Fehler passieren jedem – kein Problem, denn Sie können daraus lernen und es beim nächsten Mal besser machen. Aber: Ein und denselben Fehler sollten Sie nicht zweimal machen. Und warum nicht auch aus den Fehlern anderer lernen?

In meiner Praxis als Vertriebscoach habe ich festgestellt, dass es eigentlich immer die gleichen Fehler sind, die zu Misserfolgen führen. Daher stelle ich Ihnen heute die neun häufigsten Fehler im Vertrieb vor, die Sie auf jeden Fall vermeiden sollten. Lesen Sie die Liste in Ruhe durch und überlegen Sie, ob schon mal einer der genannten Fehler die Ursache eines Problems in Ihrer Vertriebsarbeit gewesen sein könnte.

1. Sie vernachlässigen die Vision(en)

Die Vision ist ein zentrales Element meiner Vertriebstrainings. Damit sind zwei Aspekte gemeint: Ihre eigene Vision und die Ihres Kunden, der auf der Suche nach einer Problemlösung ist. Fehler können hier entstehen, wenn Ihr Kunde sich nach dem Gespräch nicht vorstellen kann, wie viel besser es ihm mit Ihrer Lösung ginge. Dann sind Sie daran gescheitert, eine begeisternde Vision für Ihr Angebot zu entwickeln. Oder es ist Ihnen nicht gelungen, Ihre eigene Vision so für den Kunden zu formulieren, dass er daraus die unmittelbaren Vorteile für seine Zukunft sieht.

Die Lösung: Stellen Sie immer – aber vor allem in der Endphase des Verkaufs – die Vision in den Vordergrund. Solange die Vision noch nicht klar und deutlich im Bewusstsein des Kunden verankert ist, besteht immer die Gefahr eines Rückzugs. Indem Sie sich immer wieder auf die Vision beziehen, halten Sie den Wunsch nach dieser Lösung lebendig und das gefühlte Risiko niedrig. Das können Sie auch bewirken, indem Sie sich auf den Sprachgebrauch des Kunden einstellen und seine eigenen Wörter verwenden. Lassen Sie ihn durch gezielte Nutzenfragen immer wieder selbst die Vision ausdrücken. Indem Sie nach jedem Gespräch einen Visionsbrief schreiben, wiederholen Sie die Worte des Kunden schriftlich. So kann er noch einmal lesen, was er selbst gesagt hat und sieht die Vision deutlich vor sich.

2. Sie unterbreiten das falsche Angebot zum falschen Zeitpunkt

Oft ist die Versuchung groß, schon zu Beginn eines Verkaufsprozesses ein Angebot für den potenziellen Kunden zu erstellen: Der Kunde sagt schon im ersten Gespräch: „Schicken Sie mir ein Angebot zu“ und erweckt den Eindruck, als würde er sich schnell für Sie entscheiden. Sie greifen zur Tastatur und komponieren ein eindrucksvolles Angebot aus den besten Textbausteinen. Untermalt mit bunten Prospekten und vielsagenden Datenblättern und eingehüllt in eine Hochglanz-Angebotsmappe. Dann garnieren Sie das Ganze noch mit Ihrer Visitenkarte. Schließlich landet das Prachtstück beim Kunden, und später wundern Sie sich, dass der Kunde nicht ebenso begeistert ist wie Sie selbst. Was aber lief falsch?

Vermutlich haben Sie einfach nicht die richtige Lösung für das Problem des Kunden gefunden.

Daher: Machen Sie nur annehmbare Angebote. Das klingt einfach und ist es auch. Es gibt keinen Grund, ein Angebot zu erstellen, bei dem schon im Vorfeld klar ist, dass es nicht angenommen wird. Also achten Sie darauf, dass Sie nur dann ein Angebot machen, wenn Sie das Angebot so detailliert wie eine Auftragsbestätigung erstellen können. Ein gutes Angebot ist die überzeugende Antwort auf tatsächlich vom Kunden gestellte Fragen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Dafür müssen Sie wissen:

  • Was ist das Problem des Kunden?
  • Welche Auswirkungen hat dieses Problem heute auf seine Arbeit?
  • Was verspricht er sich an messbaren Verbesserungen durch Ihre Lösung?

Wenn Sie diese Punkte kennen, fassen Sie sie für den Kunden zusammen und holen sich eine mündliche Zusage ein. Falls Sie jetzt ein Zögern und Zweifel bemerken, fordern Sie den Kunden auf, mit Ihnen über seine Einwände zu sprechen. Dabei ist es wichtig, dass Sie sich in Ruhe alle Gründe anhören, gegebenenfalls sogar noch einmal nachhaken. Erst wenn Sie sicher sind, alle Zweifel zu kennen, können Sie Punkt für Punkt darüber sprechen und sich überlegen, wo Zugeständnisse oder Änderungen des Angebots möglich sind.

Erst sobald alle Einwände geklärt wurden, besteht überhaupt die Chance, dass Ihr Angebot angenommen wird. Daher ist auch erst dann der Zeitpunkt gekommen, ein annehmbares Angebot zu schreiben.

3. Sie ertränken den Entscheider in Argumenten

Viele Verkäufer haben die Angewohnheit, ihren Kunden alle Eigenschaften des Angebotes aufzuzählen. Diese „Masse statt Klasse“-Präsentation verfolgt meist das Ziel, hoffentlich wenigstens mit einem Argument den Entscheider vom Produkt überzeugen zu können. Aber leider ist oft gerade das Gegenteil der Fall: Der Kunde fühlt sich überfordert von der Menge der Informationen und zu einer Entscheidung gedrängt. Daraus entsteht ein Widerstand, der Ihren Zielen im Wege steht.

Besser ist es daher, sich nur auf die wesentlichen Nutzenargumente für den Kunden zu konzentrieren. Um den relevanten Nutzen zu finden, notieren Sie sich während Ihres Gesprächs die Erwartungen des Kunden. Falls er von selbst keine Erwartungen formuliert, fragen Sie nach!

Und wie sieht ein Nutzenargument aus? Ein Nutzenargument ist ein Argument, das die Erwartung oder Forderung des Kunden aufgreift und mit der Nennung des Nutzens endet. Das könnte man wie in folgendem Beispiel formulieren:

„Ihre Forderung nach Investitionsschutz erfüllen wir mit unseren Systemen, die modular aufgebaut sind. Darum können auch künftige Weiterentwicklungen in bestehende Systeme integriert werden, ohne dass diese komplett ausgetauscht werden müssen.“

4. Sie schätzen die Situation nicht realistisch ein

Im Prinzip ist es klar: Unrealistische Erwartungen können nicht erfüllt werden und führen so zu Enttäuschungen. Aber gerade Verkäufer neigen dazu, sehr optimistisch auf ihre Vertriebsprojekte zu blicken und die Chancen zu überschätzen. Sie sind oft zu stark involviert, um das Projekt realistisch einschätzen zu können und übersehen dadurch auftretende Probleme und negative Einflüsse.

Häufig handelt es sich dabei um folgende Punkte:

  • Zentrale Informationen fehlen
  • Es herrscht Ungewissheit über die Bedeutung von Informationen
  • Wichtige Informationen und Entwicklungen werden nicht richtig beurteilt
  • Der Kontakt zu einem Entscheider wurde nicht ausreichend aufgebaut
  • Ein Entscheider oder eine andere wichtige Person wird neu in den Prozess integriert und nicht mit allen Aspekten vertraut gemacht
  • Eine Reorganisation im Käuferunternehmen steht an, die den Entscheidungsprozess des Top-Entscheiders beeinflusst

Eine gute Gegenmaßnahme ist es, den Ist-Zustand regelmäßig und detailliert zu überprüfen. Seien Sie dabei vor allem selbstkritisch und analysieren Sie, wo es Probleme und neue Entwicklungen gibt. Welche Ereignisse könnten einen Abschluss verhindern oder verzögern? Wenn Sie diese Punkte früh identifizieren, können Sie sich rechtzeitig über Gegenmaßnahmen informieren und sind fähig, schnell auf kritische Situationen zu reagieren.

Eine gute Möglichkeit, die eigene Perspektive zu überprüfen ist eine Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdeinschätzung anhand eines konkreten Fallbeispiels aus Ihrem Alltag. Bitten Sie Kollegen, Ihnen eine ehrliche Rückmeldung zu geben.

5. Sie sind nicht gut genug vorbereitet

Den nächsten Fehler möchte ich Ihnen gerne anhand eines Beispiels vorstellen:
Ein Geschäftsführer eines größeren Mittelstandsunternehmens wurde von einem Betreuer einer Großbank kontaktiert, um neue Dienstleistungsprodukte anzubieten. Im Laufe des Gesprächs fragte der Verkäufer seinen Gesprächspartner: „Wie buchstabiert sich Ihr Name?“
Dieser vermeintlich kleine Patzer führte dazu, dass der Geschäftsführer für sich entschied: „Mit denen mache ich keine Geschäfte. Für die bin ich ja nur irgendein anonymer Kunde. Die nehmen sich keine Zeit für mich.“

Den Namen des Top-Entscheiders und die Schreibweise herauszufinden ist sicher kein Hexenwerk. Das Beispiel zeigt, dass Verkäufer sich durch die ungenaue Kenntnis der Situation selbst disqualifizieren können – lange bevor über die Lösung und deren Nutzen überhaupt gesprochen wird.

Einen solchen unverzeihlichen Fauxpas kann man vermeiden, indem man sich wirklich gründlich auf jedes Gespräch vorbereitet. Dazu sollten alle Informationen zu den Gesprächspartnern und Entscheidern des Kunden eingeholt werden. Setzen Sie sich außerdem mit dem Geschäftsgebiet Ihres Kunden auseinander, Sie sollten zumindest über grundlegende Gesetzmäßigkeiten, Gebräuche und die Konjunktursituation informiert sein. Darüber hinaus sollten Sie das Unternehmen Ihres potenziellen Kunden so gut kennenlernen, dass Sie im Gespräch nur noch konkrete Fragen zum Verkaufsprozess stellen müssen. Als Informationsquellen können Sie nicht nur das Internet und die Presseberichterstattung nutzen, sondern sich auch bei Kollegen und Bekannten, die Ihren Zielkunden kennen, erkundigen.

Also: Vorbereitung ist (fast) alles!

6. Sie lassen die Schmerzen zu gering

Wer hat das noch nicht erlebt: Sie arbeiten lange und intensiv am Verkauf einer Lösung. Alles sieht gut aus. Sie haben genau verstanden, was das Problem ist. Sie kennen die Lösung dafür. Der Kunde ist auch begeistert. Doch plötzlich die Wendung. Ihr Gesprächspartner sagt: „Ihre Lösung ist wirklich toll. Das bräuchten wir wirklich. Aber ich denke, sie ist einfach zu kostspielig und bedeutet zu viel Aufwand in der Umsetzung. Im Moment können wir sie uns einfach nicht leisten.“

Mit hoher Wahrscheinlichkeit haben Sie Ihrem Top-Entscheider die Auswirkungen nicht deutlich genug vor Augen geführt, die entstehen, wenn er Ihre Lösung nicht kauft.

Diese Auswirkungen wirken am effektivsten, wenn der Kunde sie selbst formuliert. Verstärken Sie die Schmerzen Ihres Kunden, indem Sie ihn mit gezielten Auswirkungsfragen die Folgen des Nicht-Handelns selbst benennen lassen. Bitten Sie ihn, selbst zu schätzen, was es ihn „kostet“, wenn er diese Auswirkungen in Kauf nimmt. So kann er für sich selbst Klarheit gewinnen, seine Gedanken sortieren und den Wert Ihrer Lösung besser einschätzen. Sie nutzen damit eine einfache Wahrheit für sich: „Keine Idee ist so faszinierend wie die, die ich selbst hatte.“

Ein weiterer Vorteil liegt auf der Hand: Wenn Ihr Kunde eine Zahl nennt, die den von ihm geschätzten Schaden des Problems benennt, dann wird er später wohl kaum widersprechen, wenn Sie diese Zahl nutzen, um ihm zu verdeutlichen: „Diese Summe – oder mehr – sparen Sie ein, wenn Sie sich für unsere Lösung entscheiden!“

7. Sie vergeuden Ihre Zeit mit Ausschreibungen

Viele Unternehmen nutzen Ausschreibungen, um den passenden Lieferanten zur Lösung eines Problems zu finden. Auf Basis eines mehr oder weniger umfangreichen Fragebogens wird dann eine Vorauswahl getroffen. Beteiligen auch Sie sich regelmäßig an Ausschreibungen und wundern sich, warum Ihre aufwendig erstellten und sorgfältig kalkulierten Angebote abgelehnt werden?

Dann bedenken Sie Folgendes: Zumeist hat Ihr potenzieller Kunde diesen Fragebogen so gestaltet, dass ein bestimmter, von ihm bevorzugter Lieferant zum Zuge kommt. Das heißt: Sie haben kaum eine Chance.

Ein sinnvolleres Vorgehen wäre deshalb, keine Zeit mit dem Ausfüllen des Formulars zu vergeuden, sondern auf den Absender zuzugehen: „Wir haben Ihren umfangreichen Fragebogen erhalten. Bitte verstehen Sie, dass wir vor dem Ausfüllen des Bogens noch drei Gespräche mit den künftigen Nutznießern der ausgeschriebenen Lösung führen wollen. Sobald wir uns in diesen Gesprächen einen Eindruck über die zu lösenden Herausforderungen gemacht haben, werden wir den Bogen beantworten.“

Wenn Sie keine Gelegenheit bekommen, direkt oder mit Hilfe des Einkäufers auf die Entscheider zuzugehen, dann können Sie die Ausschreibung getrost vergessen.

8. Sie haben den ROI nicht nachgewiesen

Kein Unternehmen kann es sich erlauben, „just for fun“ zu investieren. Jede Geldausgabe muss eine absehbare Rendite vorweisen. Wer als Anbieter keinen Return on Investment aufzeigen kann, wird sich in heftigen Preisverhandlungen wiederfinden. Den Zuschlag erhält dann meistens ohne weitere Differenzierung der vordergründig günstigste Anbieter.

Es ist nicht immer einfach, einen messbaren Return on Investment aufzuzeigen. Oft scheint der Wert nicht in Zahlen nachweisbar. In der Abgrenzung zu konkurrierenden Angeboten müssen Sie Ihren Mehrwert in harten Fakten darstellen, sonst laufen Sie Gefahr, gegen einen günstigeren Anbieter auszuscheiden, auch wenn Ihre Lösung „besser“ ist.

9. Sie sprechen mit Pseudo-Entscheidern

Häufig lassen sich Verkäufer bezüglich der tatsächlichen Entscheidungskompetenz ihres Gesprächspartners täuschen. Sie müssen sich dann damit begnügen, dass ihr Angebot durch ihren Gesprächspartner einer ihnen unbekannten höheren Instanz vorgelegt wird. Dort wird dann „entschieden“.

Darum gilt immer: Klären Sie eindeutig, wer der Entscheider ist, indem Sie fragen: „Wer wird die Investition per Unterschrift beschließen?“

Wie können Sie am besten aus Ihren Fehlern lernen? Sammeln Sie sie und notieren sich mögliche Lösungsvorschläge. So wird aus jedem Fehler eine Chance, sich zu verbessern!