wahren Beweggründe für eine mögliche Investition kennen lernen kann, wenn man direkt die Perspektive des Entscheiders kennengelernt hat.

Wie kann ich reagieren, wenn der Beeinflusser den Zugang zum Entscheider verweigert?

Auch hier will ich mit einer selbst erlebten Geschichte aus der Praxis antworten. Es gab eine Anfrage eines größeren Konzerns. In der telefonischen Anfrage sagte man mir, dass mein im Internet gefundenes Portfolio präzise auf deren Anforderungen passe. Es ging um eine Tochtergesellschaft, die schlüsselfertige Geschäftsbauten international vermarktet. Man sagte mir, dass nun nur noch ein 17-Seitiges „Request for Information“, also eine Ausschreibung, auszufüllen sei, und man sich dann als nächstes in Frankfurt für ein Kennenlerngespräch treffen würde. Das in Aussicht gestellte Projektvolumen, war durchaus sehr interessant. Inzwischen kennen Sie bereits meine Antwort auf die Bitte nach einem Konzept oder Angebot bevor ein Entscheidergespräch stattfand: „Aus Qualitätsgründen ist es unerlässlich, dass ich vor Abgabe eines Angebotes für 10 Minuten mit dem späteren Entscheider spreche.“

Die Antwort des Mitarbeiters aus der Personalabteilung lautete: „Tut mir leid, das ist in diesem Auswahlprozess nicht vorgesehen.“ Darauf ich: „Sie sind ein Weltkonzern und ich bin nur Stephan Heinrich. Wenn Sie jetzt auflegen wird es möglicherweise niemand jemals merken. Allerdings können Sie dann nicht sicher sein, ob Sie für Ihre Auswahl den am besten geeigneten Kandidaten vorzeitig aussortiert haben.“ Er legte nicht auf. Kurz darauf sprach ich mit dem Geschäftsführer des Tochterunternehmens. Dieser war sehr ungehalten. Er sagte mir, dass er diese Anfrage bereits vor mehr als sieben Monaten in die Personalabteilung gab und inzwischen längst eine eigene Lösung gefunden habe. Die Sache also erledigt sei.

Die grundsätzliche Haltung, den Entscheider und seine Perspektive kennen zu lernen, kann Ihnen viel Zeit und unnötige Arbeit sparen. Und für den Beeinflusser ist es nicht besonders attraktiv, einen hervorragend geeigneten Kandidaten nicht zugelassen zu haben, nur weil dieser mit dem Chef sprechen wollte. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum ein Beeinflusser mit aller Kraft verhindern will, dass Sie den Entscheider sprechen – auch wenn er es sicher nicht unbedingt erleichtern wird.

In der kommenden Woche erfahren Sie mehr über weitere Fehler, die in der Akquise oft begangen werden, obwohl man sie ganz leicht vermeiden kann.