Es ist soweit: Der Termin mit einem wichtigen Kunden steht im Kalender. Sie haben schon vieles richtig gemacht, und die Entscheiderin oder der Entscheider will mit Ihnen ein Gespräch führen, um mehr über Ihr Produkt oder Ihren Service zu erfahren. So weit, so gut.

Wenn Sie die nun folgenden einfachen Tipps berücksichtigen, dann wird Ihr Gespräch mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zum Erfolg führen. Vielleicht werden Ihnen manche der genannten Punkte verrückt oder überflüssig erscheinen. Seien Sie bitte versichert, dass jeder einzelne wohl überlegt und ausgesprochen wichtig ist. Los geht’s!

Vergessen Sie das erste Gespräch

Viele Verkäufer machen den Fehler, dass sie das erste Gespräch nochmals vorbeten. „Im ersten Gespräch hatten Sie ja gesagt …“ So beginnt der Satz, in dem manche Verkäufer wiederholen, was der Kunde damals sagte, ehe sie seine Worte als Grundlage für ihre weiteren Erklärungen nehmen. Das ist aber nicht hilfreich.

Wenn Sie sich so verhalten, dann setzen Sie zu Beginn des Gesprächs einen Impuls. Sie informieren den Kunden darüber, was er damals vor vielen Tagen sagte, als der Termin vereinbart wurde. Das ist inzwischen jedoch vermutlich überholt. Jetzt zählt nur noch, was er in diesem Moment denkt. Vielleicht haben inzwischen weitere Gespräche stattgefunden. Vielleicht hat einer Ihrer Wettbewerber ein Gespräch mit dem Entscheider geführt. Vielleicht hat er sich auch einfach nur weitere Informationen zum Thema aus dem Internet beschafft. Kurzum: Vermutlich denkt er jetzt anders als damals bei der Terminvereinbarung.

Es ist besser, wenn Sie sich voll auf die heutige Sichtweise des Entscheiders konzentrieren. Gut, es gibt eine kleine Chance, dass Ihr Gesprächspartner in der Zwischenzeit nicht mehr über sein Problem und die möglichen Lösungen nachgedacht hat, aber das ist sehr unwahrscheinlich.

Was kann ich heute für Sie tun?

Stellen Sie sich vor, dass Sie genau das zu Beginn sagen: „Was kann ich heute für Sie tun?“ Dann lächeln Sie interessiert und sind still. Dann kann es einen Moment dauern, denn Ihr Gesprächspartner ist es bestimmt von vielen anderen Gelegenheiten gewohnt, dass der Verkäufer mit Argumenten über ihn herfällt. Er geht davon aus, dass der Verkäufer über sich, seine tolle Firma und seine tollen Produkte palavert, und dabei gleich auch ein paar begeisterte Referenzkunden ausspuckt. Aber nun ist Ihr Gesprächspartner selbst gefragt. Es kann deshalb auch passieren, dass er verwirrt ist, vielleicht sogar gereizt und etwas sagt wie: „Moment mal! Sie wollten mir doch etwas verkaufen. Dann erzählen Sie mal!“

Lassen Sie sich davon nicht in die alte Spur zurückwerfen. Weniger erfahrene Verkäufer und Berater werden jetzt sofort in den Erzählmodus schalten, weil sie sich da sicherer fühlen. Schließlich sind sie in ihrem Fachgebiet ja Experten. Da macht ihnen so schnell keiner etwas vor. Also packen sie ihr Wissen auf den Tisch und erzählen von sich, ihren Produkten und anderen Heldengeschichten.

Wie wäre es aber, wenn Sie im Verstehen-Modus bleiben und die eingangs gestellte Frage ein wenig abgewandelt wiederholen? Hier ein paar Ideen, die Sie gerne aufgreifen können, um sie so oder in Abwandlungen für Ihre Gespräche zu verwenden:

„Weil wir uns im ersten Gespräch schon über Ihre Situation und die daraus entstehenden Bewegründe unterhalten haben, interessiert mich jetzt vor allem, was wir heute gemeinsam erreichen wollen. Was ist aus Ihrer Sicht das bestmögliche Ergebnis unseres Gesprächs?“

„Mal angenommen, wir könnten heute verschiedene sinnvolle Wege einer Zusammenarbeit besprechen. Was wäre aus Ihrer Sicht ein gutes Zeichen, um direkt im Anschluss daran die ersten Schritte zur Umsetzung zu starten?“

„Wenn wir jetzt gleich noch tiefer in Ihre Ausgangslage und die dafür besten Lösungswege einsteigen – worauf werden Sie Ihr Augenmerk besonders legen, wenn es um Umsetzbarkeit und Rentabilität geht?“

„Lassen Sie uns gleich in die verschiedenen Möglichkeiten unseres Leistungsangebotes einsteigen. Damit alles nach Ihren Anforderungen gestaltet werden kann, bitte ich Sie aber vorher zur Sicherheit nochmal die wesentlichen Punkte zu nennen, die Ihnen am Herzen liegen. Was sind die wichtigsten Punkte, die Sie jetzt im Moment anpacken wollen?“

 

Warum wir? Warum jetzt? Warum überhaupt?

Wenn Sie bereits einmal einen meiner Vorträge besucht haben, dann wissen Sie, dass ich mit diesen drei Fragen arbeite und meinen Vortragsteilnehmern eine kleine Erinnerungshilfe anbiete, die sie dann künftig an den Rückspiegel hängen dürfen, wenn Sie ihr Fahrzeug beim Kunden parken. Es ist eine Mini-Checkliste, die symbolisch genau diese drei wesentlichen Fragen enthält.

Es ist sicher nicht so gemeint, dass Sie diese Fragen so formuliert an den Kunden richten sollen. Das wäre Unsinn. Allerdings sollten Sie so lange im Gespräch bleiben, bis Sie jede dieser Fragen für sich selbst eindeutig beantworten können. Bei genauerer Betrachtung sind es mehrere Fragen, die sich hinter der ersten Frage verbergen.

Warum wir?

  • Warum sollte der Kunde mit Ihnen Geschäfte machen?
  • Was könnte aus Sicht des Kunden für Sie sprechen?
  • Was ist der Reiz, sich für Sie zu entscheiden?
  • Was spricht gegen Sie und Ihr Unternehmen?
  • Welche Erfahrungen hat der Kunde früher mit Ihnen gemacht?

Warum jetzt?

  • Warum sollte er jetzt eine Entscheidung treffen?
  • Warum hat er sich nicht schon früher entschieden?
  • Warum wartet er nicht noch ein Jahr?
  • Welches feststehende Ereignis treibt die Entscheidung?
  • Welche saisonale Besonderheit gibt es?

Warum überhaupt?

  • Warum sollte er seine heutige Situation verändern?
  • Was spricht dafür, den derzeitigen Lieferanten zu wechseln?
  • Weshalb sollte er seine heutige Vorgehensweise über Bord werfen, um künftig mit Ihnen zu arbeiten?
  • Was hat sich in der Wahrnehmung des Kunden verändert, dass er jetzt eine Lösung sucht?
  • Was würde es kosten, nichts zu ändern?

Diese Fragen sind nur Beispiele. Wichtig ist, dass Sie diese und ähnliche Fragen nutzen, um die eigene rosa Brille abzustreifen, und ganz nüchtern aus der Perspektive des Kunden herausarbeiten, welche Motivation besteht, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.

Konkreten Bedarf finden

Wenn Sie sich schon länger mit meinen Medien beschäftigen, dann wissen Sie, dass ich zwischen latentem und konkretem Bedarf unterscheide. Dabei ist latenter Bedarf im Konjunktiv formuliert: Jemand könnte etwas gebrauchen, etwa weil er oder sie ein Problem hat, das man auf bestimmte Weise lösen könnte. Das Problem ist also gefunden, und es gibt auch eine oder mehrere Lösungsmöglichkeiten. Eine Lösung ist möglich, aber nicht zwingend nötig. Das nenne ich latenten Bedarf.

Im Unterschied dazu ist der konkrete Bedarf deutlich mehr. Wenn der Bedarf konkret wird, dann sind neben dem Problem und der Lösungsmöglichkeit zwei weitere Voraussetzungen gegeben, nämlich

1. der Schmerz, der eine Lösung dringlich macht, und
2. die Vision, die eine Lösung wünschenswert und vorstellbar macht.

Genau an diesen beiden Aspekten arbeiten wir mit unserer Fragetechnik. Die passenden Werkzeuge sind zwei ganz bestimmte Arten von Fragen.

Schmerzen verstärken mit Auswirkungsfragen

Es gibt einen einfachen Bauplan für Auswirkungsfragen, den die Leser meines Buches „Gute Geschäfte“ jederzeit herunterladen können. Für Sie bereite ich den Bauplan nochmals so auf, dass Sie ihn auch in der Kurzfassung gut verstehen können. Die Auswirkungsfrage besteht aus zwei Bestandteilen, nämlich a) dem Hinweis auf das vom Kunden bereits genannte Problem und b) einer Frage, die den Schmerz betont und hinterfragt. Hier drei Beispiele:

„In unserem Gespräch sagten Sie, dass <Problembeschreibung mit den Worten des Kunden> zur Zeit auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben steht. Wenn ich Ihnen jetzt verrate, dass viele Unternehmen in der <Branchenbezeichnung des Kunden> diese Art von Problem verspüren – weshalb wollen Sie gerade jetzt etwas dagegen unternehmen?“

„Aus Ihrer Sicht ist <Problembeschreibung mit den Worten des Kunden> im Moment ein dringender Punkt. Es ist sicher keine Überraschung, wenn ich behaupte, dass viele Entscheider in der <Branchenbezeichnung des Kunden> mit diesem Problem leben. Was bringt Sie dazu, jetzt die Initiative zu ergreifen?“

„Sie sagten, dass <Problembeschreibung mit den Worten des Kunden> einer der Gründe ist, weshalb wir hier über eine Lösung nachdenken. Branchenkenner wissen, dass die <Branchenbezeichnung des Kunden> sich im Moment auf breiter Front mit ähnlichen Problemen auseinandersetzt. Was bringt Sie dazu, kurzfristig in eine Problemlösung zu investieren?“

Sie sehen, dass dieser einfache Bauplan sehr wirkungsstarke Fragen produziert, mit denen der Kunde angeregt wird, die tatsächlichen individuell empfundenen Auswirkungen des Problems zu hinterfragen. Wenn schon früh im Gespräch klar wird, dass offenbar nur ein sehr geringer Schmerz bzw. Handlungsdruck aus Sicht des Kunden besteht, dann wird schnell deutlich, dass sich die Investition aus Sicht des Kunden nicht lohnt.

Nutzenwunsch verstärken mit Fragen zum gewünschten Ergebnis

Wenn das Problem groß genug ist, dann will man es lösen. Und wenn dann auch noch die Klarheit besteht, dass es lösbar ist und dass es sich lohnt, dann besteht konkreter Bedarf. Um diese Vorstellung im Kopf des Kunden zu erzeugen, verwenden wir Nutzenfragen. Auch dafür gibt es einen Bauplan, den ich Ihnen gerne näherbringen will. Er besteht aus drei Teilen:

1. Annahme statt Abfrage

Formulieren Sie mehr oder weniger fantastische Annahmen, sodass die Fantasie angeregt wird. Je verrückter die Annahme, desto freier die Vorstellungskraft. Wenn Sie abfragen würden „Was wird sich verändert haben?“, dann bekämen Sie sicher eher vorsichtige Antworten oder gar ein „Ich kann doch nicht in die Zukunft sehen“. Aber wenn Sie bewusst den Konjunktiv verwenden und offen lassen, ob es tatsächlich so wird, dann steigt die Bereitschaft über das Mögliche nachzudenken.

2. Positiver Fokus

Die Fragen lenken alle den Blick auf ein „erfolgreiches Projekt“ oder „positive Veränderungen“. Schon die Formulierung der Frage lässt das erwünschte Ergebnis im Kopf des Gesprächspartners entstehen.

3. Konkrete Zukunft

Alle Formulierungen betreffen einen konkreten Zeitraum. Obwohl wir eine eher unrealistische Annahme wählen, um die Fantasie anzuregen, verwenden wir eine sehr präzise Aussage zum Zeitrahmen. Das dürfen Sie auch so übernehmen, damit die Antwort des Kunden nicht nur wilde Spekulation bleibt, sondern zu einer auf den Zeitpunkt bezogenen realistischen Annahme werden kann.

Hier noch einige konkrete Formulierungsvorschläge, die nach diesem Strickmuster funktionieren:

„Lieber Kunde, stellen Sie sich vor, ich bin die Waldfee und Sie hätten drei Wünsche frei. Welche idealen Verbesserungen würden Sie sich im Zusammenhang mit <Ihr Nutzenversprechen> für das Jahr 2015 wünschen?“

„Angenommen, wir treffen uns heute in einem Jahr wieder und blicken zurück auf ein erfolgreich realisiertes Projekt. Was genau würde sich im Zusammenhang mit <Ihr Nutzenversprechen> für Sie messbar verbessert haben?“

„Wenn es so etwas wie eine Zeitmaschine gäbe und wir jetzt Gelegenheit hätten, auf diese Weise einen Blick in die Zukunft zu werfen, welche positiven Veränderungen könnten wir dann im Zusammenhang mit <Ihr Nutzenversprechen> heute in zwölf Monaten im besten Fall schon sehen?“

Wenn Sie diese Fragen so anwenden, dann werden Sie den konkreten Bedarf des Kunden schneller und deutlicher herausarbeiten können. Das dürfte Ihre Gespräche im Schnitt wertvoller machen. Damit das auch immer und in jedem Gespräch wirklich gelingt, werden wir in der nächsten Ausgabe zwei Werkzeuge genauer untersuchen, die Sie künftig dabei unterstützen sollen, nichts zu vergessen und dem Kunden mehr Klarheit zu geben. Freuen Sie sich auf die Gesprächslandkarte und den Visionsbrief.

Vielleicht geben Sie mir gleich jetzt Ihre Rückmeldung zu dieser Episode. Können Sie das umsetzen? Was hat Ihnen gut gefallen? Was bereitet Ihnen Kopfzerbrechen? Was möchten Sie mich fragen, weil es nicht ganz klar geworden ist?

Schreiben Sie mir doch unten in das Kommentarfeld Ihr Feedback oder Ihre Frage. Ich werde Ihr Anliegen gerne beantworten, wenn ich kann.