Dieses Thema ist so alt, dass es auf den ersten Blick langweilig wirkt. Aber warum ist es dann nach wie vor so, dass selbst professionelle Unternehmen mit bestens ausgebildeten Mitarbeitern immer wieder den gleichen Fehler machen? Diese Frage beantworte ich weiter unten. Aber zunächst mitten rein ins Thema!

Es ist im Prinzip die alles entscheidende Frage: Welchen Nutzen hat Ihr Produkt für Ihren Kunden? Wenn Sie diese Frage geklärt haben, ist Ihr Angebot schon fast verkauft. Eigentlich eine ganz einfache Sache, oder? Und doch gelingt es vielen Verkäufern nicht, den Kundennutzen ihres Produktes klar herauszuarbeiten. Das liegt meiner Meinung nach oft daran, dass sich oft zu stark auf die Merkmale konzentriert wird.

Sie kennen das: Der Autoverkäufer zählt Ihnen in ermüdender Ausführlichkeit die Leistungsmerkmale des angebotenen PKW auf: Von dem durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch über die maximale Beschleunigung bis hin zu allerhand Maßangaben – wen interessiert das schon?

Entscheidend ist doch, wozu Sie das Auto benötigen: Wollen Sie neben Einkäufen auch noch Ihre drei Kinder und den Hund transportieren? Fahren Sie jeden Morgen 50 Kilometer ins Büro oder nur von einem Ende der Stadt zum anderen? Nutzen Sie das Auto viel geschäftlich und sind viel unterwegs? Daher sollten die Merkmale Ihres zukünftigen Wagens Ihren Wünschen und Anforderungen entsprechen. Ein besonders geräumiger Kofferaum wird Sie nicht überzeugen, wenn Sie selten etwas transportieren müssen, genau wie die geringe Größe und damit verbundene einfachere Parkplatzsuche eines Kleinwagens nichts nützen, wenn dafür die Hälfte der Familie zu Hause bleiben muss. All diese Aspekte spielen eine große Rolle für Ihre Entscheidung, und jeder Autoverkäufer wird Sie daher zu Beginn des Verkaufsprozesses (hoffentlich) fragen, was Sie sich überhaupt so vorgestellt haben. Dementsprechend kann er Ihnen dann ein passendes Angebot machen.

Nun ist es in Ihrem Vertriebsalltag nicht immer so einfach herauszuarbeiten, was der Kunde wirklich braucht. Vielleicht kennt er seinen Bedarf selbst noch nicht genau, weil er noch nicht über alle Möglichkeiten informiert ist. Ein Grund mehr für Sie, Ihr Angebot präzise zu planen, und ich sage Ihnen heute, wie das geht.

Was bieten Sie eigentlich an?

In einem ersten Schritt sollten Sie noch einmal genau über Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nachdenken. Was genau verkaufen Sie überhaupt?
Wir können das an einem einfachen Beispiel demonstrieren. Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen eine spezielle Sorte Schrauben. Dann nehmen Sie ein Blatt Papier im Hochformat und schreiben genau in die Mitte die treffendste Bezeichnung für das, was Sie verkaufen. Hier also „Schrauben“. Das ist meist die einfachste Beschreibung, die man im Alltag verwenden würde.

Über diesen Begriff schreiben Sie nun allgemeinere, weiter gefasste Beschreibungen, also beispielsweise die Kategorien, in die Ihr Produkt gehört. Das könnte in unserem Beispiel „Befestigungstechnik“ und „Verbindungsmaterial“ sein. Nun suchen Sie nach immer genaueren Beschreibungen für Ihr Produkt, diese listen Sie unterhalb des ersten Begriffs auf.

Nach einer Weile könnte Ihr Blatt so aussehen:

  • Befestigungstechnik
  • Verbindungsmaterial
  • Schrauben
  • High-Tech-Schraubverbindungen
  • Sichere Verbindungen, die nur mit autorisiertem Spezialwerkzeug gelöst werden können

Zum Schluss verbinden Sie die oberste mit der untersten Aussage und bilden daraus einen Satz. Fertig ist Ihre neue Produktbeschreibung! Zukünftig sagen Sie nicht mehr „Wir verkaufen Schrauben“ sondern: „Wir bieten unseren Kunden Befestigungstechnik für sichere Verbindungen, die nur mit Spezialwerkzeug zu öffnen sind“.

Und was bringt diese neue Formulierung?

Sie regt die Phantasie an! Wenn Sie bisher „Schrauben“ gesagt haben, wurden Sie bei Ihren Kunden vermutlich schnell in die mentale „Schrauben-Schublade“ gesteckt. Wenn Sie aber auf diesen Terminus verzichten und das Produkt nur umschreiben, regen Sie die Phantasie Ihres Kunden an. Er überlegt, wie genau eine solche Befestigungstechnik, um bei unserem Beispiel zu bleiben, aussehen könnte. Fragt sich, welches Spezialwerkzeug vonnöten sein wird.

Nun wissen Sie schon, wozu Ihr Produkt gut ist, und wie Sie es beschreiben können. Aber ein wichtiger Punkt fehlt noch: Der Kundennutzen. Was hat der Kunde von Ihrem Produkt?

So finden Sie den Kundennutzen Ihres Produkts

Bei Produktbeschreibungen kann man zwischen drei verschiedenen Aspekten unterscheiden: Merkmale, Vorteile und Nutzen. Erstere sind dabei allgemein auf das Produkt bezogen, der Nutzen hingegen ist individuell auf jeden Kunden abgestimmt. Und der Nutzen ist es auch, der den Käufer interessiert, denn er möchte wissen, was das Produkt für ihn persönlich bringt. Daher sollten Sie der Herausarbeitung des Kundennutzens viel Aufmerksamkeit schenken, auch wenn das anstrengend und aufwendig sein kann.

Sehen wir uns doch einmal den Unterschied zwischen den drei Begriffen an:

1. Merkmal

Ein Merkmal ist eine Eigenschaft, ein „Feature“, des Produktes. Merkmale sind zum Beispiel technische Details, die in Datenblättern zu finden sind. Für den Verkäufer sollten sie allerdings keine Priorität haben, denn Merkmale allein bieten keinen Kaufanreiz für den Kunden. Im Gegenteil, solange man den Kunden noch nicht genau kennt, sollte man sogar vorsichtig bei der Nennung von Merkmalen sein. Wer sich noch an meinen Beitrag zu „Begriffen“ erinnert, weiß worauf ich hinaus will: Merkmale sind Begriffe, mit denen jeder etwas anderes assoziieren kann.

Ich kehre noch mal zum Beispiel Autokauf zurück: Der Verkäufer erläutert Ihnen die Merkmale des angebotenen Wagens, wobei irgendwann der Satz fällt: „Dieser Wagen hat 300 PS.“ Sie machen innerlich einen Luftsprung vor Freude, weil Sie an die tolle Beschleunigung denken. Jemand anderes würde aber unter Umständen denken: „Unnötige Spritschleuder.“ Und damit wäre das Auto für diesen Kunden keine Option mehr.

Mit Merkmalen können Sie also im schlechtesten Fall ungewünschte Assoziationen bei Ihrem potentiellen Kunden auslösen und das ganze Geschäft verderben. Daher gehören die reinen Produkteigenschaften in ein Datenblatt, dass der Kunde sich später in Ruhe anschauen kann.

2. Vorteil

Ein Vorteil ist ein potenzieller Nutzen, der aus den Merkmalen abgeleitet wird. Gute Marketingabteilungen sind dafür zuständig, die Merkmale in Vorteile umzuformulieren und dann  für Werbezwecke zu nutzen. Sollten Sie kein eigenes Marketing haben, erstellen Sie doch einfach eine Liste mit den Merkmalen Ihres Produktes. Neben jedes Merkmal schreiben Sie dann den Vorteil, der sich daraus ergibt. Beispielsweise: 300 PS – schnelle Beschleunigung. Aber auch: 75 PS – geringer Kraftstoffverbrauch.

3. Nutzen

Nun kommen wir zum Kundennutzen: Er wird aus den allgemeinen Vorteilen abgeleitet und auf jeden Kunden individuell abgestimmt. Dazu müssen Sie aber zuerst Ihren Kunden kennenlernen und Einblick in seine Sichtweise erlangen. Das geht nur im persönlichen Gespräch, wo sie jede Nuance seines Verhaltens wahrnehmen können. Wichtig ist dabei, dass Sie sich selbst und das, was Sie doch unbedingt über Ihr Produkt erzählen wollen, in den Hintergrund stellen. Konzentrieren Sie sich ganz auf Ihr Gegenüber und seine Wünsche und Vorstellungen.Vermeiden Sie unbedingt, was man autobiografisches Zuhören nennt: Diese Situation, in der jemand etwas erzählt und sogleich von einem Zuhörer mit den Worten „Das kenne ich! Bei mir war das so…“ unterbrochen wird. Dieses Verhalten ist uns angeboren, Menschen versuchen immer, ihre Umwelt nach bekannten Mustern abzutasten und zu bewerten. Aus der Sicht der Verkäufer bedeutet das: Sie ordnen erste Anhaltspunkte, die der Kunde zu seinem Nutzen äußert, sofort in ein bekanntes Muster ein.

Aber das kann schnell schief gehen, wie in folgendem Beispiel: Kunde A deutet an, dass er sich eine Ersparnis erwartet. Da brennt es dem Verkäufer auf den Nägeln, jetzt zu erwähnen, dass bei einem vergleichbaren Kunden B eine Einsparung der Materialkosten in Höhe von drei Prozent möglich war. Allerdings will Kunde A eine ganz andere Ersparnis erreichen. Er will mehr Zeit gewinnen und damit mehr produzieren können.
Als Verkäufer sollten Sie also vor allem das Zuhören lernen und dabei mit gezielten Fragen die Sichtweise des Kunden kennenlernen.

Ein abschließendes Beispiel:

Um Ihnen noch einmal den Unterschied von Merkmal, Vorteil und Nutzen deutlich zu machen, sehen wir uns das Beispiel „Motorrad“ an:

Ein Motorrad hat zwei Räder und ist etwa einen Meter breit. Das sind aber keine Dinge, die ein Motorrad attraktiv erscheinen lassen. Es sind einfach Merkmale. Vorteile hingegen sind schon interessanter: Ein Motorrad braucht wenig Platz, was gerade in großen Städten hilfreich ist Auch wenn man morgens vom Stadtrand in die Großstadt pendeln muss, bietet ein Motorrad große Vorteile, weil man am Auto-Stau vorbeifahren kann und schneller ans Ziel kommt.

Aber was nutzt ein Motorrad, wenn der passende Führerschein fehlt? Oder wenn man nicht vom Stadtrand in die Großstadt pendelt? Hier wird der Unterschied zwischen Vorteil und Nutzen sonnenklar: Der Kundennutzen kann erst ermittelt werden, wenn die individuelle Kundensicht klar ist. Manche Menschen kaufen sich Motorräder, weil sie damit morgens schneller auf der Arbeit sind. Andere tun es, weil sie damit an der Eisdiele angeben wollen. Oder weil sie leidenschaftlich gerne Touren fahren.

Und genau das müssen Sie als Verkäufer ergründen! Ich weiß, dass es anstrengend ist und viel Zeit beansprucht. Aber wenn Sie auf Dauer wirklich erfolgreich sein wollen, müssen Sie diese Anstrengung in Kauf nehmen. Der Effekt wird Sie überraschen!

Warum Sie das alles wissen und dennoch vermutlich noch nicht umsetzen

Das Verrückte ist, dass diese Ideen im Prinzip und in der Theorie ganz klar sind, aber in der Praxis oft nicht umgesetzt werden. Sehen Sie sich doch Ihre eigenen Webseiten oder die Ihrer Wettbewerber an. Mit großer Wahrscheinlichkeit lesen Sie hier Fakten, Fakten, Fakten. Aber die Frage nach dem “Wozu?“ aus Kundensicht bleibt unbeantwortet.

Das liegt daran, dass die Wozu-Frage aus Sicht des Anbieters „eh klar“ ist und deshalb der Fokus darauf verloren geht. Machen Sie nicht den gleichen Fehler wie Ihr Wettbewerb, und sorgen Sie dafür, dass der Kunde sofort versteht, wozu er mit Ihnen arbeiten sollte.