Bestimmt erinnern Sie sich daran, dass dieses Thema bereits in der ersten Woche auf dem Plan stand. Es ging um das ominöse „Wozu“ statt dem vertrauten „Was verkaufen wir?“ oder dem beliebten „Wie unterscheiden wir uns vom Wettbewerb?“, welches nur noch von dem in Ingenieurskreisen präferierten „Wie funktioniert es?“ übertroffen wird.

Spaß beiseite. Meine These haben Sie vielleicht noch in Erinnerung: Viele Verkäufer vergessen das „Wozu“, weil die Kundenfragen zum „Was“ und „Wie“ überwiegen. Allerdings ist Häufigkeit noch lange kein Indiz für Wichtigkeit. Wichtig ist in erster Linie, wozu man eine Investition tätigen sollte – also welches Ergebnis für den Investor herauskommt.

Wenn Sie einen neuen Kunden ansprechen, ist diese Denkweise besonders wichtig. Stellen Sie sich vor, ich würde akquirieren. Meine Zielkunden sind mittlere und größere Unternehmen. Und nehmen wir weiter an, ich würde mich als Verkaufstrainer vorstellen und Verkaufstrainings anbieten. Das wäre vermutlich nicht von Erfolg gekrönt. Allenfalls kämen jetzt Fragen im Stil von „Was unterscheidet Sie von anderen Trainern?“ Meistens dürfte die Aussage aber eher lauten: „Haben wir schon – brauchen wir nicht.“

Es ist unstrittig, dass man meine Dienstleistung als „Vertriebstraining“ bezeichnen könnte. Die meisten Menschen würden das sicher bestätigen. Ebenso könnte man mein Angebot auch „Vertriebsschulung“ oder „Coaching“ nennen. Aber ist das nicht etwas völlig anderes? Ich höre vor meinem geistigen Ohr gerade einige Kollegen, wie sie in die Erklär-Haltung gehen und lehrerschlau den Unterschied zwischen Training, Schulung und Coaching aufdröseln.

Aber mit Verlaub – wen interessiert das? Den Kunden sicher nicht. Schließlich kann jeder selbst entscheiden, wie er eine Dienstleistung für sich nennt, auch wenn der Begriff in den Augen der Fachleute falsch sein sollte. Bitte verstehen Sie mich richtig: Natürlich ist es ratsam, eine fachlich saubere Bezeichnung für seine Leistungen zu nutzen. Nur ist dadurch im Zusammenhang mit der vertrieblichen Akquisition nichts gewonnen.

Fach-Idiot schlägt Kunden tot

Wenn Sie diese Erkenntnis in Ihre Vertriebspraxis übertragen – Was bedeutet das für Ihre künftige Formulierung, wenn Sie einem anderen Menschen sagen wollen, was Sie ihm anbieten können?

Nun, eine erste Idee könnte es sein, dass Sie Ihr Angebot mit einem neuen Begriff belegen, der dann auch rechtlich geschützt sein könnte, so dass niemand sonst diesen Begriff verwenden darf. Ich habe das getan und den Markennamen „VisionSelling“ erfunden und schützen lassen. Nur ich darf diesen Begriff verwenden.

Wäre es also eine gute Idee, wenn ich in der Akquisition sinngemäß sagen würde: „Nur wir bieten Trainings nach dem VisionSelling-Modell – dem preisgekrönten Seminar-Konzept an“? Wäre das eine gute Idee? Sie merken schon, dass das aus der Sicht des Anbieters auf den ersten Blick sinnvoll sein mag – aber für den Kunden ist es ein unverständliches Kauderwelsch.

Mein Kollege Thilo Baum schreibt dazu in seinem Blog: „Der Mineralölkonzern Shell nennt eine Dieselsorte „Fuel Save Diesel“ und eine andere „V-Power Diesel“. Das Management scheint davon auszugehen, der Kunde wisse, was gemeint sei – ein typisches Beispiel für ein unternehmerisches Denken, das vom Unternehmen ausgeht statt vom Kunden.“ Wenn Sie ab und zu bei Shell Diesel tanken, kennen Sie das vielleicht: Sie stehen an der Zapfsäule und fragen sich, was der Unterschied ist. Sie fragen sich, was Sie davon haben. Und weil Sie keinen sinnvollen Unterschied finden, entscheiden Sie sich für die günstigere Sorte.

Oder die Werbung für „V-Power“ hat bei Ihnen gewirkt und Sie verstehen (oder glauben zu verstehen), was der Unterschied ist und entscheiden sich bewusst für die teurere Variante, weil sie aus Ihrer Sicht den Aufpreis wert ist. Leider werden die meisten Hörer ein vergleichsweise minimales Werbebudget im Vergleich zum Shell-Konzern haben. Daher wird es für Sie kaum vernünftig sein, durch massive Werbung eine Premiummarke zu erschaffen.

Kaltakquise aus der Kundenperspektive

Was bleibt uns also als Alternative übrig? Lassen Sie mich diese Frage beantworten, indem ich zunächst zeige, wie ich das für mich und mein Unternehmen umgesetzt habe. Stellen wir uns dazu die Frage: Was bringt ein Verkaufstraining von Stephan Heinrich? Nun, da gibt es mehrere Effekte, die meine Kunden interessieren dürften. Etwa die Verkürzung des Vertriebszyklus’ von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Entscheidung um 50 Prozent oder mehr. Oder die Halbierung der Vorleistungen, die vom Anbieter vor der Auftragsentscheidung zu tragen sind. Oder die Anhebung der Verkaufsleistung aller Berater um durchschnittlich 25.000 Euro Deckungsbeitrag pro Jahr.

Diese Errungenschaften dürften für viele Menschen im Vertrieb relevant sein. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein Entscheider im Vertrieb für sein Team gerne diese Effekte in Anspruch nehmen möchte. Es ist hingegen kaum vorstellbar, dass ein solcher Entscheider denkt: „Das brauche ich nicht, das haben wir schon!“ Gut, es wäre möglich, dass er nicht glaubt, dass das machbar ist, aber lassen Sie uns das in einer späteren Folge dieses Podcasts behandeln, wenn es um das tatsächliche Akquisitionsgespräch geht. Jetzt und hier ist für uns interessant, zu prüfen, wie wir durch eine geeignete Formulierung dem Gesprächseinstieg zu einem größeren Erfolg verhelfen können.

Wenn Sie Ihre Erfolgsquote beim Gesprächseinstieg deutlich verbessern wollen, sollten Sie aus der Kundenperspektive einen sinnvollen Nutzen voranstellen. Und bitte stören Sie sich nicht daran, dass Sie diesen Nutzen ohne Ansehen des Kunden und seiner individuellen Situation gar nicht vorherbestimmen können. Viele Verkäufer denken bei meinen Vorschlägen: „Moment, ich kann doch nicht garantieren, dass wirklich 25.000 Euro Leistungssteigerung möglich sind!“ Stimmt. Das können Sie nicht garantieren. Im Vorhinein ohnehin nicht, ganz egal, wie lange Sie die Ausgangslage untersucht haben. Eine Garantie ist nicht möglich – aber eventuell ist die Aussicht auf einen solchen Erfolg Grund genug, um es zu versuchen.

Wenn ich also meinen Einstieg mit den 25.000 Euro nutzen will, könnte ich solche Formulierungen verwenden:

„Im Zusammenhang mit der Frage, wie Sie die Vertriebsleistung aller Ihrer Berater um 25.000 Euro oder mehr anheben können, möchte ich mit Ihnen sprechen, wenn das für Sie relevant ist.“

„Angenommen es wäre möglich, den Ertrag aller Ihrer Verkäufer um 25.000 Euro zu erhöhen, was wäre aus Ihrer Sicht der wichtigste erste Schritt?“

„Nehmen wir an, Sie hätten Einblick in ein Projekt eines Unternehmens aus Ihrer Branche, das rund 25.000 Euro mehr Deckungsbeitrag pro Verkäufer gebracht hat. Was würden Sie unternehmen, um ähnliche Ergebnisse für Ihr Unternehmen zu sichern?“

Ich denke, die Botschaft ist klar. Es geht nicht darum, plump zu sagen: „Buche mich und Du bekommst 25.000 Euro pro Vertriebsmitarbeiter!“ Das wäre kaum seriös und obendrein nicht glaubhaft. Vielmehr kommt es darauf an, die realistisch möglichen Ergebnisse der Zusammenarbeit an den Beginn der Ansprache zu setzen. Sie gehen am besten so vor, dass Sie sich zunächst eine Liste von Wertschöpfungskategorien machen, die für Ihre Zielkunden relevant sein könnten. Hier einige Ideen:

 

–      Kostensenkung in der Beschaffung

–      Weniger Fehler oder Ausschuss

–      Personaleinsparung

–      Neue Kunden

–      Mehr Aufträge bei bestehenden Kunden

–      Optimierung der Logistik

–      Reduzierung des Kapitals (z.B. Lagerbestand)

–      Risikominimierung

–      Nebenkosten

–      Abheben von der Konkurrenz

–      Zukunftssicherung des Unternehmens

 

Bearbeiten Sie diese Liste und ergänzen Sie sie bei Bedarf. Nun werden die von Ihnen für sinnvoll erachteten Überschriften an eine Wand projiziert. Wenn Sie im Team arbeiten wollen, teilen Sie am besten Karten aus und bitten die Teilnehmer zu den unterschiedlichen Überschriften eindeutige Beispiele für konkrete Wertschöpfungsideen bei relevanten Zielkunden zu finden. Es geht wirklich um eine Ideensammlung und weniger um eine schlüssige Beweisführung, dass das tatsächlich und in jedem Fall möglich sein wird. Je mehr Ideen sie sammeln umso besser. Allerdings ist wichtig, dass es möglichst konkrete Ideen und nicht nur allgemeine Vermutungen sind.

Also nicht: „Unser Produkt XYZ senkt Personalkosten durch Zeiteinsparung.“ Das wäre nicht hilfreich, denn eine Zeiteinsparung bringt nicht automatisch eine Senkung der Personalkosten mit sich. Wenn Sie in einem Unternehmen 10 Minuten täglich für alle Mitarbeiter einsparen, dann ist das noch lange keine Kostenersparnis, denn die Mitarbeiter dürften kaum auf einen Teil ihres Gehaltes verzichten, nur weil sie jetzt 10 Minuten mehr Zeit haben. Dies ist ein Beispiel für eine unsaubere Nutzenargumentation. Eine Kosteneinsparung wäre nur dann möglich, wenn man tatsächlich Mitarbeiter entlassen könnte, ohne die Unternehmensleitung zu verschlechtern. Das dürfte aber in den wenigsten Fällen möglich sein. Stattdessen müsste man argumentieren (falls es so ist), was die Mitarbeiter mit der gewonnenen Zeit anfangen könnten. Ich erwähne das so ausführlich, weil Personalkosteneinsparung im Zusammenhang mit Zeitgewinn eines der häufigsten irrelevanten Nutzenargumente ist.

Stattdessen könnte es in einem ähnlichen Beispiel heißen: „Unser Produkt XY verschafft Mitarbeitern im Vertrieb täglich 10 Minuten mehr Zeit, um Kundenanrufe zu tätigen. Das entspricht einer Leistungssteigerung von etwa zwei Prozent.“

Sammeln Sie auf diese Weise einige Ideen zur Darstellung Ihres Angebotes aus der Kunden-Nutzen-Perspektive. Suchen Sie die interessantesten Formulierungen heraus, um darauf basierend Akquisition zu betreiben.

In der kommenden Woche beschäftigen wir uns mit der Frage, wie wir die für uns relevanten Ansprechpartner finden und in der Woche darauf geht es darum, wie wir genau diese Personen neugierig auf ein Gespräch mit uns machen.